Protokoll der Sitzung vom 24.11.2010

(Beifall bei Norbert Hackbusch und Christia- ne Schneider, beide DIE LINKE)

Gespart wird überhaupt nicht, sondern es wird gekürzt, und zwar insbesondere an Stellen, an denen es eigentlich keinen Spielraum und überhaupt keine Rechtfertigung gibt. Herr Tschentscher hat auf die Gebührenspirale hingewiesen und es gibt ganz viele Gebühren, bei denen insbesondere Menschen mit niedrigem Einkommen überproportional belastet sind.

Wie ist es zu diesem Haushaltsplan-Entwurf gekommen? Das ganze letzte halbe Jahr wurde eine Sau nach der anderen durch die Stadt gejagt, um zu sehen, ob die Akzeptanz hoch genug ist, diese Pläne auch wirklich in die Haushaltsberatungen einzubringen. Mit einem Kulturgipfel, wieder einmal vorbei am Parlament, versuchte die Koalition, den Unmut, den sie hervorgerufen hatte, wieder zu glätten. Aber das gelang nur oberflächlich.

Überhaupt scheint dieser Senat sich durchaus nicht der parlamentarischen Demokratie verpflichtet zu fühlen. Informationen, die der Bürgerschaft gegeben werden müssen, werden zurückgehalten, Abgeordnete müssen immer häufiger den Präsidenten um Hilfe bitten und, ich habe es vorhin schon gesagt, es gibt die ersten Fälle, dass Abgeordnete vor Gericht ihr Recht als Parlamentarier einklagen müssen.

Auch die Überlegungen zu einem Sondervermögen Uni-Bauten scheinen aufgrund massiven Protestes vom Tisch zu sein. Wie die jetzt mehrfach angekündigten erheblichen dreistelligen Millionenbeträge in die Uni investiert werden sollen, wird nicht gesagt und erscheint auch nicht im Haushaltsplan. Im Ausschuss konnte die Senatorin trotz mehrfacher Nachfragen nichts dazu sagen. Auch Herr Frigge hat offen gelassen, wie viel es nun wird und wo es im Haushalt eingesetzt werden soll. Das ist noch völlig in der Schwebe.

Der Haushaltsplan-Entwurf hat erhebliche Lücken, ist überhaupt nicht aktuell und stützt sich auch auf Einnahmen, die man als Luftbuchungen bezeichnen kann, seien es nun die Beiträge, die bei großen Events die Veranstalter leisten können, sei es die Blaulichtsteuer, die Bettensteuer oder was auch immer. Kein Mensch weiß, ob das überhaupt zu realisieren ist.

Der Betriebshaushalt sollte um 510 Millionen Euro zurückgefahren werden. Damit hielt Schwarz-Grün die Stadt in Atem. Herausgekommen ist, wenn man sich jetzt den Haushaltsplan anschaut, dass der Betriebshaushalt um einen dreistelligen Millionenbetrag gestiegen ist, nämlich um 155 Millionen Euro. Damit ist die Einschätzung von uns LINKEN bestätigt. Es gibt im Betriebshaushalt kein Kürzungspotenzial, das ist eindrücklich bestätigt worden, und es gibt auch keinen Grund, das Jahresgehalt der Beamten zu kürzen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Zu Beginn der sogenannten Spardebatte wurde vom alten Bürgermeister auf die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise hingewiesen und es wurde konsequenterweise gefordert, dass insbesondere Einkommensmillionäre an den Folgen beteiligt werden müssen. Das war, wie wir inzwischen wissen, nur eine Sprechblase; das war Opium fürs Volk und nichts anderes. Von der Idee einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes und einer Einführung der Reichensteuer hat der Senat sich lange verabschiedet, wenn er es überhaupt jemals ernsthaft ins Auge gefasst hat. Im Steuervollzug – Herr Kerstan hat eben darauf hingewiesen, dass die Einkommensseite durchaus eine wichtige Betrachtung wert ist – sind auf Druck der GAL gerade einmal sechs Fachkräfte eingestellt worden.

