Katharina Fegebank
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Was habe ich da gerade gehört, Frau Artus? Zum Schluss noch 'ne Runde kiffen?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach einem solch bedrückenden Thema ist es schwer, die Kurve zu bekommen und über einen dringend notwendigen Kurswechsel in der Drogen- und Gesundheitspolitik zu sprechen. Trotzdem versuche ich es einmal. Die Nachrichten heute Morgen waren geradezu eine Steilvorlage für die jetzige Debatte. Ich habe gelesen, dass es einen großen Drogenfund in einer Villa in Blankenese gegeben habe,
Es war nicht die grüne Landesgeschäftsstelle, auch nicht die grüne Kreisgeschäftsstelle.
also einem Stadtteil, der wahrscheinlich nicht zu den entsprechend beleumundeten gehört. Von daher kann man die Debatte um die Entkriminalisierung von Cannabis stadtweit führen. Wir haben sie nicht nur auf die Tagesordnung gesetzt, weil sich GRÜNE schon lange mit diesem Thema befassen – ich wusste, dass jetzt noch einmal Leben ins Haus kommt –, sondern auch, weil es in den vergangenen Wochen und Monaten ziemlich viel Bewegung gegeben hat. Nun kann man sagen, das sei ein grünes Thema und wir würden versuchen, das kurz vor der Wahl ins Parlament zu schieben. Dann sollte man sich anschauen, was auf Bundesebene passiert ist. Wir haben beispielsweise eine Resolution von 122 Strafrechtsprofessorinnen und -professoren, die sich an den Bundestag gerichtet
und gefordert haben, über die Entkriminalisierung von Cannabiskonsum zu sprechen. Wir haben den Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, der ganz klar sagt, die bisherige Drogenverbotspolitik sei gescheitert und es gebe keinen Beleg dafür, dass durch diese restriktive Handhabe der Drogenkonsum in irgendeiner Weise eingeschränkt worden sei.
Das ist unser Ansatzpunkt. Wir fordern hier und heute nicht alles sofort und für jeden, sondern wir wollen ein Modellprojekt. Damit bauen wir eine Brücke zu den Reihen der SPD. Wir wollen ein Modellprojekt für die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene, das in einem ausgewählten Stadtteil, also räumlich begrenzt durchgeführt und wissenschaftlich begleitet wird.
Wir wollen, dass dieses Modellprojekt mit den Bezirkspolitikerinnen und -politikern, mit Drogenhilfeeinrichtungen und den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort besprochen und entwickelt wird. Es soll vorher einen Runden Tisch geben, bei dem auch Polizei und Suchthilfeträger mit dabei sind. Wir wollen erwirken, dass es eine Ausnahmeregelung im Hinblick auf das Betäubungsmittelgesetz gibt, und dass wir uns weiterhin für eine Enquete-Kommission auf Bundesebene stark machen, die die Frage der geltenden Regelungen unter die Lupe nimmt.
Das ist eine Brücke, über die Sie gehen könnten, liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde von der SPD. Bisher ist bei Ihnen keine einheitliche Haltung, keine klare Linie zu erkennen. Bei den Jusos heißt es Daumen hoch, in der Fraktion und bei der Senatorin herrscht eher Skepsis. Ich bitte Sie, sich auf die Argumente der Strafrechtsprofessoren einzulassen, wenn Sie unseren Analysen oder dem Bundesvorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter schon nicht folgen wollen.
Die bisherige Verbotspolitik ist gescheitert, und das sage ich als GRÜNE, nachdem uns in der Vergangenheit durchaus unterstellt worden ist, wir seien die Speerspitze der Verbotspolitik. Es hat tatsächlich keine sinnvolle Regulierung gegeben. Es gibt keine Belege dafür, dass der Drogenkonsum eingeschränkt wurde. Es gibt durch einen blühenden Schwarzmarkt eine Ausbreitung von organisierter Kriminalität, und es gibt, wie wir per Schriftliche Kleine Anfrage herausgefunden haben, eine sehr aufwendige Verfolgung von Kleinkonsumentinnen und Kleinkonsumenten. Ich denke, das alles sind Gründe, die dafür sprechen, diesen Weg auszuprobieren – mit den Stadtteilen, kleinräumig, wissenschaftlich begleitet – und dann auch zu prüfen, ob dadurch ein Beitrag für den Jugendschutz ge
leistet werden kann und sich vielleicht sogar Strukturen verändern im Hinblick auf öffentliche Sicherheit/Zerschlagung des Schwarzmarktes. Deshalb hoffe ich, dass dieser Antrag nicht im Ausschuss versenkt wird, sondern heute über dieses Modellprojekt für die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene abgestimmt wird. Liebe SPD, gebt euch einen Ruck. Macht mit und lasst uns schauen, ob das in Hamburg funktioniert.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bevor ich inhaltlich einsteige – es ist wohl von allen Fraktionen angesprochen worden, dass wir bei der entsprechenden Ausschusssitzung nicht da gewesen sind –, möchte ich mich vor den wenigen jetzt anwesenden Abgeordneten dafür ausdrücklich entschuldigen. Ich glaube, gerade die kleineren Fraktionen kennen die Probleme, die sich manchmal bei Ausschusskollisionen oder anderen Terminen ergeben. Man muss ganz ehrlich sagen, dass wir hier tatsächlich gepennt haben, das will ich so dem Hause mitteilen.
Wir sind bei dieser Ausschusssitzung nicht da gewesen, was aber nicht bedeutet, dass uns das Thema nicht wichtig ist. Wir haben uns nicht nur vor einem Jahr sehr engagiert verhalten, sondern uns auch jenseits dieses Hauses und der Ausschüsse in unterschiedlichen Veranstaltungsformaten immer wieder damit auseinandergesetzt, auch mit der Schwierigkeit, die Sie gerade noch einmal angesprochen haben, Herr Stemmann, dass es natürlich um etwas geht, das auf Bundesebene bewegt werden muss. Ich glaube jedoch sehr klar, dass wir hier als Tor zur Welt, auch als Dreh- und Angelpunkt – Herr Rose hat es im vergangenen Jahr erwähnt und auch heute wieder – und großer Waffenumschlagsort einfach eine Verantwortung tragen, eine Verantwortung, uns damit auseinanderzusetzen, was mit Waffen aus Deutschland passiert, auch mit Waffen aus anderen Staaten, die über die Drehscheibe Hamburg in aller Herren Länder exportiert werden, und zwar nicht nur an Bündnispartner, sondern auch in Krisen- und Konfliktgebiete, in autoritäre Staaten, wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden und die Sicher
heitslage dramatisch und verheerend ist. Wir müssen sogar vermuten – Frau Schneider hat es angedeutet –, dass dem islamischen Terror dort auch Waffen zugeliefert und dann mit diesen Waffen brutale Morde begangen werden. Deshalb ist es natürlich auch Aufgabe dieses Hauses, sich damit auseinanderzusetzen und zu schauen, ob es rechtliche Spielräume gibt, ob es Möglichkeiten gibt, auch von Hamburg aus etwas zu tun. Deshalb finde ich es richtig, dass aus dem Ausschuss heraus diese Debatte noch einmal angemeldet wurde.
Herr Rose hat eben auch noch einmal die Ausschussempfehlung dargestellt – ich zitiere –:
"Die Hamburgische Bürgerschaft unterstützt das politische Ziel der Bundesregierung, […] die Exporte von Rüstungsgütern soweit als möglich zu reduzieren, und vor allem eine Ausfuhr […] in Krisen- und Konfliktgebiete grundsätzlich zu vermeiden."
Das ist erst einmal ein Appell, eine Aufforderung, die wir unterstützen können. Wenn ich mir dann aber die Zahlen anschaue, Herr Rose – und ich weiß nicht, ob wir auf unterschiedliches Material oder unterschiedliche Drucksachen zurückgreifen –, dann erscheint mir die Forderung doch sehr wohlfeil, weil die Realität ganz anders aussieht. Diese Ausschussempfehlung suggeriert doch, dass wirklich ein Fortschritt passiert sei. Tatsächlich ist es aber so, dass die Große Koalition genau so weitermacht wie bisher, sei es, dass es bestehende Genehmigungen aus der schwarz-gelben Regierungszeit sind, oder dass man hier und da noch einmal einen anderen Bündnisschluss getragen oder vereinbart hat. Ich sehe keine drastische Reduzierung, wie Sie es dargestellt haben. Laut mir vorliegenden Zahlen sind die Ausfuhrgenehmigungen in Drittländer unter Sigmar Gabriel – dass es im Wirtschaftsministerium liegt und nicht beim Auswärtigen Amt war auch ein Punkt, den wir kritisiert haben – von 50 Prozent auf 63,5 Prozent gestiegen. Das steht in meinen Augen in einem deutlichen Widerspruch zu dem, was wir gern unterstützen würden, was sich aber in der praktischen Realität und im Handeln der Bundesregierung in keiner Weise abbildet.
Ich vermisse einige Punkte – aber wir waren nicht anwesend und konnten uns deshalb im Ausschuss nicht in die Debatte einklinken –, und ich hätte mich sehr gefreut, wenn man diese Punkte, die auch die Bundesebene betreffen und aus dem Begründungszusammenhang heraus sicherlich ein gutes Zeichen gewesen wären, über eine Bundesratsinitiative eingebracht hätte. Das betrifft nämlich die Frage nach einem Kontrollgremium, die Frage nach dem Endverbleib deutscher Waffen, die ge
klärt werden muss, die Frage des Verbots der Lizenzabgabe für Kriegswaffen an Drittstaaten und auch die Frage, wie man eigentlich mit Dual-Use und Überwachungstechnologien umgeht. Das sind lauter Fragen, die in dem verabredeten Beschluss in keiner Weise mehr auftauchen. Wir finden das schade und möchten das gern wieder aufrufen.
Zum Antrag der LINKEN. Es gibt einige Punkte, denen wir zustimmen werden und von denen wir denken, dass sie eine Bekräftigung des alten Antrags darstellen, angereichert durch einige Forderungen, die wir auch in unserem Ursprungsantrag hatten. Dem ersten Punkt der vollständig friedlichen Nutzung können wir nicht zustimmen, weil es einmal um die Frage Dual-Use geht und zum anderen darum, dass Deutschland nicht nur Mitglied der Europäischen Union ist, sondern auch der NATO. Es gibt Bündnisverpflichtungen, und natürlich gibt es auch Waffenlieferungen, die an Bündnispartner gehen, und hier stärkt das Bündnis eher das Vertrauen untereinander. Wir sagen nicht, dass wir uns wieder in alte Nationalismen zurückwerfen müssen, sondern wir wollen und müssen diesen Bündnisverpflichtungen nachkommen, und das schließt für uns Ihre Forderung aus, eine vollständig friedliche Nutzung des Hamburger Hafens auf den Weg zu bringen. Wir stimmen dieser Forderung nicht zu, aber bei anderen Punkten sind wir dabei. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach den Anschlägen der vergangenen Wochen, erst in Paris, dann unmittelbar bei uns in Hamburg auf die "Hamburger Morgenpost", habe ich mich gefragt, was im Moment bloß los ist in der Welt. Ich habe nämlich das Gefühl, dass es näher rückt, dass das, was wir in den vergangenen Monaten über die Nachrichten transportiert bekommen haben – perfideste, brutalste Anschläge in unterschiedlichen Ländern dieser Welt – Europa erreicht hat, möglicherweise Deutschland, möglicherweise Hamburg. Deshalb finde ich es richtig, heute ein ganz klares, gemeinsames und solidarisches Bekenntnis auszusprechen, dass wir uns jeden Tag erneut als Demokratinnen und Demokraten zusammenstellen werden und uns dem Terror und all denjenigen, die unsere Grundrechte mit Füßen treten, die Menschen töten und die im Namen einer Religion meinen, menschenverachtende Dinge tun zu dürfen, hart entgegenstellen werden und uns dem mit Worten und kluger Argumentation entgegensetzen. Und dafür streiten wir, denke ich, alle gemeinsam.
Der Ministerpräsident Stoltenberg in Norwegen hat vor einigen Jahren in Reaktion auf die Anschläge von Anders Breivik gesagt, unsere Antwort auf Gewalt ist noch mehr Demokratie, noch mehr Humanität, aber niemals Naivität. Ich denke, das ist ein Dreiklang, der jetzt auch für uns handlungsleitend sein kann, denn es ist tatsächlich jeden Tag erneut unsere Aufgabe, für unsere demokratischen Grundrechte, für die Werte, für die wir alle gemeinsam parlamentarisch und als Bürgerinnen und Bürger einstehen, zu kämpfen und zu streiten, als Europäer, als Deutsche und natürlich auch als Hamburgerinnen und Hamburger. Ich bin ganz guter Dinge, dass das funktionieren kann und dass es klappt, dass wir zusammenstehen, weil unsere Demokratie ein bisschen fragiler geworden ist. Ich finde, die Warnung, es sei in Dresden ein Anschlag geplant und die darauf folgende Absage der Demonstrationen sind schon ein Hinweis darauf, auf welch schmalem Grat wir uns bewegen, was es bedeutet, Grundrechte einzuschränken und gleichzeitig Sicherheit zu schaffen. Wir müssen unsere demokratischen Werte verteidigen, hier und überall, und wir können in diesem Parlament einen Anfang machen.
Es ist natürlich auch ein Stück weit der soziale Friede in Gefahr, wenn man meint – das habe ich eben schon einmal gesagt –, im Namen einer Religion Millionen von Menschen töten zu können, Freiheitsrechte, Grundrechte und Menschenrechte aushebeln zu können und damit – Herr Wersich hat es gesagt – Millionen friedliebender, unter uns lebender Menschen unter einen Generalverdacht zu stellen. Das ist verantwortungslos, das ist fahrlässig, und auch dem müssen wir uns klar und hart entgegenstellen. Und ich bin dankbar für die große Welle der Solidarität, die sich allerorten in Deutschland, auch in Hamburg, in den vergangenen Tagen dazu gezeigt hat.
Hamburg ist bunt, Hamburg ist nicht braun, und das ist auch an die Adresse all derjenigen gerichtet, die jetzt meinen, mit dumpfen Parolen ihren Wahlkampf führen zu können und die in den Bezirksversammlungen Rechtspopulismus walten lassen. Wir stehen zusammen, wir stehen klar für demokratische Werte, wir erteilen all denjenigen eine klare Absage, die meinen, Ängste schüren zu müssen und mit diffuser Unzufriedenheit auf Stimmenfang zu gehen. Wir stehen klar zusammen und wir sagen nein zu Rassismus, auch zu Alltagsrassismus, und natürlich zu Gewalt bei uns in der Stadt.
