Protokoll der Sitzung vom 20.01.2011

(Beifall bei Michael Gwosdz GAL – Dr. Joa- chim Bischoff DIE LINKE: Eben, seit einem Jahr!)

Im Oktober letzten Jahres hat die GAL nach einer schweren Koalitionskrise und einem Koalitionsausschuss politisch durchgesetzt, dass Herr Nonnenmacher entlassen werden sollte. Aber sobald die GAL aus der Regierungsverantwortung entlassen war

(Zurufe von der CDU)

oder auch herausgegangen ist, sobald sie nicht mehr im Senat vertreten war, hat der Druck auf diese Bank schlagartig nachgelassen, nicht nur bei diesem Restsenat, sondern auch in Schleswig-Holstein. Das Märchen, das damals kursierte, der Fraktionsvorsitzende der Grünen hätte einen schon bereits im Fall befindlichen Vorstandsvorsitzenden nur öffentlichkeitswirksam noch einmal nachgeholfen, ist als das entlarvt worden, was es war, nämlich ein Märchen.

(Egbert von Frankenberg CDU: Sie erzählen Märchen!)

Herr Nonnenmacher ist immer noch im Amt und dieser Senat will ihm eine Millionen-Abfindung geben im April und das ist ein Skandal.

(Beifall bei der GAL, der SPD und der LIN- KEN)

Aber gut war, dass die GAL, bevor die Regierungskoalition geplatzt war, noch eines durchgesetzt hatte, nämlich ein Gutachten, das alle Untersuchungen des Aufsichtsrats der Bank noch einmal überprüfen sollte. Dieses Gutachten wurde vor einem Jahr in Auftrag gegeben und es war der Quell

(Martina Koeppen)

eines Streits zwischen mir und Senator Frigge a.D., warum dieses Gutachten so lange brauchte und warum es immer noch nicht vorlag. Und heute, wo das Gutachten anscheinend zumindest dem Senat vorliegt, weiß man, warum es so lange gedauert hat, denn dieses Gutachten kommt zu einem anderen Schluss als alle anderen Gutachten. Dieses Gutachten befindet Herrn Nonnenmacher einer groben Pflichtverletzung schuldig, die zu einem Abschreibungsbedarf von 400 Millionen Euro in der Bank geführt hat und damit zulasten der Steuerzahler, meine Damen und Herren. Jeder, der die vorherigen Untersuchungen gelesen hat, konnte davon nicht überrascht sein. Es war zu keiner Zeit plausibel, dass alle möglichen Vorstände der Bank für diesen Verlust verantwortlich sein sollten, nur nicht der Finanzvorstand, der für die Bilanz und damit für Bilanzkosmetik zuständig gewesen ist.

Der Senat muss endlich handeln. Es reicht nicht aus, den Aufsichtsratsvorsitzenden über das Gutachten in Kenntnis zu setzen. Herr Kopper hat jede Frist und jede Gelegenheit, die es zuhauf gab, verstreichen lassen, Herrn Nonnemacher ohne Abfindung zu kündigen. Meine Damen und Herren im Senat, jetzt müssen Sie handeln. Sie müssen Druck aufbauen und dafür sorgen, dass Herr Nonnenmacher ohne Abfindung entlassen wird. Wenn Sie das wollen, können sie es auch, und wenn Sie es nicht wollen, dann müssen Sie dem Steuerzahler erklären, warum Sie Herrn Nonnenmacher ohne Not eine Millionenabfindung zahlen wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL, der SPD und der LIN- KEN)

Das Wort hat Herr Goldberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Jens Kerstan, der Schlüsselbegriff zu Ihrem Redebeitrag ist Glaubwürdigkeit. Stellen wir doch einmal die Frage nach der Glaubwürdigkeit.

Sie wissen, dass die Würdigung von Pflichtverletzungen eines Vorstandes dem Aufsichtsrat obliegt.

(Thomas Böwer SPD: Nee!)

Wer glaubt, das wäre anders, kennt das Aktienrecht nicht.

Man muss Rechtsverhältnisse politisch nicht immer goutieren – dann kann man sie ändern –, aber wenn man sie nicht ändern kann, dann sollte man sie zumindest als Fakten zur Kenntnis nehmen. Ich glaube nicht, dass Sie Herrn Kopper unterstellen, er habe das Bedürfnis, als Aufsichtsrat höchstpersönlich wegen Pflichtverletzung in Anspruch genommen zu werden.

Als das Zweitgutachten vorlag, haben wir es am 23. November in einer Senatsvorbesprechung, an der auch Herr Kerstan teilgenommen hat, diskutiert und beschlossen, dass Aufsichtsrat und Staatsanwalt dieses Gutachten bekommen sollen und beide haben es auch erhalten.