(Jens Kerstan GAL: Das sind 10 Prozent mehr!)

Sechs Fachkräfte, das ist wirklich unglaublich. Da hat doch Herr Rose völlig recht, mit 200 hätten Sie uns auf Ihrer Seite, dann wäre das auch ein vernünftiger Akt.

Auch die zweite Voraussetzung, dass Steuermindereinnamen von circa 500 Millionen Euro ausgeglichen werden müssen, ist weggefallen. Die neuesten Steuerschätzungen ergeben Mehreinnahmen,

(Jens Kerstan)

einige gehen sogar von fast 600 Millionen Euro aus. Das alles waren die Gründe, um das Jahresgehalt der Beamten zu kürzen. In Hamburg werden die Beamten, sei es in den Schulen, bei der Feuerwehr, bei der Polizei oder in den Senats- und Bezirksverwaltungen, ständig mit neuen, zusätzlichen Aufgaben vom Senat zugeschüttet. Lehrerinnen und Lehrer sollen zum Beispiel Elterngespräche erheblich ausweiten, was im Prinzip gut ist. Wir sollen als Lehrerinnen und Lehrer der ARGE mitteilen, welche Kinder von Hartz-IV-Empfängern einer Nachhilfe würdig wären, und wir sollen Schülerinnen und Schüler, die die Schule verlassen haben, beim Übergang in den Beruf weiterhin betreuen, und das alles natürlich bei gleichbleibender Unterrichtsverpflichtung. In der Bezirksverwaltung Wandsbek waren die Mitarbeiter im Jugendamt derart überarbeitet, dass das Amt für eine Woche geschlossen werden musste, damit Anträge bearbeitet werden konnten.

Herr Kerstan, Sie haben uns auf Ihrer Seite, wenn es bei der Effizienz der Verwaltung um andere Strukturen geht. Sie haben uns aber nicht an Ihrer Seite, wenn Effizienzbemühungen in der Verwaltung bedeuten, dass sich die Arbeitszeiten für die Beamten und Mitarbeiter noch stärker verdichten. Das werden wir nicht mitmachen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Andreas Dressel und Olaf Steinbiß, beide SPD)

Obwohl die Geschäftsgrundlage für die Beschneidung und den Wegfall des Weihnachtsgeldes weggefallen ist, halten Sie trotzdem an der Kürzung fest. Wofür Sie die zusätzlichen 100 Millionen Euro einsetzen wollen, ist inzwischen deutlich geworden und offenkundig und Herr Bischoff hat es heute auch schon angesprochen. Sie wollen das Loch im Hamburgischen Versorgungsfonds stopfen, das durch die negativen Geschäftsergebnisse der HSH Nordbank entstanden ist. Aber eines ist klar: Nicht die Beamten haben über ihre Verhältnisse gelebt, wie das Ole von Beust einmal gesagt hat, und nicht die Beamten haben die Verluste im Bankensektor verursacht; das waren andere. Deshalb werden Sie auch nicht damit durchkommen, das Weihnachtsgeld zu streichen und zu kürzen. Falls Sie es noch nicht gemerkt haben, auch hier formiert sich gewaltig Unmut, und morgen, am 25. November, werden die Beamten dieser Stadt, und zwar aus allen Organisationen, von der Gewerkschaft der Polizei, von der GEW, vom Deutschen Beamtenbund, von ver.di und vielen mehr, diesem Senat die rote Karte zeigen. Sie lassen sich ihr Jahresgehalt nicht kürzen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Auch in anderen Bereichen ist die Politik des Senats nicht nachvollziehbar. Beim Wechsel in der Uni-Leitung, der aus der Universität heraus erzwungen wurde, weil die Uni-Präsidentin nicht

mehr haltbar war, haben Sie einen Präsidenten eingesetzt, der sich in Berlin ständig mit dem rot-roten Senat angelegt hat. Das schien Ihnen eine sehr gute Voraussetzung zu sein. Sie haben offenkundig unterschätzt, dass in einer Universität vor allem ein Geist herrscht, und das ist ein kritischer. Der macht vor CDU-geführten Dienstherren nicht halt, Gott sei Dank.