Hamburg muss weiter offen, tolerant und bunt sein, das ist jeden Tag erneut unsere Aufgabe. Das heißt auch, dass wir in Hamburg ein klares Einverständnis darüber haben, dass, wer Schutz sucht, willkommen ist, dass, wer hier lebt, auch dazu gehört. Dass wir aber auch nein sagen zu einer Einschränkung von Bürgerrechten und dass wir – Herr Dressel hat es erwähnt – die Signale der Zusammenarbeit, des Zusammenwirkens und Zusammenstehens jetzt noch deutlicher denn je nach außen tragen und die Staatsverträge mit den muslimischen Gemeinden, mit der alevitischen Gemeinde sind ein solches Signal. Damit können wir als Hamburgerinnen und Hamburger sagen, dass wir über die Religionen hinweg zusammenstehen. Ich wünsche mir, dass es uns in den nächsten Wochen weiterhin gelingt, dass wir dieser vergifteten Atmosphäre, die einige versuchen, in die Stadt zu tragen, mit klaren Argumenten entgegenstehen, dass wir wachsam sind, aber mit offenem Herzen durch die Stadt gehen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hamburg schmückt sich gern mit Superlativen, und ich glaube, die letzten zwei Tage haben gezeigt, dass der Senat das auch sehr gern tut. Bei allen Einzelplänen, die wir bisher beraten haben, stand der Begriff des Erfolgs, des "Weiter so", dass Hamburg weiter vorn im Mittelpunkt sein solle. Es gibt aber auch einen negativen Superlativ, und der ist es wert, in dieser Debatte über das Thema soziale Gerechtigkeit ein Stück weit in den Mittelpunkt gerückt zu werden, und das ist die Armutsgefährdungsquote in dieser Stadt, die bei 18,7 Prozent liegt. Ich finde, in einer reichen Stadt ist das zu viel Armut, und darüber müssen wir reden, denn das geht so die nächsten Jahre nicht weiter.
Ich habe mir das Regierungsprogramm angeschaut, das letztes Wochenende von der SPD verabschiedet wurde.
Herr Scheele hat es eben auch gesagt, es gibt einen zentralen Satz, viel mehr findet man nämlich gar nicht,
zum Bereich Soziales, und das ist der Satz, niemand gehe verloren. Ich frage mich, wie dieser Satz, niemand gehe verloren, denn bei einer Armutsgefährdungsquote von 18,7 Prozent, die Menschen im Alter betrifft, die Kinder betrifft, die kinderreiche Familien betrifft, Menschen mit Behinderung, Menschen in prekärer Beschäftigung, Menschen, die Angst vor Wohnungslosigkeit haben oder wohnungslos sind, mit Inhalt gefüllt wird. Es stehen viele Menschen nicht auf der Sonnenseite des Lebens und schwimmen unter dem Wahrnehmungsradar. Hier muss man mehr tun, als einfach
nur diese Forderung noch einmal gebetsmühlenartig wiederzugeben wie eben auch von Ihnen, Frau Bekeris. Man muss stattdessen eine Idee haben, eine Vision entwickeln, wie man jenseits der Erfolge, die Sie unbestritten haben, für den Zusammenhalt, für mehr Gerechtigkeit und gegen Armut in dieser Stadt etwas tun kann.
Wir können es uns als reiche Stadt nicht leisten, auch nur eine einzige Person zurückzulassen. Wir sind eine Ankunftsstadt, und viele Menschen verbinden Hoffnungen auf Glück, auf Aufstieg und Wohlstand mit dieser Stadt. 18,7 Prozent, das ist die Anzahl der armutsgefährdeten Menschen in dieser Stadt, bleibt jede Form von Glück, von Wohlstand und von Aufstiegsperspektive verwehrt. Das ist doch eine Politik, die das Soziale, das Sie in Ihrem Namen tragen, eigentlich nicht verdient.
Es ist natürlich ein Stück weit Aufgabe für uns alle, Hamburg zu einer Stadt für alle zu machen. Deshalb lädt doch gerade dieser Einzelplan dazu ein zu überlegen, an welcher Stelle der einen oder anderen Stellschraube gedreht werden kann. Es geht hier nicht so sehr nur um Anträge, sondern vielmehr auch um eine Haltung, um den Anspruch, ein oder zwei Schritte nach vorn zu machen, Hamburg als Einwanderungsstadt nach vorn zu stellen, Hamburg als Stadt der Möglichkeiten nach vorn zu stellen und gemeinsam denjenigen, denen bisher das Glück versagt blieb, auch eine Perspektive zu geben.
Aus den letzten knapp vier Jahren im Sozialausschuss kann ich sagen, dass wir das an verschiedenen Stellen immer wieder auch erfolgreich gemacht haben. Einige Punkte sind angesprochen worden. Wir standen eng zusammen, als es um die Nachbewilligung im Bereich Flüchtlingsunterbringung ging. Wir haben im Bereich des Berufsförderungswerks sehr eng zusammengearbeitet, und immer dann, wenn Not am Mann oder an der Frau war, haben wir gezeigt, dass wir auch als Parlament zusammenstehen. Aber das kann nicht der Anspruch sein, mit dem man in die nächsten 5, 10 oder 20 Jahre schaut, gerade wenn man sieht, dass die Stadt hier an vielen Stellen immer weiter auseinanderfällt, dass es abgehängte Stadtteile gibt, dass die Mobilität und die Durchlässigkeit nicht da sind, dass es Abstiegsängste gibt, und nicht nur bei denen, die vielleicht in verfestigten Armutsstrukturen leben, sondern auch bei denjenigen, die in kinderreichen Familien groß werden, denen die Bildungschancen nicht zuteilwerden. Es ist doch eine gesellschaftspolitische Aufgabe, hier Wege zu finden.
Das vermisse ich sowohl in den Anträgen als auch im Wahlprogramm, das durchaus ein Stück weit die Perspektive für die nächsten Jahre bietet, und hier brauchen wir einfach größere Anstrengungen.
Ich möchte den Punkt aufgreifen, den Frau Dr. Föcking eben schon angesprochen hat. Da haben wir tatsächlich eine konkrete Stellschraube, wenn es um den Haushalt geht, und das ist die Tarifsteigerungsübernahme bei den Zuwendungsempfängerinnen und -empfängern, bei den vielen Trägerinnen und Trägern in den unterschiedlichsten Bereichen. Sie wurden schon genannt: die Behindertenhilfe, die Seniorenarbeit, die Offene Kinder- und Jugendarbeit. Es breitet sich durch die ganze Stadt aus in den Bürgerhäusern. Wir haben überall das Problem, dass die steigenden Kosten nicht abgebildet werden, und wenn die Zuwendungen dann nicht erhöht werden trotz Mietkostensteigerungen, trotz Inflation und trotz Personalkostensteigerungen, dann ist das eine faktische Kürzung, Frau Bekeris. Das ist kein Kahlschlag, aber es ist für einige der schleichende Tod, und das ist ein Riesenproblem, wenn wir über die Armutsquote und so weiter nachdenken.
Wir haben in unseren Anträgen versucht, den Strauß noch einmal aufzumachen. Wir haben gesagt, dass wir die Tarifsteigerung übernehmen müssen für die Träger, um eine starke städtische Infrastruktur zu haben. Wir müssen im Bereich der Obdachlosigkeit etwas tun, der sicherlich ein Stück ins Hintertreffen geraten ist ob der anderen Herausforderungen, die wir hatten, um der Obdachlosigkeit und der Hilfsmaßnahmen Herr zu werden. Wir haben gesagt, wir wollen etwas tun für ältere Menschen, die oft in Einsamkeit und Isolation ihr Leben fristen, mit einem Antrag zur aufsuchenden Altenarbeit. Wir wollen die Einrichtung eines Krisendienstes für psychisch Kranke und wir wollen natürlich die gesundheitliche Versorgung im irregulären Aufenthalt, also mit dem anonymen Krankenschein. Wir haben gesagt, wir müssen stark werden im Bereich der Diversity-Politik. Frau Bekeris hat es eben angesprochen, und ich denke, da sind wir wirklich nah beieinander. Wir müssen als Einwanderungsstadt ein klares Zeichen setzen gegen rechts. Wir brauchen keine Bewegungen wie die "Pegida". Wir brauchen so etwas wie MuHageRe, "Mutige Hamburger gegen rechts".
Das ist auf jeden Fall etwas, wo wir zusammenstehen gegen Ausgrenzung, gegen Diskriminierung, gegen Verunglimpfung und dumpfe Parolen. Auch hier geht es mehr um eine Haltung, die gesamtgesellschaftlich getragen werden muss, als nur um Anträge.
Dennoch bin ich der Meinung, dass in einigen Bereichen einfach zu wenig passiert; die Priorität liegt im Bereich der Zuwendungsempfänger und der Kostensteigerungen. Ansonsten hoffe ich, dass es uns gelingt, in der Frage Einwanderungsstadt, Umgang mit Flüchtlingen und Willkommenskultur gute Akzente zu setzen für ein gerechtes und soziales Hamburg, in dem tatsächlich niemand verloren geht, in dem Armut bekämpft wird und es nicht nur die wirtschaftlichen Leuchttürme gibt, sondern auch zahlreiche soziale Leuchttürme. Dafür streiten wir und dafür werden wir uns demnächst auch weiter einsetzen. – Danke.
Das ist ein bisschen knapp, gerade weil ich eigentlich immer länger brauche, als mir Zeit zur Verfügung steht. Aber ich probiere es einmal.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg hat in der Tat eine wachsende Armutsrisikoquote, und das kann man nicht wegreden. Deshalb verstehe ich nicht, Frau Bekeris, warum die SPD in einen solchen Abwehrreflex verfällt. Das ist eine Sachlage, das sind Fakten, das sind Zahlen, die uns allen vorliegen. Die Armutsgefährdungsquote
ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Das Dramatische ist – Frau Dr. Föcking hat es angesprochen –, dass sie konjunkturunabhängig gestiegen ist. Es boomt der Hafen, es wächst die Wirtschaft in allen Bereichen, aber die Armutsgefährdung steigt und hat nun einen höheren Wert als 2007, 2008, 2009 zu Zeiten der höchsten Krise. Das ist ein Problem, und diesem Problem müssen wir uns alle stellen.
Es reicht nicht, in einem Abwehrreflex einfach zu sagen, es würde genug passieren, man würde genug machen.
Das war es schon?
Dann melden wir uns ein andermal wieder zu Wort, wenn es um unsere Maßnahmen geht.
– Dazu sage ich gleich etwas, Herr Ritter.
Ich werde jetzt keine Synopse aller sieben Bezirke in ihrem Verhalten zu Trinkerräumen darstellen. Wenn Sie das erwarten, dann muss ich Sie leider enttäuschen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es richtig, dass das Thema, das die FDP heute
anmeldet, in der parlamentarischen Runde noch einmal diskutiert wird. Wir waren sehr erstaunt über den Antrag. Ich habe ihn verglichen mit einem unserer Haushaltsanträge vor zwei Jahren, und die einzelnen Forderungen decken sich weitgehend. Zum Punkt Trinkerraum komme ich gleich noch einmal, weil wir da vielleicht ein etwas anderes Herangehen haben. Aber ansonsten werden viele Punkte aufgegriffen, die im Gesamtkonzept "Wege aus der Wohnungslosigkeit" angekündigt werden; Herr Lohmann hat es angesprochen. Wir haben in der Tat zu Beginn der Legislaturperiode nicht nur debattiert in den Ausschüssen, sondern dies auch ausdrücklich begrüßt und unterstützt. Aber, Herr Lohmann, dann muss man sich natürlich an diesem Konzept, das in der Umsetzung so breit getragen ist, auch messen lassen. Ich habe den Eindruck, dass da tatsächlich, weil möglicherweise andere Dinge in den Fokus geraten und dringender gewesen sind, noch wirklicher Handlungsbedarf besteht und ganz schön viel auf der Strecke geblieben ist; die Kolleginnen und Kollegen haben es eben angesprochen.
Ich will drei Zahlen aufgreifen, weil ich wohl nicht noch einmal unterstreichen muss, wo Hilfeangebote fehlen oder wo bestimmte Gruppen – insbesondere Frauen, junge Menschen unter 25 Jahren oder psychisch Kranke – nicht ausreichend im Fokus stehen. Ich spreche dazu ein paar Zahlen an, um deutlich zu machen, dass hier wirklich Druck auf dem Kessel ist und Handlungsbedarf besteht.
Die eine Zahl besagt, dass tatsächlich rund 800 Plätze in der öffentlichen Unterbringung für Wohnungslose fehlen, und da reicht es nicht zu sagen, dass an anderer Stelle auf Hochdruck gearbeitet werde. Wir haben hier die klaren Signale aus den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe, aus den Tagesaufenthaltsstätten und den Beratungsstellen, dass wir eine Situation haben, die mehr als bedenklich ist, und da müssen wir etwas tun.
Wir waren alle zusammen als sozialpolitische Sprecherinnen und Sprecher vor einigen Wochen bei der Veranstaltung Bündnis gegen Wohnungsnot; Frau Dr. Föcking hat es angesprochen. Uns ist dort eine interessante Aufgabe gestellt worden, die wir, glaube ich, alle nur unzureichend im Angesicht der Menschen, die dort waren – viele Betroffene, viele Obdachlose –, beantworten sollten, wie nämlich die Zahl der Obdachlosen innerhalb von fünf Jahren halbiert werden kann. Wir haben uns natürlich alle, jeder mit einem anderen Schwerpunkt, auch auf das Gesamtkonzept "Wege aus der Wohnungslosigkeit" berufen. Es wurde uns dann aber zurückgespiegelt – und das finde ich einen interessanten Gedanken –, dass es natürlich in diesem Konzept auch darum gehen muss, klare Zielvorgaben und einen klaren zeitlichen Rahmen zu haben, und beide Punkte fehlen. Da gebe ich dem Bündnis gegen Wohnungsnot recht, wir müssen gemeinsam noch mehr Druck auf die SPD und den
Senat machen, damit hier etwas passiert. Man kann nämlich an anderer Stelle durchaus ganz klare Forderungen und ganz klare Zielvorgaben erheben, wie zum Beispiel die Vorgabe, 6000 Wohnungen im Jahr zu bauen, wie Sie es an jeder Stelle machen. Hier ist die Zielvorgabe da, und die Forderung ist klar. Warum kann man das nicht auch auf diesen Bereich, Halbierung der Zahl der Obdachlosen, übertragen? Diese Zahl 800 sollte man im Hinterkopf haben. Wir fordern hier genauso viel Engagement und eine genauso ehrgeizige Umsetzung der Ziele wie bei der Forderung, 6000 Wohnungen jährlich zu bauen.
