Protocol of the Session on December 16, 2014

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Die Fraktionen sind übereingekommen, auch diesen Einzelplan in zwei Teilen zu beraten, und zwar zunächst den Bereich Stadtentwicklung und dann den Bereich Umwelt.

Wer wünscht das Wort zum Bereich Stadtentwicklung? – Herr Roock von der CDU-Fraktion, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kienscherf, Sie haben sich unter Verdrehung der Tatsachen in einer Pressemitteilung abfeiern lassen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Dazu werde ich in meinem Beitrag einiges geraderücken, denn Sie werden sicher gleich dieselben Nebelkerzen werfen.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Der Einzelplan 6 ist lediglich eine enttäuschende Fortschreibung der letzten Jahre. Eine Schwerpunktsetzung ist nicht erkennbar, auch wenn Bürgermeister und Senat – und Sie in Ihrer Pressemitteilung, Herr Kienscherf – permanent etwas anderes behaupten. Ich könnte heute die gleiche Rede wie vor zwei Jahren halten. Der einzige Unterschied ist, dass wir vor zwei Jahren noch von Baugenehmigungen gesprochen haben und heute über Fertigstellungszahlen sprechen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Erfolgreiche Fertigstellun- gen!)

Und da, lieber Herr Kienscherf, sieht es nicht sehr rosig aus. Trotz aller vollmundigen Versprechen wurde erst im dritten Regierungsjahr die Zielzahl von 6000 Wohnungen erreicht.

(Dirk Kienscherf SPD: Haben wir ja nicht an- ders versprochen!)

Aber von den 6400 fertiggestellten Wohnungen in 2013 liegen die meisten in den hochpreisigen Seg

menten mit negativen Auswirkungen auf den Mietenspiegel, sprich Erhöhung der ortsüblichen Vergleichsmiete.

(Dirk Kienscherf SPD: Ist doch Schwach- sinn!)

Im 1. Förderweg, dem Sozialwohnungsbau, wurden 2012 lediglich 505 Wohnungen fertiggestellt. 2013 waren es 645, die später durch Nachzählaktionen krampfhaft auf 1300 aufgestockt wurden. Der 2. Förderweg hat so gut wie gar nicht stattgefunden. Ein Grund zum Feiern ist das nicht. Das ist schlicht und ergreifend zu wenig und geht am Bedarf vorbei.

(Beifall bei der CDU)

Wir fordern, dass sich der Senat endlich um mehr bezahlbaren Wohnraum kümmert. Fakt ist, dass er in den vergangenen Jahren noch nicht einmal das selbstgesteckte Ziel von 2000 Sozialwohnungen pro Jahr erreicht hat, das habe ich doch eben deutlich gemacht. Das ist also wirklich kein Grund zum Feiern.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben mehrfach darauf hingewiesen und auch beantragt, dass das Fördersystem im Hinblick auf Attraktivität und Anpassung an die Baukostenentwicklung zu überprüfen ist. Dies ist auch schon länger eine der Hauptforderungen der Verbände und Genossenschaften, trotz allen offiziellen Jubels über das Bündnis für das Wohnen. Das muss vor der Wahl natürlich noch einmal sein; man feiert sich selbst. Passiert ist aber relativ wenig in Sachen Baukostenentwicklung. Senat und Regierungsfraktion verlieren sich weiterhin in Ignoranz und Arroganz, die dem Wohnungssuchenden wenig hilft.

(Beifall bei der CDU)

Wenn schon der Bürgermeister erklärt, dass der Wohnungsbau ein Herzstück seines Regierungsprogramms sei, dann muss er auch bereit sein, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Schlaue Reden im In- und Ausland schaffen in Hamburg keine einzige bezahlbare Wohnung.

(Dr. Roland Heintze CDU: Recht hat er!)

Wir fordern deshalb, die Programmzahlen des 1. Förderwegs von 1200 auf 2000 Wohnungen zu erhöhen, den 2. Förderweg von 800 auf 500 Wohnungen zu reduzieren und dafür einen 3. Förderweg mit 500 Wohnungen neu einzuführen. Das sind insgesamt 1000 bezahlbare Wohnungen mehr pro Jahr.

Die Wohnungen im 2. und 3. Förderweg werden dringend benötigt, um den Menschen eine Wohnung anbieten zu können, die als sogenannte Durchschnittsverdiener die Leistungsträger sind. Sie sind es, die die größte Säule des Steueraufkommens in dieser Stadt erbringen. Diese Men

(Vizepräsidentin Kersten Artus)

schen können sich schlicht und ergreifend keine Wohnung in einer Preiskategorie von mehr als 10 bis 14 Euro leisten. Nehmen Sie endlich einmal zur Kenntnis,

(Ekkehard Wysocki SPD: Das ist eine Frech- heit! – Dirk Kienscherf SPD: Gerade Sie!)

dass sich solch ein Angebot letztlich auch insgesamt für die Stadt bezahlt macht.

