Protokoll der Sitzung vom 28.09.2011

(Olaf Ohlsen CDU: Genauso kurz!)

– Genauso kurz wird hier gefordert? Ich bemühe mich.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach der Aktuellen Stunde, die von Herrn Senator Scheele genutzt wurde, um sehr ausführlich zu berichten, was der SPD-Senat bereits auf den Weg gebracht hat, was er plant und planen wird, ist es gut und wichtig, diese Runde noch einmal zu haben, wichtig, weil die Debatte eine Gruppe in den Mittelpunkt rückt, der sonst nicht ganz so viel Aufmerksamkeit in diesem Hause geschenkt wird und die auch sonst keine große Lobby hat.

Herr Senator Scheele, ich habe durchaus Ihre Aufforderung zur Kenntnis genommen, Ihre großartigen Vorhaben zu unterstützen. Wir werden Ihnen sicherlich keine Steine – das Wort ist heute schon häufiger gefallen – in den Weg legen, sondern aktiv als Grüne daran mitarbeiten, dass sich die Situation im Frühjahr, im Sommer, im Herbst wie im Winter für Obdachlose oder von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen verbessert.

Lassen Sie mich aber anlässlich des Antrags der LINKEN noch zwei, drei, vier Anregungen geben. Es ist auffällig, dass einige Bezirke und besonders der Bezirk Hamburg-Mitte überproportional viele Menschen in öffentliche Unterbringungen aufnehmen. Andere Bezirke leisten daran nur einen geringen Anteil. Mein Appell an die Verhandlungen, die Sie mit den Bezirksfraktionen, den Bezirksversammlungen und Bezirksämtern gerade führen, ist, sehr sachlich, sehr ausgewogen und möglichst unter Beteiligung der Menschen vor Ort zu diskutieren. Ich erinnere mich an eine Debatte letztes Jahr im Bezirk Hamburg-Nord um die Gebäude am Alsterberg. Dort wurden gegen den Widerstand der SPD, wenn ich mich richtig entsinne, neue Plätze für Obdachlose und Flüchtlinge gefordert. Dann hat man aber in einem gemeinsamen Verfahren dafür gesorgt, dass diese Plätze am Ende entstanden sind. Ich wünsche mir mehr solcher Gesprächsrunden, Runder Tische, ohne den Begriff überstrapazieren zu wollen, dass vor Ort Lösungen gefunden werden, die den unterschiedlichen Situationen von Obdachlosen Rechnung tragen. Das ist ganz wichtig.

Ich komme zum nächsten Punkt, der Spaldingstraße. So gut es ist, von der Bunker-Lösung Abstand zu nehmen – denn das ging und geht gar nicht –, so wichtig ist es, neue Unterkünfte, von denen ich gehört habe, dass sie hauptsächlich für die aus Osteuropa gekommenen Bulgaren und Rumänen zur Verfügung gestellt werden sollen, den Bedarfslagen entsprechend auszugestalten. Es gibt Obdachlose, die psychisch nicht in der Lage sind, in großen Unterbringungen zu wohnen. Das heißt, es gibt sehr unterschiedliche individuelle Bedürfnisse, die ein abgestimmtes Angebot, auf Zielgruppen zugeschnittene Maßnahmen und eine entsprechende psychosoziale Betreuung notwendig machen.

Der dritte Punkt bezieht sich auf die aus Osteuropa stammenden Obdachlosen. Da möchte ich zunächst ein Plädoyer an die Wirtschaft senden. Manche Unternehmen beschäftigen diese Menschen weit unter einem wie auch immer gearteten Mindestlohn. Diese Menschen werden teilweise als Tagelöhner ausgebeutet. Deshalb können sie sich keine reguläre Unterkunft suchen. Das ist eine Debatte wert, die wir vielleicht zu anderer Zeit in diesem Hause führen können. Welche Verantwortung haben eigentlich öffentliche und private Unternehmen in dieser Frage?

