Protokoll der Sitzung vom 16.12.2014

(Beifall bei der SPD)

Es ist besonders darauf zu verweisen und nicht zu unterschätzen, meine Damen und Herren, dass Senator Horch es als Quereinsteiger, die es in der Politik oft schwer haben, geschafft hat, diesen Laden vier Jahre zu steuern. Dafür meinen Respekt und meine große Anerkennung. Das liegt aber möglicherweise auch daran, Herr Horch, dass Sie genau daher kommen. Sie sind ein Mann der Wirtschaft und das setzen Sie im SPD-Senat fort. Auf weitere fünf Jahre. – Herzlichen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD – Zu- rufe von der CDU)

Das Wort bekommt nun Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Da kannst du ei- gentlich nur zustimmen!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man fragt sich natürlich, für wen jetzt der Applaus war, ob für Herrn Horch oder für Herrn Balcke.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Für beide!)

Ich wusste, dass die Antwort kommen würde.

Aber ich möchte jetzt wieder über die Themen reden, die wir hier eigentlich debattieren, nämlich den Haushalt.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Wenn man über den Haushalt der Wirtschaftsbehörde im Bereich Wirtschaft und Innovation spricht, dann ist der größte Teil des Haushalts natürlich von der Hafenfinanzierung geprägt. Deswegen sollte man damit auch beginnen und inhaltlich ein paar mehr Worte dazu verlieren als die Kollegen Stemmann und Balcke. Die Hafenfinanzierung, so weit sind wir uns alle einig, ist nicht nur eine große Herausforderung, sondern die Herausforderung wird in den nächsten Jahren, sollten gewisse Projekte realisiert werden, nicht kleiner, sondern größer, und ich glaube vor allen Dingen, dass Sie, liebe SPD, an dieser Stelle nicht ehrlich sind. Seit vier Jahren bezeichnet der Bürgermeister "Hafen finanziert Hafen" als unverantwortlich und Herr Balcke vielleicht eher als Teufelszeug, aber im Prinzip haben Sie vier Jahre lang nichts anderes gemacht, als das Konzept "Hafen finanziert Hafen" zu verfolgen und den Verlustausgleich bei der HPA über die HHLA-Milliarde zu organisieren. Daher sollten Sie Ihre Beziehung zu diesem Konzept einmal ernsthaft überdenken.

(Beifall bei Dr. Till Steffen GRÜNE)

Wenn man, und das will ich Ihnen gar nicht vorwerfen, von der guten Politik der Vorgängerregierung profitiert, dann gibt es das Problem, wie Sie sich in Zukunft zu dieser Idee verhalten. Das Konzept "Ha