Dann erleben wir – und das ist die zweite Zahl, auf die ich kurz eingehen möchte –, dass wir einen richtigen Flaschenhals haben in der öffentlichen Unterbringung; auch das haben wir schon häufiger diskutiert. Ich will daran appellieren, dass die Vermittlung in Wohnraum bei allen Wünschen, möglichst breite Beratungs- und Unterstützungsangebote zu haben, allerhöchste Priorität haben sollte. Wir haben in einer aktuellen Großen Anfrage noch einmal eine erschreckende Zahl bekommen, nämlich, dass 14,2 Prozent der 11 787 Menschen – inzwischen sind es weitaus mehr, wenn man die Flüchtlinge dazuzählt –, die in den Unterbringungen leben, dort länger als zehn Jahre leben. Das sind rund 1000 Menschen, und das ist auch eine Perspektive, die so überhaupt nicht funktioniert und bei der dringend Abhilfe geschaffen werden muss.
Wenn ich mir dann anschaue, wie von 2011 bis August 2014 die Vermittlung in Wohnraum stattgefunden hat, dann sehe ich dort auch stetig abnehmende Zahlen. Das ist ein weiteres Indiz dafür, dass diese Zielgruppe wieder sehr viel stärker in den Fokus genommen werden und sehr viel weiter nach oben auf der politischen Agenda rücken muss. 2011 betrugen die Vermittlungsquoten 1355 Menschen, 2012 waren es 1171, 2013 waren es 1170 und im August 2014 waren es 715 Menschen. Das bedeutet eine stetige Abnahme der Vermittlung in festen Wohnraum, und das ist ein Zustand, den wir so nicht länger akzeptieren.
Noch ein Satz zu den Trinkerräumen, dazu bin ich explizit gefragt worden. Wir haben eben noch einmal in Rücksprache mit unseren GRÜNEN in Hamburg-Mitte die Rückmeldung erhalten, dass auch diese Forderung dort auf dem Weg ist und dass sich im Rahmen des Runden Tisches St. Georg auch weiter mit dem Trinkerraum befasst wird. Wir wollen abwarten, bis die Ergebnisse des Runden Tisches vorliegen und es dort weitere Beschlüsse gibt.
Ansonsten hoffe ich und wünsche mir, dass wir uns im Ausschuss das Gesamtkonzept noch einmal vornehmen und schauen, wie man an der einen oder anderen Stelle deutlich schneller zu Erfolgen kommt, denn wir dürfen es uns nicht erlauben, nicht nur in Anbetracht des wieder vor der Tür stehenden Winters, sondern auch grundsätzlich als eine reiche Stadt wie Hamburg, Menschen auf der Straße leben zu lassen. Es ist unser aller Verantwortung, dafür zu sorgen, dass es eine Unterbringung gibt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich zitiere aus einer Pressemeldung des Deutschen Kinderhilfswerks von heute – um 12.48 Uhr ist sie über die Verteiler gegangen – mit der Überschrift: "Frühkindliche Bildung braucht Qualität" – ein ganz entscheidender Satz, der uns vor Augen führt, dass das Thema Qualität bei der Kinderbetreuung in den Kitas ein Dauerbrenner ist, dem wir alle unsere volle Aufmerksamkeit schenken sollten.
Das war erst die Einleitung für das Zitat, da braucht man nicht unbedingt zu applaudieren.
Genau, das nehme ich als Geschenk an.
"Ohne eine Sicherstellung guter Qualität werden wir in unseren Kindertageseinrichtungen Schiffbruch erleiden. Und das auf dem Rücken der Kinder, der Erzieherinnen und Erzieher und letztlich auch auf dem Rücken der Eltern."
Es ist sicher richtig, dass der Bund nicht aus der Verantwortung entlassen werden darf, wenn man das Thema deutschlandweit und auch in den Ländern und Städten weiter bewegen will.
Aber eines ist doch auch klar: Kindertagesbetreuung war bis vor wenigen Monaten, vielleicht sogar bis vor ein paar Wochen das Aushängeschild des Senats. Frau Leonhard hat eben noch einmal ganz eindrücklich die einzelnen Schritte dargestellt, die Sie in den letzten dreieinhalb Jahren unternommen haben, um hier etwas auf den Weg zu bringen. Aber wir nehmen doch jetzt in der Öffentlichkeit und in den Gesprächen mit den Betroffenen nicht
nur erste Risse wahr, sondern stellen auch fest, dass der Vertrauensvorschuss für Sie, den Sie zu Anfang der Legislaturperiode noch hatten, inzwischen aufgebraucht ist; das sehen wir auf der Straße. Letzte Woche bei der Kita-Demonstration hat das Kita-Netzwerk Hamburg rund 5000 Personen auf die Straße gebracht,
Eltern, Erzieherinnen und Erzieher. Sie sitzen nicht nur auf dem Baum mit ihrer Kritik, sondern sind auf die Straße gegangen.
Und es ist doch auch interessant zu beobachten, dass Sie, Herr Senator, und auch der gesamte Senat hier immer mehr Bündnispartner verlieren. Wir erleben, dass Elternvertreter vom LEA deutlich auf Distanz zur SPD gehen, wir erleben, dass die Wohlfahrtsverbände den Verhandlungstisch verlassen, und auch der natürliche Bündnispartner der SPD, die Gewerkschaften, schreiten jetzt nicht mehr Seite an Seite in Sachen Kita mit der SPD, sondern im Gegenteil. Wir erleben, dass ver.di und GEW mobilisieren und das inzwischen gegen die eigene Senatspolitik. Das tun sie zu Recht, denn die Betreuung gerade von Krippenkindern ist nicht mehr kindgerecht. Kitas müssen mehr sein als ein reiner Aufbewahrungsort.
Es ist vorhin schon angesprochen worden, und es wird auch nicht das erste Mal darüber gesprochen, welche Erwartungen an Kitas gestellt werden, welche Leistungen Kitas erbringen müssen. Das haben Sie auch betont und es ist im Prinzip richtig. Und wenn wir in die Hamburger Bildungsempfehlungen schauen, dann ist es eine ganze Latte an Anforderungen, die Kitas erfüllen sollen. Ich nenne nur ein paar, vom wesentlichen Beitrag zum Kinderschutz, den wir jetzt in der Debatte über Yagmur erleben, gar nicht zu reden. Kitas sollen Orte der Bildung sein. Sie sollen in vielen Bereichen Wissen vermitteln über Körper, Gesundheit, soziale und kulturelle Umwelt, Sprache, Schriftkultur, Musik und Mathematik. Sie sollen die demokratische Teilhabe von Kindern fördern, den Übergang in die Schule gestalten, die Eltern in ihrer Erziehungskompetenz fördern und gleichzeitig auch ein Ort einer zuverlässigen, fürsorglichen und emotional sicheren Betreuung sein.
Dann frage ich mich, wie das in der Praxis funktionieren soll, wenn der Betreuungsschlüssel seit Jahren auf dem Niveau von vor zehn Jahren stagniert. Das kann nicht funktionieren, und das müssen wir auch Ihnen, Herr Scheele, sagen.
Herr Ritter hatte es vorhin angesprochen. Vielleicht war es etwas unbedacht von Ihnen, als Sie öffentlich gesagt haben – ich war nämlich ganz erstaunt und die GEW hat es sehr deutlich als beratungsresistent oder auch unverfroren beschrieben –, die Kitas sollten doch selbst für mehr Personal sorgen und sehen, woher sie das Geld dafür nehmen. Sie tragen die Verantwortung für die Rahmenbedingungen, und es ist auch Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Kleinsten ein gutes, frühkindliches Angebot bekommen. Die Frage der Kita-Qualität wird die entscheidende Frage in den nächsten Monaten sein.
Dass Sie als SPD-Fraktion das alles so mittragen, finde ich bemerkenswert, denn wenn die Betreuung und die Qualität auf der Strecke bleiben, dann bleibt natürlich auch Bildungsgerechtigkeit, ein zentrales sozialdemokratisches Thema, auf der Strecke. Wir werden in die Haushaltsberatungen Anträge einbringen, die in Sachen Kita-Qualität einen Schritt nach vorn gehen. Und wir hoffen natürlich dort auf Unterstützung von Ihrer Seite. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg war eine Stadt, aus der Menschen fliehen mussten, und heute fliehen Menschen nach Hamburg, um ihr Leben zu retten. Ich finde, es ist nicht nur unsere Pflicht, sondern auch gesamtgesellschaftlich unsere Verantwortung, diese Menschen aufzunehmen und vor allem auch willkommen zu heißen. Das müssen wir als reiche Stadt mit – ich glaube, heute stand es im "Hamburger Abendblatt" – 42 000 Millionären und 80 Milliardären einfach leisten. Da immer nur von Problemen zu sprechen, ist der völlig falsche Weg.
Anders als Herr Wersich es gerade dargestellt hat müssen wir das Momentum nutzen, dass im Moment eine unglaublich hohe Bereitschaft da ist, sich ehrenamtlich solidarisch zu zeigen und die Flüchtlinge zu unterstützen, auf Landesebene und in den Bezirken. Unsere Bezirksabgeordneten arbeiten mit Hochdruck. Die Kirchen, die Flüchtlingsinitiativen, die Behörden, "fördern und wohnen" und andere Beteiligte – alle sind gemeinsam dabei, einen Weg zu finden. Diesen Weg können und sollen wir unterstützen, gerade weil wir es richtig finden – und da ich komme noch einmal darauf zu sprechen, dass Hamburg eine reiche Stadt ist –, dass die Ansage gemacht wurde, Flüchtlinge nicht weiter in Zelten unterzubringen. Bis spätestens Mitte Oktober soll das aufgehoben werden. Alles andere wäre ein Armutszeugnis für die Stadt und für uns überhaupt nicht tragbar.
Ich will, dass wir das nutzen, und ich will auch noch einmal unsere Bereitschaft untermauern, mit vereinten Kräften zu streiten.
Wir fordern den Senat aber, wie wir es auch schon vor zwei Wochen und vor vier Wochen und vor sechs Wochen getan haben, noch einmal auf, offenzulegen, welche Flächen für die Unterbringung geprüft wurden. Es geht Ihnen sicher nicht anders als uns. Bei uns gibt es täglich Anrufe, E-Mails und Nachfragen, ob nicht noch Vorschläge eingereicht werden könnten, wo sie eingereicht werden könnten und wie nachvollzogen werden könne, aus welchen Gründen welche Fläche, welches leerstehendes Bürogebäude, welche nicht mehr genutzte Schule nicht infrage komme. Wenn man hier für eine Transparenz sorgen würde, dann wäre in puncto Akzeptanz der eine oder andere Schritt getan.
Der zweite Punkt mag vielleicht selbstverständlich klingen: Bei all diesen Anstrengungen ist es immer wieder wichtig, sich vielleicht noch einmal ein Stück weit von den ausgetretenen Pfaden zu lösen und alle Beteiligten an einen Tisch zu holen – nicht nur den Senat, die Bezirkspolitiker vor Ort und diejenigen, die für die Errichtung der Container zuständig sind, sondern auch die Kammern, mögliche Investoren, Flüchtlingsorganisationen, soziale Einrichtungen und die Menschen vor Ort –, um gangbare Lösungen zu finden. Das ist unser zweiter Impuls, den wir schon mehrfach in die Debatte eingebracht haben, um hamburgweit Akzeptanz zu schaffen, um auf die Platzzahlen zu kommen, die wir brauchen und die bis Ende des Jahres noch weiter steigen werden.
Ich will noch einmal unseren ewig wiederholten Punkt der schnellen, unbürokratischen, vor allem aber kreativen Lösungen in die Runde werfen. Wir haben uns angeschaut, was andere Städte machen. In Bremen werden, unterstützt durch Migrantenorganisationen, Container zu wohnlichen Dörfern gestaltet, sodass das, was Herr Wersich vorhin ansprach – Konflikte, Ghettobildung, unzureichende Situation in Sammel- und Massenunterkünften –, allein durch die Anordnung und die baulichen Verhältnisse ausgehebelt werden kann. In Augsburg, das ist heute groß in der Presse, leben Flüchtlinge gemeinsam mit Kunstschaffenden und Reisenden in einem zu einem Hotel umgebauten Pflegeheim. Das sind alles Ideen, die auf der Straße liegen und die wir zusammenführen sollten, um daraus ein richtiges Aktionsbündnis zu machen und die Flüchtlinge in unserer Stadt willkommen zu heißen.
Ich will noch einen Satz zum Zeitdruck sagen. Wir verstehen den Zeitdruck. Der Senat hat gehandelt, aber er hat spät gehandelt. Das darf jetzt natürlich nicht zur Folge haben, dass alle Bemühungen und gemeinsamen Anstrengungen dazu führen, dass die Akzeptanz sinkt. Eilverfahren dürfen nicht dazu führen, dass aufgehört wird, nach besseren Unterbringungen zu suchen. Wir müssen aufpassen, dass Transparenz, Beteiligung und Information nicht auf der Strecke bleiben. Anwohnerinnen und Anwohner müssen auch weiterhin immer Bescheid wissen, was in ihrer Nachbarschaft passiert, denn ohne Akzeptanz wird es nicht funktionieren.
Ein letzter Satz: Ich hoffe, dass wir uns in diesem Hause einig sind, dass in den nächsten Wochen und Monaten nicht Wahlkampf auf dem Rücken der Flüchtlinge gemacht wird.
