Protokoll der Sitzung vom 17.12.2014

(Sylvia Wowretzko SPD: Das stimmt!)

Der Senat plant sogar, dass die Ausgaben für diese Leistungen auch in den nächsten Jahren immer weiter steigen werden, dass die Hilfen zum Lebensunterhalt bei Hartz IV, die Hilfen zur Eingliederung von Menschen mit Behinderung und die Hilfen zur Erziehung jedes Jahr unverrückbar teurer werden. Bei diesen Zahlen sind die Kosten für die Unterbringung der Flüchtlinge übrigens nicht mit einberechnet. Der Senator wird natürlich sagen, diese Planungen für den Haushalt seien einfach realistisch. Wir sagen, diese Planungen sind, wie alles, was die SPD derzeit plant und programmiert, ideenlos und stehen für die "Weiter so"-Politik der SPD.

(Beifall bei der CDU)

So werden Sie unsere Stadt auf lange Sicht nicht weiter nach vorn, sondern weiter nach hinten bringen, denn der Bereich, in dem die Behörde jenseits der Kita wirklich gestalten kann und will, soll mit rund 275 Millionen Euro jährlich nahezu unverändert bleiben. Die Unterbringung der Flüchtlinge läuft mit der Nachforderungsdrucksache ohnehin nebenher oder über die Finanzbehörde. Diese rund 275 Millionen Euro betreffen den ganzen großen Bereich, aus dem vor allem die vielen sozialen Projekte in unserer Stadt finanziert werden, die offene soziale Arbeit vor Ort mit Kindern und Jugendlichen, mit Familien in sozialen Schwierigkeiten, mit Wohnungslosen, mit psychisch Kranken, mit Opfern von Gewalt und mit Flüchtlingen. Aber auch die großen Felder der Integration von Migrantinnen und Migranten, die Freiwilligenarbeit oder die weitere Förderung von Menschen mit Behinderungen sollen alle aus diesem Topf finanziert werden. Im Sozialausschuss wurde uns vom Senat ganz klar gesagt, dieser Bereich müsse leiden, wenn die Auszahlungen für gesetzliche Leistungen und die Kita in die Höhe schießen.

Diese Sicht der Dinge lässt aber außer Acht, dass der Bund die Länder schon jetzt auf dem Gebiet der gesetzlichen Leistungen immer mehr entlastet. In der Grundsicherung für Rentner übernimmt er

(Senator Detlef Scheele)

die Kosten für die Unterkunft schon voll und ganz. Auch bei der Eingliederungshilfe zahlt er bereits einen beträchtlichen Teil, und dieser Teil wird aller Voraussicht nach demnächst sogar noch höher ausfallen. Und auch bei der Versorgung der Flüchtlinge wird es Hilfen des Bundes geben. Das alles wird die Spielräume der Sozialbehörde nicht vermindern, sondern kann sie erhöhen, wenn diese Gelder auch wirklich im Haushalt der Sozialbehörde bleiben und nicht irgendwann, wie das bereits bei den BAföG-Millionen geschehen ist, im allgemeinen Haushalt verschwinden. Doch das, meine Damen und Herren, werden wir nicht zulassen.

(Beifall bei der CDU und bei Katharina Fege- bank GRÜNE)

Wir wollen vielmehr, dass der Senat nicht mit seiner "Weiter so"-Politik die sozialen Träger und Einrichtungen unserer Stadt nachhaltig gefährdet, denn aktuell stellt er ihnen kaum Mittel zur Verfügung, wenn sie die Tarifsteigerung für ihre Mitarbeiter nicht selbst finanzieren können. Das führt dazu, dass diese Träger entweder ihre Arbeit einschränken und Kräfte entlassen oder aber, und das kann ja wohl von einer SPD nicht gewollt sein, Tarifflucht begehen müssen. Das ist unverantwortlich.

(Beifall bei Katharina Fegebank GRÜNE und Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Wir fordern deshalb, dass wie zu Zeiten der CDUgeführten Senate bei der Finanzbehörde wieder eine Reserve für Tarifsteigerungen bei Zuwendungsempfängern vorgehalten wird, denn zum einen sind es gerade diese Träger, die eben auch die gesetzlich vorgeschriebenen Beratungsleistungen im Sozialrecht erbringen. Wenn sie es nicht mehr können, dann müsste die Stadt das teurer und wahrscheinlich kaum besser selbst tun. Die Träger sorgen aber durch ihre weiteren Angebote auch dafür, dass Menschen früher und schneller ein eigenständiges Leben führen können und dass die Notlage gar nicht so groß wird, dass die Sucht früher bekämpft wird, die Wohnung nicht geräumt und die Familie eher unterstützt wird, kurz: Diese Sozialarbeit vor Ort leistet auch einen erheblichen Beitrag zur Prävention von Notlagen.