fen finanziert Hafen" ist in der Situation, dass dadurch, dass die HHLA-Milliarde aufgebraucht ist, es vielleicht nicht mehr vollumfassend in Kraft treten kann. Aber wir reden hier über eine stärkere Nutzerfinanzierung des Hafens, und da sind Sie aus unserer Sicht nicht ehrlich, denn Sie haben bei den ganzen Projekten nicht erwähnt, Herr Balcke, dass Sie den Betriebsmittelzuschuss der HPA von 41 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 0 Million Euro im Jahr 2018 senken werden. Das kann nur dafür sprechen, dass Sie eigentlich in eine stärkere Nutzerfinanzierung des Hafens einsteigen wollen. Etwas anderes bleibt Ihnen bei dem Projektvolumen nicht übrig. Wir begrüßen das, aber Sie sollten an dieser Stelle redlich und ehrlich sein, auch zum Hamburger Hafen und zur Wirtschaft dort. Ich weiß nicht, ob Sie dann gleichermaßen Beifall dafür bekommen würden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die andere Situation ist, dass wir einen Finanzsenator haben, der hier vor vier Jahren angetreten ist und sehr lange und viel darüber geredet hat, keine Schattenhaushalte machen zu wollen und Risiken in den Kernhaushalt zurückzuintegrieren. Sie kamen bei der Hafenfinanzierung in dieser Legislaturperiode erstmals an eine Grenze, nämlich ein planfestgestelltes Projekt, die Kattwykbrücke, nicht bauen zu können. Es konnte nicht entsperrt werden, weil es dafür kein Geld gab. Die Lösung des Problems durch diesen Senat und diesen Finanzsenator bestand darin, einfach einen neuen Schattenhaushalt zu gründen, nämlich die HPA dieses Projekt im Umfang von 140 Millionen Euro erstmals mit Schulden finanzieren zu lassen. Und das ist, zusammen mit dem Auftritt gestern, keine geradlinige, sondern aus unserer Sicht eine unredliche Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hinzu kommt, dass die Herausforderungen gerade in diesem Bereich in der Zukunft liegen. Wir haben viel und lange über die Elbvertiefung diskutiert, deswegen möchte ich mich dazu inhaltlich nicht äußern. Aber wenn die Situation eintritt, dass sie gebaut beziehungsweise gebuddelt wird, dann hat der HPA-Haushalt ein massives Problem. Sie haben es geschafft, die Westerweiterung in dreieinhalb Regierungsjahren um sieben Jahre zu verschieben. Wenn sie kommen sollte, dann gibt es ein massives Problem, und wir haben über die Köhlbrandbrücke noch gar nicht geredet. Es gibt kein Konzept dafür, wie das ohne eine massive Schuldenausweitung bei der HPA oder eine stärkere Nutzerfinanzierung gestemmt werden kann. Deswegen brauchen wir in der nächsten Legislaturperiode einen Einstieg – wenn der Haushaltsplan-Entwurf so zu lesen ist, wäre das richtig – in eine stärkere Nutzerfinanzierung des Hafens.

(Jan Balcke)

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Ar- no Münster SPD: Stimmt doch gar nicht! – Dr. Roland Heintze CDU: Jubelreden!)

Sie können sich ja zu den Zahlen verhalten, aber dann müssten Sie einmal eine Frage stellen und nach vorne kommen, anstatt Zwischenrufe zu machen, die aus meiner Sicht eher unqualifiziert sind.

Wir haben ein zweites Projekt, das den Haushalt betrifft und das groß ist in diesem Bereich, nämlich die Hamburg Messe und Congress GmbH und die Sanierung des Kongresszentrums. Sie hatten es angesprochen, Herr Balcke, und wir müssen erst einmal feststellen, dass dieser Haushalt bei der Hamburg Messe einen Offenbarungseid geleistet hat. Die Hamburg Messe wurde saniert, und es wurde uns in diesem Zusammenhang versprochen, dass es nicht nur ein stürmisches Wachstum geben würde, sondern dass man im Jahr 2016 eine schwarze Null schreiben würde. In diesem Haushalt lesen wir, dass in dem Erfolgsplan, den man hier nur in Tüddelchen setzen kann, 2016 ein Minus von 7 Millionen Euro zu Buche schlagen wird und im Jahr 2015 eines von 35 Millionen Euro, und das trotz WindEnergy Hamburg. Das ist nicht ausreichend, und da muss aus meiner Sicht stark nachgearbeitet werden, insbesondere weil dieselbe Firma jetzt mit 194 Millionen Euro für ein neues CCH beglückt werden soll. An der Stelle müssen wir darauf achten, dass wir nicht dasselbe erleben wie bei der Messe.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN)