Seit Jahren wird diskutiert, dass die Universität stabil unterfinanziert ist. Seit Monaten laufen die Bemühungen der Universität Hamburg, Exzellenzinitiativen zu platzieren. Immer wieder ist darauf hingewiesen worden, dass die Ausgaben für Bildung und Forschung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, ein wichtiges Kriterium sind für die Vergabe von Mitteln und auch für die Vergabe von Drittmitteln und Exzellenzclustern. Hamburg steht bei den Ausgaben für Bildung und Forschung an sechzehnter Stelle von allen Bundesländern. Und wenn von den Vorrednern der Koalition so getan wird, als sei in Sachen Bildung und Forschung in Hamburg alles wunderbar und man hätte gestiegene Ausgaben, dann sind die zwar im Verhältnis zum Vorjahr gestiegen, aber wir haben in Hamburg einen großen Nachholbedarf, was die Ausgaben für Bildung anbetrifft. Insofern bleiben wir an letzter Stelle und das kann man so nicht hinnehmen. Das schadet auch der Universität. Herr Professor Dr. Lenzen hat diese Problematik mehrfach im Ausschuss dargelegt und klar und deutlich die Forderungen der Universität, die durch einstimmige Beschlüsse des Akademischen Senats gestützt sind, vorgetragen. Das hat die Wissenschaftssenatorin überhaupt nicht beeindruckt. Seit Monaten haben Fakultätsräte, das Studentenparlament, die Dekane, der Akademische Senat und das Präsidium der Universität gegen die dramatische Unterfinanzierung, so haben sie es wortwörtlich genannt, protestiert. Und jetzt hat sich der von Herrn Dräger als verlängertem Arm des Senats eingesetzte Hochschulrat zu Wort gemeldet und dem Haushalt für die Universität seine Zustimmung verweigert. Das ist ein Schuss vor den Bug und das sind keine Parolen, Herr Kerstan.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das ist ein einmaliger Vorgang und damit wird deutlich gemacht, dass neben dem zu knapp bemessenen Budget auch ein Bruch des Koalitionsvertrags festzustellen ist. Im Haushalt sind die Kompensationszahlungen jetzt nicht mehr so eingestellt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg die Differenz zu der Änderung der vorherigen Studiengebührenordnung zahlt, sondern jetzt werden die Kompensationszahlungen aus den Studiengebühren gezahlt. Das ist – das findet die gesamte Universität und auch der Hochschulrat – ein Bruch des Koalitionsvertrags und ein Verrat an den Studierenden.

Ich habe eingangs dem Senat eine unverbindliche und unzuverlässige Politik bescheinigt, und das, was sich die Wissenschaftssenatorin geleistet hat, als sie Herr Professor Lenzen als Präsident der Universität aus Berlin abgeworben hat, schlägt dem Fass den Boden aus. Es wurden finanzielle Zusagen für die Ausstattung der Universität gemacht und sie sind nicht eingehalten worden. Das hat Herr Professor Lenzen im letzten Wissenschaftsausschuss gesagt, Frau Senatorin saß dabei und hat kein Wort dazu gesagt. Jetzt hat er sich noch einmal an die Öffentlichkeit gewandt und darauf hingewiesen, dass finanzielle Zusagen für die Universität nicht eingehalten wurden, und nennt es den Entzug der Geschäftsgrundlage. Man könnte überlegen: Hat er gesagt, dass er das Amt niederlegt? Er wird es nicht tun, aber das ist einfach bodenlos.

Und wie reagiert der Senat? Die Wissenschaftssenatorin lässt ihren Pressesprecher Stellung nehmen. Das ist auch so eine neue Tendenz in dieser Regierung, dass die Pressesprecher vorgeschickt werden. Und was sagt er?

