Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

mindestens 25,1 Prozent, vielen Dank, an den Verteilnetzen für Gas, Strom und Fernwärme anstrebt, um die Handlungsspielräume in der Energiepolitik zurückzugewinnen. Der Senat hat zugesichert, dass er zügig Verhandlungen mit Vattenfall und E.ON aufnehmen will. Wie Sie eben sagten, Herr Kerstan, hat der Senat das bereits getan. So steht es im Arbeitsprogramm, und das wird umgesetzt.

Meine Damen und Herren! Dass die Verhandlungen über Einzelheiten des Konzepts nicht auf dem offenen Marktplatz stattfinden, ist völlig normal. Das hätte, Herr Kerstan, kein Senat anders gemacht. Ich erinnere mich in dem Zusammenhang an manche Geheimverhandlungen, wo Sie überhaupt nicht mit der Sprache herausgerückt sind und es noch nicht einmal eine Beauftragung durch das Parlament gab. Das wissen Sie selbst am besten.

(Beifall bei der SPD und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP)

Jetzt hat der Senat ein Mandat der Bürgerschaft. Dadurch ist er politisch legitimiert, er ist es auch durch das SPD-Wahlprogramm. Für das Wahlprogramm der Sozialdemokraten gab es bei der Wahl bekanntlich große Zustimmung.

Der Senat tut also, was wir gefordert haben, wozu er rechtlich und politisch legitimiert ist und nichts weiter. Das Ergebnis wird nach Erklärung des Bürgermeisters demnächst vorliegen. Dann können Sie es bewerten, und die Bürger und Bürgerinnen können es bewerten, wenn es zum Volksentscheid kommen sollte. Darüber hinaus stehen uns und der Öffentlichkeit über verschiedene Drucksachen, zum Beispiel Anfragen von Herrn Kerstan oder Drucksachen der letzten Legislaturperiode, eine Fülle von Informationen zur Verfügung, auch wenn Vattenfall entscheidende Informationen noch immer zurückhält und die Stadt auf Freigabe klagen muss.

Die BSU hat, darauf haben Sie bereits hingewiesen, drei große Gutachten in das Internet gestellt, die bereits zu Ihrer Zeit beauftragt worden sind. Es wäre natürlich schön gewesen, wenn Sie die Gutachten gleich veröffentlicht hätten. Ich habe jedoch

Ihre Erklärung zur Kenntnis genommen. Aber es ist völlig daneben, wenn Sie jetzt implizit den Vorwurf erheben, der Senat könnte durch sein Vorgehen die Entscheidungssouveränität des Parlaments oder des Volkes einschränken, oder dass wir es am nötigen Respekt gegenüber dem Volksbegehren mangeln ließen. Das trifft nicht zu.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Fraktion, unser Vorsitzender Andreas Dressel und auch ich haben oft genug betont, dass wir einen möglichen Volksentscheid nicht ins Leere laufen lassen werden. Es werden auch im Vorfeld keine Entscheidungen getroffen, die nicht mehr rückholbar sind. Wir nehmen die Volksgesetzgebung ernst, schließlich war die SPD treibende Kraft bei der Verbesserung der Volksgesetzgebung und dabei, sie verbindlich zu machen.

(Zurufe und Heiterkeit bei der GAL)

Meine Damen und Herren! Eines kann man dem Senat gewiss nicht vorwerfen, dass er sich nicht daran hält, was er versprochen hat, nämlich die Erarbeitung eines Konzepts für eine Beteiligung an den Energienetzen. Der Volksentscheid läuft nicht ins Leere, sondern der Antrag der GAL, weil er jeglicher Grundlage entbehrt. Deswegen lehnen wir den Antrag auch ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Stöver.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegen der GAL, ich bin gelinde gesagt etwas über die Güte Ihres Antrags enttäuscht. Inhaltlich beschäftigen Sie sich nicht mit den Hintergründen der Netzpolitik. Sie beschäftigen sich mit Volksgesetzgebung und Geheimverhandlungen. Ihre Forderung, der Senat solle die Geheimverhandlungen beenden, ist realitätsfremd. Der Kommentar des "Hamburger Abendblatts" vom Sonnabend trifft hier den Nagel auf den Kopf. Das Erinnerungsvermögen, Herr Kerstan, muss Sie tatsächlich verlassen haben. Hätten Sie sich bei Ihren Kolleginnen Frau Goetsch oder Frau Hajduk erkundigt, wie transparent Verhandlungen des Senats sind oder waren, dann hätten Sie festgestellt, dass Verhandlungen fernab vom Rathausmarkt Senatsalltag sind.

(Andy Grote SPD: Das weiß Herr Kerstan!)

Das weiß Herr Kerstan, das weiß ich auch, aber in seinem Antrag ignoriert er es.

Die zweite Forderung, der Bürgermeister solle direkt mit der Initiative verhandeln, ist ein kleiner Widerspruch zur Volksgesetzgebung.

(Jens Kerstan GAL: Das haben Sie aber ge- macht!)

Das haben wir gemacht, aber der Bürgermeister hat nicht allein mit der Initiative verhandelt.

(Jens Kerstan GAL: Stimmt! Da war ich auch dabei!)

Genau, Sie waren anwesend.

