Protokoll der Sitzung vom 20.01.2011

[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu den Ersuchen der Bürgerschaft vom 23. April 2009 "Geschlechtsspezifische Arbeit mit Jungen stärken" (Drucksache 19/2762) und "Geschlechtsspezifische Arbeit mit Jungen in Hamburg stärken" (Drucksache 19/2879) – Drs 19/8314 –]

Wird das Wort gewünscht? – Frau Blömeke, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin es schon wieder – diesmal von den Älteren zu den Jüngeren, zu den Jungs.

Als wir vor vier Jahren als GAL eine Fachtagung zum Thema "Zwischen den Stühlen" gemacht haben, bei dem es um Jungs und ihre Rolle in der Gesellschaft ging, war das Thema Jungenarbeit noch ein echtes Nischenthema. Einige wenige engagierte Sozialpädagoginnen und Lehrer haben sich in dieser Zeit in Hamburg mit der Frage beschäftigt, wie man Jungen eine Vielfalt möglicher männlicher Lebensentwürfe vermitteln kann. Trotzdem war der Saal damals voll und viele Interessierte sind unserer Einladung gefolgt. Damit war das aber keine Einzelmaßnahme für uns, sondern auch weiterhin Schwerpunktthema. Wir haben das Thema Jungenarbeit immer weiterverfolgt und als wir eine Koalition mit der CDU eingingen, ist es uns gelungen, das Thema Jungenarbeit als einen eigenständigen Punkt in den Koalitionsvertrag aufzunehmen, um an diesem Thema weiterzuarbeiten.

Vier Jahre ist das jetzt her und es hat sich auch einiges getan. Kurz nach dem Zustandekommen der Koalition haben wir als GAL-Fraktion einen Antrag gestellt, der in vielen Punkten Jungenarbeit stärken sollte. Heute liegt uns nun die Antwort des Senats vor, das Ersuchen ist beantwortet und in vielen Bereichen sehen wir auch, dass sich etwas bewegt hat. Heute ging auch eine Pressemitteilung von Senator Wersich heraus, der nun sagt, dass wir ganz viel getan hätten. Ich behaupte an dieser Stelle, dass das alles nicht in Bewegung gekommen wäre, wenn die GAL nicht immer wieder vehe

ment und intensiv gebohrt und gesagt hätte, das Thema Jungenarbeit ist uns wichtig.

(Beifall bei der GAL – Olaf Ohlsen CDU: Ja, das ist wichtig!)

Wir haben einige Spiegelstriche aus diesem Antrag umgesetzt, die ich noch einmal erwähnen will. Unter anderem soll es einen Fachtag zur Jungenarbeit geben; das ist sehr gut. Wir haben in den Jugendhilfeausschüssen – das war damals sogar eine Initiative der SPD-Fraktion und eine sehr gute Zusammenarbeit – zusätzlich eine Person, die in der Jungenarbeit erfahren ist. Wir haben im Landesjugendhilfeausschuss eine zusätzliche Person und wir haben inzwischen viele gute Projekte in Hamburg, die sich mit dem Thema Jungenarbeit beschäftigen. An der Stelle möchte ich das Vorzeigeprojekt erwähnen, das neulich auch in der Zeitung stand: "Paten-t für Jungen". Das gibt es an der Gesamtschule Bergstedt und es ist einem sehr engagierten Lehrer dort zu verdanken, der wirklich viel auf die Beine stellt. Wir haben aber auch das Projekt "Soziale Jungs Hamburg" vom ASB, das die sozialen Kompetenzen sichtbar machen und vor allen Dingen das Spektrum der Berufe erweitern soll.

Zwischenzeitlich wurden – auch das ist die Initiative des GAL-Antrags – unter Beteiligung von Praktikern Leitlinien für eine geschlechterbewusste Jungenarbeit und Jungenpädagogik in der Kinder- und Jugendhilfe aufgestellt. Dies sind alles gute Schritte, die wir heute würdigen können, aber es war im Ganzen kein einfacher Prozess. Wenn man sich einmal überlegt, dass wir diesen Antrag im April 2009 gestellt haben und er jetzt, eindreiviertel Jahre später, beantwortet ist,

(Christiane Schneider DIE LINKE: Gemein!)

würde ich nicht unbedingt sagen, dass das Thema Jungenarbeit zu den obersten Prioritäten von Senator Wersich gehört hat. Immerhin können wir uns glücklich schätzen, dass es heute beantwortet worden ist.