(Beifall bei der GAL)

Zum Thema Wohnungen. Der Rechnungshofbericht hat Anfang dieses Jahres die deutlich verfehlten Zielzahlen in der Wohnungswirtschaft kritisiert. Ich würde mir wünschen, dass hartnäckiger mit den einzelnen Wohnungsbaugenossenschaften und der Wohnungswirtschaft insgesamt verhandelt wird, um tatsächlich mehr Wohnraum zu schaffen; sowohl zur Versorgung von Obdachlosen als auch

für Wohnungsnotfälle. Ähnlich wie in München sollte es heißen: Weg mit dem Winternotprogramm, mehr ganzjährige Versorgung. Das ist übrigens auch eine Forderung von Hinz&Kunzt. Schauen wir uns die Strategie in München an. Erstens gab es in München sehr viel weniger Obdachlose und zweitens hat man sehr viel mehr Geld in die Hand genommen, um mit einem Wohnungsversorgungskonzept für Notfälle und einem besonderen Wohnungsbauprogramm die Zahl von 609 im Jahr 1995 auf knapp 340 im Jahr 2007, also um fast 45 Prozent zu senken. Ich könnte mir vorstellen, obwohl die Fallzahlen hier deutlich höher sind, dass dies auch ein Weg für Hamburg wäre. Dazu brauchen wir den gemeinsamen politischen Willen in diesem Haus und in den Bezirken. Vor allem – da müssen wir ehrlich sein – braucht man auch das Geld und muss man bereit sein, dieses Geld in die Hand zu nehmen. Das sehe ich bei einigen Punkten im Antrag der Fraktion DIE LINKE nicht. Aber ich glaube, dass der Antrag gute Ansätze zeigt, die wir im Ausschuss diskutieren müssen.

In Bezug auf das umfassende Paket, das Sie, Herr Scheele, vorhin präsentiert haben, würde ich mir wünschen, dass es mit Zahlen unterlegt wird und dass der Mut da ist, vielleicht ein bisschen mehr Geld in die Hand zu nehmen. In einer Frage scheinen wir uns einig zu sein: Es geht um die Menschen und es geht darum, ihnen ein menschenwürdiges Leben zu jeder Jahreszeit zu ermöglichen. Da haben Sie uns an Ihrer Seite. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort bekommt Frau Kaesbach.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir erleben wieder einmal, dass die LINKE den zweiten Schritt vor dem ersten macht. In Hamburg sind 1029 Menschen obdachlos. Das ist die aktuellste Zahl, die wir haben, nur stammt diese Angabe vom März 2009. Das kritisieren Sie in Ihrem Antrag zu Recht. Wir brauchen dringend eine aktuelle Bestandsaufnahme. Das hält Sie aber nicht davon ab, weitreichende Forderungen zu stellen, ohne den konkreten Bedarf zu kennen. Das ist keine seriöse Politik.

(Beifall bei der FDP)

Es stimmt, dass das Pik As seit Monaten chronisch überbelegt ist. Das Gleiche gilt für die Frauenübernachtungsplätze. Beide Beispiele werden immer wieder gern herangezogen. Das System der Unterbringung ist aber nicht per se überlastet. Es gibt zahlreiche Einrichtungen, die eine Auslastung von gerade einmal 70 Prozent haben; das ging aus der Großen Anfrage der LINKEN hervor. Warum das so ist und wie wir diese Einrichtungen attraktiver machen können, müssen wir uns genauer an

schauen, und dazu fordern wir Liberale den Senat auch auf.