Die Forderung, der Bürgermeister solle direkt und sofort Verhandlungen aufnehmen, aber ohne uns, das widerspricht der Volksgesetzgebung. Es ist immer noch unsere Aufgabe und nicht die der Exekutive, mit der Initiative zu verhandeln beziehungsweise sich mit ihr ins Vernehmen zu setzen.

Eine letzte Bemerkung in Richtung Bürgermeister und Senat. Natürlich will auch die CDU den Bürgermeister nicht aus seiner Verpflichtung entlassen. Bei 2 Milliarden Euro sitzen Sie selbstverständlich bei der Entscheidung, was Hamburg wofür ausgibt, mit im Boot. Sie haben in Ihrem Amtseid geschworen, dass Sie zum Wohle der Stadt agieren. Das erwarten wir von Ihnen und dass Sie den Bürgerinnen und Bürgern erklären, warum 2 Milliarden Euro oder auch nur 500 Millionen Euro für Netze ausgegeben werden.

Eine letzte Bemerkung Richtung Senat. Ich sehe es genauso wie die GAL, dass, solange ein Volksbegehren nicht abschließend beschieden ist, es der Respekt gegenüber den gewählten Volksvertretern gebietet, dass die Entscheidungssouveränität des Parlaments nicht durch Vorfestlegungen beeinflusst wird.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Haben Sie das auch in der Verfassung gefunden? Das steht da nämlich nicht drin!)

Das Wort bekommt Frau Suding.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der GAL, womit Sie uns heute beschäftigen, ist nichts anderes als klassische grüne Symbolpolitik.

(Beifall bei der FDP und bei Andy Grote SPD)

Sie wissen ganz genau, dass sich der Senat in Sachen Rückkauf der Netze auf eine Beteiligung von 25,1 Prozent festgelegt hat. Sie wissen darüber hinaus, dass es zwischen Ihrer beziehungsweise der Position der LINKEN, die auf eine hundertprozentige Rückverstaatlichung der Netze zielt, und der Position des Senats kaum Berührungspunkte gibt. Dennoch bringen Sie einen dieser typischen GAL-Anträge ein, der wenig mit der Realität zu tun hat, aber dafür Ihren Wählern und den Unterstützern der Initiative signalisieren soll, dass Sie sich für deren Wünsche zumindest verbal einsetzen.

Meine Damen und Herren, lieber Herr Bürgermeister, liebe Senatsvertreter, diese Diskussion ist ge

(Dr. Monika Schaal)

nauso überflüssig wie die Rekommunalisierung der Netze ganz oder teilweise selbst.

(Beifall bei der FDP)

Die Diskussion wird von drei Irrtümern beherrscht. Der erste Irrtum: Der Staat wirtschaftet besser.

(Glocke)

Frau Suding, gestatten Sie dem Abgeordneten Müller eine Zwischenfrage?

Der Staat wirtschaftet besser, das ist – ersichtlich an Beispielen wie Neue Heimat oder Landesbanken – erwiesenermaßen falsch. Die Risiken bleiben zum Schluss nur am Steuerzahler hängen.

(Beifall bei der FDP)

Zweiter Irrtum: Der Staat macht bessere Preise. Das Gegenteil stimmt. Faire und transparente Preisgestaltung entsteht nicht durch staatliche Monopolstrukturen, sondern durch Wettbewerb, gerade auch im Energiesektor.

Dritter Irrtum: Durch das Eigentum an den Netzen können energiepolitische Ziele, wie ein höherer Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix, durchgesetzt werden. Auch das ist Unfug. Die Netzbetreiber müssen jeden Energieanbieter anschließen, ganz egal, woher Strom, Gas oder Wärme kommen und wer der Kunde ist. Wir brauchen Vertrauen in die Kräfte des Marktes und keine Rückverstaatlichung.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb brauchen wir auch keine Palaverrunden um 25, 50 oder 100 Prozent Verstaatlichung. Wir Liberale sind gegen Symbolpolitik und stimmen gegen diesen Antrag.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Heyenn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! DIE LINKE unterstützt den Antrag der GAL, und zwar nicht, weil wir Symbolpolitik machen wollen, sondern weil wir es für notwendig erachten, dass direkte Demokratie nicht nur auf dem Zettel steht, sondern auch gelebt wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben dieses Thema im Zusammenhang mit der Energiewende schon öfter bewegt. Und was Sie, Frau Dr. Schaal, für eine Wende in Ihren Haltungen vollzogen haben, hat mich tief erschüttert und persönlich auch sehr enttäuscht. Sie haben gesagt, die Initiative habe nicht den Wunsch geäu

ßert, dass der Senat mit ihr redet. Es ist aber selbstverständlich nach einem Volksbegehren, dass der Senat auf die Initiative zugeht und es ist auch nirgendwo geschrieben, dass sie es nicht müssen, es wäre nur demokratisch guter Brauch.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn man feststellt, dass der Senat nach dem Volksbegehren 13-mal mit Vattenfall und E.ON gesprochen hat und kein einziges Mal mit der Initiative, dann wird man sehr nachdenklich. Wir teilen mit vielen die Befürchtung, dass hier Fakten geschaffen werden sollen, die dann nicht mehr zurückgenommen werden, auch wenn der Volksentscheid erfolgreich ist. Und dass Sie sich dafür einsetzen, für die Ausschusssitzung, bei der die Initiative ihr Volksbegehren noch einmal vorstellen wird, den Festsaal anzumieten, ist gut und schön, hilft aber in der Sache nicht weiter.