Meine Damen und Herren! Die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau – Steuermehreinnahmen, niedrige Zinsen – sind seit zwei Jahren so günstig wie noch nie. Wann sollte man den Wohnungsbau forcieren, wenn nicht jetzt? Gerade diese guten Konditionen werden von den Vertretern der Genossenschaften oft als der einzige und wahre Grund für den Wohnungsbau angeführt. Zusätzlich fordern sie zu Recht flankierende Maßnahmen vom Senat, die diese Entwicklung befördern. Dazu zählen unter anderem eine moderate städtische Gebührenpolitik und geringe Grundstückspreise. Kontraproduktiv sind dagegen weitere Auflagen und steigende Anforderungen, insbesondere keine stadtweite Mietpreisbremse.

(Beifall bei der CDU)

Im Stadtentwicklungsbereich sind gleichermaßen weder neue Ideen noch Visionen zu finden, die aufzeigen, wie unsere Stadt zukunftsfähig weiterentwickelt werden soll. Im Gegenteil: Im Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung ist für 2016 eine massive Kürzung in Höhe von 5 Millionen Euro vorgesehen. Strukturschwache Stadtteile müssen befürchten, weiter abgehängt zu werden. Das kann nicht im Interesse der Gesamtstadt sein, weil es nicht nur den sozialen Frieden und die Gerechtigkeit gefährdet, sondern auch die Lebensqualität. Außerdem wird es den Steuerzahler in der Folge ein Vielfaches dessen kosten, was heute eingespart werden soll.

Dieses Vorgehen wirkt noch unbegreiflicher vor dem Hintergrund, dass der Bund die Mittel für den Städtebau erhöht, weil er die Notwendigkeit erkennt. Hamburg dagegen kürzt. Wir befürchten, dass dies dazu führen wird, dass Hamburg wertvolle Bundesmittel nicht in Anspruch nimmt, da es auf Hamburger Seite an der entsprechenden Kofinanzierung mangelt. Da können Sie, Herr Kienscherf, in Ihrem Antrag oder Ihrer Pressemitteilung noch so oft etwas anderes behaupten, glaubwürdig klingt das nicht.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Sie haben es ja mit der Glaubwürdigkeit beim Wohnungsbau!)

Eine Kürzung der RISE-Mittel ist im Sinne einer ganzheitlichen Stadtentwicklung der falsche Weg und steht zudem im krassen Widerspruch zu den vom Hamburger Senat angekündigten Planungen für den Hamburger Osten. Dafür lassen Sie sich

wieder feiern; Kürzungen werden still und leise vollzogen.

Ich will noch einen Satz zu Ihrem Antrag sagen, Herr Kienscherf, dem durchaus auch etwas Positives abzugewinnen ist. Mit dem Wohnungsbaubericht fordern Sie endlich einmal die Transparenz ein, die wir seit Langem in diesem Hause fordern und die Sie immer abgelehnt haben. Das ist positiv zu bemerken. Ansonsten ist neben Lyrik nichts weiter zu finden.

Fazit: Senat und SPD-Fraktion verwalten die Stadt ohne Schwerpunkte, ohne neue Ideen, ohne neue Visionen. Das ist zu wenig, um international mithalten zu können. So macht man eine Metropole nicht nachhaltig zukunftsfähig. Hamburg kann weitaus mehr. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Kienscherf von der SPD-Fraktion.

(Dorothee Martin SPD: Sag mal die Wahr- heit!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Roock, wenn man eines in den letzten zwölf bis 15 Jahren festgestellt hat, dann doch das: Von Wohnungspolitik hat Ihre Fraktion keine Ahnung.

(Beifall bei der SPD – Hans-Detlef Roock CDU: Reden Sie doch nicht so einen Unfug!)

Es ist schon fast ein wenig dreist, wie Sie sich hier hinstellen und so tun, als habe sich nichts getan.

(Hans-Detlef Roock CDU: Aber an der falschen Stelle haben Sie gebaut!)

35 000 Baugenehmigungen innerhalb von vier Jahren, im letzten Jahr allein 6400 fertiggestellte Wohnungen, für 8000 Sozialwohnungen wurden Mittel abgerufen – das ist die erfolgreichste Wohnungspolitik seit 14 Jahren. Das wird uns bundesweit bescheinigt, und Sie reden von etwas ganz anderem, Herr Roock. Das ist nicht glaubwürdig.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben vorhin schon einmal über Zahlen gesprochen; ich will Ihnen nur zwei oder drei nennen.

Baugenehmigungen 2009: 3500, 2012: 10 500.

(Hans-Detlef Roock CDU: In Baugenehmi- gungen kann man nicht wohnen!)

Fertiggestellte Wohnungen der SAGA GWG: 2010 keine einzige, 2014: 1000. Das zeigt doch ganz deutlich, dass Wohnungspolitik endlich wieder aktiv betrieben wird in dieser Stadt, und das war bitter nötig.

(Beifall bei der SPD)