"Die Verweigerung des Hochschulrates hat keine weiteren Konsequenzen."

Da frage ich mich: Haben Sie eigentlich den Schuss nicht gehört? Die gesamte Universität sagt, sie akzeptiere diesen Haushalt nicht, der Wirtschaftsplan der Universität werde nicht akzeptiert. Richtigerweise ergänzt dann der Sprecher noch, dass der vorliegende Haushalt voraussichtlich im nächsten Frühjahr in der Bürgerschaft verabschiedet wird. Das Budgetrecht hat jetzt die Bürgerschaft und wir appellieren an CDU und GAL, auf Senatorin Gundelach einzuwirken. Der vorliegende Haushaltsplan der Wissenschaftsbehörde muss zurückgezogen werden. Er ist unvollständig und für die Universität unzumutbar.

Wir werden in den Einzelberatungen unsere Änderungsanträge einbringen. Wir haben genau wie die andere Oppositionspartei immer wieder auch unsere Alternativen dargelegt. Das werden wir weiter machen und wir werden auch ganz klar die Einkommensseite in den Blick nehmen.

Herr Senator Frigge, Sie haben gesagt, Haushaltspolitik reduziere sich nicht auf die Ausgabenkürzung; das ist richtig. Dann haben Sie von einer Doppelstrategie gesprochen. Die kenne ich noch von den Jusos, die sah ein bisschen anders aus. Sie sprachen davon, dass die Doppelstrategie ihrer Haushaltsführung Konsolidieren und Investieren beinhaltet. Wir sind der Auffassung, dass Sie ganz klar die Einnahmeseite aus den Augen verloren haben, da muss viel mehr getan werden. Da gibt es viele Vorschläge von der Opposition, da gibt es auch viele Vorschläge, wie man es in Hamburg machen kann. Und wenn Sie meinen, dass es einen Konsens mit dem Haushalt gibt: Es kann sein, dass wir mit den Grundsätzen übereinstim

men, aber wie der Haushalt gestaltet ist in den Schwerpunkten, welche Ausgaben Sie machen, an welchen Punkten Sie kürzen und an welchen Punkten Sie drauflegen, da gibt es in dieser Stadt überhaupt keinen Konsens und da wird diesem Senat in den nächsten Wochen und Monaten noch ganz viel Protest aus der Stadt entgegenwirken und wir werden da mitmachen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Herr Dr. Tschentscher.

(Stephan Müller CDU: Schon wieder?)

Herr Kerstan, wenn wir die Analysen von Herrn Frigge ernst nehmen, dass wir ein strukturelles Problem im Betriebshaushalt haben, dann kommen wir doch um eine Zahl nicht herum, und die besagt, dass Schwarz-Grün in vier Jahren die Betriebsausgaben um 1,3 Milliarden Euro erhöht. Das ist doch eine Zahl, die man in jedem Haushaltsplan-Entwurf, den Sie uns vorlegen, nachlesen kann. Ich zitiere den Vergleich aus den rot-grünen Zeiten nicht, um Sie zu ärgern, sondern einfach um zu zeigen, dass es geht. In diesen Jahren von 1997 bis 2001 gab es einen Anstieg um 200 Millionen. Das ist auch viel Geld, aber das ist eben erforderlich aufgrund von Tarifsteigerungen und Inflationsentwicklungen und weil man zum Teil neue Aufgaben finanzieren muss. Aber es war eine sehr begrenzte Entwicklung im Betriebshaushalt, die sehr anstrengend ist, weil sie im Hintergrund erfolgt ist mit einer Sparsamkeit in den Behörden, die ihresgleichen sucht. Erkundigen Sie sich einmal bei Herrn Maier danach, wie man das macht. Ich habe beim ehemaligen Bürgermeister Ortwin Runde einmal sehr sorgfältig in Erfahrung gebracht, wie man es hinbekommt, den Betriebshaushalt zu konsolidieren, ohne einen sozialen Kahlschlag zu machen.