Meine Damen und Herren! Wir haben es mit einer sich ändernden Problemlage zu tun. Wir beobachten einen Zustrom von Menschen aus Osteuropa, die hierher kommen, um zu arbeiten, denen es aber nicht gelingt, eine Arbeitsstelle zu finden und die auf der Straße landen. Der Ansatz des Senats, mit den entsprechenden Konsulaten in Kontakt zu treten und an einem gemeinsamen Hilfesystem zu arbeiten, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir stehen vor einer Herausforderung, für die wir bisher keine zufriedenstellende Lösung gefunden haben. Wir dürfen uns aber auch keine Illusionen machen. Wir werden nicht jeden einzelnen Obdachlosen mit Hilfsangeboten erreichen, weil er diese Hilfe schlichtweg nicht will. Allen anderen muss natürlich jede Hilfe zukommen, die nötig ist, um ihre Lage zu verbessern. Das Vorhaben des Senats, mit den Bezirken über neue Unterkunftsmöglichkeiten zu verhandeln, verfolgen wir kritisch. Aktuell erhält man allerdings den Eindruck, dass Ihre Behörde, Herr Senator Scheele, eher für Verunsicherung statt Klarheit sorgt.

(Beifall bei der FDP)

Im Bezirk Harburg zum Beispiel kommen jeden Tag andere Angaben zu möglichen Standorten und Unterbringungszahlen. Momentan scheint der Senat eher Interesse daran zu haben, dass die Bezirksversammlung und die engagierten Bürger gegeneinander aufgebracht werden. Sorgen Sie für Klarheit und machen Sie bitte Ihre Hausaufgaben.

(Beifall bei der FDP)

Der Antrag der LINKEN schießt in einigen Forderungen über das Ziel hinaus. Wir fordern eine neue Bestandsaufnahme, damit danach über die Verbesserung der Angebote nachgedacht werden kann. Daher können wir diesem Antrag nicht zustimmen, sind aber für eine Überweisung an den Sozialausschuss.

(Beifall bei der FDP)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann können wir zur Abstimmung kommen.

Wer einer Überweisung der Drucksache 20/1581 in der Neufassung an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das war einstimmig.

Wir kommen zu Punkt 31 der Tagesordnung, dem Antrag der SPD-Fraktion: Neue Finanzierungswege für Handwerk und Mittelstand.

[Antrag der SPD-Fraktion:

(Katharina Fegebank)

Neue Finanzierungswege für Handwerk und Mittelstand – Drs 20/1588 –]

Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 20/1687, 20/1693 und 20/1698 Anträge der CDU-, FDP- und GAL-Fraktion vor.

[Antrag der CDU-Fraktion: Bessere Förderung für Hamburgs Mittelstand! Braucht Hamburg eine Investitionsbank? – Drs 20/1687 –]

[Antrag der FDP-Fraktion: Neue Finanzierungswege für Handwerk und Mittelstand – Drs 20/1693 –]

[Antrag der GAL-Fraktion: Investitionsbank solide vorbereiten und Risiken genau prüfen – Drs 20/1698 –]

Alle vier Drucksachen möchte die CDU-Fraktion federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien und mitberatend an den Ausschuss Öffentliche Unternehmen überweisen. Die SPD-Fraktion möchte nur die Drucksache 20/1693 an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Völsch bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gutes Regieren heißt, sich nach der Wahl daran zu halten, was man vor der Wahl angekündigt hat.

(Robert Heinemann CDU: Ja, das wäre eine gute Idee!)

Wir haben vor der Wahl angekündigt, dass wir die Vergabe von Förderprogrammen, Krediten und Bürgschaften durch die Gründung einer Investitionsbank bündeln wollen, und Ihnen jetzt den entsprechenden Antrag dazu vorgelegt.

