Protokoll der Sitzung vom 24.08.2011

All diese Einzelmaßnahmen sollten sich einfügen in ein Gesamtkonzept der Bundesregierung zum besseren Schutz deutscher Schiffe vor Piraterie. Hamburg kann dafür einen wichtigen Beitrag leisten. Aus diesem Grunde begrüßen wir die Initiative der Bundesregierung, schnellstmöglich Lösungsansätze zum besseren Schutz vor Piraterie zu schaffen, und wir begrüßen ebenso den vorliegenden Antrag der CDU, den wir unterstützen und für den wir stimmen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

(Antje Möller)

Frau Schneider, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass die Piraterie am Horn von Afrika für die Handelsschifffahrt ein wirklich ernstes Problem ist. Dieses Problem hat sich in den letzten Jahren zu einem noch ernsteren Problem entwickelt, denn es ist entstanden aus der Not, aus der Notwehr lokaler Fischer, deren Gewässer durch die Hochseeflotten der Industrieländer illegal – Frau Möller, illegal, da sind keine Fischrechte überstrapaziert worden –

(Antje Möller GAL: Ja, das wollte ich gesagt haben!)

leer gefischt und durch illegale Giftmüllverklappung verseucht wurden. Es handelt sich heute um organisierte Kriminalität, die von internationalen Akteuren ausgeht. Diese machen sich skrupellos die Not der lokalen Bevölkerung zunutze, die sie hierfür rekrutieren können.

Wir stimmen mit Ihnen überein, dass das Problem der Piraterie am Horn von Afrika angegangen werden muss. Aber wir lehnen den Antrag der CDU und auch die anderen Anträge ab. Insbesondere der Antrag der CDU führt auf einen Holzweg. Sicherheit, und das gilt auch für die Sicherheit der Seewege, ist eine öffentliche Aufgabe. Ihr Antrag dagegen unterstützt die Bestrebungen der Bundesregierung, diese Aufgabe zu privatisieren.

Derzeit prüft die Bundesregierung die Änderung der bestehenden Gesetzeslage, insbesondere die Zertifizierung privater deutscher Sicherheitsdienste. Schon heute können auch unter deutscher Flagge fahrende Schiffe – das sind übrigens 600 von 3600, wie ich gelesen habe – Sicherheitsdienste anheuern. Doch bisher unterliegen private deutsche Sicherheitsfirmen, zum Beispiel was die Bewaffnung und den Einsatz von Gewalt angeht, noch sehr restriktiven Bestimmungen. Sollte es zu der von der Bundesregierung betriebenen Zertifizierung kommen, dann heißt das – Frau Möller hat es gesagt –, dass sie mit Kriegswaffen ausgestattet werden können. Das bedeutet, dass ihnen polizeiliche Aufgaben übertragen werden, denn eines muss völlig klar sein: Piraterie wird unter anderem in dem völkerrechtlich relevanten Seerechtsübereinkommen eindeutig als privater krimineller Akt definiert und nach deutschem Recht ist ausschließlich die Polizei für die Bekämpfung von Kriminalität zuständig. Deswegen werden wir den Antrag der SPD und den Antrag der GAL, weil sie auch den Einsatz militärischer Gewalt befürworten, ablehnen.

Der Weg, den Sie von der CDU uns hier vorschlagen, bedeutet die Preisgabe des staatlichen Gewaltmonopols mit allen drohenden Folgen. Ich will

hier nur auf die drohenden Folgen für die Handelsschifffahrt eingehen. Bisher wurde zwar – Herr Rickmers, Sie haben es gesagt – noch kein Schiff entführt, auf dem sich bewaffnete Sicherheitskräfte befanden. Nach Warnschüssen drehten die Angreifer in der Regel ab. Aber die jüngste Vergangenheit, und auch das werden Sie wissen, zeigt, dass sich die Piraten darauf einzustellen beginnen und sich neulich bei einem russischen Handelsschiff einen Schusswechsel von über einer Stunde geliefert haben. Was ist, wenn sie sich auf die bewaffnete Gegenwehr an Bord einstellen und immer weiter aufrüsten? Es besteht die Gefahr, dass Entführungen deutlich blutiger enden als bisher. Davor warnt auch die internationale Transportarbeitergewerkschaft, die befürchtet, dass die Spirale der Gewalt sich nach oben dreht.