(Beifall bei Katharina Fegebank GRÜNE)

Gerade die freien Träger sind also in der Lage, den laut Senat so unverrückbar hohen Posten der gesetzlichen Leistungen eben doch zu verringern.

(Beifall bei der CDU – Erster Vizepräsident Frank Schira übernimmt den Vorsitz.)

Doch nach wie vor kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass an der Spitze der Sozialbehörde ein großes Misstrauen gegenüber den freien Trägern herrscht und man in guter SPD-Tradition am liebsten alles selbst machen würde. Das ist nicht die Politik der CDU und deshalb fordern wir:

Behandeln Sie die freien Träger und die freie Wohlfahrtspflege, die Kirchen und Vereine endlich wieder als ebenbürtige Partner und nicht als Almosenempfänger der Stadt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Nehmen Sie deren Hilfsangebote, etwa auch bei der Unterbringung von Flüchtlingen, ernst und gefährden Sie nicht deren wertvolle Arbeit. Das gilt ebenso für die vom Senat endlich auch entdeckte wichtige Tätigkeit der vielen Freiwilligen in unserer Stadt. Im jüngsten Strategiepapier aus dem Hause Scheele wird das freiwillige Engagement zwar über den grünen Klee gelobt, aber wenn es um die einigermaßen auskömmliche Finanzierung der Freiwilligenagenturen geht, kneift der Senat auch hier. Wir fordern, dass auch deren Arbeit besser finanziert wird, denn der Beitrag der vielen Freiwilligen für Bildung, Sport, Kultur und eben nicht zuletzt für den sozialen Frieden in unserer Stadt ist unverzichtbar und hilft ebenfalls, soziale Notlagen zu mildern oder eben gar nicht erst entstehen zu lassen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Senator Scheele, seien Sie bereit, auch anderen als städtischen Mitarbeitern soziale Aufgaben zuzutrauen. Nutzen und fördern Sie die Kompetenz der freien Träger und auch der vielen Hamburgerinnen und Hamburger, die sich freiwillig für Soziales engagieren. Dann wird auch Ihr politischer Spielraum künftig sehr viel größer, als Sie es uns heute und sonst gern glauben machen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Bekeris von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Gute Sozialpolitik ist eine Grundvoraussetzung für eine große, lebendige und vielfältige Stadt wie Hamburg, in der Teilhabe und sozialer Zusammenhalt mit Leben gefüllt werden. Und dafür ist der Haushaltsplan-Entwurf, wie wir finden – und anders, als die CDU es dargestellt hat –, eine gute Grundlage.

(Beifall bei der SPD)

Durch die langfristige Haushaltsplanung gelingt es, Planungssicherheit zu schaffen. Was wir in den letzten vier Jahren begonnen haben, was wir heute auf den Weg bringen werden, wird auch noch Bestand haben, wenn morgen oder übermorgen die Konjunktur nicht mehr so erfreulich sein sollte und die Einnahmen der Stadt zurückgehen. Gute Sozialpolitik muss auch immer solide finanziert sein. Es nützt nichts, bei voller Kasse große Fassaden auf

(Dr. Friederike Föcking)

zubauen, von denen irgendwann nur noch Scherben oder Steinhaufen übrig bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Politik bleibt dabei handlungsfähig. Beispielsweise ist es gelungen, die steigende Zahl von Flüchtlingen unterzubringen. Das ist nicht immer einfach, wir haben im Sozialausschuss ausführlich darüber gesprochen. Wir hören auch vieles aus den Bezirken, aber wir wollen und werden das schaffen.

(Beifall bei der SPD)

Die Flüchtlingsunterbringung wird die Herausforderung der nächsten Jahre bleiben. Erst vor Kurzem haben wir mit den einstimmig beschlossenen Haushaltsnachträgen eine gute Finanzierung der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen beschlossen. Das ist gut so, und ich wünsche mir, dass wir Abgeordnete uns auch hier nicht auseinanderbringen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Hamburg verfügt über eine große Zahl von Männern und Frauen, die sich freiwillig ehrenamtlich engagieren, um unsere Stadt noch lebenswerter zu machen. Das ist eine ganz große Stärke. Und mit der Freiwilligenstrategie haben wir unter großer Partizipation der engagierten Hamburgerinnen und Hamburger eine Unterstützung der Freiwilligen in der Stadt geschaffen. Auch dieser Prozess wird weitergeführt werden und findet einen Finanzrahmen im Haushalt 2015/2016.

