Protokoll der Sitzung vom 10.07.2008

(Dr. Andreas Dressel SPD: Er ist im Versuch stecken geblieben!)

Das ist dann ein anderes Meldeverfahren. Deshalb war damals auch diese Aufregung um die 1000 Lehrerstellen. Es gibt dann natürlich den Lehrerstellenbedarf, es gibt dann die tatsächlichen Lehrerstellen und dann gibt es natürlich auch noch die tatsächlichen Lehrer, die da sind, weil es auch noch Teilzeitkräfte gibt und so weiter. Das ist die eine Geschichte. Ich weiß, dass Sie sich amüsieren, weil ich das jetzt erläutern muss. Das ist klar, in den neu verteilten Rollen.

(Zweite Bürgermeisterin Christa Goetsch)

(Wilfried Buss SPD: Wer es erklärt, der hat es verstanden!)

Sie bekommen heute das Protokoll beziehungsweise die Protokollerklärung zum Schulausschuss, weil das irgendwo bisher stecken geblieben ist. Ich habe es jetzt vorliegen. Das ist die Tücke von Lehrerstellen. Auch das widerfährt mir. Ich will Ihnen jetzt die Stellen vorlesen. Sie sind im Vergleich von 2000, 2001 und 2006, das ist das, was bisher nachvollziehbar war. Im Jahr 2000 hatten wir einen Lehrerbedarf von 14 121 Stellen und einen Lehrerstellenbestand von 14 145. Im Jahr 2001 hatten wir einen Lehrerbedarf von 14 015 und einen Lehrerbestand von 14 083. Im Jahr 2006 – immer der 1. August – hatten wir einen Lehrerbedarf von 13 385 und ein Lehrerstellenbestand von 13 679. Das ist das, was Sie jetzt als Information über die Personalorganisation zu Protokoll bekommen haben.

(Olaf Ohlsen CDU: Was sagt uns das? Gute Arbeit!)

Das kann ich an dieser Stelle sagen und alles Weitere werden wir in der nächsten Schulausschusssitzung und im Haushaltsausschuss besprechen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Herr Buss.

(Olaf Ohlsen CDU: Er kann es sich auch nicht verkneifen! Es war alles gesagt wor- den!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Debatte kann man nicht einfach so stehen lassen, weil sich mein Kollege Freistedt vorhin in seiner Sonntagsrede sehr weit aus dem Fenster gelehnt hat. Die Senatorin dieser neuen Mehrheit hat erfreulicherweise gesagt – und das ist, finde ich, der Kernsatz –, dass das Geld da ist.

Als wir damals diese Forderung gestellt haben – vor dem Wahlkampf, während des Wahlkampfs –, haben Sie unisono gesagt: Wir würden das auch gern machen, was Sie hier fordern, lieber Herr Buss oder lieber Herr Naumann, aber das geht nicht, das Geld ist nicht da und Sie wüssten gar nicht, wie Sie das bezahlen sollten. Es hieß immer, dass die SPD nur umschichten wolle und jetzt stellen wir fest, dass Sie genau dieses machen.

Erstens: Das Geld ist schon längst im Haushalt drin.

Zweitens: Das Geld wird also durch Umschichtung erbracht, genau das, was wir immer gesagt haben, was wir machen wollten und möglich gewesen wäre.

(Beifall bei der SPD)

Der entscheidende Punkt, der mich dabei so ärgert und weshalb ich mich jetzt gemeldet habe, Herr Freistedt, ist der,

(Robert Heinemann CDU: Dass Sie nicht ge- wählt worden sind!)

dass Sie sich immer hier hingestellt und gesagt haben, das sei alles nicht machbar, was wir wollen. Wir könnten nicht mehr Lehrerinnen und Lehrer in die Grundschule schicken, obwohl wir mehr Kinder haben, weil es nicht bezahlbar ist. Jetzt erfahren wir, dass Sie uns vier Jahre lang immer etwas anderes erzählt haben, als die Wahrheit ist, und das finde ich skandalös, dass Sie das einfach so wegwischen wollen.

(Beifall bei der SPD)

In dem Zusammenhang, Frau Senatorin, habe ich auch noch zwei Fragen. Sie sagen, die Ausstattung für die Ganztagsschulen werde jetzt verbessert. Dann ist meine erste Frage: Sie wollen ja einen besseren Arbeitsrhythmus an den Ganztagsschulen haben. Das ist eine Sache, bei der Sie sofort zumindest die Zustimmung der SPD, aber, ich denke, auch der Linksfraktion haben.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Sprechen Sie jetzt auch für die?)

Die Frage, die mich aber voll umtreibt, ist die, ob das auch durch bauliche Maßnahmen abgesichert ist oder ob wir wieder darauf warten müssen, dass dafür zusätzliche Mittel aufgebracht werden müssen in dieser berühmten Bauabteilung, in der dann möglicherweise immer das Geld versickert. Das hätte ich gern noch einmal gewusst. Sie haben gesagt, dass Sie die pädagogische Voraussetzung sicherstellen können, die bauliche ist die andere Sache. Ich erinnere einmal an den berühmten Satz mit der Suppenküche und der Kletterwand.

