traute sich keiner, die Campusmaut wieder einzuführen. Studiengebühren sind sozial ungerecht und bildungspolitisch der falsche Weg.
"Wir wollen heute in dieser Bürgerschaft eine Zustimmung zu unserem Antrag auf Abschaffung von Studiengebühren.
Es gibt nicht nur in Hamburg eine Mehrheit für die Abschaffung von Studiengebühren, sondern auch in dieser Bürgerschaft und sie muss heute genutzt werden."
Was ich Ihnen eben vorgetragen habe, war ein Zitat, und zwar ein Zitat vom 2. April 2008. In dieser Bürgerschaftssitzung brachte die SPD zwischen zwei Senaten einen entsprechenden Antrag ein. Mit den eben zitierten Worten begründete die Abgeordnete Britta Ernst den Antrag. Heute, gleiche Situation, gleiches Anliegen, ist der Kommentar von Olaf Scholz, dass es nicht gut sei, jetzt im Parlament Klamauk zu machen.
Gestern hatten wir den Vergleich mit den Szenen einer Ehe. Ich glaube, Frau Ernst, Sie müssen mit Ihrem Mann einmal ein ernstes Gespräch führen.
"Schaffen wir die Gebühren ab und korrigieren wir damit eine der schlimmsten Entscheidungen des CDU-Senats der letzten Legislaturperiode."
Sie hatten damals genauso recht wie wir heute. Wir ergänzen dazu: Schaffen wir eine der schlimmsten Entscheidungen des schwarz-grünen Senats ab.
Liebe Abgeordnete von der GAL! Sie haben sich in einem schwierigen Prozess, wie wir gestern gehört haben, von den Fesseln der Koalition mit der CDU befreit. Kehren Sie zurück zu einer Politik "Grün pur" und setzen Sie um, was Sie den Wählern vor der letzten Wahl versprochen haben
und wahrscheinlich jetzt vor der nächsten Wahl wieder versprechen werden. Die Studiengebühren müssen abgeschafft werden.
SPD und GAL müssen sich fragen lassen, wenn sie jetzt nicht diese Entscheidung fällen wollen, wann wollen sie es dann. Erstens macht es keinen Sinn zu argumentieren, Rot-Grün mache es dann in drei Monaten, und zweitens glaubt Ihnen das auch keiner, die Studierenden nicht und wir auch nicht.
"Die vorliegenden Anträge zur Abschaffung der Studiengebühren nenne ich unseriös, denn sie weisen keine Deckung auf."
Das kann man aktuell auch hören. Das Zitat stammt ebenfalls vom April 2008, es kommt von Herrn Beuß von der CDU. Das hat Herr Beuß damals der SPD als Begründung entgegengehalten, weshalb man den Antrag nicht beschließen könne. Wir hatten auch einen Antrag eingebracht und hörten das gleiche Argument. Heute ist dieses Argument dasjenige des Fraktionsvorsitzenden der SPD. Herr Neumann ist leider nicht im Raum. Ich wollte ihn eigentlich bitten, sich noch einmal die Drucksache 19/29 vom 12. März 2008 anzusehen. Ganz oben steht der Name Michael Neumann. Unter anderem wird dort gefordert, dass das Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren zum 1. April 2008 in Kraft treten solle. Und weiter steht dort – ich zitiere –:
"Als Ausgleich für die wegfallenden Studiengebühren werden den Hamburger Hochschulen zur Verbesserung der Lehre entsprechende Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt. Für das Jahr 2008 wird der Senat aufgefordert, der Bürgerschaft einen entsprechenden Nachbewilligungsbetrag zukommen zu lassen. Ab 2009 sind die notwendigen Mittel im Haushalt abzubilden und für die folgenden Jahre fortzuschreiben."
Der Haushalt für 2009 war noch nicht einmal vorgelegt. Auch wir fordern heute in unserem Antrag 19/8074, den Hochschulen für die wegfallenden Studiengebühren sofort einen entsprechenden finanziellen Ausgleich im Hamburger Haushalt für das Sommersemester 2011 zur Verfügung zu stellen.
Es ist fast der gleiche Wortlaut. Hier ist die SPD in Erklärungsnot, wenn sie vor zwei Jahren meinte, sie müsste so argumentieren, heute aber das Gegenteil sagt und sich in der Argumentation der CDU angleicht. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass ihr Bürgermeisterkandidat als einen der wenigen konkreten Punkte, die er bisher benannt hat, erklärt, dass die SPD die Kita-Erhöhungen wieder zurücknehmen werde. Wie das finanziert werden soll, sagt Herr Scholz auch,
er werde im Haushalt suchen und er werde Finanzierungsmittel finden. Mit Glaubwürdigkeit hat das wenig zu tun.