Aus unserer Sicht ist die Revitalisierung des CCH eine große Chance für Hamburg. Wir glauben, dass Hamburg damit wirklich vorankommen kann. Sie haben es gesagt, es ist nicht nur einstimmig gewesen, sondern wir glauben auch, dass Herr Körner an dieser Stelle gute Arbeit macht, und dies ist ja das Pilotprojekt für die Frage kostenstabilen Bauens. Kostenstabiles Bauen hat an dieser Stelle wenig Licht und viel Schatten, weil Sie natürlich beim kostenstabilen Bauen die Risiken so hoch angesetzt haben, dass die tatsächlichen Kosten innerhalb dieses Projektverlaufs schon um 9 Millionen Euro gestiegen sind, und gleichzeitig eine Tiefgarage, die 4,5 Millionen Euro kostet, herausgerechnet haben, um das Projektbudget zu halten. Das bedeutet, dass wir im Projektverlauf tatsächlich bereits eine Kostensteigerung von rund 13 Millionen Euro haben, und das ist kein kostenstabiles Bauen. Das ist zwar ein Fortschritt im Gegensatz dazu, dass man sagt, wir forderten hinterher mehr, aber in Wahrheit haben wir auch in diesem Projekt durchaus eine massive Kostensteigerung, und das sollte man an dieser Stelle nicht übersehen.

(Beifall bei Phyliss Demirel GRÜNE)

Gleichwohl finden wir es richtig, dass wir bei dem Projekt mittlerweile beim DGNB-Zertifikat Silber angekommen sind. Wir wissen, dass es Schwierig

keiten gibt, das Gold-Zertifikat zu erreichen, und dass es gleichwohl ernsthaft versucht wird. Da haben Sie uns als engen Partner an Ihrer Seite, weil wir glauben, dass ein revitalisiertes Gebäude des CCH nicht nur richtig wäre, sondern dass es auch für die Strategie des CCH, klimaneutrale Kongresse anzubieten, ein Wettbewerbsfaktor wäre, von dem das CCH und Hamburg Messe und Congress GmbH lange Zeit profitieren würden.

Abschließend noch ein Wort zur Clusterstrategie. Sie fällt häufig ein bisschen hinten runter. Ich finde es bemerkenswert, wie sich die SPD hier zur Clusterstrategie verhält. Ich finde gut, dass Sie sich endlich – im Gegensatz zu anderen SPD-Landesverbänden – auch zur Windenergie bekennen. Sie haben sie gleichwohl nicht erfunden, sondern die letzten vernünftigen Clustergründungen – Clusterpolitik kam ursprünglich von der CDU –, die Kreativgesellschaft und Windenergie, stammen von Schwarz-Grün und hauptsächlich von den GRÜNEN. Was Sie zur Clusterpolitik beigetragen haben, ist die Neugründung eines Kreuzfahrt-Clusters, aber da haben Sie nicht eines gegründet, sondern gleich drei für einen verhältnismäßig kleinen Markt, und das ist aus unserer Sicht handwerklich schlechte Politik. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt nun Herr Dr. Kluth von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das waren schon zwei bemerkenswerte Wortbeiträge meiner Vorredner Stemmann und Balcke. Herr Stemmann, Sie haben gesprochen, als ob die CDU unmittelbar davor stehe, die Regierungsverantwortung zu übernehmen. Bei allem Respekt, das ist etwa so realistisch, als ob der VfB Stuttgart Deutscher Meister wird,

(Beifall bei Martina Kaesbach FDP)

und dieses Beispiel war wohlgewählt.

Herr Balcke, Sie haben dem Wirtschaftssenator als Quereinsteiger quasi dazu gratuliert, dass er vier Jahre durchgehalten hat. Durchhalten reicht nicht aus; gestalten hätten wir erwartet, und das fehlt.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Roland Heintze CDU und Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Aber die Debatte, die wir heute führen, hat schon so etwas wie den Charakter einer Schlussbilanz über vier Jahre Frank Horch als Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, also einen Senator, der vor knapp vier Jahren mit einem sehr großen Vertrauensvorschuss der Hamburger Wirtschaft gestartet ist, einer Wirtschaft, die damals frustriert darüber war, von der CDU in vielen wichtigen Fragen des puren Machterhalts wegen an die

(Dr. Anjes Tjarks)

GRÜNEN verkauft worden zu sein. Ich kann mich noch sehr deutlich daran erinnern, wie beispielsweise der Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg die Ernennung von Wirtschaftssenator Horch damals begrüßt hat. Aber für eine Schlussbilanz gelten die bilanzrechtlichen Grundsätze der Klarheit und der Wahrheit, und es gilt vor allem das Prinzip, ihr sollt sie an ihren Taten messen und nicht an ihren Worten. Wenn man das zum Maßstab Ihrer Arbeit macht, Herr Senator, dann bleibt in der Tat wenig übrig. Da muss man feststellen: Der Lack ist ab, und man muss weiter feststellen, dass unter Ihrer Amtsführung aus der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation in Wahrheit eine Behörde für Wirtschaft, Stau und Ankündigung geworden ist.