(Beifall bei der SPD)

Wir nehmen die Menschen ernst und geben ihnen Unterstützung, um sich einzubringen. Auch das ist gute Sozialpolitik. Eine engagierte Stadt ist besonders wichtig, wenn bundesweit rechtes Gedankengut benutzt wird, um Menschen, die in irgendeiner Art und Weise anders sind, für imaginäre Probleme verantwortlich zu machen. In der Auseinandersetzung, unter anderem mit "Pegida", gibt es einen bemerkenswerten Schulterschluss aller, die sich für eine solidarische und weltoffene Gesellschaft einsetzen. Das haben wir in Hamburg schon in den letzten Jahren vorgelebt, und ich bin mir sicher, dass wir den interfraktionellen Zusammenhalt in der Bürgerschaft auch hier aufrechterhalten werden.

(Beifall bei der SPD)

Mit dem Haushalt der nächsten Jahre werden sowohl die Arbeit gegen Rechtsextremismus und gewaltbereiten Salafismus als auch gegen Islamfeindlichkeit, Homophobie und sonstige Ausgrenzungen einen angemessenen Rahmen finden.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blö- meke und Katharina Fegebank, beide GRÜ- NE)

Wir profitieren nämlich von den Menschen, die zu uns kommen, viel mehr, als es uns kostet, sie aufzunehmen. Darum sind Einrichtungen wie das Welcome Center wichtig, ebenso, dass die Kinder von Asylbewerbern und Flüchtlingen die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets nutzen können. Auch dies finden Sie ausfinanziert im vorliegenden Haushaltsplan-Entwurf, und auch das ist gute Sozialpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben neue Beratungsangebote geschaffen, beispielsweise für die Arbeitsmigranten aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten, die seit Anfang des Jahres auch volle Freizügigkeitsrechte genießen. Aber einige von ihnen sind in Hamburg gestrandet und in ausbeuterischen Verhältnissen gelandet. Wir haben auf die Probleme dieser Menschen mit einer bundesweit beachteten Beratungs- und Anlaufstelle reagiert, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD)

Der Haushalt setzt mit der Fortführung und Erhöhung des medizinischen Notfallfonds für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz, der neuen Beratungsstelle zur medizinischen Versorgung von EU-Arbeitsmigranten und auch mit unserem Antrag zur Versorgung von an TBC erkrankten Menschen wichtige Akzente. Damit reagieren wir auf neue Bedarfe. Es wird umstrukturiert, die Zusammenarbeit wird gestärkt, es werden aber auch Aufgaben gestrafft. Auch wenn die Opposition etwas anderes erzählt, einen Kahlschlag in der vielfältigen sozialen Beratungslandschaft in Hamburg gibt es schlichtweg nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wir bauen Barrieren ab, die Menschen daran hindern, sich mit ihren eigenen Wünschen oder Möglichkeiten einzubringen. Dies gilt auf der Straße, das gilt in Häusern, das gilt in U- und S-Bahnhöfen und bald auch hier bei uns im Rathaus. Aber wir müssen auch die Barrieren in den Köpfen abbauen. Dafür wird das Inklusionsbüro weitergeführt.

(Beifall bei der SPD)

Ich freue mich ausdrücklich, dass die Clearinghäuser für Obdachlose im Haushaltsplan-Entwurf festgeschrieben werden, denn die Bekämpfung der Obdachlosigkeit muss auch ein Schwerpunkt in der nächsten Legislaturperiode sein. Unser Antrag für das Bauen für spezielle Zielgruppen wird dort hoffentlich für eine Entlastung sorgen.

(Beifall bei der SPD)

Ich sagte es eingangs: Gute Sozialpolitik muss immer auch gut finanziert sein. Darum fällt es mir schwer, manche Anträge zum Haushalt aus der Feder der Opposition unter diese Überschrift zu stellen. Wer sich keine Gedanken macht, wie Projekte auch über den Tag hinaus finanziert werden

können, nimmt in Kauf, dass sie irgendwann wieder eingestellt werden müssen. Das ist keine gute Politik, und so etwas wird es mit der SPD auch nicht geben.

(Beifall bei der SPD)