Es geht also darum, Bewohnerinnen und Bewohner dieses Quartiers einzubinden und sie nicht nur die Fläche als Gebäudesubstanz verwalten zu lassen. Ein lebendiges Viertel ist eben mehr als nur Gebäudesubstanz. Das sagen Sie auch selbst in dieser Formulierung, in diesem Punkt sind wir überhaupt nicht auseinander.
Die Frage ist, wie dies jetzt weiterentwickelt werden soll, damit die Bewohnerinnen und Bewohner dort Identifikation und Engagement einbringen können. Dieses Sich-Umeinander-Kümmern, das gemeinsame Lösen täglicher Aufgaben und Probleme, die Bindung durch Kommunikation und kulturelle Aktivitäten durch die Bewohnerschaft machen das Viertel eigentlich erst aus, um zu sagen, das ist unser Viertel.
Ein wichtiger Schritt, der hier vorgenommen werden kann, betrifft die Einrichtungen – und da gehen wir in unserem Antrag doch einen Schritt weiter – von Mietergenossenschaften, wenn es denn gewünscht wird und Mieter sich bereit finden, sich hier zu engagieren. Es gibt in Hamburg bereits einige solcher Mietergenossenschaften, Falkenried ist ein Beispiel, aber auch Farmsen.
Es geht darum, mit den Mietern zusammen Wege abzuklären, wie das gemacht werden kann. Hier brauchen sie sicherlich auch Unterstützung. Es geht um die Frage, wie Bewirtschaftung durch Mietergenossenschaften umgesetzt werden kann, also beispielsweise Nachvermietung, Wiedervermietung, Instandhaltungsfragen, Kommunikationsstrukturen und so weiter. Der Vorteil liegt vor allen Dingen darin, dass diese Mietergenossenschaften im Gegensatz zu den Verwaltungsgesellschaften
viel dichter an den Menschen dran sind und wissen, was ihnen auf den Nägeln brennt, um diese Probleme entsprechend in Angriff nehmen zu können. Natürlich muss man auch über die Finanzierung nachdenken. All das sollte zusammen mit den Mietern und einer möglichen Mietergenossenschaft geklärt werden.
Wir begrüßen diesen Zusatzantrag, halten es aber auch für wichtig, dass die Dinge, die im Zusammenhang mit der Bildung von Mietergenossenschaften in unserem Antrag formuliert sind, mit aufgenommen werden. Vielleicht noch ein Stichwort hierzu: 2012 ist das UN-Jahr der Genossenschaften. Ich denke, das ist auch für uns eine Herausforderung, weitere neue Impulse zu setzen, um diesen Gedanken, der Hamburg schließlich fast schon innewohnt und sehr eng mit der Sozialdemokratie verbunden ist, voranzubringen.
Wir haben natürlich ein ernsthaftes Problem, das wir nicht bestreiten wollen, nämlich das der Verdrängung von Bewohnern in vielen innerstädtischen Quartieren, gerade im Bereich St. Pauli. Natürlich haben wir als SPD den Anspruch, dem entschlossen und mit aller Kraft entgegenzusteuern. Sie haben es richtig zitiert, wir hatten dazu in der letzten Legislaturperiode Initiativen eingebracht. Denen wollen wir natürlich jetzt auch Taten folgen lassen.
Eine besondere Verantwortung besteht sicherlich immer dort, wo durch städtebauliche Sanierungsverfahren in der Vergangenheit viel erreicht wurde, so wie im Karoviertel, aber wo diese Verfahren jetzt auslaufen. Die Frage besteht nun, was die Zukunft für diese Quartiere bringt. Wir haben im Karoviertel eine besondere Situation, denn wir haben dort einen Wohnungsbestand von 923 Wohnungen, die im Treuhandeigentum des Sanierungsträgers sind. Es sind ehemals städtische Wohnungen, das ist jede dritte Wohnung im Karoviertel. Natürlich ist es eine naheliegende und berechtigte Frage, was nun mit diesen Wohnungen passieren soll nach Auslaufen des Verfahrens.
Das ist zunächst einmal offen und ein politisches Markenzeichen des Vorgängersenats war es durchaus, dass städtische Immobilienbestände meistbietend auf dem Markt veräußert wurden. Insofern ist es auch nachvollziehbar, wenn es Unruhe und Unsicherheit im Quartier gibt und eine verständliche Angst, nach Wegfall des Treuhandei
gentums dort Mietsteigerungen und Verdrängungsprozessen ausgesetzt zu sein, so wie es auch in anderen Teilen St. Paulis und im Schanzenviertel der Fall ist.
Deswegen wollen wir als SPD heute eine ganz klare und deutliche Botschaft aussenden. Mit uns wird es einen Verkauf der 923 Treuhandwohnungen an Private nicht geben.
