Protokoll der Sitzung vom 24.08.2011

Es ist außerdem ein ganz wichtiger Beitrag dazu, intelligente Lösungen für die Verkehrsprobleme der Zukunft zu finden, und diese intelligenten Lösungen werden darin liegen, die Leute dazu zu bringen, unterschiedliche Verkehrsmittel zu nutzen, je nachdem, was in welcher Situation gerade sinnvoll ist, dass man vom Auto auf die Bahn umsteigt, dass man von der Bahn auf das Fahrrad umsteigt und dass man hier die bestmögliche Kombination sucht, um mit möglichst geringen Belastungen durch die Stadt zu kommen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der LINKEN)

Wenn man sich die Karte ein wenig anschaut und sieht, dass wir jetzt die Station auf der Veddel und künftig Stationen in Wilhelmsburg haben, dann muss man sich natürlich noch einmal vor Augen führen, wie das StadtRAD funktioniert. Das funktioniert eben nicht als Ein-Punkt-Ausleihe, sondern das funktioniert als Netz. Man kann das Fahrrad an einer beliebigen Station entleihen und es an einer beliebigen anderen Station zurückgeben, das heißt, man kann es wirklich für Strecken benutzen. Und das funktioniert natürlich besonders gut, wenn das Netz als solches auch ausgestaltet ist. Da ist es besonders absurd, an der Süderelbe stehen zu bleiben und die Ausweitung auf die Veddel und nach Wilhelmsburg, was wir mit dem letzten Senat gemacht haben, nicht weiterzutreiben in Richtung Harburg, damit es möglich ist, mit in Wilhelmsburg ausgeliehenen Rädern nicht nur durch den Freihafen in die Innenstadt zu fahren – das ist die eine Möglichkeit, um von dieser Netzfunktion Gebrauch

zu machen –, sondern, was deutlich näher liegt, mit dem Fahrrad von Wilhelmsburg nach Harburg fahren zu können und dort das Fahrrad wieder abzugeben.

Wir meinen, dass die dafür erforderlichen rund 50 000 Euro gut angelegtes Geld sind. Das wird auch daran deutlich, dass die Nachfrage nach einem solchen System schon so groß ist, dass ein privater Anbieter, nämlich das "channel bike", ein entsprechendes Alternativangebot gemacht hat, das allerdings diesem Netzgedanken nicht Rechnung tragen kann. Es ist wunderbar, dass es möglich ist, Räder zu leihen, um in Harburg herumzufahren, aber es wäre natürlich noch viel besser, sowohl für die Bürgerinnen und Bürger in Harburg als auch für die in Wilhelmsburg, wenn es möglich wäre, von einem Stadtteil zum anderen zu fahren, so wie das StadtRAD in der gesamten Stadt selbstverständlich auch genutzt wird.

(Beifall bei der GAL)

Ich würde mir also wünschen, dass auch im Hinblick auf das Radfahren die Harburgerinnen und Harburger nicht als Bergvolk angesehen werden, sondern wir ihnen auch das zugutekommen lassen, was in den anderen verdichteten Stadtteilen Hamburgs ganz selbstverständlich ist. Deswegen würde ich mir wünschen, dass wir heute eine Mehrheit für diesen Antrag zum StadtRAD in Harburg bekommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Herr Wiesner, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die SPD ist für die Erweiterung des StadtRAD-Netzes auch bis nach Harburg. Die SPD-Bezirksfraktion hat dies bereits 2009 in einem Antrag in die Bezirksversammlung Harburg eingebracht. Darin hatten wir, Frau Sudmann, zehn Standortideen formuliert. Es war eine etwas zäh fließende Diskussion, wie ich mir gerade noch einmal bestätigen lassen konnte. Der vorderste Vertreter, der das nicht so toll fand, war nun ausgerechnet der Fraktionsvorsitzende der Harburger GAL.

(Thomas Völsch SPD: Na, so etwas aber auch!)

