Protocol of the Session on December 15, 2014

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Beim Thema Gegenfinanzierung unserer Vorschläge haben Sie die Wohngeldstreichung konkret aufgegriffen. Sie selber schreiben in einer Senatsdrucksache zum Haushaltsverlauf, dass Sie dort mit deutlich geringeren Ausgaben rechnen, und zwar dauerhaft. Widersprechen Sie bitte nicht Ihren eigenen Drucksachen. Entweder Sie glauben sich und der von uns vorgeschlagenen Fortschreibung im Haushaltsplan-Entwurf oder Sie haben neue Zahlen, die Sie vergessen haben mitzuteilen. Dann würde ich um eine Korrektur der Drucksache bitten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: 14 Millionen sind da übrig!)

Die Kapitalmobilisierung aus dem Sondervermögen Stadt und Hafen ist genauso ein Scherz. Die SPD hat 200 Millionen Euro aus dem Haushalt gegeben. Es wurde weniger Geld verbraucht als gedacht. Wir holen Teile des Geldes, das im Moment außerhalb der Haushaltskontrolle liegt, wieder zurück in den Kernhaushalt und stellen es unter parlamentarische Kontrolle. Daran kann ich nichts Schlechtes sehen. Übrigens verfahren Sie mit Hunderten von Millionen Euro aus den Pensionsreserven, die Ende der Neunzigerjahre aufgebaut wurden, ab 2015 nach dem gleichen Prozedere; schauen Sie in Ihre eigenen Haushaltspläne. Auch das verschweigen Sie. Bei aller Liebe: Sie müssen sich entscheiden. Uns Unseriösität zu unterstellen und mit falschen Fakten zu arbeiten beziehungsweise analoges Vorgehen zu verschweigen, ist hochgradig unseriös. Seien Sie sicher: Wir haben uns an dieser Stelle mehr mit den Fakten beschäftigt als Sie.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt nun Herr Kerstan von der GRÜNEN Fraktion.

Meine Damen und Herren! Nachdem wir vorhin über die Weihnachtsgeschenke der SPD geredet haben, müssen wir jetzt über die Weihnachtsmärchen sprechen, die der Finanzsenator gerade zum Besten gegeben hat. Herr Tschentscher, ich weiß nicht, wie seriös Sie es finden, wenn Sie die konjunkturelle Lage der Stadt im Jahr 2014 mit der Situation vergleichen, in der sich der schwarz-grüne Senat befunden hat. Sie sind im Moment in der günstigen Situation, dass die Steuerschätzungen eine nach der anderen immer wieder höhere Erträge für die Stadt vorsehen, während der schwarz-grüne Senat in der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit mehr als 80 Jahren damit umgehen musste, dass über Nacht 2 Milliarden Euro Steuereinnahmen weg waren. Dass Sie es als Ausdruck finanzpolitischer Unsolidität des Vorgängersenats ansehen, dass unser Haushaltsplan in dieser Situation davon ausgegangen

ist, die wegbrechenden Steuereinnahmen würden nicht so schnell wieder hochgehen, wie es dann zum Glück für uns alle der Fall war, schlägt dem Fass wirklich den Boden aus. Auf ein solches Niveau sollte sich ein Finanzsenator der Freien und Hansestadt Hamburg auch im Wahlkampf nicht begeben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