Die Wohnungen bleiben in städtischer Hand. Sie sollen auf das städtische Wohnungsunternehmen SAGA GWG übertragen werden. Das Mietniveau, das im Moment bei etwa 6,50 Euro im Durchschnitt liegt, soll dauerhaft auf einem niedrigen Niveau festgeschrieben werden. Das bedeutet, es soll zumindest für die nächsten 20 Jahre so festgelegt sein, dass nur die Mietsteigerungen möglich sind, die auch jetzt im Rahmen des Sanierungsverfahrens und bei öffentlich gefördertem Wohnraum möglich sind. Alle Mieterinnen und Mieter im Karoviertel können sicher sein, dass sie sich die Mieten in ihren Wohnungen auch zukünftig noch leisten können.
Das ist die Zukunftsperspektive, die wir dem Karoviertel geben wollen. Wir wollen die einzigartige Chance, die wir aufgrund dieses sehr hohen Anteils an Treuhandwohnungen – also ehemals städtischen und zukünftig wieder städtischen Wohnungen – haben, entschlossen nutzen und damit das Karoviertel insgesamt vor den Verdrängungsprozessen, wie sie sonst auch zu befürchten wären, wirksam schützen.
Wir schaffen damit, das kann man gar nicht hoch genug einschätzen, das größte zusammenhängende Quartier mit preisgünstigen Wohnungen im gesamten innerstädtischen Bereich. Das ist ein Riesenerfolg im Kampf gegen Aufwertung und Gentrifizierung. Und es ist auch ein klares Signal in dieser Debatte, die zu Recht sehr engagiert in der Stadt geführt wird.
Ich komme nun zu Ihrem Antrag. Ich sehe, dass Sie ein ähnliches Ziel haben, nur verengen Sie Ihre Lösungsperspektive allerdings ein bisschen auf das Thema Genossenschaften. Keiner wird bestreiten, dass Genossenschaften, auch ganz ausdrücklich die Mietergenossenschaften, gerade in solchen Quartieren und in so einem Entwicklungsprozess eine ganz wichtige Rolle spielen können, auch zur Stabilisierung sozialer Strukturen. Aber Mietergenossenschaften in Bestandsgebäuden sind eben auch ganz individuelle und nicht unkomplizierte Projekte und Vorgänge. Die müssen in jedem Einzelfall sehr sorgfältig geprüft werden, unter anderem darauf, ob die Mieter dies eigentlich wollen, und auch, ob sie es sich leisten können. Inso
Es sind dann natürlich Initiativen, die von unten kommen müssen, aus den Häusern, von den Mieterinnen und Mietern selbst. Die können wir nicht per Bürgerschaftsbeschluss vorgeben. Die Qualitäten, die Sie genannt haben, warum Sie das alles wollen, nämlich die enge Verbundenheit in der Nachbarschaft, die gewachsenen Strukturen, die sozialen Netzwerke, das Sich-Umeinander-Kümmern, die vielen Kontakte, Initiativen und Kommunikation sind alles Qualitäten, die das Karoviertel schon heute auszeichnen. Die wollen wir erhalten und die gibt es, ohne dass wir dort flächendeckend Genossenschaften einrichten.
Insofern ist es uns wichtig, dass die jetzigen Strukturen in ihrer gemischten, gewachsenen Nachbarschaftsstruktur erhalten bleiben. Wenn man etwas anderes will, dann muss man zuallererst die Mieterinnen und Mieter fragen, ob das ihr Wunsch und ihr Interesse ist.
Nun gibt es eine Initiative, die das Ziel verfolgt, dort eine Genossenschaft zu errichten. Selbst die hat aber nach Veröffentlichung Ihres Antrags verlauten lassen, sie sei verwundert über das Vorpreschen der GAL und es sei mit ihnen nicht abgestimmt.
Ich muss mich dann doch ein bisschen wundern, Herr Duge, der Sie nun doch ein großer InitiativenVersteher sind, dass Sie da offenbar ohne Abstimmung mit den Mieterinnen und Mietern und sogar mit dieser Initiative gehandelt haben. Sie haben dann kurz überlegt, diesen Antrag wieder zurückzuziehen, das haben Sie jedoch nicht gemacht. Ich gehe einmal davon aus, dass der ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete der GAL und Mitarbeiter der BSU, der offenbar diesen Antrag ganz wesentlich formuliert hat, nur Gutes bezweckt hat, aber ich glaube, da sind Sie in Ihrem oppositionellen Eifer ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen.