Als Prüfungsantrag wurde er dann doch beschlossen und als Antwort kam von der BSU, da war Frau Hajduk auch nicht ganz unbeteiligt als Senatorin, dass Harburg in keinem direkten Zusammenhang zum bestehenden StadtRAD-Netz gesehen werde und eine – ich zitiere das einmal – relativ disperse Siedlungsstruktur und eine für ein eigenes Fahrradverleihsystem zu geringe Einwohnerzahl habe.

(Dr. Till Steffen)

(Beifall bei Dr. Melanie Leonhard SPD)

Solche Antworten regen nicht nur auf, sondern in Harburg zumindest auch an. Deswegen gibt es mittlerweile ein sogenanntes "channel bike". Dort sind innerhalb des Radius von der Harburger Universität bis in den Channel Harburg 50 Fahrräder zu leihen. Jetzt kommt die Hamburger GAL, muss man sagen, in der Opposition an und möchte noch schnell ein bisschen Konkurrenz schaffen. Dabei beachten sie noch nicht einmal ihre eigenen Beschlüsse. Bei der Einführung dieses StadtRADs ist nämlich ein Bedienungsgebiet definiert worden und im Süden endet es, wie Sie richtig gesagt haben, Herr Steffen, im Stadtteil Wilhelmsburg, was jetzt umgesetzt wird mit den Stationen am Bürgerhaus und am S-Bahnhof, wenn der wieder nutzbar ist.

Kommen wir noch einmal zu Ihrem Antrag. Der dort aufgelistete Finanzierungsvorschlag ist viel zu niedrig. Fragen Sie die Experten in der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation und die werden Ihnen sagen, wenn man das machen wollte, bräuchte man mindestens 100 000 Euro und nicht 50 000 Euro, die Sie ansetzen.

Der zweite Punkt ist aus meiner Sicht noch viel interessanter und schlimmer: Diese Finanzierung ist doch sehr fragwürdig. Sie wollen nämlich vom Neu-, Um- und Ausbau des Straßennetzes Geld wegnehmen. Dann sagen Sie doch einmal, wo es herkommen soll. Das würde uns sehr interessieren.

(Beifall bei der SPD)

Dann stellen wir uns natürlich noch die Frage, warum die GAL gerade jetzt ihre lang versteckte Liebe zu Harburg entdeckt. Sie hatten doch drei Jahre lang Zeit, im Senat für Fahrradstationen in Harburg oder sonst wo zu sorgen. Das haben Sie nicht hinbekommen.

(Jens Kerstan GAL: Wir haben gerade ange- fangen! Jetzt kommt der zweite Schritt vor dem ersten!)

Herr Kerstan kann sich gerne auch noch einmal melden.

Wir fragen uns natürlich, warum Sie nun ausgerechnet mit Harburg ankommen. Es gibt noch viele andere Stadtteile, die außerhalb dieses Bedienungsgebiets liegen. Und einen Grund dafür, warum man nun ausgerechnet Harburg nimmt – bei aller Sympathie, ich wohne da selbst –, kann ich nicht entdecken. Ich frage mich wirklich, ob jetzt in jeder Bürgerschaftssitzung ein Antrag kommt, das in Bergedorf, Poppenbüttel oder Blankenese zu machen. Wir finden Ihren Antrag daher völlig unausgegoren und werden ihn bei aller Sympathie in der Sache heute ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hesse, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich zu Beginn für die CDU-Fraktion sagen, dass wir eine große Sympathie für diesen Antrag haben und auch für die Idee, StadtRAD nach Harburg auszuweiten. Wir haben große Sympathie, für Harburg mehr zu tun. Wir haben kein Verständnis dafür, was Herr Dr. Steffen hier gerade vorgehalten hat, nämlich dass die SPD anscheinend in vielen Bereichen vergesse, dass es Harburg auch noch gebe. Perspektivisch werden wir dazu kommen, dass StadtRAD auch in Harburg angeboten wird.