Diese 1,3 Milliarden Euro rechtfertigen sich eben nicht durch gesetzliche Leistungen und Sozialhilfe. Lesen Sie den Haushaltsplan-Entwurf. Die Ansätze für Sozialhilfe und gesetzliche Leistungen werden abgesenkt, genauso wie die Mittel für die Kitas abgesenkt werden. Und die Zinsen sind auch nicht das Problem, jedenfalls nicht derzeit. Die werden das Problem. Derzeit habe wir weniger Zinsausgaben als im Jahr 2000, weil wir ein historisch niedriges Zinsniveau haben von 1 Prozent Leitzins der EZB. Das Problem kommt erst noch auf uns zu und insofern erklärt es nicht diesen Anstieg von 1,3 Milliarden Euro.

Herr Kerstan, wir haben in der Tat den neuen Lehrerstellen zugestimmt, daran kann ich mich sehr gut erinnern. Das ist auch richtig, aber es erklärt nicht diesen Anstieg. Was ihn erklärt, sind 1350 neue Beschäftigte in den Behördenverwal

(Dora Heyenn)

tungen und die haben wir in der Bürgerschaft eben nicht beschlossen. Die haben Sie im Hintergrund geschaffen, weil Sie in den Behördenverwaltungen eben nicht konsolidieren, und das steht in Ihren Personalberichten. Lesen Sie die Unterlagen dieses Senats und dann wissen wir auch, wo wir beginnen müssen mit den Konsolidierungsaufgaben.

Ihre Aussagen zum Investitionshaushalt sind auch nicht richtig. Wir haben nicht kritisiert, dass zu wenig investiert wird. Wir kritisieren, dass für die falschen Projekte investiert wird, und die haben wir aufgezählt. Die richtigen und wichtigen Investitionen tätigen Sie ersatzweise in den Schattenhaushalten und da ist der Schulbau ein wunderbares Beispiel. Das Sondervermögen Schulbau haben wir abgelehnt, nicht weil wir wollen, dass der Putz von den Wänden fällt, sondern wir wollen vernünftig sanierte Schulen. Wir haben aber gesagt, dass wir dafür keine neue Behörde plus 40 Stellen brauchen. Das ist der Anteil im Betriebshaushalt, der uns stört, 40 zusätzliche Stellen im Sondervermögen Schulbau hoch bis in die B-Besoldung.

Dann haben wir die Weltwirtschaftskrise, die für alles herhalten muss, was Schwarz-Grün macht. In Wahrheit haben Sie diesen Befund immer wieder beschrieben und Sie haben in Ihrem Koalitionspapier nicht einen Halbsatz geändert. Das wäre eine Reaktion gewesen auf die Weltwirtschaftskrise, die uns in der Tat getroffen hat. Es ist weder von der CDU-Fraktion noch von der GAL-Fraktion etwas zu diesem konkreten Vorschlag von Herrn Frigge gesagt worden, die BSU in Wilhelmsburg nicht zu bauen. Auch das ist ein Vorschlag, den wir gemacht haben, und Herr Frigge hat ihn in seiner Kommission noch einmal ausgeführt. Sie kennen doch die internen Unterlagen besser als wir, wenn wir sie einmal von der Presse bekommen, also lesen Sie das doch nach. 14 Millionen Euro pro Jahr kostet diese Maßnahme im Betriebshaushalt. Dieser Vorschlag ist auch richtig, man muss ihn nur dann auch umsetzen, Herr Kerstan. Wenn Sie das tun, dann haben Sie im Haushaltsausschuss mit uns auch eine bessere Diskussionsgrundlage über andere Dinge. Wir reden nicht nur über die Ausgaben, das haben Sie falsch wahrgenommen, Herr Kerstan, wir haben hier mehrfach über die Einnahmeseite geredet. Die Linksfraktion hat Ihnen Anträge vorgelegt und wir auch, weil wir gesagt haben, dass wir die Vermögensteuer brauchen. Sie sollen darüber reden hier in Hamburg und im Bundesrat in Berlin. Das ist hier mehrfach abgelehnt worden, nicht von der SPD und der LINKEN, sondern von GAL und CDU, möglicherweise gegen Ihre eigene Überzeugung. Reden Sie über die Einnahmeseite, wir tun es.