(Zuruf von Jens Kerstan GAL – Michael Neumann SPD: Wieso hat Herr Kerstan das nicht bekommen?)

Ich habe doch gerade gesagt, dass wir das Ergebnis dieses Gutachtens in der Senatsvorbesprechung diskutiert haben.

(Michael Neumann SPD: Aber Herr Kerstan nicht!)

Das ist interessant. Sie sagen, Herr Kerstan kenne das Gutachten nicht. Eben noch hat er aus dem Gutachten zitiert, Herrn Nonnenmacher würde eine grobe Pflichtverletzung vorgeworfen. Das hat er gesagt und damit zum Ausdruck gebracht, dass er das Gutachten kennt, was aber nicht stimmen kann,

(Michael Neumann SPD: Aber Sie kennen es!)

denn wenn er das Gutachten kennen würde, würde er wissen, dass in ihm genau das Gegenteil steht: Eine grobe Pflichtverletzung liegt nicht vor. Genau das steht in diesem Zweitgutachten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Lesen Sie es doch hier einmal vor!)

Ich weiß das aus der Vorbesprechung, wo übrigens auch Herr Kerstan dabei war, mein lieber Herr Neumann.

Das Gutachten ist ganz klar. Es gibt keine eindeutige Distanzierung von dem Freshfields-Gutachten.

(Thomas Böwer SPD: Wer sagt das?)

Das sagt das Gutachten.

(Thomas Böwer SPD: Nee!)

Herr Böwer, das finde ich interessant. Sie sagen also auch, dass Sie das Gutachten kennen. Warum sagen Sie dann nicht, was in dem Gutachten steht? Da steht genau das drin, was ich gerade gesagt habe.

(Michael Neumann SPD: Lesen Sie es doch einfach mal vor!)

Was ich bei Herrn Böwer besonders spannend finde: Er interessiert sich dafür, Herrn Nonnemacher die Abfindung zu streichen,

(Michael Neumann SPD: Ich will das Gut- achten auch gerne kennenlernen!)

aber er interessiert sich nicht dafür, gegenüber den früheren Vorstandsvorsitzenden, die diese ganzen Geschäfte zu verantworten haben, Schadenser

(Jens Kerstan)

satzansprüche zu stellen oder ihre Ansprüche auf Altersvorsorge infrage zu stellen.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! So geht das wirklich nicht, das geht zu weit. Darf ich Sie bitten, dem Redner zuzuhören.

Das will er nicht und das kann ich auch verstehen, denn die beiden Herren sind SPD-Mitglieder. Das ist Herr Nonnenmacher nicht und damit genießt er auch nicht die böwersche Beißhemmung.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Man kann Herrn Böwer alles vorwer- fen, aber das nicht!)

Auf jeden Fall, lieber Jens Kerstan, ist es die eindeutige Positionierung des Aufsichtsrats, dass dieses Zweitgutachten

(Jens Kerstan GAL: Das wir nie gesehen ha- ben!)

eine fristlose Entlassung von Herrn Nonnenmacher aus Rechtsgründen nicht hergegeben hat.

(Jens Kerstan GAL: Das haben aber wir in Auftrag gegeben als Stadt!)

Das mag ja sein, dass die Stadt das in Auftrag gegeben hat, aber noch einmal: Entlassen kann nur der Aufsichtsrat. Und wenn der Aufsichtsrat, nachdem er rechtlich hat prüfen lassen, ob es eine Möglichkeit gibt, die Forderung von Herrn Kerstan durchzusetzen, sagt, dass er keine Handhabe habe, dann hat er keine Möglichkeit dazu. Das weiß Herr Kerstan ganz genau. Das dann zu fordern ist schlechtweg albern, es ist sachlich und fachlich falsch.

(Michael Neumann SPD: Vielleicht geht's ja in vier Wochen doch!)

Das ist nichts weiter als populistisch. Damit steht Ihre Glaubwürdigkeit, lieber Herr Kerstan, infrage.

Sie wissen ganz genau, dass Herr Nonnenmacher einen Aufhebungsvertrag geschlossen hat, in dem festgeschrieben ist – das hat auch Herr Kopper ausdrücklich gesagt –, dass er seine restlichen Gehaltsansprüche zurückgeben muss, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass es eine grobe Pflichtverletzung seinerseits gegeben hat. Die Frage, ob er eine Abfindung bekommt oder nicht, entscheidet im Zweifelsfall ohnehin ein Gericht, aber nicht Sie. Und dass Herr Kopper die Bank nicht führungslos lassen will, sondern die Entlassung des bisherigen Vorstandsvorsitzenden dann vornimmt, wenn er einen neuen hat, ist nicht pflichtwidrig, sondern pflichtgemäß.

Sie fahren Ihre höchstpersönliche Vendetta gegen Herrn Nonnenmacher.