Protokoll der Sitzung vom 24.08.2011

Scheeles Schlingerkurs in der Arbeits- und Sozialpolitik – zum Schaden Hamburgs!

von der GAL-Fraktion

Warum kommt der SPD-Senat nicht in die Gänge? Entscheidung zum Gängeviertel ist überfällig

von der FDP-Fraktion

Tarnen, tricksen, täuschen – der Haushalt der SPD

und von der Fraktion DIE LINKE

Hilfen zur Erziehung: Ursachen der steigenden Fallzahlen klären.

Ich rufe zunächst das erste Thema auf. Wird das Wort gewünscht? – Herr Hakverdi, Sie haben es.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion hat die aktuellen Probleme auf der Baustelle der Elbphilharmonie und die Ereignisse im Untersuchungsausschuss letzte Woche zum Anlass genommen, in der Aktuellen Stunde die Problematik der Elbphilharmonie noch einmal auf die Tagesordnung zu nehmen. Es ist bedrückend, dass uns Fehler der Vergangenheit immer wieder einholen und zu Problemen auf der Baustelle und letzten Endes nicht nur zu Verzögerungen, sondern auch zu echten Erhöhungen der Kosten führen. Um wirklich zu verstehen, was da die letzten Tage pas

siert ist, müssen wir uns auf die Ereignisse in der Vergangenheit konzentrieren. Das nützt nun alles nichts, denn wenn wir wissen wollen, wie es zukünftig noch laufen wird, bis das Gebäude endlich fertig ist, auf was wir uns da einstellen müssen und was alles noch passieren kann, dann müssen wir sehen, wo die Fehler gemacht wurden. Vielleicht gelingt es uns noch, so gut es geht, diese Fehler ein wenig auszumerzen, sodass wir auf der Baustelle nicht zu viele Probleme bis zur Fertigstellung haben werden.

Ich nehme Sie alle einmal mit ins Jahr 2006. Über Verantwortliche reden wir noch ganz genau.

(Jens Kerstan GAL: Über die eigene Verant- wortung wollt Ihr nicht reden, oder?)

Sie können sich gleich zur Debatte melden.

(Andy Grote SPD: Ihr wart doch auch für den PUA!)

Es sind nur zwei Daten, die Sie sich für die Debatte merken müssen. Der 15. September 2006 war ein wichtiger Tag für die Stadt Hamburg. Es war der Fristablauf für die Abgabe eines Angebots für die Erstellung der Elbphilharmonie. Bis zu diesem Zeitpunkt waren zwei große Konzerne im Rennen, das Gebäude zu bauen, HOCHTIEF und STRABAG. Diesem 15. September gingen zwei Jahre harte Verhandlungen voraus; harte Verhandlungen nämlich dahingehend, dass STRABAG – das wissen wir seit der Vernehmung der STRABAG-Zeugen letzte Woche – sich nicht in der Lage sah, auf der Basis der Unterlagen und Planungen, die der damalige Senat vorgelegt hat, überhaupt ein Angebot abzugeben. Es wurde zwei Jahre verhandelt und die STRABAG-Zeugen haben uns erklärt, dass sie auf 100 Seiten dargestellt haben, was der CDU-Senat nacharbeiten müsse, damit man überhaupt ein Angebot abgeben könne. Das ist bis zu diesem 15. September nicht geschehen, folgerichtig hat STRABAG gar kein Angebot abgegeben und zack, war die Stadt in der Situation, dass nur noch HOCHTIEF übrig geblieben war und man sie nehmen musste.

Was sind das nun für Punkte gewesen, was waren die konkreten Fehler? STRABAG hat sie benannt und um Nachbesserung gebeten, um auch ein anständiges Angebot abgeben zu können. Was das genau war, werden wir uns noch präzise im Untersuchungsausschuss ansehen, aber ich kann Ihnen sagen, warum wir es jetzt noch nicht wissen, warum es noch nicht publik geworden ist. Im Anschluss an diesen 15. September hat STRABAG dieses Vorgehen natürlich gerügt und dem CDUSenat vorgeworfen, dass er doch nicht damit davonkommen kann, Unterlagen vorzuenthalten, die notwendig sind, um überhaupt so ein Gebäude irgendwie zu bepreisen, und STRABAG daraufhin sein Angebot zurückziehen musste. Die fast hundert Mitarbeiter von STRABAG, die zwei Jahre

lang daran gearbeitet haben, um ein Angebot abgeben zu können, haben für die Katz gearbeitet und STRABAG wollte dafür etwas auf die Hand haben. Deswegen hat der CDU-Senat sich am 28. November 2006 entschieden, mit STRABAG einen Vergleich zu schließen – wohlgemerkt mit STRABAG, das ist nicht HOCHTIEF.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Hört, hört!)