Trotzdem werden wir Ihren Antrag in zwei Punkten unterstützen, das haben wir vorhin auch besprochen. Wir werden auch alle Initiativen, die in Richtung Genossenschaften gehen, offen aufnehmen und uns mit jeder einzelnen auseinandersetzen. Ausdrücklich stellt der Senat auch das Förderprogramm, auf das Sie sich zu Recht beziehen, gerade für die Errichtung von Mietergenossenschaften in Bestandsgebäuden zur Verfügung. Das hat die GAL wesentlich mit angestoßen in der letzten Legislaturperiode. Das ist gut, an dem Modell halten wir auch fest. Jede Initiative hat natürlich die Möglichkeit, auch durch dieses Modell gefördert zu werden.
Für uns ist allerdings ganz entscheidend, dass alle Mieterinnen und Mieter im Karoviertel die Sicherheit haben, in ihren Wohnungen bleiben zu können
zu günstigen Mieten, und zwar völlig unabhängig davon, ob sie sich einer Genossenschaft anschließen können oder wollen.
Das ist die Zukunftsperspektive. Es gibt Klarheit und Sicherheit schon jetzt mit dieser Entscheidung. All dem, was weiter an Mieterinitiativen kommt, wollen wir nicht vorgreifen, aber wir können heute schon sagen, dass es keinen Verkauf und niedrige Mieten für die nächsten 20 Jahre gibt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst an Sie gerichtet, Herr Kollege Grote. Ich bin auch Mitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft, aber bevor Sie auf die Idee kommen sollten, mich als Genossen zu bezeichnen
sollte es auch nicht –, eingangs zu Ihrer Information: Die Wohnungsbaugenossenschaften rücken davon ab, ihre Mitglieder als Genossen zu bezeichnen, Sie wählen inzwischen lieber das Wort "Mitglied". Vielleicht gibt Ihnen das zu denken, sich auch irgendwann einmal von diesem Begriff zu verabschieden
und zu überlegen, ob das nicht einer von vielen Punkten für die SPD-Parteireform wäre, die angeblich kurz bevorsteht.
In der Sache selbst sollte zunächst der Dank an die GAL gehen, denn es ist völlig richtig, dass die GAL dieses Thema heute angefasst hat, und Ihre schnellen Reaktionen zeigen auch, dass es Sie ebenfalls zum Nachdenken gebracht hat. Dann haben Sie schnell einen eigenen Antrag dazu gebastelt.
Gut, die Behörde hat Ihnen geholfen, das weiß ich natürlich, das war dann sicherlich nicht so schnell.
Im Grunde ist das Faszinierende am Karoviertel, dass wir dort das erste Viertel der Stadt hatten, in dem wir vor vielen Jahren, inzwischen Jahrzehnten, durch das Sanierungsgebiet die ersten Phänomene einer sogenannten Gentrifizierung erlebt haben, zu einer Zeit, als wir diesen Begriff überhaupt noch nicht kannten. Dieses Viertel hat in den letz
ten Jahrzehnten bereits erhebliche Änderungen durchgemacht. Die Frage ist völlig zu Recht, wie wir uns in diesem Viertel in Zukunft aufstellen.
Bei diesem einen zentralen Punkt wollen wir als CDU-Fraktion dem Vorschlag der GAL nicht folgen. Es ist einfach die bessere Lösung, dieses Sanierungsvermögen an SAGA GWG anzukoppeln, auch vor dem Hintergrund all der Überlegungen, die der Kollege Grote in der Sache durchaus zu Recht genannt hat. Wir hätten hier eine Genossenschaft von maximal 900 Wohnungen. Das ist für Hamburger Verhältnisse eher eine kleine Genossenschaft. Genossenschaften in dieser Größe haben natürlich immer wirtschaftliche Probleme, wenn es darum geht, eine vernünftige Verwaltung aufzubauen. Dieser berühmte Wasserkopf kostet überall Geld.
Es gibt dann hier noch die Besonderheit mit den 200 Gewerbeeinheiten. Man kann natürlich sagen, Wohnungen in Hamburg zu vermieten und zu verwalten funktioniere mehr oder weniger immer bei dem jetzigen Wohnungsmarkt, aber Gewerbeeinheiten sind da schon etwas anderes. Insofern denke ich, dass wir die notwendige Professionalität eigentlich nur über die SAGA GWG erhalten können. Und wenn dann aus der Mieterschaft heraus Einzelne der Ansicht sind, sie wollen eine Genossenschaft gründen und aufbauen, dann steht dem überhaupt nichts im Weg. Dann wird man sicherlich auch die richtigen Wege finden, sich dort entsprechend zu arrangieren.
Auch die SPD macht schließlich nicht alles falsch, nur vieles, aber heute werden wir dem Antrag der SPD folgen und ihm zustimmen. In einigen Punkten werden wir auch dem Antrag der GAL zustimmen, aber eben nicht in diesem einen zentralen Punkt. – Vielen Dank.