In der Tat ist es nicht so, dass wir sämtliche Reserven auf null fahren, aber dieser Senat hat die in die öffentlichen Kassen gespülten Steuermehreinnahmen genutzt, um zusätzliche Reserven zu bilden, die es so vorher noch nie gegeben hat. Es gab den sogenannten Bürgermeistertopf in der Senatskanzlei, ein Titel mit ein paar Hunderttausend Euro, und der Bürgermeister selber hatte den Verfügungsfonds mit 10 000 Euro. Beides gibt es immer noch, aber wenn wir heute über Bürgermeistertöpfe reden, dann ist das die sogenannte allgemeine zentrale Reserve für prioritäre politische Projekte, in die mal eben 54 Millionen Euro reingepackt worden sind. Die Reserve für Sanierung, Entschuldung und Rekapitalisierung mit ihren 400 Millionen Euro war am Anfang der Legislaturperiode ursprünglich dafür gedacht, Schulden zu tilgen und Einmalzahlungen zurückzufahren. Mittlerweile sind davon 370 Millionen Euro in den Haushalt eingeflossen, die Sie schlicht und ergreifend ausgegeben haben. Mit dem, was jetzt noch drin ist in diesen Töpfen, finanzieren Sie nach Gusto mal eben 40 StadtRAD-Stationen oder bauen den Beförderungsstau in der Polizei ab, um Ihre Wahlchancen zu verbessern, ohne dass dadurch die Politik dieses Senats geändert würde, denn für die Jahre danach sieht der Haushaltsplan etwas ganz anderes vor. Diese Titel fahren wir auf null, weil politische Verfügungstöpfe des Senats, aus denen die Mittel nach Gutsherrenart und zur Verbesserung der Wahlchancen verteilt werden, kein Mensch in dieser Stadt braucht, im Gegensatz zu Maßnahmen, die sicherstellen, dass die wichtigen Aufgaben in den Kitas und Allgemeinen Sozialen Diensten erfüllt werden. Wir brauchen mehr Personal, damit nicht noch mehr Kinder in dieser Stadt sterben. Das sind Maßnahmen, die Sie bisher nicht finanziert haben und die man in Zukunft finanzieren müsste. Dafür braucht man diese Töpfe nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN – Wolfgang Rose SPD: Das war ein böser Spruch! – Karin Timmermann SPD: Ab und zu mal überle- gen, was man sagt!)

Andererseits gibt es aber auch Investitionstitel, die für Haushaltsrisiken vorgesehen sind und die Sie heruntergefahren haben. So gibt es in der Finanzbehörde beispielsweise eine Investitionsreserve für die einzelnen Fachbehörden, wenn diese zusätzliche Investitionen tätigen müssen. – Wenn Sie vielleicht einen Moment zuhören würden. Sie mögen es nicht so gern, der Opposition zuzuhören, aber

(Dr. Roland Heintze)

auch mit einer absoluten Mehrheit muss man sich in diesem Haus andere Meinungen zumindest anhören, auch wenn es schwerfällt, liebe SPD.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Wir wollen die zentrale Investitionsreserve aufstocken, mit der unvorhergesehene Investitionsbedarfe, zum Beispiel in der Kulturbehörde, aufgefangen werden müssen. Im Vorgängerhaushalt waren in diesem Topf 120 Millionen Euro vorgesehen. Sie haben diesen Titel auf 6,6 Millionen Euro zurückgefahren, und es ist jetzt schon klar, dass Sie von diesen 6,6 Millionen Euro 4,7 Millionen für die Revitalisierung des CCH brauchen werden. Dieser Senat hat in diesem Bereich überhaupt keine Reserven mehr übrigbehalten, sondern nur seine politischen Verfügungsfonds. Wir werden diesen Titel verdreifachen und ebenso die Reserve für Haushaltsrisiken im Budget aufstocken.

(Sören Schumacher SPD: Das ist kein Schwarz-Grün mehr! Wir haben Gott sei Dank die Mehrheit!)

Das sind die Titel, die im Haushalt für den Fall vorgesehen sind, dass mehr Flüchtlinge zu uns kommen sollten als erwartet. Auch dieser Bereich ist in Ihrem Haushaltsplan-Entwurf unterfinanziert. Wir werden ihn verdoppeln. Insofern geht Ihre Kritik vollkommen ins Leere. Die Titel, die für die Vorsorge von unvorhergesehenen Risiken da sind, werden wir ausweiten, aber Haushaltspolitik nach Gutsherrenart und mit politischen Verfügungstöpfen brauchen wir nicht, das fahren wir auf null. Das ist solide und eine gute Haushaltspolitik für diese Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt nun Frau Schneider von der Fraktion DIE LINKE.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das ist die Haushalts- expertin schlechthin! Da bin ich mal ge- spannt!)