Aber ein Punkt in diesem Antrag ist nach wie vor nicht umgesetzt und den hat der Senator leider auch heute in seiner Pressemitteilung verschwiegen; die positive Bilanz gilt also nicht für alle Bereiche. Bei der Vernetzung der Akteure im Bereich der Jugendhilfe sind wir nicht weiter vorangekommen und das ist schade. Die Einrichtung einer Stelle zur Beratung und Vernetzung in freier Trägerschaft ist bislang nicht gelungen. Die Sozialbehörde begründet die Nichteinrichtung dieser Stelle mit der Haushaltslage.

Meine Damen und Herren! Das Argument können wir überhaupt nicht akzeptieren. Es geht hier um eine einzige Stelle: eine Sozialpädagogenstelle oder auch eine andere. Erstaunlicherweise konnte nämlich im Landesinstitut für Lehrerfortbildung eine Stelle eingerichtet werden. Also wenn der Wille da

ist, dann würden wir auch einen Weg finden, über verschiedene andere Programme dort eine Stelle zu schaffen. Die Vernetzung in diesem Arbeitsfeld ist notwendig, um das von der Sozialbehörde angestoßene Fachgespräch und das Fachgespräch in der Öffentlichkeit zur Jungenpädagogik zu vernetzen und dies nicht nur von Ehrenamtlichen machen zu lassen. Ehrenamt ist gut und schön und in vielen Bereichen funktioniert es auch. Wir haben zum Beispiel in Altona eine gut funktionierende ehrenamtliche Jungenarbeit-Vernetzung. Aber es passiert in Hamburg ganz häufig, dass wir das Rad zweimal erfinden, dass der eine Bezirk nicht weiß, was der andere macht, weil eben eine Koordinierungsstelle fehlt. Und aus diesem Grund ist es uns ganz wichtig, dass wir eine verbindliche Einrichtung einer Stelle zur Vernetzung für Jungenarbeit haben.

(Beifall bei der GAL)

Dieses Ersuchen wurde sehr halbherzig umgesetzt und wir haben noch einiges daran zu arbeiten. Im Moment ist es zum Glück so, dass auch die öffentliche Aufmerksamkeit für Jungenarbeit etwas gestiegen ist, hauptsächlich nämlich, seitdem wir immer wieder erfahren, dass die Jungen auch die Bildungsverlierer sind; das Thema ist also wichtig. Nicht zuletzt hat zum Beispiel die Hamburger Herbststatistik erneut gezeigt, dass Mädchen in der Regel höher qualifizierte Bildungsabschlüsse erhalten als die Jungen. Umgekehrt überwiegen bei den Schulentlassungen aus der Haupt- und Realschule die Jungen. Das ist natürlich eine besorgniserregende Tendenz, die wir unbedingt stoppen wollen. Und dazu leistet die Jungenarbeit ihren Beitrag, nämlich die individuellen Lernprozesse von Jungen zu begleiten, sie anzunehmen, ihnen die Vielfalt der männlichen Entwicklung zu zeigen und sie vielleicht auch von dem Verhalten wegzubringen, was manchmal lernstörend wirken kann.

Wir haben am 26. Februar eine Fachtagung zu dem Thema und werden da sicher neue Impulse für die Jungenarbeit in Hamburg bekommen. Ich bin froh, dass diese Fachtagung jetzt endlich stattfindet. Die GAL-Fraktion wird weiter an diesem Thema bleiben und egal, wie immer der nächste Senat aussieht, das Thema Jungenarbeit wird uns alle weiterhin begleiten, weil wir es uns nicht leisten können, die Jungen beim Thema Bildung auf der Strecke zu lassen.