Gutes Regieren heißt aber auch, am Ball zu bleiben und ein Ziel gegebenenfalls etwas hartnäckiger zu verfolgen, und es heißt auch, Dinge zu Ende zu bringen. Wir haben in den letzten Jahren insgesamt sieben Anträge zu diesem Thema eingebracht. Sie sind alle abgelehnt worden. Sie sind teilweise mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der GAL und der SPD abgelehnt worden. In der letzen Legislaturperiode sind sie gegen die Stimmen der SPD durch die Stimmen von CDU und GAL abgelehnt worden. Sie werden mir nachsehen, dass ich heute von einem anderen Abstimmungsergebnis als in der Vergangenheit ausgehe.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen, dass die Stadt Partner und Dienstleister für die Wirtschaft ist und dass sich die ver

meintlich kleinen Dinge in den Genehmigungsverfahren des Behördenalltags nicht zu Hindernissen hochschaukeln. Dazu gehört, neben anderem, die Schaffung einer Investitionsbank, bei der staatliche Fördermaßnahmen – von der Wirtschaftsförderung über den Wohnungsbau bis hin zu Umwelt und Klimaschutz – gebündelt werden können. Schriftliche Kleine Anfragen, auch von Oppositionsabgeordneten, zum Beispiel die des Kollegen Kluth, können sehr hilfreich sein und Aufschluss über die Vielfalt der Förderprogramme geben.

Die Kollegin Prien hat sich in der letzen Woche leicht skeptisch bezüglich der Erfahrungen mit staatlichen Banken in Deutschland und speziell in Hamburg geäußert. Ich habe mich natürlich gefragt, welche Bank sie in diesem Zusammenhang gemeint haben kann, denn die HSH Nordbank kann sie nicht gemeint haben. Sie war nach Auffassung der letzten CDU-Finanzsenatoren eine international tätige Geschäftsbank und hatte mit einer – in Anführungsstrichen – langweiligen staatlichen Landesbank nichts mehr zu tun. Aber Hamburg ist inzwischen das einzige Bundesland, das auf eine Investitionsbank oder ein vergleichbares Institut verzichtet hat. Alle anderen Bundesländer verfügen selbstverständlich über eine solche Einrichtung, die als wirtschaftspolitischer Instrumentenkasten Förderprogramme bündeln kann, Förderpolitik umsetzt und privaten wie auch öffentlichen Ansprechpartnern beratend zur Seite stehen kann.

Die Wohnungsbaukreditanstalt könnte eine solche Investitionsbank werden, ich betone ausdrücklich "könnte". Sie arbeitet auf ihrem jetzigen Geschäftsfeld hoch erfolgreich, ist allerdings auf die Wohnungsbauförderung beschränkt. Die andere Aufgabe, die sie zurzeit noch hat, nämlich die Frage der Studiengebühren, entfällt glücklicherweise demnächst. Das ist eine gute Gelegenheit, über neue Geschäftsbereiche zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Dass wir mit unserer Initiative nicht völlig daneben liegen, zeigt die Tatsache, dass es drei Zusatzanträge gibt. Zwei davon – wenn Sie ehrlich sind, meine Damen und Herren von der CDU und der GAL – weichen nicht so sehr von unserem Originalantrag ab. Sie äußern ein paar Bedenken und wollen, dass ordentlich geprüft wird. Ich kann Ihnen versichern, das wird passieren. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass unser Antrag nicht lautet, die WK umzuwandeln, sondern eine Umwandlung vorzubereiten, die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit Schleswig-Holstein zu prüfen, und nicht zu vereinbaren, und der Bürgerschaft bis Ende dieses Jahres zu berichten.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ja, was wollt Ihr denn?)

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

Dieser Bericht wird dann auch Ende des Jahres vorliegen und wir werden ihn sicherlich ausführlich in den zuständigen Ausschüssen beraten und schließlich entscheiden können, wie wir weiter vorgehen. Deshalb, so leid es mir tut, werden wir Ihre beiden Anträge ablehnen.

Etwas anderes ist es mit dem Antrag der FDP. Der greift tatsächlich ein weiteres Thema auf, nämlich die Frage der Evaluation der einzelnen Förderprogramme. Das ist ein Aspekt, den wir bisher nicht beachtet haben und deshalb werden wir diesen Antrag auch an den Wirtschaftsausschuss überweisen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GAL)