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Ich habe mich gemeldet, um zu begründen, warum wir heute buchstäblich in letzter Minute noch einen Zusatzantrag zu einem Antrag der CDU eingereicht haben. Im Gesamtzusammenhang des Haushalts geht es um einen kleinen Punkt, aber er ist wichtig für die Qualität unserer eigenen Arbeit als Legislative. Es geht um die zumindest teilweise Beseitigung der Unterbesetzung der Bürgerschaftskanzlei. Wir hatten im Ältestenrat vereinbart, dass es einen Vorschlag geben sollte, wie man diesem Problem zu Leibe rückt. Es gab dann auch zwei Vorschläge: erst einen von uns, dann hat die SPD einen Kompromissvorschlag gemacht. Wir haben sofort signalisiert, dass wir diesen Vorschlag unterstützen. Wir hätten uns mehr gewünscht, aber egal, wir haben

diesen Kompromissvorschlag unterstützt. Die GRÜNEN hatten von Anfang an signalisiert, dass sie das jetzt nicht wollen.

(Jens Kerstan GRÜNE: Notlösung!)

Ich will nur sagen, dass es keine Zustimmung von den GRÜNEN gab. Das war für uns von vornherein klar.

Von den anderen Fraktionen, CDU und FDP, kam nichts.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das stimmt so nicht! Wir waren doch dabei!)

Gestern nun hat die FDP mitgeteilt, sozusagen als Abschiedsgeschenk, dass Sie dagegen sei. Sie haben uns lange hingehalten, denn es ging um die Frage, ob dieser Antrag der SPD nachträglich auf die heutige Tagesordnung gesetzt werden würde oder nicht. Die SPD hat diesen Antrag zurückgezogen und will, was wir nicht ganz verständlich finden, die Problematik nun zusammen mit einem CDU-Antrag im Verfassungsund Bezirksausschuss diskutieren. Dieser CDU-Antrag handelt aber eigentlich von der Problematik der Vergabe von Gutachten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir überweisen euren aber auch!)

Schönen Dank.

Wir haben deswegen unseren alten Antrag hervorgeholt. Wir wollen, dass das auf jeden Fall diskutiert wird, dass das nicht irgendwo verschwindet, und wir haben ihn darum als Zusatzantrag zu diesem Gutachtenantrag eingebracht. Wir sind der Auffassung, dass das noch in dieser Legislaturperiode geregelt werden muss, das muss noch geklärt werden. Das ist mein Appell an das ganze Haus. – Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt nun Herr Quast von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich fange einmal mit den letzten Worten der Kollegen Kerstan und Heintze an. Ich will nicht viel dazu sagen, aber eines muss gesagt werden: Das, was Sie hier aufführen, entlarvt Sie geradezu. Es ist doch nicht so, dass Sie die Reservetitel an sich kritisieren, sondern Sie suchen händeringend nach Wegen, um Ihre viel zu teuren und falschen Wahlversprechen zu finanzieren, und deswegen vergreifen Sie sich an für Hamburg wichtigen Reservetiteln; soviel zur Gutsherrenart.

(Beifall bei der SPD – Dr. Anjes Tjarks GRÜ- NE: Wir haben einfach eine andere Schwer- punktsetzung!)

(Jens Kerstan)

Nein, das ist eben nicht der Punkt, Herr Tjarks. Es ist keine andere Schwerpunktsetzung.

Weder Sie noch die CDU haben den Mut, sich im Haushalt danach umzusehen, wo Sie etwas verändern wollen. Sie belassen alles so, wie wir es geplant und eingebracht haben, um mit Reservetiteln, die für Notsituationen da sind, Politik zu machen, weil Sie nicht den Mut haben, sich wirklich Gedanken über den Haushalt zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Oder aber, das kann natürlich auch sein, Sie finden eigentlich alles gut, was wir ansonsten machen, und wollen deswegen nichts ändern. Vielleicht ist es das.

(Beifall bei der SPD)

Ich würde außerdem noch gern ein paar Worte zu Frau Schneiders Äußerung sagen wollen. Wir hätten sehr gerne gemeinsam mit allen Fraktionen einen Antrag eingebracht, der sich mit der Situation der Bürgerschaftskanzlei befasst. Das war leider nicht möglich, es hat nicht geklappt. Wir glauben aber, dass wir zumindest versuchen sollten, uns gemeinsam mit der Situation der Kanzlei zu befassen, die unsere Arbeit ausgezeichnet unterstützt und gerade während der Haushaltsberatungen wieder zeigt, wie leistungsstark sie ist, obwohl wir ihr einiges abfordern. Deswegen haben wir keine Hauruck-Aktion geplant, sondern denken, dass wir in den nächsten Wochen gemeinsam beraten sollten, was wir tun können, um die Kanzlei und damit auch uns alle so leistungsfähig zu erhalten, wie es uns als Parlament zusteht und wie es wichtig ist für diese Stadt.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Das Wort bekommt nun Herr Kerstan von der GRÜNEN Fraktion.