Und für diejenigen, die jetzt kritisch schauen und sagen, was macht denn die GAL da, was ist denn mit den Mädchen: Das Ganze läuft natürlich parallel. Wenn wir die Jungen fördern wollen, heißt das nicht, dass wir die geschlechtsspezifische Mädchenarbeit vernachlässigen. Nur haben wir uns jahrelang intensiv – und das war auch richtig so – um die Mädchenarbeit gekümmert und die Jungen dabei vernachlässigt. Und heute haben die Jungen zunehmend mehr Probleme, ihre Rolle in der Ge

sellschaft zu finden. Wir als Politiker müssen durch geeignete Maßnahmen eingreifen, mit denen wir in dem Antrag schon angefangen haben, die aber noch nicht vollendet sind, weil die Sozialbehörde sie leider unzureichend umgesetzt hat. Ich hoffe aber, dass wir in Zukunft gemeinschaftlich an dem Thema weiterarbeiten können, um den Jungen zu helfen, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden.

(Beifall bei der GAL)

Frau Dr. Föcking hat das Wort und ich möchte um etwas mehr Ruhe bitten. – Danke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! An dieser Stelle muss die Notwendigkeit von geschlechtsspezifischer Arbeit mit Jungen nicht noch einmal dargelegt werden. Frau Blömeke hat es ausführlich dargelegt und wir haben das Thema auch seinerzeit bei der Verabschiedung des übrigens gemeinsamen Antrags von CDU und GAL ausführlich diskutiert. Es bestand schon damals grundsätzlich Einigkeit bei allen Fraktionen, dass die Stärkung dieser Arbeit notwendig ist.

Nach zwei Jahren ist jetzt Gelegenheit, eine erste Bilanz zu ziehen und alles in allem fällt diese Bilanz, die uns der Senat vorgelegt hat, doch sehr positiv aus. Jungenarbeit ist in Hamburg bereits eine feste Größe und wichtige weitere Maßnahmen sind in die Wege geleitet.

(Beifall bei der CDU)

Wer die heutige Drucksache übrigens ganz genau liest, wird feststellen, dass der Senat auch Forderungen der Opposition aufgenommen hat. So forderte die SPD eine Bestandsaufnahme und eine Bewertung der bisherigen Jungenarbeit. Die LINKE wollte das Thema nicht isoliert von der Mädchenarbeit sehen. Der Senat macht nun sehr deutlich, dass Jungenarbeit immer zwei Stoßrichtungen hat. Zum einen muss es Angebote speziell für Jungen in Jungengruppen geben, die von Männern geleitet werden, zum anderen geht es aber auch darum, in der gesamten Jugendpädagogik geschlechterbewusst zu arbeiten. Das bedeutet übersetzt, dass auch in koedukativen Gruppen in der Kita oder Schule die Fachkräfte für den unterschiedlichen Umgang mit Mädchen und Jungen geschult werden müssen. Für beide Richtungen sind die Voraussetzungen in Hamburg gut; in beide Richtungen wird weiter gearbeitet und fast alle Forderungen der Bürgerschaft sind bereits umgesetzt.

Die Hamburger Bildungsempfehlungen verpflichten die Kitas schon jetzt dazu, auch die geschlechtlich kulturellen Unterschiede der Kinder zu berücksichtigen und etwa beim Themenbereich Körper/Bewegung/Gesundheit die geschlechtliche Identitätsfindung zu unterstützen. Die Bildungsempfehlungen

(Christiane Blömeke)

werden nun ohnehin überarbeitet und dabei sollen auch noch stärker Gesichtspunkte der geschlechterbewussten Pädagogik berücksichtigt werden. Viele Kitas bemühen sich außerdem darum, mehr männliche Erzieher und Honorarkräfte in die Arbeit mit den Kindern miteinzubeziehen, um in der weiblich dominierten Kita-Welt auch männliche Bezugspersonen für die Kinder zu finden.

Von den Jugendhäusern und weiteren Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit machten schon 2008 rund 60 Prozent, also fast zwei Drittel, spezielle Jungenarbeit. Es war also nicht so, dass wir bei dem GAL/CDU-Antrag ganz bei null angefangen haben. Das bot sich schon deshalb an, da auch fast 60 Prozent der Stammnutzer dieser Einrichtungen Jungen sind. Um diesen Bereich weiter zu fördern, hat die Sozialbehörde auch im letzten Jahr zahlreiche Fortbildungen angeboten.