(Beifall bei der FDP)

Das kann man sogar messen. Der tägliche Hafenreport hat seine Leser befragt, ob dem Senat die fachliche Eignung für eine solide und seriöse Hafenfinanzierung fehle. 79,2 Prozent der Befragten haben mit Ja geantwortet und nur knapp 20,8 Prozent mit Nein. Mit anderen Worten: Knapp 80 Prozent der befragten Hafenunternehmer traut Ihnen in einer Schlüsselfrage der Hamburger Hafenpolitik keine solide und seriöse Politik zu. Herr Senator Horch, Vorschusslorbeeren beim Amtsantritt und eine solch vernichtende Kritik am Ende, ein solcher Verfall von Vertrauen in Kompetenz und Verlässlichkeit sucht in der Hamburger Politik seinesgleichen.

(Beifall bei der FDP)

Ich will Ihnen auch gern präzise belegen, warum. Der eine oder andere von Ihnen wird sich vielleicht noch an das Arbeitsprogramm des Senats aus dem Mai 2011 erinnern. Das war das Arbeitsprogramm mit dem seit Längerem verschollen gegangenen Prinzip "pay as you go". Es ist schon spannend, wenn man sich heute genau anschaut, was aus den einzelnen wirtschaftspolitischen Punkten geworden ist.

Beispiel Elbvertiefung. Sie haben die Fahrrinnenanpassung damals zu einem zentralen Punkt Ihres Arbeitsprogramms gemacht; lesen Sie nach im Arbeitsprogramm. Unmittelbar nach dem Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzung sollte mit den Baggerarbeiten begonnen werden. Das war spätestens im April 2012 der Fall. Und dass wir trotz Ihrer damaligen Ankündigung bis heute keine Bagger gesehen haben, liegt eben nicht allein an den Klagen der Umweltverbände oder an Unklarheiten im EU-Recht, sondern auch an handwerklichen Fehlern, die in Hamburg gemacht worden sind. Daran kann nach der Lektüre der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Oktober kein Zweifel bestehen.

Sie wissen, dass der Planfeststellungsbeschluss am 1. Oktober 2013 noch einmal ergänzt worden

ist. Und genau zu dieser Ergänzung, einer Ergänzung unter der Verantwortung des jetzigen Senats, hat das Gericht festgestellt – Zitat –:

"Hierfür hätten die Kriterien für die Bewertung […] und ihr fachlich untersetzter Sinngehalt […] dargelegt werden müssen."

Das klingt kompliziert, bedeutet aber im Kern nichts anderes als ungenügend gearbeitet, schlecht gearbeitet, und die politische Verantwortung dafür trägt allein der SPD-Senat und niemand sonst.

(Beifall bei der FDP)

Aber auch ein anderer Fehler des Wirtschaftssenators in Sachen Elbvertiefung hat dem Hamburger Hafen mindestens in gleicher Weise geschadet. Mindestens dreimal hat Herr Senator Horch den Beginn der Baggerarbeiten öffentlich angekündigt, um sich anschließend wieder zu korrigieren. Senator Horch hat damit bei internationalen Reedereien und Verladern das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Hafenplanung und das Beurteilungsvermögen des Senats schwer beschädigt.

Und auf eine weitere schwere Fehleinschätzung will ich hinweisen. Auch diese gibt Anlass zu Zweifeln am politischen Beurteilungsvermögen des Wirtschaftssenators. Ich zitiere aus einem DVZ-Artikel aus dem Juli 2011 – Zitat Senator Horch –: