Frau Kollegin, Sie sind Mitglied der parlamentarischen Begleitgruppe gewesen. Mein Eindruck war, dass dort und über alle Fraktionen hinweg Einvernehmen darüber hergestellt war, in dieser Phase – bis über die Ausrichterstadt entschieden worden
ist – möglichst wenig Geld auszugeben. Sind Sie der Meinung, dass eine Verkehrsstudie, eine Studie zur Lärmemission, das Sicherheitskonzept und, und, und all das, was in dem Antrag aufgelistet ist, für kein oder nur wenig Geld zu haben ist?
Ich kann dem Argument, eine Kostenplanung würde einen zweistelligen Millionenbetrag kosten – der Senator hat es neulich im Sportausschuss gesagt, Sie haben es eben gesagt –, etwas abgewinnen, aber wir haben hier in der Bürgerschaft ein Ersuchen an den Senat verabschiedet, und keiner dieser 15 Punkte ist beantwortet worden.
Ich glaube, es ist wichtig, zu diesem Zeitpunkt Tacheles über Olympia zu reden. Auch wenn es eine repräsentative Umfrage des DOSB ist und am Ende die Hamburgerinnen und Hamburger entscheiden, frage ich mich, auf welcher Grundlage die 1000 Befragten jetzt Ja oder Nein zu Olympia sagen. Das sagen sie einfach aus dem Bauch heraus; sie kennen die Forderungen der Hafenwirtschaft nicht, sie kennen die möglicherweise entstehenden Kosten im Zusammenhang mit dem Kleinen Grasbrook nicht. Wir brauchen mehr Transparenz und belastbare Daten und Fakten, wenn es um eine Entscheidung zu Olympia geht. Die hätten wir auch jetzt schon gebraucht, wenn die Hamburgerinnen und Hamburger im Rahmen dieser repräsentativen Umfrage befragt werden.
Wir haben große Befürchtungen, dass diese Daten und Fakten bis zur Bürgerbefragung von ganz Hamburg im September nicht ausreichend fundiert und belastbar vorliegen werden, wenn der Senat erst nach der DOSB-Umfrage anfängt. Darin sehen wir einen sehr kritischen Punkt. Ich glaube, dass der Umgang mit dem Parlament sich noch wesentlich verbessern muss im Sinne von Transparenz und Mitnahme, damit wir Olympia gemeinsam gestalten können. So ist das noch nichts.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Yildiz, das Agieren Ihrer Fraktion ist schlicht und ergreifend fahrlässig.
Dass Sie sich als Sprachrohr dieser Initiative begreifen, war von vornherein abzusehen. Aber Sie müssen doch einsehen, dass Sie mit Ihrer ewigen Anti-Haltung – lachen Sie gern, ich finde es auch lächerlich –
gegen weniger Bürokratie und gegen Eigenverantwortung nur eines bezeugen – hören Sie doch bitte zu, Frau Schneider, ich habe Ihnen auch zugehört –,
Sie fühlen sich bemüßigt, auf fast jeder Bürgerschaftssitzung Ihr Pamphlet gegen diese großartige Chance vorzutragen, dass Hamburg auf dem internationalen Parkett des Sports auftritt und seine Tore öffnet für die Welt, für die jungen Sportler, die von überallher kommen, für die Paralympiker. Herr Yildiz, haben Sie den Film "Gold – Du kannst mehr als du denkst" gesehen?
In diesem Film wurde auf phänomenale Weise dargestellt, wie motivierend die Paralympischen Spiele für Menschen mit Handicap sein können und wie positiv und antreibend sich dieser Wettkampf auf ihr Leben auswirken kann.
Seit Monaten also halten Sie dieses NeinsagerSchild gegen Olympia hoch. Das nennt man negative Stimmungsmache, und weil gerade beim Thema Olympia viel von der Stimmung und der Mobilisierung der Bürger abhängt, agieren Sie mit dem Gepushe und der Verbreitung Ihrer Anti-Haltung fahrlässig.