Zwei weitere wichtige Bereiche sind die Themen Schule und Gewalt. Vielen Jungen fehlen heute männliche Vorbilder. In Kita, Schule und auch oft zu Hause begegnen sie vor allem Frauen. Da suchen sie sich ihre Vorbilder im Fernsehen und im Internet, wollen Fußballprofi werden, Gangsta-Rapper oder Superstar. Sicher, so gesehen ist das auch nichts unbedingt Neues. Vor vielen Generationen wollten Jungen dann eben wie Manfred von Richthofen werden oder später wie Uwe Seeler oder Franz Beckenbauer. Problematisch werden solche Träume erst, wenn niemand die Jungen und die jungen Männer auf den Boden ihrer Begabungen zurückholt, wenn sie sich nicht um eine Lehrstelle kümmern, Konflikte nur noch mit Gewalt austragen können und lieber bei "World of Warcraft" alle Feinde besiegen, in der Realität aber zu Bildungsverlierern werden.

(Beifall bei der CDU)

Auch wenn mittlerweile in der Forschung klar ist, dass Jungesein nicht automatisch bedeutet, auf der Bildungsverliererseite zu stehen, dass andere Faktoren wie soziale Herkunft und möglicherweise eine Migrationsgeschichte eine Rolle spielen, ist doch Tatsache – und das hat Christiane Blömeke schon gesagt –, dass zumindest auch in diesem Jahr wieder deutlich mehr Mädchen das Abitur gemacht haben als Jungen und dass bei den Jugendlichen, die überhaupt keinen Abschluss machen, die männlichen mit Migrationshintergrund deutlich überrepräsentiert sind.

Um nun die speziellen Stärken von Jungen besser in den Blick zu bekommen und diese zu fördern, muss sich auch beim Unterrichten in der Schule etwas ändern. Das Landesinstitut für Lehrerbildung bietet schon seit Längerem Fortbildungen an und entwickelt derzeit Kriterien zur Überprüfung der Qualität jungenpädagogischer Angebote. Nicht jede schulische Kochgruppe für Jungen ist schon per se förderungswürdig. Außerdem wird Ende Fe

bruar, wie von der Bürgerschaft gewünscht, eine Fachtagung zu Jungenpädagogik stattfinden. Am Landesinstitut – auch das hat Frau Blömeke schon gesagt – wurde darüber hinaus eine halbe Stelle mit dem Schwerpunkt Jungenpädagogik besetzt, mit dem Ziel, ein Netzwerk zur Stärkung dieser Arbeit in den Schulen einzurichten.

Aber auch die Sozialbehörde – und das wurde noch nicht gesagt – hat eine Stelle mit dem Schwerpunkt Mädchen- und Jungenpädagogik eingerichtet. Damit ist zwar tatsächlich die gewünschte Vernetzungsstelle in freier Trägerschaft noch nicht umgesetzt, aber nicht aus prinzipiellen, sondern aus finanziellen Gründen. Gerade diese Stelle in der Sozialbehörde kann einen wesentlichen Beitrag zur Vernetzung leisten. Außerdem existieren in Hamburg auf regionaler und überregionaler Ebene engagierte Arbeitskreise für Jungenarbeit; insofern scheint mir dieser Aufschub vertretbar.

Umgesetzt ist hingegen die Forderung, dass der Landesjugendhilfeausschuss und die weiteren Ausschüsse mit entsprechend qualifizierten Personen aus der Jungenarbeit mitbesetzt werden und weiterhin liegen seit November die ebenfalls damals geforderten Leitlinien für die geschlechtsspezifische Arbeit in Kitas, Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe vor. Diese sollen den dort tätigen Fachkräften Orientierung bieten und die Jungenarbeit in Hamburg noch fester etablieren helfen. Damals nicht ausdrücklich gefordert, aber dringend erforderlich, ist auch das ganze Maßnahmenbündel zur Verhinderung von Jugendgewalt, die in den meisten Fällen eben doch Jungengewalt ist. Das Zehn-Säulen-Modell, das ich nicht mehr ausführlich darlegen muss, sieht unter anderem zahlreiche Formen von Anti-Aggressions-Trainings vor, von der Kita bis zur Volljährigkeit, und diese werden auch in erster Linie von Jungen und jungen Männern wahrgenommen.