Wenn ich mir einige Äußerungen der Kollegen der außerparlamentarischen Opposition anhöre, bin ich mir da nicht so sicher. Dafür ist das Thema zu wichtig; da müssen wir als Stadt solidarisch zusammenstehen. Keine Stimme den Rechtspopulisten in der Frage der Flüchtlingspolitik. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns bei einigen Fragen, die noch einmal aufgekommen sind, relativ einig darüber, dass angesichts der Zahlen der Flüchtlinge, die nach Hamburg kommen und sich bis Weihnachten und darüber hinaus weiter steigern werden, gemeinsam agiert werden muss. Ich will trotzdem auf ein Thema eingehen, das von allen angesprochen wurde, das ich vorhin jedoch ausgeklammert habe, nämlich die Frage des Asylkompromisses.
Wir als GRÜNE haben hier eine andere Auffassung und sind nicht damit einverstanden, was letzten Freitag im Bundesrat verabschiedet wurde, auch mit den Stimmen der SPD und des Bürgermeisters. Wir sehen bei den Entscheidungen eine Aushöhlung des Asylrechts, wenn es darum geht,
bestimmten Menschen, die nach Deutschland und nach Hamburg kommen, das Asylverfahren zu versagen. Das sind die Menschen aus Serbien, aus Bosnien-Herzegowina und aus Mazedonien. Diese Staaten zu sicheren Drittstaaten zu erklären, halten wir für ein völlig falsches Signal sowohl in unsere Gesellschaft hinein als auch nach Europa.
Es mag sein, dass es Verbesserungen im Bereich der Zugänge zum Arbeitsmarkt wie auch bei der Frage der Residenzpflicht gibt.
Ich war erstaunt, dass das hier eben noch einmal als Hamburger Initiative deklariert wurde. Wir haben mehrfach Anträge zur Abschaffung der Residenzpflicht eingebracht, die abgelehnt wurden. Jetzt wird es als großer Hamburger Erfolg gefeiert,
und da finde ich es sehr interessant, wie man diesen Kompromiss bewertet.
Ich habe tatsächlich ein viel größeres Anliegen. Mich treibt nämlich die Sorge um, dass wir künftig nach Flüchtlingen erster und zweiter Klasse differenzieren werden, dass das Asylrecht ausgehöhlt wird und dass Menschen, die aus den West-Balkanländern zu uns kommen und in ihren Heimatländern systematisch diskriminiert werden, und zwar beim Zugang zur Bildung, zum Arbeitsmarkt und im gesellschaftlichen Miteinander, hier keine Perspektive mehr haben sollen. Das finde ich verheerend. So sieht keine solidarische Flüchtlingspolitik aus, und diese Politik findet auch nicht unsere Unterstützung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Weltweit sind Menschen auf der Flucht – Millionen von Menschen, die vor Gewalt, Folter, Verfolgung, Vergewaltigung fliehen. Wir haben das Thema in diesem Hause schon ein paar Mal in unterschiedlichen Zusammenhängen bewegt. Ich finde es nicht nur richtig, sondern es ist unsere gesellschaftspolitische Verantwortung, Flagge zu zeigen und ein ganz klares Bekenntnis dazu auszusprechen, dass die Flüchtlinge, die nach Europa, nach Deutschland, in eine reiche Stadt wie Hamburg kommen, menschenwürdig untergebracht werden.
Wir sind dabei, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Ich habe mir heute noch einmal die Situation in den anderen Bundesländern angeschaut und war erschüttert zu sehen, dass in Bayern ein Stopp in der zentralen Erstaufnahme verhängt wurde, die Zustände dort teilweise chaotisch sind und Flüchtlinge in völliger Verunsicherung leben. Da haben wir mit gemeinsamen Anstrengungen in den letzten zwei Jahren einiges erreicht, nämlich eine massive Aufstockung von – Frau Bekeris hat es vorhin angesprochen – verhältnismäßig wenigen Plätzen auf 14 000 Plätze bis zum Ende dieses
Jahres. Wir wissen, dass noch circa 2000 bis 4000 Plätze fehlen, konservativ gerechnet. Und fast täglich erreicht uns die Nachricht, dass die Flüchtlingszahlen in Deutschland und entsprechend dann auch in Hamburg weiter steigen werden. Deshalb sage ich noch einmal: Es ist nicht nur unsere Pflicht, sondern unsere gesellschaftspolitische Verantwortung, im Schulterschluss aller Fraktionen zu agieren. Natürlich werden auch wir heute, wie im Haushaltsausschuss auch, der Drucksache zur Bewilligung der knapp 150 Millionen Euro zustimmen.
Ich will das noch einmal verbinden – das haben wir schon an anderer Stelle ausgesprochen, aber das kann man auch in diesem Hause noch einmal tun – mit einem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden, bei "fördern und wohnen" und in den Bezirken. Ich danke auch für die großen Anstrengungen der Ehrenamtlichen und für die erheblichen Leistungen, die in den letzten Monaten erbracht worden sind. Denn wenn ich mir Bayern anschaue, dann sehe ich, dass die Solidarität und die Unterstützung der Bevölkerung unsere große Chance sind – wir sprechen immer von einem Problem –, diese Aufgabe gemeinsam zu wuppen. Ich sehe es tatsächlich so, wie hoffentlich die Mehrheit in diesem Hause, dass sich das in keiner Weise für irgendein parteipolitisches Geplänkel eignet. Deshalb halten wir auch die Ausweitung der Unterstützung von Ehrenamtlichen und natürlich auch die frühe Beteiligung der Bezirke – an einigen Stellen in Harburg sicherlich eine noch frühere Beteiligung, Frau Stöver – für richtig.
Dennoch muss ich ein wenig Wasser in den Wein gießen. Wir werden dem Antrag der SPD in allen Punkten zustimmen, außer dem ersten Punkt. Ich verstehe nicht, warum Sie da nicht über das Stöckchen springen können, das wir Ihnen doch eigentlich hinhalten. Wir fordern eine Durchbrechung der Beharrungskräfte in den Behörden, die natürlich auch ein berechtigtes Interesse an den Flächen haben, die infrage stehen. Wir wollen, dass diese Beharrungskräfte durchbrochen werden, und sagen dem Sozialsenator ausdrücklich unsere Unterstützung dabei zu, die Priorität auf dieses vordringliche Problem zu legen, freie Flächen zu prüfen und bereitzustellen.
Frau Bekeris, ich weiß nicht, was daran ein Problem sein sollte, geprüfte Flächen zu veröffentlichen. Sie haben uns aufgefordert, mitzumachen und mit unseren Bezirkspolitikern zusammen Lösungen zu suchen, kreative Ansätze zu wählen und potenzielle Standorte, seien es leere Schulen, leer stehende Bürogebäude oder Flächen, von de
nen man nicht so genau weiß, in wessen Besitz sie eigentlich sind, zu melden. Nur bekommen wir keine Rückmeldung und wissen nicht, was mit unseren Vorschlägen eigentlich passiert. Deshalb fordern wir Aufklärung und Klarheit darüber, was mit diesen Flächen ist, wie man mit ihnen umgehen kann und was wann und wo geprüft wurde. Das kann doch eigentlich nur im Sinne dessen sein, was der Senat und die Behörde voranbringen wollen.
Wir stören uns ein wenig an dem Punkt sonstige Notunterkünfte, weil bei vielen natürlich die Dreiundneunzigerlösung "Bibby Altona", "Bibby Challenge", "Bibby Stockholm" im Hinterkopf auftaucht, wenn es um Wohnschiffe geht. 2300 Flüchtlinge, ich habe es noch einmal nachgesehen, gab es damals auf diesen Wohnschiffen. Da ist dann von Integration überhaupt keine Rede mehr.
Da geht es wirklich um lagerähnliche Zustände. Da leben Familien auf diesen Schiffen wie in einem Lager, und von Integration oder einer Anbindung an Infrastruktur kann ich nichts erkennen, wenn ich mir dann auch noch die Liegeplätze wie die Billwerder Bucht anschaue.
Deshalb haben wir uns kritisch zur Unterbringung auf Wohnschiffen geäußert.
Wir haben versucht, einen Vorschlag einzubringen – er klingt vielleicht etwas unkonventionell, aber uns wurde zugesagt, ihn zumindest zu prüfen –, nämlich die Kreuzfahrtschiff-Idee. Interessanterweise musste ich vor vier Tagen in der "Hinz&Kunzt" lesen, dass der Pressesprecher der Sozialbehörde sagte, die GRÜNEN könnten doch nicht ernsthaft erwarten, dass so etwas in Erwägung gezogen und Kreuzfahrtschiffe geprüft würden. Das finde ich sehr schade. Wir haben uns bemüht, sind in die Auseinandersetzung gegangen, haben eigene Vorschläge unterbreitet und finden es sehr bedauerlich, dass es diese Rückmeldung gegeben hat.
Was wir ausdrücklich befürworten, ist der Punkt Unterstützung durch den Bund; andere Bundesländer fordern Sofortprogramme.
Was wir vielleicht auch noch einmal mitnehmen könnten – das an die Adresse des Senators gerichtet –, ist die Frage nach einem Flüchtlingsgipfel in Hamburg, bei dem wir alle Beteiligten an einen Tisch holen: die handelnden Politiker der Bürgerschaft, Behörden- und Bezirksvertreter, Vertreterinnen und Vertreter der Flüchtlingseinrichtungen und
der Kammern. Das ist sicherlich etwas, an dem wir uns gerne beteiligen würden.
Ansonsten wünschen wir uns weiterhin einen konstruktiven Dialog in der Sache und bitte auch noch einmal eine Auseinandersetzung über die Frage der Wohnschiffe. Auch wir wollen keine Zelte, aber zeigen Sie uns die Schiffe, die eine menschenwürdige Unterbringung gewährleisten.
Nehmen Sie mit uns zusammen noch einmal die Anstrengung auf, zusätzlich Flächen zu suchen, mit Universitäten und Architekten zusammenzuarbeiten und zu schauen, ob man irgendwo jenseits der ausgetretenen Pfade noch einen Weg findet. Wir sind die Ersten, die Sie dabei unterstützen. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben an verschiedener Stelle, auch in diesem Hause, häufiger über das Thema ehrenamtliches Engagement, bürgerschaftliches Engagement, freiwilliges Engagement und Freiwilligenstrategie gesprochen. Nun liegt uns tatsächlich das Dokument vor. Wie ich finde, ist es erst einmal ein geglückter Aufschlag, weil es die verschiedenen Initiativen, mit denen wir teilweise im Ausschuss diskutiert haben, aber auch die Akteure in der Stadt bündelt und noch einmal deutlich macht, welche Erwartungen, welche Bedürfnisse, vielleicht auch welche Probleme und Hürden die eine oder andere Zielgruppe hat, sich wirklich in voller und gleichberechtigter Teilhabe diesem noch relativ neuen Politikfeld zu widmen. Daher würde ich sagen, die Bündelung ist gut und geglückt. Gut ist auch, dass der Bedeutung freiwilligen Engagements in Hamburg Ausdruck verliehen wird. Tagtäglich setzen sich hier tatsächlich mehr als 450 000 Menschen – und das ist schon eine Zahl, die man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen kann, auch im Ländervergleich sind wir hier ziemlich gut aufgestellt – für das Gemeinwesen ein, verändern dieses und gestalten es. Das trägt diese Drucksache in sich und nimmt es zur Kenntnis. Das ist erst einmal positiv.
Wichtig finde ich auch, das bestätigen auch die Rückmeldungen, die wir im Laufe des Prozesses bekommen haben, dass man versucht hat, sehr früh die verschiedenen Akteure an einen Tisch zu bekommen, zu beteiligen, hinzuhören und daraus auch die entsprechenden Schlüsse zu ziehen und in der Drucksache zu verarbeiten. Auch das finden wir ausdrücklich gut, genauso wie den Punkt der Anerkennung. Ich habe mich besonders darüber gefreut, auch wenn das wieder einmal nur ein Prüfauftrag ist, dass unser Antrag von vor ein paar Monaten, auch über eine Ehrenamtskarte nach dem Vorbild Schleswig-Holsteins oder Nordrhein-Westfalens nachzudenken, zumindest aufgenommen wurde.
Ansonsten muss ich allerdings Frau Dr. Föcking recht geben, die in netter Art und Weise an konkreten Beispielen festgemacht hat, dass es natürlich auch das eine oder andere kritische Moment gibt.
Zum einen vermisse ich, und das ist auch etwas, was zum Beispiel vom AKTIVOLI-Netzwerk an uns herangetragen wurde, eine langfristige Vision oder Zielsetzung. Gerade wenn man von einer Freiwilligenstrategie 2020 spricht, dann kann man schon erwarten, anhand von konkreten Zielen oder Kennzahlen oder einer beschriebenen Vision, die sagt, wir wollen 2025 das Engagement noch um weitere 5 oder 10 oder 15 Prozent steigern, ein etwas mehr ambitioniertes Programm einzubringen. Das ist etwas, was ich vermisse. Es ist an der einen oder anderen Stelle nicht so ambitioniert, wie ich es mir vorstelle.
Dann kommen wir auch schon zur Frage der Beteiligung. Was auf der einen Seite sehr positiv ist, ist auf der anderen Seite kritisiert worden. Man sagt zwar, man spreche die Wirtschaft an, aber ich habe nicht so richtig den Eindruck, dass eine Bereitschaft der Unternehmen besteht, sich sehr aktiv einzubringen. Die habe ich noch nicht erkennen können. Das wollen wir auf jeden Fall im Ausschuss noch einmal thematisieren und Nachfragen dazu stellen.