Meine Damen und Herren! Heute scheint der Tag der Legenden zu sein. Nur noch einmal zu dem Punkt, den Mut zu haben, an anderer Stelle etwas wegzunehmen, wenn man an einer Stelle erhöhen will, Herr Quast. Genau darum geht es im Zusammenhang mit dem Antrag, den Frau Schneider beschrieben hat. Wir GRÜNE haben schon vor den Haushaltsberatungen einen sehr konkreten Vorschlag eingebracht, in dem es darum ging, die Arbeit des Parlaments zu verbessern und zu stärken, indem man eine alte Tradition in der Verwaltung beendet, die niemandem mehr nützt, aber ziemlich viele Kapazitäten in den Behörden bindet, nämlich die Deputationen. Damals haben wir die Ansage bekommen: Redet nicht so laut darüber, überweist das an den Ausschuss, da bekommen wir etwas hin. Aber darüber ist mit uns nie geredet worden.

Und dann kam wenige Tage vor den Haushaltsberatungen der Antrag von Ihnen, mit dem Sie die Kanzlei verstärken wollen. Wir haben immer gesagt: Das machen wir mit, das ist aus unserer Sicht aber eine Paketlösung mit einer Gegendeckung aus unserem Einsparvorschlag. Darüber ist mit uns nie geredet worden, sondern es ist einfach dabei geblieben, dass Sie sagen, einsparen wollen wir nicht; die Begründung dafür kenne ich nicht. Über unseren sehr konkreten Einsparvorschlag ist nie beraten worden, der nicht nur die Kanzlei gestärkt hätte, sondern auch einen Wissenschaftlichen Dienst für die Bürgerschaft ermöglicht hätte, der dringend notwendig ist, wenn wir über so schwierige Entscheidungen wie Elbphilharmonie oder Olympiabewerbung befinden müssen. Da gab es Ihrerseits kein Interesse, nur diesen Antrag. Wenn er nun an den Verfassungsausschuss überwiesen wird, würde ich mir sehr wünschen, dass wir dort darüber beraten, wie es uns von Anfang an zugesagt wurde, ob man eine Paketlösung hinbekommt. Denn ich glaube, es wäre ein gutes Signal an die Verwaltung insgesamt, wenn wir nicht bei unserer eigenen Verwaltung etwas on top packen, während wir überall sonst einsparen, sondern wenn wir versuchen, das mit Einsparungen an anderen Stellen zu verbinden, so wie das auch in anderen Behörden der Fall ist. Ich glaube, das würde uns gut zu Gesicht stehen, und ich bin ganz hoffnungsvoll, dass wir, wenn wir in diese Gespräche einmal eintreten würden, dann auch eine Lösung bekommen. Aber einfach unseren Antrag vom Tisch zu wischen und dann Kosten zu erhöhen, das ist gerade in der jetzigen Haushaltslage keine solide Haushaltspolitik, auch wenn es für unsere Kanzlei ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun erhält Herr Bläsing von der FDP-Fraktion das Wort.

(Vizepräsidentin Kersten Artus übernimmt den Vorsitz.)

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich auch noch einmal auf den Einwurf von Frau Schneider melden. Es ist nicht so, dass die FDP-Fraktion nicht gesprächsbereit wäre. Deshalb haben wir uns das genau angesehen und festgestellt, dass der Bedarf anscheinend nicht dem entspricht, den wir erwarten würden, wenn uns der Senat kurzfristig eine Drucksache vorlegt, nämlich dass er unvorhergesehen und unabweisbar ist. Ich finde, die Bürgerschaftskanzlei muss sich an die gleichen Spielregeln wie der Senat halten. Wir können nicht quasi durch die kalte Küche Fakten schaffen.

(Jan Quast SPD: Das liegt seit Monaten vor!)