Den Blick weg von dem Gewaltpotenzial mancher männlicher Jugendlicher hin zu den sozialen Kompetenzen lenkt schließlich seit Kurzem das Projekt "Soziale Jungs Hamburg". Jungen zwischen 13 und 16 Jahren können freiwillig und von Mentoren begleitet während der Unterrichtszeit in einer sozialen Einrichtung mithelfen, so an Stetigkeit und auch Selbstbewusstsein gewinnen und vielleicht feststellen, dass es außer Fußballprofi und Superstar noch weitere Berufsfelder gibt.

(Stephan Müller CDU: Politiker!)

Alles in allem ist nichts halbherzig gemacht, die erste Bilanz für die Jungenarbeit in Hamburg fällt positiv aus. Machen wir weiter so. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Eisold, Sie haben das Wort.

(Dr. Friederike Föcking)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Dr. Föcking, vielen Dank erst einmal für die Kurzzusammenfassung der Drucksache. Sie haben gesagt, alles sei umgesetzt, alles sei auf bestem Weg, es gäbe viele gute Einzelinitiativen in Hamburg. Das ist richtig, aber die werden im Wesentlichen nach wie vor im Freiwilligenbereich erbracht und sind nicht das Ergebnis des Senatshandelns und auch nicht das Ergebnis von CDU-Politik. Und das, was die GAL damit ursprünglich möglicherweise verbunden hat, sehen wir bei Weitem noch nicht so umgesetzt wie es nötig ist.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blö- meke GAL)

Das Thema ist es auch wert, nicht nur als Freiwilligen- und Ehrenamtlichkeitsthema betrachtet zu werden, denn wenn man einmal hineinschaut, stellt man fest, dass da gewichtige Bereiche enthalten sind. Das Handeln gegen Jugendgewalt, das uns vielfach beschäftigt hat, wird genannt. Es geht darum, dass wir im Kern männliche Jugendliche haben, die auffällig werden, und Opfer, die es zu schützen gilt. Und dafür erwarten wir, dass der Senat sich mehr überlegt und mehr an konzeptionellen Vorstellungen macht, als hier dargelegt worden ist.

Ein zweiter Bereich ist das Bildungsversagen und es ist nicht übertrieben zu sagen, dass Bildungsversagen primär männlich ist. Dieses Problem beschäftigt uns auch an anderer Stelle und ich hätte mir gewünscht und erwartet, dass in dieser Drucksache dezidiert darauf eingegangen und gesagt wird, wie man mit diesem Problem, das mit großen Folgen für uns alle verbunden ist, umgehen will; das geschieht aber nicht.

(Stephan Müller CDU: Rede zu Ende! Punkt! Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!)

Wenn man sich die Drucksache durchliest, dann findet man viele Formulierungen, wo man drei-, viermal liest und sich überlegt, was das eigentlich bedeutet. Man kommt aber auch zu interessanten Punkten, um einmal den Bereich Schule aufzugreifen, der bereits genannt worden ist. Bildungsverlierer ist das Oberstichwort, aber in anderen Bereichen fallen auch andere Dinge auf. Jungen werden sehr viel häufiger später eingeschult als Mädchen; Frau Blömeke, das wissen Sie sicherlich auch, das steht auch in der Drucksache. Wir haben die Fallkonstellation, dass Jungen beim Übergang ins Gymnasium anders bewertet werden. Die Leistungen von Jungen werden tendenziell eher schlechter bewertet als die von Mädchen; das sind wichtige Hinweise, die es anzugehen gilt.

Einige Formulierungen in der Drucksache fallen da doch sehr ab und machen deutlich, dass eine Menge aufzuarbeiten ist. Zum Beispiel steht drin, dass es unklar sei, wie man Interessen und Kom

petenzen von Jugendlichen stärker bei der Unterrichtsentwicklung berücksichtigen könne. Ich hätte erwartet, dass wir in der Drucksache Antworten darauf finden und nicht nur Probleme benannt bekommen. Herausforderungen in der Jungenarbeit werden in der Regel nicht professionell genug aufgegriffen. Das ist ein Eingeständnis, das aber auch nach Folgen verlangt. Schließlich fehlen Konzepte für die schulische Jungenpädagogik und da lohnt es sich, weiterzuarbeiten und nicht Schluss zu machen und zu sagen, es sei alles auf dem besten Weg.

(Beifall bei der SPD)