Beim dritten großen Punkt geht es, glaube ich, wirklich darum, ob man den Mut hat, eine klare Präferenz für das Politikfeld Engagementpolitik zu setzen. Das ist nämlich eine Frage der Prioritäten. Frau Müller, Sie haben gesagt, es gebe Verstärkungsmittel. Wenn ich mir aber anschaue, was eigentlich in einer solchen koordinierten Arbeit erreicht werden soll im Sinne von Ansprache und Einbindung von Migrantinnen und Migranten, Jugendlichen, Seniorinnen und Senioren, Erwerbslosen, Langzeitarbeitslosen, Menschen mit Behinderungen – ich finde es ausdrücklich gut, dass es dazu so einen umfangreichen Passus gibt –, man dann aber alles auf die bestehenden Strukturen setzt und noch erwartet, dass zum Beispiel das Netzwerk gleichzeitig eine Inklusionsagentur wird, dann müssen diejenigen, die ohnehin schon viel machen, überproportional viel schultern. Dann sollte man sich wirklich überlegen – nun kommen wir zum lieben Geld –, ob es dem Senat so wichtig ist, hier eine Priorität zu setzen und tatsächlich noch etwas hineinzugeben, um dieses wichtige, weiter wachsende Feld, das wir doch alle fördern und stärken wollen, auch noch im politischen Handeln stärker zu machen. Das ist auf jeden Fall auch etwas, worauf wir in den Ausschusssitzungen genau sehen wollen. Der Ansatz ist also gut, aber ich hoffe, dass wir die Drucksache vielleicht an der einen oder anderen Stelle gemeinsam noch besser, noch konkreter machen können und vielleicht mit dem einen oder anderen Euro mehr ausstatten können, um dann weiter freiwillig gemeinsam engagiert für Hamburg zu agieren. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie ich können viele die Argumente, die Herr de Vries bezüglich der Qualität gerade genannt hat, absolut nachvollziehen und finden sie richtig. Dennoch sagen wir, dass mit der beitragsfreien fünfstündigen Kitagrundbetreuung inklusive Mittagessen für alle Familien in dieser Stadt eine gute Nachricht ausgesprochen wird. Deshalb stimmen wir heute diesem Vorschlag zu.
Es ist natürlich schon ein zweischneidiges Schwert.
Herr de Vries hat hergeleitet, was das nicht nur jetzt, sondern auch künftig für die Qualität, die Betreuung und auch das Angebot in Kitas bedeuten kann. Dieser Auseinandersetzung werden wir uns hier weiter zu stellen. Trotzdem glauben wir, dass dies ein richtiges Signal an alle Familien sendet. Es ist auch richtig, damit Entscheidungen der vorherigen Regierung zu korrigieren, das sage ich ganz ehrlich. Wir haben uns in der Partei intensiv damit auseinandergesetzt, dass es kein richtiger Weg war, die Kitagebühren zu erhöhen und damit auch Familien zu belasten, bei denen wir erst einmal gar nicht davon ausgegangen sind, dass sie belastet werden, weil nämlich die höheren Einkommen sehr viel niedriger angesetzt waren, als wir dachten. Deshalb ist es nun ein richtiger Schritt, nicht nur die Gebührenerhöhung zurückzunehmen, sondern auch aufgrund steigender Lebenshaltungskosten, steigender Mieten und auch schwieriger finanzieller Situationen, in denen sich viele Familien bewegen, beitragsfreie Kitagrundbetreuung zu ermöglichen. Deshalb gehen wir diesen Weg heute mit.
Trotz der familienpolitisch richtigen Entscheidung kippe ich nun etwas Wasser in den Wein. Es ist angesprochen worden, was das in puncto Qualität bedeutet. Ich habe Herrn de Vries gar nicht mehr viel hinzuzufügen. Er hat Beispiele genannt, er hat von bestimmten Situationen gesprochen, die wir alle auch aus dem Alltag, aus den Gesprächen mit Erzieherinnen oder Pädagoginnen in Kitas kennen. Daher glaube ich, dass wir uns intensiver mit der Frage der Qualität werden auseinandersetzen müssen. Das sollte auch der Ehrgeiz der SPD sein. Man ist mit der beitragsfreien Betreuung Vorreiter, man ist aber auch, wie Herr de Vries sagte, zum Beispiel bei der Personalausstattung im Krip
penbereich Schlusslicht, und das republikweit. Ich finde, das sollte auch ein SPD-Senat nicht auf sich sitzen lassen. Deshalb muss es nun hier weitergehen, deshalb kann die Auflistung von Frau Leonhard nicht das Ende sein. Der nächste Schritt muss tatsächlich sein zu schauen, wie man zusammen mit dem Bund weitere Gelder locker machen kann, um in bessere Qualität, in Betreuung, in kleine Gruppen, in gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher zu investieren.
Akademische Fachkräfte, das ist das nächste Stichwort. Auch hier würden wir uns eine größere Offensive und etwas mehr Ehrgeiz wünschen, denn die Herausforderungen, das ist angesprochen worden, liegen nicht nur in der Sprachförderung, sie liegen auch im Bereich der Medienbildung, vor allem im Bereich der interkulturellen Pädagogik. Hier haben wir Nachholbedarf, und hier wünschen wir uns natürlich, dass es in Zukunft mehr akademische Fachkräfte gibt. Auch hier fordern wir den Senat auf zu handeln.
Einen Punkt, Frau Leonhard, Sie haben ihn angesprochen, finde ich gut und auch richtig: Das Thema gutes Essen.
Es stimmt, die Elbkinder sind ausgezeichnet worden, aber es gibt, nicht zuletzt durch die Studie, die vor ein paar Tagen bekannt wurde, auch viele andere Bildungseinrichtungen, natürlich auch Kitas, wo das Essen den Kindern weder gut schmeckt noch Lust macht, länger dazubleiben, als man vielleicht muss. Deshalb muss gesundes Aufwachsen, frisches Kochen, gutes Essen eine zentrale Rolle spielen, gerade wenn man über Ganztagsbetreuung oder die Erhöhung der Stundenzahl spricht. Das muss ein Punkt sein, an dem wir weiter dran bleiben. Auch gute Ernährung zählt für mich zur Frage von Kitaqualität. Ich hoffe, dass wir hier gemeinsam zu weiteren Anstrengungen kommen.
Noch ein Satz in Richtung Berlin. Hier hätte ich mir erhofft, dass Frau Schwesig ein wenig mehr Geld auch für die Kitas locker gemacht hätte. Eine Milliarde Euro klingen erst einmal nach einer großen Summe, sind aber über eine Legislaturperiode hinweg und auf alle Länder verteilt dann doch nicht sehr viel. Wenn man sagt, wir fangen mit der Qualitätssteigerung erst nach 2017 an, dann finde ich, dass im Bund eine falsche Prioritätensetzung erfolgt. Das heißt de facto, eigentlich ist jetzt kein Geld da.
Wir brauchen das. Wir wollen nicht nur fünf Stunden beitragsfrei, wir wollen durchgängig gute An
gebote, gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher, glückliche Kinder, gutes Essen. Dafür brauchen wir Geld. Man kann nicht nach diesem Schritt stehen bleiben und sagen, wir haben das Ziel erreicht, sondern wir müssen weiter auf Qualität und gute Betreuung setzen. – Vielen Dank.
Es ist hochinteressant, diese Einsicht in den Test zu bekommen. Meine Frage: Finden Sie es gerecht, dass einige vor der Anreise diesen Test gemacht haben müssen und andere nicht?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielleicht überrascht es etwas, aber ich habe den Ausführungen von Herrn Kluth und auch von Herrn Stemmann wenig hinzuzufügen. Wir finden den Vorstoß richtig. Ich sage gleich dazu, dass wir in den einzelnen Bundesländern bei diesem Antrag unterschiedlich abgestimmt haben, weil das sicherlich ein Argument sein wird, das die SPD vielleicht noch einmal vorbringt. Beispielsweise haben wir in MecklenburgVorpommern gegen den Antrag gestimmt und in Brandenburg dafür, genauso wie wir in Sachsen zugestimmt haben und in Niedersachsen nicht.
Wir haben noch einmal in die Geschichte geschaut und festgestellt, so wie Herr Kluth es auch dargestellt hat, dass es sich bei dem Rentenentlastungsgesetz und den vorzeitigen Fälligkeiten von Sozialversicherungsbeiträgen eigentlich um eine Notlösung handeln sollte. Nach Aussage einzelner grüner Bundestagsabgeordneter von damals sollte das eine Übergangslösung sein und eine Rücknahme geprüft werden, wenn die finanziellen Möglichkeiten wieder da sein würden, sprich die Kassen entsprechend gefüllt wären. Das ist heute der Fall. Inzwischen erzielt die Sozialversicherung Zuschüsse von mehreren Milliarden Euro. Wir finden, dass jetzt ein geeigneter Zeitpunkt ist, das tatsächlich noch einmal zu überprüfen.
Die Begründungen sind genannt worden. Es gibt teilweise Liquiditätsengpässe und die Vorabzahlungen stellen gerade die kleinsten Unternehmen und Handwerksbetriebe vor hohe und teilweise auch vor doppelte bürokratische Hürden. Es ist eine enorme Entlastung des Mittelstandes, des Handwerks, wenn es hier eine Rücknahme dieser Vorabzahlungen gibt. Deshalb begrüßen wir diesen Vorstoß und werden dem Antrag zustimmen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Rugbarth, Sie sorgen sich um die Erhöhung der Rentenbeiträge. Eines kann ich Ihnen sagen: Die Rentenbeiträge werden steigen. Sie werden nicht steigen, weil man hier den Mittelstand entlastet, sie werden aber in ein paar Jahren automatisch steigen, wenn das milliardenschwere Rentenpaket der Großen Koalition in Berlin greifen wird,
von dem wir hier schon mehrfach gesagt haben, dass es ein Angriff auf die Generationengerechtigkeit ist. Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den jetzt Berufstätigen, wird kräftig in die Tasche gelangt werden,
um die Rente mit 63, die Mütterrente und die Lebensleistungsrente zu bezahlen. Das ist das Problem. Aber das jetzt auf dem Rücken des Mittelstands, des Handwerks und der Kleinbetriebe auszutragen, finde ich nicht richtig, und das verwundert mich bei der Sozialdemokratie wirklich ein wenig.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es spannend, welche Allianzen sich in diesen Tagen bilden. Ich gebe Ihnen recht, Frau Steppat, es ist Wahlkampf, aber es ist auch so, dass Ihr europäischer Spitzenkandidat Martin Schulz dieses Thema im Moment nutzt, um öffentlich auf die Gefahren von TTIP aufmerksam zu machen, er aber in den letzten anderthalb Jahren im Europaparlament – wie auch die SPD im Bundestag – allen Anträgen und Vorlagen zum Verhandlungsmandat zugestimmt hat.
Daher glaube ich, dass auch die SPD an dieser Stelle ihr Verhältnis zu diesem Freihandelsabkommen einmal gründlich klären muss.
Aber zu den Allianzen: Ich finde es spannend zu lesen, dass sowohl der Lebensmittelkonzern RE
WE als auch die Verbraucherzentralen, zahlreiche Winzer, Bierbrauer, Umweltverbände, Kulturorganisationen, diverse NGOs und viele Bürgerinnen und Bürger in diesen Tagen zusammenstehen, Sturm laufen und zu Recht eine Sorge äußern, nämlich die Sorge über das Freihandelsabkommen, über die Absenkung von Standards, über das Investorenklagerecht und die fehlende Transparenz. Und ich finde, das ist gut so. Es gehört in diese Debatte, und es gehört auch genau jetzt in die Auseinandersetzung zur Europawahl am Sonntag, weil wir wissen wollen, wie unsere Abgeordneten in Brüssel zu dem Freihandelsabkommen stehen und ob sie dafür oder dagegen sind.
Daher ist es gut – da stimme ich Herrn Heintze zu –, dass es einen öffentlichen Druck und eine öffentliche Auseinandersetzung gibt, denn nur so bekommt man die Themen, die wir alle diskutieren, ohne zu wissen, ob es wirklich die Themen sind, die hinter verschlossenen Türen beraten werden, einfach einmal auf den Tisch. Ich will für die GRÜNEN ganz klar sagen: Wir wollen fairen und freien Handel, wir wollen den Abbau von Handelshemmnissen und wir wollen die Vereinheitlichung von Normen. Wir haben vielen Abkommen in den letzten Jahren zugestimmt, und wir haben sie konstruktiv begleitet. Wenn ich mir anschaue, was möglicherweise ein Vorteil oder auch eine Chance in diesem Freihandelsabkommen ist – man macht das immer gerne an konkreten Beispielen fest –, dann gibt es da zum Beispiel den Crashtest für Kraftfahrzeuge, Stecker für Elektroautos oder Handyaufladegeräte. Das sind Normen und Handelshemmnisse, die man vereinheitlichen sollte, denn das ist gut für den gemeinsamen Markt. Was die Chancen angeht – Frau Steppat hat gerade ein paar Zahlen zu Wachstum und Arbeitsplätzen genannt –, da sehe ich mich eher in der Nähe der LINKEN, weil tatsächlich nicht genau klar ist, was sich da über die nächsten 10, 15 Jahre bewegt. Wir GRÜNEN stehen zu freiem Handel, aber es muss einen klaren Kompass geben. Umweltschutz-, soziale und Verbraucherschutzstandards und vor allem Demokratie sind keine Handelshemmnisse,
sondern Ergebnis demokratischer Wertentscheidungen, um die lange gerungen wurde, auch mit unterschiedlichen Mehrheiten im Europaparlament gerungen wurde, und die unser Gemeinwesen ausmachen. Wenn jetzt ein solches Handelsabkommen hinter verschlossenen Türen ohne parlamentarische Beteiligung und auch ohne jegliche öffentliche Beteiligung ausgehandelt wird – das ist von allen eben auch angesprochen worden –, dann trifft das Europa in seinen Grundfesten und dann ist das weitaus mehr als ein einfaches Han
delsabkommen. Dann geht es um das Selbstverständnis und die Wertegrundlage der EU.
Deshalb sagen wir: TTIP so nicht. Wir sind ganz klar für faire Freihandelsabkommen, die auf ökologische und soziale Standards, auf Umweltstandards und Verbraucherschutzstandards Wert legen und sie nicht absenken. Wir wollen TTIP in dem Rahmen, wie es gerade verhandelt wird, sowohl was das Verhandlungsmandat angeht als auch die Frage von Transparenz und die gefährdeten Standardabsenkungen, nicht mittragen und sagen deshalb, dass TTIP, wie es im Moment läuft, zu stoppen sei, aber ein Freihandelsabkommen, das noch einmal neu aufgerollt wird und auch klare Linien zieht, ist eines, wo wir GRÜNEN dabei sind.