(Beifall bei der SPD)

Als wir endlich so weit waren, dass der Bürgermeister Herr von Beust noch im Amt in einer Regierungserklärung gesagt hat, dass wir mindestens

zwei Prozentpunkte Steigerung bei den Spitzensteuersätzen brauchen, da haben wir alle gesagt: Das ist nun der Durchbruch, jetzt passiert es und wir bekommen zum Beispiel nur für diese zwei Prozentpunkte 80 Millionen Euro in den Betriebshaushalt. Das ist keine Zahl von der Opposition, das ist die Zahl des Ersten Bürgermeisters gewesen. Wenige Monate später kommt die GAL-Fraktion und sagt, davon wolle sie nichts wissen, das sei eine persönliche Einzelmeinung gewesen.

(Jens Kerstan GAL: Das habe ich nicht ge- sagt!)

Das ist hier gesagt worden, das sei eine persönliche Einzelmeinung und hätte mit dem Senatsprogramm nichts zu tun.

Sie haben allen Grund, über die Einnahmeseite zu reden; wir reden darüber. 2012 haben wir als nächsten Wahltermin und wir haben überall offene Rechnungen. Wir haben die Schulden im Sondervermögen Schulbau. Wir haben Schulden für Ihr Studiengebührenmodell in der Wohnungsbaukreditanstalt. Ich frage mich, was die da zu suchen haben. Wir haben die defizitäre Stiftung Historische Museen. Wir haben Schulden bei der HPA für ein Konzept "Hafen finanziert Hafen", das nicht funktioniert. Wir haben Schulden im Sondervermögen Stadt und Hafen. Wir haben Schulden, wohin man blickt, und das sind offene Rechnungen, die uns in einem oder zwei Jahren vor die Füße fallen, unabhängig davon, welcher neue Senat 2012 zustande kommt.

Ein letztes, wirklich schlimmes Kapitel im Finanzbericht muss ich dann doch noch nachtragen, weil die GAL hier so offensiv ist: die Haushaltsmodernisierung. Wir haben das wirklich unterstützt, weil kaufmännisches Denken und Handeln auch in einem öffentlichen Haushalt an erster Stelle stehen muss. Wir sind kein Konzern, aber wir haben mit den Ressourcen der Steuerzahler nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu verfahren. Die Finanzbehörde hat dieses Projekt vorangetrieben, auch gegen den Widerstand von Behörden wie der Polizei, die keine verbindlichen Ziele vereinbaren wollten und stattdessen einen Blankoscheck über 500 Millionen Euro verlangt haben. Was ist dann passiert? Mitten in die Umsetzung hinein beschließen CDU und GAL, die ziel- und wirkungsorientierten Komponenten nicht weiter zu verfolgen. Herr Frigge, Ihnen war das vermutlich gar nicht recht, was Ihre Abgeordneten da beschlossen haben. Aber eine Demontage des Budgetrechts des Parlaments durch ein ziel- und wirkungsloses neues Haushaltswesen werden wir nicht mitmachen und da haben Sie eine Verantwortung, Herr Kerstan.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Heintze.

Ich bin überrascht. Ich dachte, dass Sie vorher von dem Rücktritt des Finanzsenators nichts wissen konnten und sich dementsprechend gut auf eine Haushaltsdebatte, die es zu führen gilt, vorbereitet hätten. Das Gegenteil war der Fall und ich begründe das auch.

(Zurufe von der SPD: Oh nein!)