Seit Jahren kämpfen Schülerinnen und Schüler, Studierende, Gewerkschaften, SPD, GAL und DIE LINKE für ein gebührenfreies Studium in Hamburg. Insgesamt wurden im Wissenschaftsausschuss 31 378 Unterschriften vom Hamburger Bündnis für Gebührenfreiheit übergeben. Der Akademische Senat fordert aus sozialen und wissenschaftspolitischen Gründen die Abschaffung der Studiengebühren und ihre volle staatliche Kompensation. Das Gleiche bekräftigt der Uni-Präsident Professor Dr. Lenzen.
Heute hatte das Präsidium für einige Stunden alle Lehrveranstaltungen abgesagt, damit Studierende, Wissenschaftler und Hochschulpersonal aus Technik und Verwaltung gemeinsam mit sozialen Initiativen, Verbänden und Kulturschaffenden gegen die Unterfinanzierung von Bildung und Kultur demonstrieren können. Der AStA nimmt daran nicht teil und ruft auch nicht dazu auf – das ist eine verkehrte Welt.
Die Demonstration steht unter dem Motto "Kultur für alle – Geld ist genug da". Der NDR hat, aus welchen Gründen auch immer, heute mitgeteilt, dass die Demonstration genauso ausfalle wie die Schule. Ich kann nicht verstehen, warum die Schule ausgefallen ist. Ich musste wieder umkehren und wusste überhaupt nicht, warum ich heute nicht in die Schule gehen darf.
Die Demonstration wurde abgesagt, ohne dass ihre Ausrichter überhaupt Bescheid wussten. Trotzdem waren 3000 Leute bei der abgesagten Demonstration und trotz des Winterwetters da. Wir unterstützen diese Aktion.
Und Sie von der GAL und der SPD sollten diese Bewegung, die aus der Universität und dem Kulturbereich kommt, wirklich sehr ernst nehmen.
Ehemalige Schüler von mir sind zurzeit mit "Work & Travel" unterwegs in Neuseeland, am anderen Ende der Welt. Vor einigen Tagen erhielt ich eine E-Mail, in der steht, sie hätten gehört, dass es bald Neuwahlen gäbe, da die Koalition zusammengebrochen sei. Das sei doch ein Chaos zur Winterzeit. Jedenfalls hofften sie, dass sie rechtzeitig zu den Neuwahlen wieder da seien. Sie wollten unbedingt gegen die Studiengebühren stimmen,
denn wenn sie daran dächten, dass sie über 630 Euro Gebühren pro Semester zahlen müssten, dann werde ihnen ganz schlecht.
Im Sinne der eingangs erwähnten UN-Konvention plädieren wir in unserem Antrag dafür, dass auch die Verwaltungsgebühren entfallen. Die Universität Hamburg ist mit 38 000 Studierenden, 650 Professoren und Professorinnen sowie 3450 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die fünftgrößte in Deutschland. Im Wissenschaftsausschuss hat der Präsident der Universität mehrfach darauf hingewiesen, dass es eine stabile Unterfinanzierung gäbe, die den Wissenschaftsbetrieb in Forschung, Studium und Lehre massiv gefährde. Der Akademische Senat unterstützt den Präsidenten der Universität Hamburg mit der Forderung,
den Etat der Universität dauerhaft gegenüber den Ansätzen der vergangenen Jahre um errechnete 50 Millionen Euro aufzustocken und das strukturelle Defizit zu beheben. Der Akademische Senat hat den Wirtschaftsplan-Entwurf kategorisch abgelehnt und auch der Hochschulrat verweigert die Zustimmung. Das hat es noch nie gegeben. Sie mögen das kleinreden, aber ich kann nur sagen, wenn Sie diesen Schuss nicht gehört haben, dann hören Sie gar nichts mehr.
Wir fordern in unserem Antrag ein Sonderinvestitionsprogramm zur Hochschulfinanzierung, damit alle Hamburger Hochschulen nicht nur ihre gesetzliche Aufgabe in Lehre, Studium und Forschung erfüllen können, sondern auch wissenschaftliche Innovation in der Forschung entwickeln können.
Frau Stapelfeldt hat in der Debatte über die Studiengebühren im September 2008 gesagt, dass wir das, was wir an parlamentarischen Möglichkeiten hätten, auch ausnutzen sollten. Das werden wir heute tun, dazu möchten wir Sie alle ermuntern. Gar nichts zu tun, sich auf Argumente zurückzuziehen, gegen die man vor Kurzem selbst zu Felde gezogen ist, und nicht einmal Änderungsanträge einzubringen, versprüht alles, meine Damen und Herren von der SPD und der GAL, nur eines nicht: Eine rot-grüne Aufbruchstimmung ist das nicht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Heyenn, eines sind Sie uns in dieser Debatte schuldig geblieben. Sie haben zwar gesagt, was Sie alles wollen, aber wie Sie es finanzieren wollen, das haben Sie uns leider überhaupt nicht gesagt.