Ich möchte noch ein Wort zum sogenannten Investorenschutz und dem Klagerecht sagen, weil Herr Heintze vorhin sagte, dass es tatsächlich schon andere Abkommen gebe, in denen das durchaus üblich sei. Es ist ein Aushebeln der Rechtsstaatlichkeit, wenn plötzlich Konzerne vor private Gerichte ziehen und gegen Umweltstandards und Arbeitnehmerrechte vorgehen, und das kann nicht sein. Das ist etwas, was wir hier hoffentlich mit großer Mehrheit ablehnen und wo von Hamburg aus auch ein klares Signal nach Berlin an die Große Koalition geht, diesem im Bundesrat nicht zuzustimmen. Da hoffe ich auch auf die CDU und die SPD, dass das Klagerecht und die private Gerichtsbarkeit aus diesem Investitionsschutzabkommen herausgenommen werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns alle einig, dass ein Ziel heute erreicht wurde, nämlich dass wir es geschafft haben, dieses Thema, das uns noch ein Weilchen begleiten wird, auch auf den Radar des Parlaments zu bringen und vor allem auch ein Stück weit stärker in die Hamburger Öffentlichkeit zu tragen. Das hat diese Debatte erreicht, und das finde ich erst einmal gut.
Einen Satz muss ich trotzdem noch zu Wolfgang Rose sagen, das wird er mir hoffentlich verzeihen. Wenn ich mir anschaue, was von führenden SPDMinistern, aber auch vom europäischen Spitzenkandidaten an Aussagen unterschiedlicher Richtung in den letzten Wochen und Monaten zu diesem Freihandelsabkommen gefallen ist, dann sehe ich da alles andere als einen klaren Kurs und ein differenziertes Vorgehen. Wenn es nach ihrem Kompass ginge, dann wären wir wirklich voll am Schlingern; das muss ich ganz ehrlich sagen.
Nur drei Beispiele – eines habe ich eben schon genannt. Martin Schulz hat als Frontmann der SPD in Brüssel wirklich allen Vorlagen zugestimmt in den letzten anderthalb Jahren: einem Verhandeln hinter verschlossenen Türen und einem TTIP-Mandat, bei dem nicht klar ist, in welche Richtung es von den Standards her geht. Gerade erst im April 2014 hat er im Europaparlament zusammen mit der CDU und den Liberalen für ein Klagerecht der Konzerne gestimmt, und jetzt versucht er bei jedem Auftritt zu sagen, dass er der große Anwalt für die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher sei, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Da brauche ich eine klarere Ansage von Herrn Schulz.
Sigmar Gabriel hat die 500 000 Unterschriften der Campact-Aktiven noch vor einigen Wochen mit der Bemerkung abgetan, dass diese, verglichen mit der Anzahl der Einwohnerinnen und Einwohner in der EU, zu vernachlässigen seien.
Mit einem sehr schönen Satz Ihrer Umweltministerin möchte ich schließen. Frau Hendricks sagte mit Blick auf das geplante Investorenschutzabkommen, dass dies, wenn es so durchginge, die Errungenschaften von 150 Jahren Arbeiterbewegung, 100 Jahren Frauenbewegung und 50 Jahren Umweltbewegung aushebeln und ad absurdum führen würde. Das sollten sich die sozialdemokratischen Abgeordneten vielleicht einmal zu Herzen nehmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, ich warte noch ein paar Sekunden, bis sich die Unruhe gelegt hat, und starte dann.
Keine Spielverzögerung? Ich dachte, ich bekäme dann vielleicht Nachspielzeit. Ich weiß, dass unsere Zeit knapp ist, deshalb muss ich ein bisschen auf die Tube drücken.
Das war gerade eine hochspannende Debatte zu den Bezirksversammlungswahlen. Es findet aber am Sonntag eine zweite Wahl statt, und die Aktuelle Stunde heute hat darauf hingedeutet, dass es durchaus Themen gibt, die in Brüssel diskutiert werden, aber unmittelbare Auswirkungen auf das Leben der Hamburgerinnen und Hamburger vor Ort haben. Deshalb hoffe ich natürlich wie wir alle in diesem Hause, dass am Sonntag möglichst viele Hamburgerinnen und Hamburger an der Wahl des Europaparlaments teilnehmen und wir die unrühmlichen 34 Prozent vom letzten Mal – ich glaube, wir haben uns das Schlusslicht mit Brandenburg geteilt – deutlich toppen. Ich würde mir wünschen, dass wir diese Debatte "Europäische Öffentlichkeit stärken – Rederecht für EU-Parlamentarierinnen und Parlamentarier in der Bürgerschaft einführen" – ich gebe zu, ein eher ungewöhnliches Thema für dieses Haus – nutzen und uns auf das Gedankenspiel einlassen, wie es uns gelingen kann, auch jenseits des Europawahlkampfes innerhalb der Fünfjahreslegislaturperiode die Öffentlichkeit zu
stärken für das, was in Brüssel und Straßburg diskutiert und entschieden wird, denn eines ist klar: Hamburgs Politik wird zunehmend stärker durch die EU beeinflusst. Die Diskussion um TTIP heute hat das bestätigt. Wir hatten eine sehr kontroverse Debatte und haben unterschiedliche Perspektiven eingenommen, und das ist auch gut so. Trotzdem glaube ich, dass es nicht ausreicht, einmal im Jahr durch die Europawoche und ansonsten alle fünf Jahre alle Anstrengungen zu bündeln und Wahlkampf zu machen mit kreativen Aktionen, mit Podiumsdiskussionen, mit unterschiedlichen Vernetzungsaktivitäten. Wir brauchen dauerhaft eine wache, eine kritische europäische Öffentlichkeit, denn – und ich glaube, das ist kaum jemandem klar – inzwischen werden 80 oder 85 Prozent der Gesetze, nach denen wir hier leben, in Brüssel oder Straßburg vorbereitet und verabschiedet und dann in nationales Recht oder gar Landesrecht umgesetzt.
Von daher haben wir uns überlegt, wie das geschehen kann. Wie können hier neue Vorschläge diskutiert werden, und wie können wir mit dieser Debatte, von der ich noch gar nicht weiß, ob sie auf Ihre Zustimmung stößt und wie Sie sie bewerten, dazu beitragen, dass wir die beiden Entscheidungsinstanzen Brüssel und Hamburg ein Stück näher zusammenbringen? Hamburg wird stark beeinflusst durch EU-Entscheidungen: Vergaberecht im Bereich Wasser, Flüchtlingspolitik, Datenschutz und Hafenrichtlinien haben wir hier diskutiert, Port Package, Entsenderichtlinie – das sind nur einige wenige Bereiche, die sowohl Verbraucherinnen und Verbraucher, aber eben auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betreffen. Wie können wir es also schaffen, die Entscheidungsinstanz Brüssel – weit weg, gefühlt nichts mit mir zu tun habend – mit der Lebensrealität in Hamburg zusammenzubringen, die Aufmerksamkeit stärker auf die wichtigen Entscheidungen in Brüssel zu lenken, die Bedeutung der Entscheidungen vor Ort zu steigern und vielleicht sogar Informationen aus erster Hand über verschiedene Gemengelagen und Konfliktlinien zu erhalten?
Unsere Idee, ganz bewusst ein Rederecht für vereinzelte Debatten einzuführen, wird schon umgesetzt, zum Beispiel in Wien. Im Bundesland Wien hat die rot-grüne Regierung – übrigens stark gepusht von der SPÖ, also den Sozialdemokraten – im Jahr 2012 beschlossen, zu ausgewählten Debatten und wichtigen Entscheidungen auch EUParlamentarierinnen und EU-Parlamentarier zu Wort kommen zu lassen. Und wenn jetzt kommt, dann werden wir überschwemmt von Anfragen, dann finden keine ungestörten Sitzungen mehr statt, weil sich ständig EU-Parlamentarier in die Debatten einmischen wollen, dann muss ich sagen, dass ich mir das in Wien einmal angesehen habe. Es hat bisher drei Debatten gegeben,
eine Initiierungsdebatte zum Rederecht im Jahr 2012, eine weitere 2013 zum Thema Finanzmarktregulierung und Sozialunion – ein, wie ich finde, auch für uns nicht ganz unwichtiges Thema –
und eine dritte Debatte, die wir auch geführt haben mit Europaparlamentariern aus der Bürgerschaft, zum Thema Wasserversorgung und anderer kommunaler Dienstleistungen sowie TTIP, gerade vor anderthalb Monaten. Ich hätte es spannend gefunden, unsere Europaparlamentarierinnen und -parlamentarier, unsere Gesichter in Brüssel und Straßburg hier zu diesen Themen zu hören und mich mit ihnen über diese wichtigen europapolitischen Fragestellungen auseinanderzusetzen, denn es geht um Weichenstellungen, die sehr viel mehr sind als nur Verordnungen und Richtlinien, sondern Lebensrealität werden.
Das hat uns veranlasst zu sagen: Wir wollen diesen Impuls setzen, wir wollen diesen Gedankenanstoß geben. Ich habe vernommen, dass die SPD diesen Antrag weder an den Verfassungsausschuss noch an den Europaausschuss überweisen wird, was ich total bedauerlich finde; das muss ich ganz ehrlich sagen. Denn dieses Thema, auch wenn wir uns vielleicht reiben und vielleicht auch gute Gegenargumente kommen werden, sollte uns allen am Herzen liegen, und dieser Antrag ist endlich ein neuer Gedankenanstoß dazu. Es sollte uns allen darum gehen, europäische Öffentlichkeit und die Wahrnehmung europäischer Themen zu stärken, die Relevanz von europäischen Themen für Hamburg deutlich in den Vordergrund zu stellen und diese durch einen gezielten Austausch mit unseren Europaparlamentarierinnen und Europaparlamentariern innerhalb der Legislaturperiode kontrovers und strittig aufzugreifen. Ich finde es äußerst bedauerlich, diesen Impuls einfach nur als Hirngespinst wegzuwischen mit der Bemerkung, das habe noch niemand gemacht. Warum können wir in Hamburg nicht auch einmal eine Vorreiterrolle einnehmen, liebe SPD, und jenseits der ausgetretenen Pfade einen neuen Weg gehen? Das wäre zumindest eine lohnenswerte Debatte, die wir uns gönnen sollten,
wenn es darum geht, europäische Öffentlichkeit nach vorn zu tragen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss ganz schnell machen, es gibt sonst Ärger mit der Fraktion.
Ich war nicht so naiv zu glauben, dass ich mit diesem Antrag überall absolute Begeisterungsstürme auslösen würde, aber es hat sich gezeigt, dass es ein großes Interesse im gesamten Haus gibt, tatsächlich darüber nachzudenken, wie man mit dem Thema Öffentlichkeit für Europa, auch Europabegeisterung jenseits der Wahlkämpfe umgehen kann. Deshalb danke ich für die Rückmeldungen. Ich greife einige Zitate von Herrn Heintze, Herrn Bläsing und Frau Duden noch einmal auf, die sagten, das sei ein Schritt zu schnell oder es gäbe einige Probleme, denen wir uns stellen müssten, zum Beispiel die Frage, was eigentlich der Europaausschuss schon jetzt im Sinne der Subsidiaritätsprüfung an richtigen Dickschiffen entscheide, wenn es darum geht, wer wo zuständig ist. Ich finde, es lohnt sich doch richtig, darüber in den Ausschüssen zu reden,
und würde eindringlich die SPD noch einmal bitten, sich einen Ruck zu geben, denn alle anderen Fraktionen haben ihre Zustimmung signalisiert. Das ist ein willkommener Anlass, sich sowohl im Verfassungsausschuss als auch im Europaausschuss noch einmal darüber zu verständigen. Ich sehe ein, dass es viele Fragen gibt. Es ist auch sicher nicht ganz einfach. Wir wollten dieser Debatte einfach mal einen Kick-off geben. Bitte, liebe SPD, Sie brechen sich doch keinen Zacken aus der Krone, wenn Sie diesen Antrag an die Ausschüsse überweisen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir werden uns enthalten,
und zwar mit einer ähnlichen Argumentation wie beim letzten und auch beim vorletzten Mal, als es um das Themenfeld der öffentlichen Unterbringung ging. Wir finden es richtig, dass auf Probleme aufmerksam gemacht wird. Ich habe noch einmal vier Punkte herausgegriffen, die teilweise eben schon dargestellt wurden, teilweise auch im Antragstext klar werden: das Armutsrisiko von Alleinerziehenden – in erster Linie sind sie es, die aus ihren Wohnungen fliegen, in öffentliche Unterbringung müssen oder, wenn dort keine Plätze frei sind, ins Hotel gehen –, natürlich der Mangel an günstigem Wohnraum – darüber haben wir hier schon oft diskutiert –, die Frage, wie man mit Prävention umgeht, das heißt, wie man Wohnungslosigkeit vermeidet, und die überfüllten öffentlichen Unterbringungen. Das greift DIE LINKE konkret für Familien mit kleinen Kindern auf. Und weil sie damit ein Thema anstößt, das man gar nicht oft genug im öffentlichen Raum diskutieren kann, enthalten wir uns.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen halten wir nicht für zielführend und was den Zungenschlag in Ihrem Debattenbeitrag betrifft, so halten wir den auch tatsächlich für kontraproduktiv. Wir sitzen gemeinsam im Sozialausschuss. Ich weiß nicht, wie viele Sitzungen wir in den vergangenen Monaten zu der Frage der schwierigen, teilweise dramatischen Lage in der öffentlichen Unterbringung gehabt haben. Es hat kaum ein Thema gegeben – korrigieren Sie mich, wenn ich das als Ausschussvorsitzende falsch wiedergebe –, bei dem wir nach hartem Ringen nicht an einem Strang gezogen haben und uns einig waren, dass wir gemeinsam Lösungen finden müssen. Ich finde es einfach nicht richtig, die Fraktionen jetzt gegeneinander auszuspielen und die Anstrengungen des Senats und der SPD-Fraktion – und auch der Opposition, denn in der Regel haben wir das mitgetragen –, zusätzliche öffentliche Unterbringung zu schaffen, die Situation in der öffentlichen Unterbringung zu verbessern und Kontakt zu "fördern und wohnen" herzustellen, in Abrede zu stellen. Das verzerrt das Bild absolut.
Nein, es geht nicht um eine große Koalition der Zufriedenheit.
Es geht darum, dass wir in den letzten anderthalb Jahren angesichts steigender Zahlen gemeinsame Anstrengungen unternommen haben. Es gab schwierige Auseinandersetzungen mit den Bezirken. Es gab unzählige Veranstaltungen, bei denen es darum ging, wo Flüchtlingseinrichtungen erstellt werden, wo weitere öffentliche Unterbringungen hinkommen. Jetzt so zu tun, als sei nichts passiert, als hätte man kein Geld in die Hand genommen, als hätte man sich nicht um Standards gekümmert, finde ich einfach nicht in Ordnung; das muss ich ganz ehrlich sagen.
