Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

richtig gelesen habe, Herr Wersich, haben Sie sich darüber auch schon Gedanken gemacht und gesagt, dann müssten diese Schüler, die hier die Ersatzschulen besuchen, den entsprechenden reduzierten Schülerkostensatz bekommen, der sich an Schleswig-Holstein anpasst. Ich glaube, dies wird ein Problem sein, wenn es beispielsweise an ein und der gleichen Waldorfschule für verschiedene Schüler, die aus Hamburg und aus Schleswig-Holstein kommen, verschiedene Sätze gibt. Insofern hielten wir es für den besten Weg, wenn wir genau wie in den anderen Bundesländern den Anteil der Förderung an Privatschulen, den Schülerkostensatz von 85 Prozent, absenken. Dann wären wir alle aus dem Problem heraus und hätten nicht zwei verschiedene Sätze. Ich weiß, dass Sie den Kopf schütteln, denn Sie sind ein Vertreter von Privatschulen, aber wir finden, dass es entschieden zu weit geht mit diesen 85 Prozent.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Senator Wersich.

(Arno Münster SPD: Er möchte es noch mal auskosten!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Heyenn, ich kann nur hoffen, dass möglichst viele in der Stadt die Haltung der Links-Partei zu den Schulen in freier Trägerschaft mitbekommen haben, denn das war eine ganz klare Kampfansage an alle Privatschulen, und das kann man nicht laut genug in dieser Stadt sagen.

(Beifall bei der CDU)

Ansonsten tut es ganz gut, wenn man einmal gelobt wird.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist ja selten bei Ihnen!)

Ich behaupte nicht und habe es auch nie getan, dass diese Einigung aus dem Nichts kam, aber, Herr Gwosdz, ich muss schon sagen, dass ich einen rechtlosen Zustand vorgefunden habe zum 1. Januar. Es gibt keine rechtliche Grundlage für die Beschulung und Finanzierung von schleswig-holsteinischen Kindern in Hamburg. Ich habe ein Notabkommen vorgefunden, das dies für ein Jahr verlängert hätte.

(Glocke)

Rede ich zu laut?

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Nein, Sie reden nicht zu laut, ich versuchte, eine Lücke zu finden, um Sie zu fragen, ob Sie eine…

Das war mitten im Satz. Nein, im Moment nicht, weil das Parlament heute auch noch andere Themen debattieren will.

Ich will es kurz machen. Es wäre ein Notabkommen für ein weiteres Jahr, für 1 Million Euro mehr, das die Stadt bekommen hätte, was aber dazu geführt hätte, dass weitere Abschulungen erzwungen worden wären und es eine Verunsicherung an Schulen, bei den Schülern und Eltern gegeben hätte. Das haben wir zum Glück bereinigen können.

Herr Rabe, ich freue mich über die Anerkennung der SPD-Fraktion. Es ist schön, dass Sie nur eine Stelle zu kritisieren haben. Ich möchte aber bezüglich der von Ihnen vorgeschlagenen Einzelabrechnungen bei jedem Schüler auf zwei Probleme hinweisen. Wir würden damit eine riesige Bürokratie erzeugen, wenn jeder einzelne Schüler abgerechnet wird. Und Sie haben auch keine Antwort darauf, dass Schleswig-Holstein für seine Schulen und Schüler etwa 25 Prozent weniger bezahlt, als Hamburg an die Hamburger Schulen gibt. Ein solches Verfahren, die Öffnung aller Hamburger Schulen für alle schleswig-holsteinischen Schüler, würde bedeuten, dass der Hamburger Steuerzahler mit einem Viertel jeden einzelnen Schulbesuch subventionieren müsste, und das ist nicht vertretbar angesichts der Haushaltslage.

(Ties Rabe SPD: Aber das passiert ja jetzt auch!)

Wir haben es mit dem Abkommen geschafft, 4 Millionen Euro mehr für die Stadt zu bekommen. Ich möchte aber noch etwas zu den Schulen in freier Trägerschaft sagen. Wir werden die Erstattung an die Schulen in freier Trägerschaft schrittweise reduzieren.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das ist eine Kampfansage!)

Nein.

Hier sage ich ganz klar: Weder die Eltern noch die Privatschulen können vom Hamburger Steuerzahler verlangen, dass er für die schleswig-holsteinischen Schüler mehr bezahlt, als Schleswig-Holstein bereit ist zu erstatten. Diese Haltung vertrete ich auch, sie ist auch tausendmal besser, als wenn die Hamburger Privatschulen für Schleswig-Holsteiner geschlossen worden wären.

(Beifall bei der CDU)

Aber hier ist Klarheit und Wahrheit notwendig und der Hamburger Steuerzahler kann nicht auf Dauer den Privatschulbesuch der Schleswig-Holsteiner subventionieren.