Die zweite Frage ist, ob dann 2010, also mit dem Ende des Doppelhaushaltes 2009/2010, alle inzwischen abgebauten Lehrerstellen wieder besetzt sein werden. Das würde mich auch einmal interessieren, denn das ist doch das, was die Eltern am meisten interessiert, dass endlich wieder so viele Lehrerinnen und Lehrer da sind, dass ein qualitätsvoller Unterricht gemacht werden kann und nicht immer diese Mangelbewirtschaftung durch Ihre Partei gemacht wird. Das wollen wir geklärt haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN – Hans-Detlef Roock CDU: Willi, wir werden das regeln!)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

(Zweite Bürgermeisterin Christa Goetsch)

Wer sich der Empfehlung des Schulausschusses anschließt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht.

Wer den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss in zweiter Lesung fassen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 30, Antrag der SPD-Fraktion: Kein Büchergeld in Hamburg – Abschaffung der Lernmittelgebühren.

[Antrag der Fraktion der SPD: Kein Büchergeld in Hamburg – Abschaffung der Lernmittelgebühren – Drs 19/441 –]

Diese Drucksache möchte die Fraktion DIE LINKE an den Schulausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Rugbarth, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Unnötigen und unsinnigen bürokratischen Aufwand zu reduzieren, ja abzuschaffen, ist eine in Sonntagsreden immer wieder gern erhobene Forderung. Wenn es aber darum geht, fälschlich eingeführte bürokratische Ungeheuer wieder abzuschaffen, dann ist die Zahl der Bedenkenträger erfahrungsgemäß übergroß. Dabei haben wir hier geradezu einen Glücksfall. Dieses Parlament hat hier und heute die Möglichkeit, ein besonders unsinniges und vor allem unsoziales Bürokratiemonstrum zu erlegen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die 2005 von der damaligen CDU-Mehrheit abgeschaffte Lernmittelfreiheit an Hamburgs Schulen hat nichts Positives bewirkt. Sie hat vielmehr Schaden angerichtet, indem sie sich natürlich als nicht sozialverträglich erwiesen hat, denn sie belastet einkommensschwache Familien, die nicht förderungsberechtigt sind, oder diejenigen, die aus Scham, zukünftig als bedürftig bekannt zu sein und daher keine entsprechenden Anträge stellen, in weit höherem Maße als einkommensstarke Familien.

(Vizepräsident Wolfhard Ploog übernimmt den Vorsitz.)

Die Chancengleichheit im Bildungssystem wurde damit weiter verschlechtert, obwohl uns schon durch PISA aufgezeigt wurde, dass in Deutschland der Zugang zu höherer Bildung überdurchschnittlich vom Sozialstatus abhängt oder, wie es auch unsere neue Schulsenatorin in den letzten Tagen und auch in ihrem Infobrief mehrmals erwähnt hat, dass der Schulerfolg der Kinder nach wie vor an die soziale Herkunft gebunden ist. Das ist nicht gerecht und ein großer Verlust für Hamburg.

(Beifall bei der SPD und bei Elisabeth Baum DIE LINKE)

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben immer gesagt, dass Bildung und Ausbildung unserer Kinder und Jugendlichen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Bildung muss daher kostenfrei bleiben, damit alle Schülerinnen und Schüler, auch aus sozialschwachen Haushalten die gleichen Bildungschancen haben.

(Beifall bei der SPD und bei Elisabeth Baum DIE LINKE)

In diesem Zusammenhang ist es eben nicht hinnehmbar, dass sich Eltern oder Kinder im Schulbüro als bedürftig zu erkennen geben müssen.

Das grenzt aus, das schafft Barrieren. Fragen Sie nach in den Klassen: Kinder in einer Klasse kennen den sozialen Status ihrer Schulfreunde ganz genau, aller Vertraulichkeit zum Trotz. Diese sozialen Barrieren haben wir in Hamburg nicht nötig, nicht in einer der reichsten Städte Deutschlands.

Die Eltern haben das erkannt. Sie haben im Dezember des vergangenen Jahres eine Volkspetition "Eltern gegen das Büchergeld" abgegeben, eingereicht mit über 10 000 Unterschriften. Dem Senat scheint diese Willensäußerung nicht besonders wichtig zu sein, denn bis heute liegt zwar ein Ergebnis vor, aber mittlerweile wird es wieder diskutiert, angezweifelt, ob es richtig oder nicht richtig ist – ein halbes Jahr danach.

Meine Damen und Herren! Sie haben hier eine Willensäußerung von über 10 000 Menschen vorliegen. So geht man nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern von Hamburg um.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Selbst in den Reihen der CDU wurde Büchergeld früher abgelehnt. Den Damen und Herren der CDU-Fraktion darf ich vielleicht argumentativ weiterhelfen: Schon 1990 warnte Ihre Parteifreundin, Frau Schnieber-Jastram, vor einer Abschaffung der Lehr- und Lernmittelfreiheit mit den Worten – ja, das waren Sie, Frau Schnieber-Jastram –: Die Abschaffung der Lernmittelfreiheit an Hamburgs Schulen sei nicht hinnehmbar und eine Bankrotterklärung,

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Michael Neumann SPD: Recht hat sie!)

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden)

geäußert im Schulausschuss 1990 zu Zeiten von Frau Rosemarie Raab.