Und Ihre Bemerkung, Herr Yildiz, dass DIE LINKE in mehr Einrichtungen gewesen sei als alle hier zusammen, hätten Sie sich sparen können.
Ich kenne genug Abgeordnete aus jeder Fraktion, hier und vor allem in den Bezirken, die einen ganz engen Draht …
Tut mir leid, das muss ich jetzt einmal sagen.
Wir haben gesagt, dass wir uns bei diesem Antrag enthalten, weil wir die benannten Probleme für richtig erachten. Diese Probleme sind natürlich nicht gelöst, und vielleicht wird es – ich glaube, Herr Lohmann hat es gesagt und Herr Ploog auch – weiterhin steigende Zahlen geben, die uns vor noch größere Herausforderungen stellen. Ich will aber trotzdem, dass wir in diesem schwierigen Feld – öffentliche Unterbringung, fehlender günstiger Wohnraum, die Frage der Prävention, wie verhindert man Wohnungslosigkeit – weiterhin zusammenarbeiten, um die Zahlen möglichst gering zu halten. Dann bleiben uns künftig diese Debatten vielleicht erspart.
Das war der Punkt, zu dem ich etwas sagen wollte. Und deshalb hoffe ich, dass wir in diesem Feld auch weiter an einem Strang ziehen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich fange anders an als die Vorrednerinnen und Vorredner, ich steige mit dem Antrag der LINKEN ein und nicht mit der Großen Anfrage. Ich freue mich, dass diese an den Ausschuss überwiesen wird, weil es in der Tat viele Punkte gibt, über die es lohnt, noch einmal zu sprechen, und die es lohnt, noch einmal genauer anzuschauen. Wir haben uns den Antrag sehr genau angeguckt. Früher hat man immer einen Arbeitskreis gegründet, wenn man nicht mehr richtig weiter wusste. Heute habe ich den Eindruck, dass man bei allen Problemlagen, die man identifiziert hat, erst einmal einen Masterplan reinschieben muss. "Masterplan 2020" ist ein großes Wort. Ich empfinde es als Modewort, als Hülse für alle möglichen Erwartungen,
die man dann auf diese Zielgruppe schiebt. Ich habe mich gefragt, ob dann als nächstes ein Masterplan für ältere Menschen mit Behinderung kommt, ein Masterplan für ältere Menschen, die in Randlagen der Stadt leben, oder für Familien, die mehrere Kinder haben und noch mit ihren Eltern unter einem Dach leben. Das greift ein bisschen kurz und reduziert das Problem, das Sie zu Recht ansprechen, nämlich das Problem der Altersarmut – und damit muss sich Hamburg als reiche Stadt schon sehr intensiv auseinandersetzen – auf eine Zielgruppe. Ich finde, man muss die Frage weiter fassen. Es gilt, Armutsrisiken zu erkennen, Armutsrisiken zu bekämpfen und den Senat bei seiner Pflicht und seiner Verantwortlichkeit zu packen, vernünftige Antworten zu geben, die das Demografie-Konzept, der Sozialbericht und Teile des Integrationskonzepts noch vermissen lassen. Ich glaube nicht, dass wir einen Masterplan genau für diese Zielgruppe brauchen, so wie Sie es fordern.
Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung zu dem Antrag enthalten. Positiv sehen wir, dass dieses Thema in den parlamentarischen Raum getragen wurde, denn ebenso wie Herr Haufler teilweise persönlich berichtet hat, haben sicherlich wir alle unsere Geschichten und Begegnungen, positive wie negative Beispiele. Von daher finden wir es gut, können aber aus den genannten Gründen nicht zustimmen, weil der Antrag zu kurz greift und eine Reduktion auf eine bestimmte Gruppe älterer Menschen ist. Wir versuchen, das Ganze in einem größeren Zusammenhang zu sehen.
Von Frau Özdemir wurde schon richtig gesagt – und das sollte uns stärker umtreiben, als es vielleicht bisher der Fall ist –, dass Hamburg weit oben auf der Liste der Städte, der Liste der Bundeslän
der steht, in denen die Altersarmut erschreckend hoch ist. Ich will mich nicht in einer Zahlenschlacht ergehen, weil jeder sicherlich eine eigene Statistik mitführt, aber egal, welche Statistik ich mir anschaue, die Quote liegt zwischen 9 und 10 Prozent am unteren Rand und teilweise bei bis zu 20 Prozent. Der Sozialbericht spricht von 28 Prozent bei älteren Menschen mit Migrationshintergrund, und der Landesmedian des Statistischen Landesamtes liegt sogar bei 34 Prozent. Ich finde, das sind erschreckende Zahlen. Die Aussage von Senator Scheele zum Demographie-Konzept war, Altersarmut sei in dieser Stadt kein Problem. Hier werden die Augen vor etwas verschlossen, das uns in den nächsten Jahren mächtig vor die Füße kippen kann. Die Altersarmut ist in den Stadtteilen und in den Einrichtungen und Beratungsinstituten spürbar, wo es darum geht, ältere Menschen in ihren jeweiligen Lebenssituationen zu sehen. Der Senat hat in unseren Augen dafür keine Antwort, schiebt Dinge von einem Bericht auf den nächsten oder auch zur Seite. Wir sagen, dass wir auf das schauen müssen, was es schon gibt. Wir brauchen das Rad gar nicht neu zu erfinden. Wir haben gute Strukturen in den Bezirken mit offener bezirklicher Seniorenarbeit, die aber teilweise durch veränderte Rahmenzuweisungen von Kürzungen betroffen ist. Wir haben Rückmeldungen aus einigen Bezirken – Altona, Hamburg-Nord, Hamburg-Mitte, Bergedorf –, die besagen, dass manche Einrichtungen die Arbeit vielleicht gar nicht mehr in der Weise fortsetzen können, wie sie bisher gemacht wurde. Wir fordern den Senat ausdrücklich zu einem Bekenntnis für Seniorenarbeit auf. Wir wollen, dass die Finanzierung der Seniorenarbeit gesichert ist. Wir wollen aber auch, dass bürgerschaftliches Engagement, was auch in der Großen Anfrage über die Einrichtungen abgefragt wurde, gefördert wird. Ich nenne das Beispiel TABEA, eine Einrichtung in Lurup, wo sich Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund in Wohnprojekten zusammengeschlossen haben. Wir wollen, dass die gefördert werden, wir wollen ein Bekenntnis, dass wir so etwas brauchen, dass so etwas gestärkt wird. Frau Timmermann spricht zu Recht das Seniorenmitwirkungsgesetz an, das mit einer festen Migrantenquote natürlich auch die Möglichkeit gibt, über politische Prozesse und Beteiligungen an dieses Thema heranzukommen.
Es heißt also, sich nicht wegzuducken, sondern ein deutliches Bekenntnis zur Gestaltung des demographischen Wandels abzugeben, zu einer größeren Anzahl von älteren Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen und Situationen, und natürlich gilt es, das Armutsrisiko im Blick zu behalten. Ich finde es nicht richtig zu sagen, wir tun viel, die Einrichtungen laufen und deshalb brauchen wir die Debatte über Altersarmut nicht zu führen. Wir haben klare Zahlen,
die uns sagen, dass in Hamburg zu wenig passiert. Eine Debatte, die ich heute nicht aufmachen will, dreht sich um die Frage, welche Auswirkungen die Rentenpläne der Großen Koalition bei der Bekämpfung von Altersarmut haben. Ich glaube, dass hier der falsche Weg gegangen und Altersarmut in den nächsten Jahren eher noch zunehmen wird. Mein Wunsch ist, stärker darauf zu schauen, was es schon gibt, wie Netzwerke von Menschen, die sich engagieren, die sich bürgerschaftlich unterhaken, wie alte Menschen,
wie Einrichtungen vor Ort und verschiedene Wohnformen stärker gefördert und in den Mittelpunkt gerückt werden können. In diesem Sinne freue ich mich auf die Diskussion über die Große Anfrage. Den Antrag lehnen wir ab. Einen Masterplan brauchen wir nicht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich ganz herzlich für die Geburtstagswünsche bedanken. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Meine Fraktion hat mich mit vier Debatten heute beschenkt, und auch darüber ist die Freude schier grenzenlos.
Ich beginne mit der ersten, bei der ich mir sicher bin, dass sie etwas weniger emotional als die gerade in der Aktuellen Stunde geführte Schuldebatte verläuft. Es geht um das Thema Anerkennung des Ehrenamts. Ich weiß, dass wir uns in diesem Hause im Prinzip alle einig sind, dass in Hamburg als Stadt der Bürgerinnen und Bürger mit einem sehr ausgeprägten Gemeinsinn das Ehrenamt und das bürgerschaftliche Engagement eine zentrale Rolle spielen als Säule und Stütze der Gesellschaft und der menschlichen Metropole. Dieses Engagement trägt immer dazu bei, die Stadt weiterzuentwickeln. Tatsächlich engagieren sich rund 460 000 Menschen – das ist nahezu jeder dritte Hamburger, jede dritte Hamburgerin – in völlig unterschiedlichen Bereichen, sei es im Katastrophenschutz, bei der freiwilligen Feuerwehr, im Bereich des Sports oder der Kultur, in der Seniorenarbeit, in Organisationen für Migranten, im Bereich des Sozia
len oder auch im Bereich der Wirtschaft. Jeder von Ihnen wird die Heldinnen und Helden des Alltags kennen, die sich neben Job, Familie und vielleicht einer Pflegeverpflichtung überdurchschnittlich in einem Bereich engagieren.
Wir wissen aber auch – dazu haben wir hier schon die eine oder andere Debatte geführt, und der Senat hat sich mit dem Vorschlag auf den Weg gemacht, demnächst eine Freiwilligenstrategie einzubringen –, dass sich laut Freiwilligensurvey 25 Prozent der Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren und damit die Bürgergesellschaft in Hamburg stärken, eine bessere, sichtbarere Anerkennung wünschen. Da gibt es verschiedene Wege, die schon im Sinne der Freiwilligenstrategie skizziert wurden, durch Empfänge, Urkunden und auch den Hamburger Nachweis, den wir ausdrücklich gut und richtig finden, wo aufgelistet wird, wann sich jemand wo und in welchem zeitlichen Umfang engagiert. Das soll auf jeden Fall weiterentwickelt werden, denn das sind alles richtige Ansätze.
Wir glauben, dass das bürgerschaftliche Engagement darüber hinaus geht und nicht nur eine Anerkennung staatlicher Stellen, also des Senats und der Bürgerschaft, vorsehen sollte, sondern dass es breiter getragen werden sollte im Sinne von "Ich unterstütze dich in deinem Engagement". Deshalb wollen wir nach dem Vorbild von inzwischen mehreren Bundesländern – dazu gehören NRW, unser Nachbarland Schleswig-Holstein, Bayern und Sachsen – eine Ehrenamtskarte einführen und fordern den Senat auf, das auf den Weg zu bringen.
Ich habe hier ein vergrößertes Modell einer Ehrenamtskarte dabei. Diese ist nicht sonderlich handlich, aber sie ist im Original sehr viel kleiner und im Scheckkartenformat dann auch im Portemonnaie mitzuführen. Das ist hier das Beispiel aus Nordrhein-Westfalen, die einfach deutlich schöner ist als die aus Schleswig-Holstein. Bei der Ehrenamtskarte geht es darum, mit Partnern aus der Stadt, mit Theatern, Kinos, Museen, Restaurants und vielleicht auch dem einen oder anderen Laden aus dem Einzelhandel Verabredungen zu treffen, dass diejenigen, die sich ab dem 16. Lebensjahr mit einer bestimmten Stundenzahl in der Woche oder im Jahr engagieren, in den Besitz dieser Karte kommen und damit Vergünstigungen oder Ermäßigungen erhalten als Zeichen der Anerkennung und des Dankes. Das funktioniert in anderen Bundesländern gut. Es ist eine breite Wertschätzung spürbar, die sich jenseits des staatlichen und institutionalisierten Spektrums befindet. Uns ist die Verantwortung der gesamten Gesellschaft für diejenigen wichtig, die sich ehrenamtlich engagieren. Wir wollen die Ehrenamtskarte nicht nur als Symbol nutzen, sondern den Menschen richtig etwas in die Hand geben und eine gesellschaftliche Wertschätzung für diejenigen ausdrücken, die sich oft über die Maßen hinaus viele Stunden in der Woche mit
unterschiedlichen Formen des Ehrenamts auseinandersetzen.
Die Idee ist, dass Unternehmerinnen und Unternehmer, soziale, kulturelle und sportliche Einrichtungen sagen: Wir bedanken uns bei euch dafür, dass ihr die Stadt ein bisschen zu dem macht, was sie ist. Und da ist Hamburg führend als Stadt der Bürgerinnen und Bürger mit einem sehr ausgeprägten Gemeinsinn. Deshalb diese Ehrenamtskarte, die mehr als reine Symbolik ist. Deshalb beinhaltet unser Antrag auch einen Prüfauftrag an den Senat, ob der HVV sich einbringen könnte, denn wir wissen von vielen Ehrenamtlichen, dass Ermäßigungen im öffentlichen Personennahverkehr von vielen gewünscht sind und als Ausdruck von Anerkennung wahrgenommen werden würden.
Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Diskussion im Sinne des gesellschaftlichen Engagements und der Anerkennung dieses Engagements im Sozialausschuss weiterführen könnten, und freue mich auf die Debatte. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bedanke mich sehr für den Beitrag von Herrn Dr. Heintze, ich kann dem kaum noch etwas hinzufügen.
Den Gefallen tue ich Ihnen nicht, Herr Kienscherf, mich sofort wieder hinzusetzen, weil ich mich eigentlich gefreut hatte, als ich sah, dass DIE LINKE den Tätigkeitsbericht des Rates für nachhaltige Entwicklungspolitik angemeldet hat, weil es dann in diesem Haus einmal die Möglichkeit gibt, über Entwicklungspolitik zu sprechen, über entwicklungspolitische Leitlinien und eben auch über Sinn, Zweck und Funktion dieses Gremiums.