Aber es ist nicht so einfach, wie die Grünen es sich vielleicht vorstellen, man muss schon ein bisschen schauen. Senatorin Hajduk und ich haben uns in der letzten Legislaturperiode sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt, welche Komponenten erfüllt sein müssen, damit StadtRAD auch erfolgreich funktioniert. Das heißt natürlich, dass wir ein kompaktes Bedienungsgebiet brauchen, dass wir eine hohe Dichte an Leihstationen brauchen und dass wir auch ausreichend Zielgruppen brauchen, die StadtRAD benutzen. Es müssen zum Beispiel auch die betriebliche Komponente Wartung und Ähnliches erfüllt sein und rechtlich und finanziell ist es so, dass wir zurzeit einen Betreibervertrag mit der Deutschen Bahn haben mit zwei starren Realisierungsstufen, die flexible Anpassungsoptionen nur im innerstädtischen Kern haben.

Das sind die Tatsachen, das ist die Realität und jetzt können wir natürlich, lieber Herr Dr. Steffen, sagen, dass uns das alles nicht interessiere, dass das für uns ganz wichtig sei und wir politisch den Beschluss fassen wollten, Harburg mit einer StadtRAD-Station anzuschließen. Aber das ist zu kurz gesprungen. Ob und wann Harburg drankommt, darüber müssen wir etwas länger diskutieren, darüber müssen wir genauere Untersuchungen anstellen. Und erst wenn wir die Ergebnisse haben, ob es sich denn tatsächlich finanziell und auch von den Nutzerzahlen her rentiert, sollten wir entscheiden, StadtRAD nach Harburg auszuweiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Erfolgsmodell StadtRAD ist auf einem guten Weg. Das hat auch die jetzige Behörde für Wirtschaft und Verkehr erkannt, denn sie schreibt in der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage, dass zurzeit keine Ausdehnung des StadtRAD-Systems angedacht sei. Zurzeit heißt, dass man es sich vorstellen kann, und ich würde mir, lieber Kollege von der SPD, wünschen, dass Sie nicht grundsätzlich ausschließen, dass wir StadtRAD auch nach Harburg ausweiten.

Die CDU-Fraktion hat mit der Entscheidung, dem Überweisungsantrag der GAL zuzustimmen, um

(Frank Wiesner)

einmal etwas ausführlicher im Verkehrsausschuss zu diesem Thema zu reden, einen richtigen Weg gewählt. Wir können dort überlegen, wann der richtige Zeitpunkt sein wird, und wir können dann auch schauen, wie es mit Bergedorf und anderen Bereichen aussieht. Da StadtRAD ein so erfolgreiches System ist, bin ich überzeugt davon, dass Harburg kommt, wenn auch vielleicht nicht so schnell, Herr Dr. Steffen, wie die Grünen sich das jetzt in ihrem Antrag wünschen. Ich wünsche mir auf jeden Fall von der SPD-Fraktion, dass Sie sich einer Diskussion im Ausschuss nicht verweigern, sondern dass Sie da mit uns gemeinsam diskutieren, wann der richtige Zeitpunkt für Harburg ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Schinnenburg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mein Geschäftsführer freut sich, denn ich kann Redezeit sparen, weil Herr Wiesner sehr vieles zum Verhalten der GAL schon völlig richtig gesagt hat. Nur kleine Ergänzungen, die Sie noch nicht dabei hatten, etwa die Äußerungen der BSU: Wilhelmsburg liegt quasi vor den Toren der Innenstadt, aber für Harburger Bürger ist das schon zu weit weg. Die Art und Weise, wie die GAL in den letzten drei Jahren, wo sie die Möglichkeit hatte, mit Harburg umgegangen ist, ist schon ziemlich übel. Noch übler ist es, nun zu sagen, jetzt wollen wir es aber besser machen; Sie hatten Zeit dazu.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Aber, liebe Harburger, das hat auch immer einen kleinen Vorteil. Wenn die Grünen einen nicht beachten, wenn sie einen nicht einmal als Bergvolk ansehen, sondern eher als Diaspora, dann hat das seine Vorteile.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP und bei Dr. Melanie Leonhard SPD, Dr. Walter Scheuerl CDU und Christiane Schneider DIE LINKE)