Viele Hamburger Schüler werden auch in Schleswig-Holstein beschult und darunter leider auch viele, die in Jugendhilfeeinrichtungen sind und für die

(Dora Heyenn)

s

wir tatsächlich zuständig wären. Das zahlt zukünftig Schleswig-Holstein. Mir war wichtig, dass die Privatschulen nicht vor dem Aus stehen und dass nicht ein Umzug über die Landesgrenze die Schüler zwingt, die Schule zu wechseln. Das sind die wichtigen Punkte, das haben wir durchgesetzt und deshalb ist es ein gutes Gastschulabkommen geworden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Nach Paragraf 22 eröffnet sich jetzt den Fraktionen die Chance einer weiteren Runde. Gibt es noch Wortmeldungen zu diesem Thema? – Das sehe ich nicht. Dann ist die Aktuelle Stunde beendet.

Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 3, 5 a und 5 b, den Drucksachen 19/7879, 19/8096 und 19/8097: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz, und zu den Wahlen von je acht Beisitzenden und deren Stellvertretungen für die Landeswahlausschüsse für die Wahl zur Bürgerschaft sowie für die Wahl zu den Bezirksversammlungen.

[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz – Drs 19/7879 –]

[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl von acht Beisitzenden und deren Stellvertretungen für den Landeswahlausschuss für die Wahl zur Bürgerschaft – Drs 19/8096 –]

[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl von acht Beisitzenden und deren Stellvertretungen für den Landeswahlausschuss für die Wahl zu den Bezirksversammlungen – Drs 19/8097 –]

Die Fraktionen haben vereinbart, dass die Wahlen in einem Wahlgang durchgeführt werden können. Die drei Stimmzettel hierzu liegen Ihnen vor. Sie enthalten bei den Namen jeweils ein Feld für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Sie dürfen bei jedem der Namen ein Kreuz machen, aber bitte nur eines. Mehrere Kreuze beziehungsweise kein Kreuz bei einem der Namen machen die Wahl dieses Kandidaten ungültig. Auch weitere Eintragungen oder Bemerkungen würden zu Ungültigkeit des gesamten Stimmzettels führen.

Bitte nehmen Sie jetzt Ihre Wahlentscheidungen vor. Ich darf dann in bewährter Tradition Frau Tho

mas und Herrn Hakverdi bitten, mit dem Einsammeln der Stimmzettel zu beginnen.

(Die Wahlhandlungen werden vorgenom- men.)

Es wäre, wie immer, sehr hilfreich, wenn die Stimmzettel, die noch nicht eingesammelt sind, etwas hochgehalten werden könnten, damit die beiden sehen können, wo es noch Stimmzettel gibt.

Sind alle Stimmzettel eingesammelt worden? Damit schließe ich die Wahlhandlung.

Die Wahlergebnisse werden nun ermittelt. Sie werden vereinbarungsgemäß zu Protokoll nachgereicht.

Wir kommen zu Punkt 72 der Tagesordnung, Drucksache 19/8074, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren – Drs 19/8074 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Heyenn, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In dieser Legislaturperiode haben wir sechsmal ausführlich über Studiengebühren beziehungsweise ihre Abschaffung diskutiert. In den Partei- und Wahlprogrammen von CDU und SPD ist diese Forderung seit Jahrzehnten fester Bestandteil. DIE LINKE steht für eine Bildung für alle und das bedeutet Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Hochschule.

(Beifall bei der LINKEN)

In Hamburg wurden 2006 vom CDU-geführten Senat Studiengebühren eingeführt und 2008 führte der schwarz-grüne Senat die sogenannten nachgelagerten Studiengebühren ein. Viele Befreiungstatbestände für chronisch Kranke oder Erziehende fielen weg.

Die Finanzierungskosten, die bei diesem System anfallen, die sogenannten Kompensationszahlungen der Studiengebühren, sollen nun, entgegen den Zusagen bei Einführung des Gesetzes, unmittelbar aus den eingeplanten Gebühreneinnahmen in Höhe von 22,7 Millionen Euro bestritten werden. Dadurch vermindert sich noch einmal der Betrag, der für die Hochschule zur Verfügung steht. In Artikel 63 des Internationalen Pakts für wirtschaftliche und soziale Rechte der UN-Menschenrechtskonvention wird eine allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit von Hochschulbildung gefordert. Das hat die Bundesrepublik Deutschland unter

(Senator Dietrich Wersich)

Siehe Anlage 1, Seite 4344

zeichnet. Es gibt auch Bundesländer ohne Studiengebühren wie Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen ab dem Wintersemester 2011/2012, Sachsen, Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Hessen.

Apropos Hessen: 2008 wurden die Studiengebühren im sogenannten Interregnum von den Grünen, der SPD und der LINKEN mit der parlamentarischen Mehrheit abgeschafft.

(Beifall bei der LINKEN)