Weder Sie, Herr Hackbusch, haben dazu Stellung genommen noch Frau Steppat. Ich weiß nicht, ob dies der richtige Ort für eine Generalabrechnung mit den entwicklungspolitischen Leitlinien der SPD im Bund oder in der Großen Koalition ist. Ich glaube, da haben Sie den Auftrag dieser Debatte etwas großzügig interpretiert und sind etwas übers Ziel hinausgeschossen. Ich habe immer große Sympathien für die großen Linien, aber bei dieser Anmeldung sollten wir uns mit dem Problem be
schäftigen, das auch Frau Steppat nicht richtig zu fassen bekam.
Das Problem ist – Herr Heintze hat es benannt –, dass wir gemeinsam diesen Rat in der letzten Legislaturperiode eingesetzt haben. Der Rat hat in bestimmten Fragen immer wieder seine Dienste angeboten und hat dies durch Berichte dokumentiert. Es gab offenkundig kein wirkliches Interesse daran, sich intensiv mit den Ergebnissen auseinanderzusetzen. Das Problem zu verstecken, dass ein gesamter Vorstand zurücktritt, wichtige Menschen, die in der Stadt vernetzt sind und auch ein gewichtiges Wort in entwicklungspolitischen Fragen haben, greift sehr kurz, Frau Steppat, und das zeigt mir, dass Sie das Problem überhaupt nicht erkannt haben. Sie wollen das jetzt kaschieren, indem Sie es so darstellen, als herrsche eitel Sonnenschein und Sie seien sehr aktiv in unterschiedlichen Bereichen der Entwicklungszusammenarbeit.
Wir müssen einfach einmal diese beiden Ebenen zusammenbringen. Es ist sicher richtig, darüber zu streiten, was der richtige Kurs in der Entwicklungszusammenarbeit ist. Deutlich ist auch zu erkennen, welche geringen Kompetenzen und vielleicht auch, welchen geringen Einflussbereich das Bundesland Hamburg in diesen Fragen hat. Aber der Rat für nachhaltige Entwicklungspolitik hat mit seiner Expertise die Möglichkeit, bestimmte Dinge anzusprechen, bestimmte Fragen aufzugreifen. Er hat dies in der Vergangenheit sowohl im Bereich der Beschaffung als auch im Bereich der Städtepartnerschaften gemacht, vor allem mit Daressalam, und sich auch bei weiteren Fragen angeboten. Wir müssen über den Konstruktionsfehler sprechen, denn wir müssen überlegen, ob es damit getan ist, Frau Steppat, einfach zu sagen, wir seien froh, jemanden gefunden zu haben, der jetzt bereit ist, in den Vorstand zu gehen. Darum geht es nicht. Es gibt einen Grund dafür, dass die drei Personen zurückgetreten sind, und die sind offenkundig genau mit dem in Einklang zu bringen, was Herr Dr. Heintze sagte, nämlich fehlendes Interesse an der Arbeit des Rates und auch seine fehlenden Gestaltungsmöglichkeiten. Wir müssen uns auch darüber im Ausschuss verständigen, ob wir eine Ausweitung des Auftrags wollen. Soll der Rat für nachhaltige Entwicklungspolitik künftig von sich aus aktiv Themen anstoßen, die dann aber auch abgefragt werden müssen und die vielleicht auch zu Kontroversen und unangenehmen Debatten für dieses Haus und auch den Senat führen, oder soll das nicht sein? Und wenn das nicht sein soll, dann kann ich nachvollziehen, dass es Einzelne gibt, die sagen, sie hätten keine Lust mehr, ihre knappe freie Zeit in diesem Gremium zu verbringen und engagierten sich lieber in anderen Bereichen, in denen die Ergebnisse fruchtbarer seien und ihr Urteil und ihre Meinung besser geschätzt würden.
Auf diese Debatte würde ich mich im Ausschuss gern einlassen. Da erwarte ich auch ein ehrliches und offenes Wort vom Staatsrat, wenn wir darüber sprechen, wie das Verhältnis zwischen dem Gremium des Hamburger Rates für nachhaltige Entwicklungspolitik und dem Senat ist beziehungsweise wie der Rat zur Bürgerschaft steht. Fragen wir bestimmte Dinge ab, beauftragen wir den Rat mit bestimmten Themen oder lassen wir es bleiben? Ich finde, es ist ernst zu nehmen, dass drei Mitglieder zurückgetreten sind. Und es ist ernst zu nehmen, dass in dem Brief, der uns als Obleuten des Europaausschusses zugegangen ist, Themen angesprochen wurden, die gern stärker in den Mittelpunkt dieser Arbeit gerückt werden wollen.
Ich bin nicht unbedingt mit Ihnen einer Meinung, Herr Hackbusch, dass jedes Thema, sei es ein innen- oder außenpolitisches Thema, das uns hier betrifft – Sie haben die Lampedusa-Gruppe angesprochen –, unbedingt eine Aufgabe ist, die von einem Beratungsgremium aufgegriffen werden muss. Da müssten wir in noch ganz andere Bereiche gehen, wir haben beispielsweise gestern über Rüstungsexporte gesprochen. Dann müsste der Rat bei jedem Treffen mit Vertretern des Hafens dabei sein und so weiter. So weit würde ich nicht gehen wollen, aber es muss eine Klarheit darüber bestehen, zu welchen Themen dieses Gremium arbeitet, ob es angefragt und abgefragt wird, in welcher Form die Ergebnisse zur Debatte stehen und ob diese auch vom Senat aufgegriffen und in Teilen umgesetzt werden. Von daher ist es ein Warnschuss gewesen, dass drei Mitglieder ihren Rückzug erklärt haben. Man kann nicht nur einfach schade und vielen Dank sagen, einen warmen Händedruck geben und jemanden nachbenennen. Das löst das Problem nicht.
Wir müssen uns als Parlament und vor allem im Ausschuss die Grundsatzfrage stellen, ob wir solche beratenden Gremien brauchen, die nur erfolgreich sein können, wenn ihre Expertise und ihre Arbeit gewollt sind. Ich kann für meine Fraktion sagen, dass wir das wollen und dass wir uns auch aktiv einbringen, um über diesen – ich nenne es einmal so – Konstruktionsfehler zu sprechen, dass bisher nur eine beratende Funktion und keine aktive initiativrechtliche Funktion des Rates vorliegt. Vielleicht kann es eine Weiterentwicklung geben, aber dafür brauchen wir sowohl vom Staatsrat und vom Senat als auch von den Fraktionen in diesem Haus eine Einigung und eine Verständigung. In diesem Sinne möchte ich es dabei belassen. – Danke.
Volle Dröhnung heute. Aber ich habe gerade erfahren, dass die letzte Debatte gestrichen ist, wunderbar.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich werde es vorwegnehmen, wir werden uns bei diesem Antrag enthalten.
Sehr mutig.
Ich kann mich in der Bewertung des Antrags vielen Punkten anschließen, die Frau Dr. Föcking gerade dargelegt hat. Ich würde gern das Thema noch um zwei Schleifen weiterdrehen, und vielleicht wird dann auch klar, warum wir diesen Vorstoß, der natürlich ein richtiges Anliegen beinhaltet, nämlich die bessere Gesundheitsförderung von Langzeitarbeitslosen – ich denke, das wollen wir alle – noch für etwas unausgegoren und vielleicht nicht so richtig in das System passend halten.
Es ist völlig klar, dass Menschen, die lange vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, diejenige Bevölkerungsgruppe ist – das wird auch in allen Studien deutlich –, die am stärksten von körperlichen und psychischen Erkrankungen bedroht ist. Gesundheitsprävention ist dann am effektivsten, wenn sie dazu führt, dass man in den Arbeitsmarkt zurückkehrt. Wir haben schon oft darüber gesprochen, dass Arbeit krank machen kann, aber genauso haben wir sehr viele Fälle – in Hamburg sind es 68 000 Langzeitarbeitslose, um die wir uns kümmern müssen, mit denen gearbeitet werden muss –, bei denen die Rückkehr in den Arbeitsmarkt teilweise auf eine lange Perspektive, vielleicht sogar für immer, absolut versagt bleibt.
Deshalb hätten wir uns erhofft, wenn ein solcher Vorstoß kommt, bei dem es darum geht, langfristigen Krankheiten vorzubeugen und das für eine Gruppe, die ohnehin schon, wie es so schön heißt, sich in diesen komplexen Profillagen befindet, also multiple Probleme hat, dass es hier größere Anstrengungen gibt, auch vonseiten des Senats, den sozialen Arbeitsmarkt stärker in den Mittelpunkt zu rücken und ein richtiges Angebot zu machen, diese Menschen in Arbeit zu bringen und das als starke Gesundheitsprävention zu begreifen.
Der zweite Punkt, auch das haben wir in diesem Haus schon häufiger besprochen, ist, dass Ihr Vorstoß relativ unaufmerksam am Parlament vorbei eine Neuausrichtung der psycho-sozialen Beratung und Betreuung von Arbeitslosen auf den Weg bringt. Das bedeutete eine drastische Einschränkung von Unterstützung für Langzeitarbeitslose. Das ist in unseren Augen ein Abbau des Systems von Prävention gewesen, und zwar von niedrigschwelligen und vertraulichen Zugängen. Wir hätten uns gewünscht, dass man hier aufsattelt und das Problemfeld und die Herausforderung der Gesundheitsprävention an das bestehende System andockt, dass man auf bewährten Strukturen aufbaut, diese nicht völlig wegwischt und auf ein Modellprojekt aus Köln zurückgreift, von dem überhaupt nicht klar ist, wie viele Menschen es tatsächlich erreicht hat, wie viele Menschen es danach geschafft haben und inwiefern es überhaupt als tragfähig evaluiert wurde. Sie meinen, jetzt damit den großen Vorstoß in der Gesundheitsprävention von Langarbeitslosen zu machen. Die Zielrichtung muss also der soziale Arbeitsmarkt sein.
Die zweite Forderung, die sich für uns daraus ableitet: Warum gibt es diese Neuausrichtung der psycho-sozialen Betreuung und Beratung, die in etwas mündet, was uns jetzt noch nicht so plausibel erscheint? Und warum gibt es hier neue Modellprojekte zu bestimmten Feldern? Warum integriert man das nicht in eine Struktur, die es gegeben hat und die jetzt von Ihnen zerschlagen wurde? Sie nehmen ein Modellprojekt, dessen Ausgang ungewiss ist und von dem wir nicht wissen, ob es in anderen Städten erfolgreich gewesen ist. Wir würden uns wünschen, dass man hier ganzheitlicher denkt und diese Gruppe der Menschen ernsthafter wieder in Richtung Arbeitsmarkt zurückführt. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde, wir sind gut in die Debatte eingestiegen. Ich finde es wichtig, dass wir uns auch als Hamburger Landesparlament mit der Frage Waffenhandel und Rüstungsexporte beschäftigen, und muss sagen, Herr Stemmann, Ihr Beitrag macht mich wirklich sprachlos.
Er macht mich sprachlos, weil Sie damit eigentlich gesagt haben, Waffenexporte gingen das Hamburger Landesparlament und die Menschen der Initiativen aus dem bürgerschaftlichen oder menschenrechtlichen Umfeld nichts an. Das finde ich nicht richtig, denn wir tragen natürlich eine Verantwortung. Frau Schneider hat vorhin sehr eindrücklich Zahlen genannt, die Deutschland als drittgrößten
Exporteur von Waffensystemen, militärischem Großgerät, aber auch von Kleinwaffen ausweisen – zu zwei Dritteln übrigens außerhalb unserer Bündnispartner und außerhalb der EU. Sie hat aber auch sehr deutlich gemacht, dass Hamburg eine besondere Verantwortung hat, weil der Hamburger Hafen Dreh- und Angelpunkt des deutschen Exports ist. Sich hier wegzudrehen und das mit einigen technischen Finessen, wer denn eigentlich wo in der Zuständigkeit liegt, abzutun, wird der Sache nicht gerecht und zeigt, dass Sie von dem Thema nichts verstanden und auch die Symbolkraft des heutigen Tages überhaupt nicht verinnerlicht haben, lieber Herr Stemmann.
Das sage ich nicht nur, weil ich den Hamburger Hafen sehe, sondern auch – und damit haben wir uns in den letzten Wochen und Monaten immer wieder beschäftigt –, weil wir tagtäglich mit eigenen Augen und vor unserer eigenen Haustür die Auswirkungen von kriegerischen Auseinandersetzungen, von Folter und Tod, von Vertreibung und Flucht erleben. Wenn dann noch jemand sagt, wir hätten hier keine Verantwortung, uns mit dieser Frage auseinanderzusetzen, dann ist das unverständlich. Ich sage nicht, dass die Antworten leicht sind. Wir sind auch mit der LINKEN nicht in allen Punkten einer Meinung – Frau Schneider hat es schon gesagt, ihr Antrag ist sicherlich weitergehender –, weil wir nicht sehen, dass man bei jeder Frage zu einem vollständigen Stopp kommen kann. Aber die Debatte darüber, welche Chancen und Möglichkeiten wir nicht nur hier im Landesparlament haben, sondern was wir auch der Bundesregierung mit auf den Weg geben können, ist eine ganz entscheidende.
Und da greife ich die Worte von Herrn Rose auf. Es ist immer galant, Herrn Schmidt zu zitieren. Er wird auch in dem Aufruf der Initiative "Hamburger Bündnis gegen Waffenexporte" zitiert. Ich möchte mich auf zwei andere, in heutiger Zeit nicht ganz unbedeutende Sozialdemokraten beziehen. Vor gar nicht langer Zeit hat Sigmar Gabriel gefordert – das war noch an die Adresse der schwarz-gelben Vorgängerregierung gerichtet –, die Ausfuhrgenehmigung von Panzern nach Saudi-Arabien entweder zurückzuziehen oder, falls die Entscheidung darüber noch nicht endgültig getroffen worden sei, sie nicht zu erteilen. Das war Sigmar Gabriel. Herr Oppermann hat noch im Februar 2013, als es auch um Saudi-Arabien ging, Schwarz-Gelb massiv angegriffen. Er sprach von totalem Hochrüsten, von einer Irrfahrt und davon, dass aus öffentlichen Protesten gegen Waffenlieferungen in dieses Land nichts gelernt worden sei. Das war die SPD vor der Wahl. Jetzt als Koalitionspartner mit an der Regierung – deswegen auch unser Antrag an die SPD hier, die Verantwortlichen in Berlin zu treiben – hat die SPD vor einigen Tagen angekün