Die Grünen wollen ihren Bekehrungseifer da ausgießen, wovon sie etwas wissen, und in Gegenden, die sie kennen. Harburg kennen sie offenbar nicht und darum sind Sie auch von der Stadtbahn verschont geblieben, meine Damen und Herren. Nehmen Sie es als positives Zeichen, dass die Grünen Sie einfach vergessen haben.

Es gibt im Antrag der Grünen auch eine erstaunliche Formulierung, die die Verkehrspolitik der GAL ein bisschen kennzeichnet. Da steht ernsthaft drin, Sie wollten erreichen, dass Fahrgäste vom ÖPNV auf das StadtRAD umsteigen, also von einem umweltfreundlichen Verkehrsmittel auf das andere.

(Jens Kerstan GAL: Sie sollen beides nut- zen können, doch nicht alternativ!)

Unser Ziel ist es doch, möglicherweise bei der SPD auch, Menschen von nicht so umweltfreundlichen Verkehrsmitteln wie dem Auto auf den ÖPNV und von mir aus auch auf das StadtRAD umzulenken. Das war der Grund, warum wir uns dafür eingesetzt haben, die Bundesmittel für die S-Bahn nach Ahrensburg zu investieren, um Leute vom Auto auf die Schiene zu bringen, und nicht vom Bus auf die Schiene, wie Sie das mit Ihrer Stadtbahn vorhatten, wofür Sie das Geld ausgeben wollten.

(Jens Kerstan GAL: Beides!)

Das stimmt nicht, Herr Kerstan. Ich gehe davon aus, dass Sie auch wissen, dass Sie hier wieder einmal etwas Falsches erzählen.

(Jens Kerstan GAL: Mit der Bahn nach Har- burg fahren und dann mit dem StadtRAD weiter!)

Sie haben über Jahre das ganze Geld, das der Bund Hamburg zur Verfügung gestellt hat, für Ihre Bimmelbahn ausgeben wollen. Das war das Problem und für alle anderen Dinge wäre kein Geld mehr vorhanden gewesen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Zum Thema StadtRAD nach Harburg: Das ist sinnvoll, die BSU hätte es längst machen sollen, aber dann machen wir es eben jetzt. Das Problem ist – das wurde von Herrn Wiesner schon angesprochen – die Finanzierung. Unabhängig von der Frage, ob es nun 50 000 Euro oder 100 000 Euro sind, darf es mit Sicherheit nicht so finanziert werden, wie die GAL es hier vorschlägt, nämlich auf Kosten der Sanierung von Straßen. Wir wollen das eine und das andere. Jetzt werden Sie sagen, das ist toll, wo kommt das Geld her? Das kann ich Ihnen und auch Ihrem Senator sagen, das habe ich letzte Woche im Verkehrsausschuss schon einmal getan. Schauen Sie einmal in den Haushaltsplan, blaue Seiten 2 und 3. Allein von 2010 auf 2011 sollen nur im Amt Verkehr sechs zusätzliche Stellen geschaffen werden, davon zwei A14, also gut dotierte Positionen. Wenn Sie nur eine einzige dieser Stellen nicht zusätzlich schaffen, haben Sie die Ausweitung nach Harburg schon finanziert.

Deshalb der FDP-Antrag: Ja zu Ziffer 1, Ja zu Ziffer 3, aber Ablehnung der Ziffer 2. Herr Wiesner, wir sind uns so einig, geben Sie sich einen Ruck und lassen Sie uns das beschließen. Wenn wir ein bisschen aufpassen, kann man aus dem grünen Antrag noch etwas machen. Mit unserer Hilfe schaffen wir das, stimmen Sie so ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Sudmann, Sie haben das Wort.