Und dann nur ein paar Nebenaspekte: Was ist mit der öffentlichen Kontrolle der privaten Sicherheitsfirmen? Was ist mit der Qualität der Ausbildung der privaten Sicherheitsleute? Wie wird kontrolliert, ob sie bei ihren Einsätzen auf hoher See die Verhältnismäßigkeit der Mittel und die Menschenrechte wahren? Wie wollen Sie eigentlich verhindern, dass die hohe See wirklich umfassend zu einem rechtsfreien Raum wird, in dem sich Piraten und bezahlte Private oder – sagen wir es deutlicher – moderne Söldner gegenseitig bekämpfen?

(Glocke)

Verzeihen Sie bitte, Frau Schneider. Ich bitte das Plenum um mehr Aufmerksamkeit oder führen Sie Ihre Gespräche draußen. – Danke schön.

Aus all diesen Gründen lehnt DIE LINKE diesen Weg entschieden ab, Sie wollen nämlich den Teufel mit dem Beelzebub austreiben.

Dann fällt an Ihrem Antrag noch eines auf: Auf eine politische Lösung des Problems der Piraterie – Frau Möller hat darüber gesprochen – verwenden Sie nicht ein einziges Gramm Gehirnschmalz.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber dieses Problem bedarf der politischen Lösung, die zuallererst die zivile politische Unterstützung für die Beendigung des Bürgerkriegs in Somalia im Blick haben muss. Eine zentrale Forderung ist für uns deshalb auch der Stopp der deutschen Waffenexporte, die auch den Bürgerkrieg in Somalia befeuern helfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Wiederaufbau des Fischereisektors und die Entgiftung der Gewässer wären neben der Unterstützung für die Landwirtschaft gerade angesichts der furchtbaren Dürrekatastrophe wesentliche Beiträge zur Regeneration der wirtschaftlichen Lage in

den Küstenregionen Somalias. Im Gegensatz zu Ihnen fordern wir eine konsequente Ahndung illegaler Fischerei und von Giftmüllverklappung, auch durch EU-Flotten und EU-Unternehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Da diese Maßnahmen nicht unmittelbar und kurzfristig greifen und die konkrete Bedrohung der Seeleute – es ist darüber gesprochen worden, das ist wirklich nicht lustig – durch Piratenangriffe zumindest bis zu einer Verbesserung der regionalen Situation weiter bestehen bleibt, müssen Reeder und Unternehmen ihre Maßnahmen zum Schutz der Seeleute und Schiffe weiter ausbauen: die defensive Bewaffnung, die das Entern von Schiffen erschwert, technische Innovationen als Präventionsmaßnahmen an deutschen Schiffen, Umfahrten des Seegebiets, wo immer möglich, und die strikte Einhaltung aller empfohlenen Schutzmaßnahmen. Wenn ich aus einer Quelle der Bundeswehr, und zwar des Kommandanten der Fregatte SchleswigHolstein, erfahren muss, dass viele Kaperungen überhaupt nur deshalb stattfinden, weil die Ausgucke schlecht gewählt sind, weil es nur mangelnden Schutz entlang der Bordwand gibt und weil die Schiffe durch das Gefahrengebiet aus Kostengründen langsam fahren statt mit Höchstgeschwindigkeit, wie es dringend geraten wird, dann stimmt doch etwas nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zum Antrag der CDU-Fraktion aus Drucksache 20/1226. Die FDP-Fraktion hat hierzu eine ziffernweise Abstimmung beantragt.

Wer möchte die Ziffer 1 des Antrags der CDU–Fraktion annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 abgelehnt.

Wer möchte der Ziffer 2 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch diese Ziffer abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 3 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch diese Ziffer abgelehnt.

Wer schließt sich Ziffer 4 an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch die Ziffer 4 abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 5 zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch Ziffer 5 abgelehnt.

Wer nimmt Ziffer 6 an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist auch Ziffer 6 abgelehnt.