Wie sagte Herr Dr. Krupp im Sportausschuss versehentlich? Die Elbphilharmonie sei ein Denkmal. Irgendwie ist sie ein Denkmal oder eigentlich ein Mahnmal dafür, wie Politiker die Bürger und das Parlament von vornherein für dumm verkauften mit verkorksten Verträgen zum riesengroßen finanziellen Nachteil für die Stadt Hamburg und damit für den Hamburger Steuerzahler. Aber es geht doch darum, aus diesen großen Fehlern für die Zukunft zu lernen, und das soll und darf nicht bedeuten, dass das Parlament kein großes Projekt von internationaler Strahlkraft mehr auf den Weg bringen will. Es darf nicht bedeuten, dass eine Landesregierung ein Projekt von Weltrang nicht wieder anfassen wird. Es geht doch darum, dass künftig bei Großprojekten – wie überhaupt immer – Verantwortung, Haftungsregelungen, ordentliche Vertragswerke, Transparenz, Finanzierbarkeit und Kostenkontrolle von vornherein konsequent sichergestellt werden.
Stichwort kostenstabiles Bauen; Frau Timmermann ist schon darauf eingegangen. Es gibt dazu eine richtungsweisende Drucksache, mit der sich die Bürgerschaft intensiv befasst hat und die die nächste Regierung sicherlich zum wesentlichen Maßstab nehmen wird.
Nun zu Ihrem Antrag. Es ist schon interessant, dass Sie offensichtlich plötzlich Kostenbewusstsein für sich entdeckt haben. Zweitens wird nicht klar, was Sie eigentlich wollen.
Wollen Sie die Bemühungen des Senats und der Multiplikatoren um Olympia jetzt sofort stoppen oder nicht? Soll der Senat nun die von der Bürgerschaft ersuchte Machbarkeitsstudie und die Kostenanalyse auf den Weg bringen oder soll er die entfachte Olympiaflamme, die Flamme der wachsenden Begeisterung, gleich wieder löschen? Unternimmt der Senat das Letztere, und zwar jetzt, wie Sie es in Ihrem Antrag verlangen, bedarf es der geforderten Analysen nicht mehr. Sie fordern beides gleichzeitig; ich verstehe es wirklich nicht.
(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU – Mehmet Yildiz DIE LINKE: Lesen Sie den Antrag noch mal!)
Wenn die Mobilmachung für Olympia in der Öffentlichkeit jetzt unterbrochen werden würde, würde Hamburg in puncto Olympia keiner mehr ernst nehmen.
Was den Vortext Ihres Antrags betrifft, liegen Sie in vielen Punkten richtig; meine Vorredner sind schon darauf eingegangen. Das Anliegen der Aufklärung über die möglichen Kosten war ein zentraler Punkt der Debatte zum interfraktionellen Ersuchen im
Mai des vergangenen Jahres. Die Fraktionen erklärten, dass die Hamburgerinnen und Hamburger vor der Befragung wissen müssen, was mit einer Bewerbung auf sie zukommen würde. Aber, ohne hier das Vorgehen des Senats über Gebühr rechtfertigen zu wollen, das Timing bei Olympia stellt nun einmal eine sehr große Anforderung an Bund und Land, an Parlament und Regierung, die das Gelingen einer Bewerbung und die Folgen verantworten müssen, wenn es denn zur Ausrichtung kommt. Das möglichst kluge und gute Ineinandergreifen der einzelnen Phasen – Interessenbekundung, Befragung der Bürger, Bewerbung und so weiter –, die Abwägung, ob vor der DOSB-Entscheidung mehrere Millionen Euro für die Machbarkeitsstudie ausgegeben werden sollen oder nicht, ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Sicher, der jetzige Zustand ist unbefriedigend, Herr Yildiz, aber ich kann dem Senat folgen, der sagt, dass ein Schritt nach dem anderen gegangen werden muss.
Sollte die Entscheidung des DOSB für Hamburg ausfallen, dann ist dies erst einmal ein Riesengrund zur Freude.
Diese Entscheidung kann aber kein Präjudiz darstellen. Das interfraktionelle Ersuchen sagt ganz klar – Frau Timmermann sagte es eben schon –, dass ein positives Votum der Hamburgerinnen und Hamburger erfolgen muss, bevor Hamburg sich für Olympia bewirbt.