Dieser Vergleich lautete wie folgt: STRABAG verzichtet darauf, die Stadt rechtlich dafür zu belangen, dass sie sich letzten Endes im Ausschreibungsverfahren nicht anständig verhalten hat, und dafür gibt die Stadt – und das lese ich Ihnen jetzt vor, weil ich es nicht glauben konnte – im Vergleich vom 28. November 2006 folgende Erklärung ab. Was bietet die Stadt STRABAG dafür, dass sie das Maul hält – ich sage das einmal so deutlich – und gleichzeitig keine weiteren Rügen erhebt?

"1. Die FHH erkennt die guten und konstruktiven Leistungen der STRABAG in dem Verhandlungsverfahren Elbphilharmonie an, die zu einer positiven Fortentwicklung des Projektes geführt haben."

Das war zu dem Zeitpunkt schon eine Farce, fast eine Lüge, denn die Verhandlungen waren gescheitert. Aber so macht man das in Vergleichen, dass man sich noch ein bisschen Honig um den Bart schmiert.

"2. Deswegen wird die FHH mit der STRABAG andere Möglichkeiten der Zusammenarbeit prüfen. Angedacht sind Bauleistungen oder Projektentwicklungen auf städtischen Grundstücken durch STRABAG oder konzernverbundene Unternehmen."

Merken Sie, was man STRABAG da versprochen hat? Und jetzt kommt's:

"Sollte die Zusammenarbeit binnen eines Jahres zwischen der FHH und STRABAG nicht einen angemessenen Umfang erreichen, kann die STRABAG nach eigenem Ermessen die ihr in dem fast zwei Jahre andauernden Verhandlungsverfahren Elbphilharmonie entstandenen Kosten mit einem Pauschalbetrag von 3 Millionen Euro in Rechnung stellen."

Weil man diesen Vergleich geschlossen hat, ist nicht publik geworden, was STRABAG damals gerügt hat, und das ist das, was wir die letzten fünf Jahre an der Baustelle ausbaden müssen, und das werden wir auch noch in Zukunft ausbaden müssen.

(Beifall bei der SPD und der FDP – Glocke)

Herr Abgeordneter, das war ein schöner Schlusssatz, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Metin Hakverdi)

Frau Präsidentin, bitte noch einen Satz.

Nein, die Redezeit ist beendet.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Wankum.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Hakverdi, was wollten Sie uns da eigentlich eben sagen? Das habe ich nicht verstanden.

(Beifall bei der CDU – Andy Grote SPD: Das war doch klar und verständlich!)

Sie wollten doch, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, in dieser Stadt unbedingt die Verantwortung übernehmen. Sie haben sie jetzt seit mehr als 100 Tagen und auch am Beispiel der Elbphilharmonie sieht man, dass Sie es nicht können.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Es macht doch überhaupt keinen Sinn – um das Ergebnis meiner Rede vorwegzunehmen –, dass wir dieses für die Stadt und die ganze Metropolregion so großartige Projekt, das weitreichende Bedeutung haben wird, das uns in die Weltliga der Kulturmetropolen katapultieren und ein Musikhaus für jedermann sein wird,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Auf jeden Fall!)

letztlich dadurch zerstören, indem jeder meint, er müsse zu jeder Entwicklung und zu Dingen, die teilweise über Jahre, wie zum Beispiel die Befahranlage, bekannt sind, immer wieder öffentlich Stellung nehmen.

(Dirk Kienscherf SPD: Was sind schon 100 Millionen Euro mehr!)

Was jetzt passiert, zerstört doch jedes Vertrauen der Bevölkerung in dieses Jahrhundertwerk.

(Beifall bei der CDU)

Was Sie von der FDP dazu sagen, braucht man nicht allzu ernst zu nehmen. Es ist eben doch etwas anderes, etwas wirklich Bleibendes für alle zu schaffen,

(Dirk Kienscherf SPD: Egal, wie teuer es wird?)

als stereotyp Steuerminderung für wenige zu fordern oder zur Abwechslung einmal die Auflösung eines Bezirks.

(Beifall bei der CDU)

Aber es kann doch nicht sein, dass der Senat noch im Nachhinein Verständnis zum Beispiel für den Intendanten der Elbphilharmonie zeigt, der unaufgefordert in den Medien die Verspätung der Eröffnung bekannt gibt, und dass der für den Bau Ver

antwortliche tatsächlich in den letzten Tagen öffentlich über die Summe spekuliert, die wahrscheinlich der Generalbauunternehmer für von der Stadt zu verantwortende, und zwar in Ihrer Zeit zu verantwortende Planungsfehler einfordern wird. Das ist doch eine Einladung zur Selbstbedienung.

(Dirk Kienscherf SPD: Die Selbstbedienung ist doch bei Ihnen passiert!)

Dafür kann man nur Sie verantwortlich machen. Herr Bürgermeister Scholz, ich fordere Sie daher auf, die orale Inkontinenz zu beenden, die das Objekt seit Ihrer Amtsübernahme begleitet, und es zur Chefsache zu machen.