Wer stimmt Ziffer 7 zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch Ziffer 7 abgelehnt.

Wer möchte schließlich Ziffer 8 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch Ziffer 8 abgelehnt.

Nun zum GAL-Antrag aus Drucksache 20/1359.

Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag angenommen.

Schließlich zum SPD-Antrag aus Drucksache 20/1358. Den ersten Spiegelstrich dieses Antrags möchte die GAL-Fraktion separat abstimmen lassen.

Wer den im ersten Spiegelstrich der Drucksache 20/1358 enthaltenen Antrag annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Spiegelstrich angenommen.

Wer möchte den übrigen Spiegelstrichen seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind auch diese Spiegelstriche angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 80, Drucksache 20/892, Antrag der GAL-Fraktion: StadtRAD auch in Harburg stationieren.

[Antrag der GAL-Fraktion: StadtRAD auch in Harburg stationieren – Drs 20/892 –]

Diesen Antrag möchte die GAL-Fraktion an den Verkehrsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Steffen, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir hatten kurz vor der Sommerpause eine Debatte, in der es ganz allgemein um die Perspektiven für den Hamburger Süden ging. In der Debatte hatte Frau Blankau betont, dass sie den Süden allein schon deswegen nie vergessen könne, weil wesentliche Teile ihrer Kindheit und Jugend sich südlich der Elbe abgespielt hatten.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Die von Herrn Horch auch!)

Es begab sich dann, dass Frau Blankau zwei Tage nach dieser Bürgerschaftsdebatte ein kleines Poster vorstellte – wunderbar. Es ging um die Umwelthauptstadt und darum, was alles so passiert in Hamburg. Man sieht dann hier, da ist die Süderelbe und da ist Hamburg zu Ende.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie sind doch auf Hamburger Seite!)

Mein Kollege Jens Kerstan hat dann einmal gefragt, wie es denn sein könne, dass Harburg da gar nicht abgebildet werde. Daraufhin sagte der Senat, im Bildvordergrund auf dieser Seite sehe man die Harburger Berge und insoweit sei der Bezirk Harburg sehr wohl mit abgebildet auf diesem

(Christiane Schneider)

Poster. Der Senat scheint also die Harburgerinnen und Harburger als eine Art Bergvolk zu betrachten, das man ansonsten nicht weiter berücksichtigen muss. Wir als GAL-Fraktion möchten, dass das beim StadtRAD nicht so ist.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL – Thomas Völsch SPD: Das ist ganz etwas Neues!)

Wir halten es deswegen für wichtig, weil das StadtRAD-System ein ausgesprochen großer Erfolg gewesen ist. Es ist weit erfolgreicher gewesen, als wir zu hoffen gewagt hatten. Tatsächlich wurde es in sehr großem Maße angenommen. Wir haben über 100 000 registrierte Nutzerinnen und Nutzer bei diesem System. Es ist auf alle Fälle ein großer Beitrag zur Steigerung des Radverkehranteils und es hat auch noch eine Wirkung, die ich als eingefleischter Radfahrer vorher gar nicht so gesehen habe. Es macht nämlich bei denjenigen Werbung für das Fahrradfahren, die sich nicht vorstellen können, alle ihre Wege mit dem Fahrrad zurückzulegen, die aber ein bisschen auf den Geschmack kommen, wenn sie einmal eine kurze Strecke mit dem StadtRAD machen, dann vielleicht eine mittellange Strecke und dann vielleicht auch größere Wegstrecken in ihrem Alltag mit dem Fahrrad zurücklegen.

Es ist außerdem ein ganz wichtiger Beitrag dazu, intelligente Lösungen für die Verkehrsprobleme der Zukunft zu finden, und diese intelligenten Lösungen werden darin liegen, die Leute dazu zu bringen, unterschiedliche Verkehrsmittel zu nutzen, je nachdem, was in welcher Situation gerade sinnvoll ist, dass man vom Auto auf die Bahn umsteigt, dass man von der Bahn auf das Fahrrad umsteigt und dass man hier die bestmögliche Kombination sucht, um mit möglichst geringen Belastungen durch die Stadt zu kommen.