Protokoll der Sitzung vom 09.11.2011

Das Wort bekommt Frau Schneider.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann es ganz kurz machen: Uns ist nicht ganz klar geworden, was Sie mit Ihrem Antrag bezwecken. Ist Ihnen die Initiative für das Transparenzgesetz zuvorgekommen oder wollen Sie das irgendwie auffangen? Das haben wir nicht genau verstanden.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das ist unsere Mei- nung!)

Okay, aber der Zeitpunkt des Einbringens spielt meistens auch eine Rolle. Und Sie haben das eingebracht, nachdem die Initiative auf den Weg gebracht worden ist.

Wir halten die einzelnen Punkte, die Sie aufgeführt haben, nicht für falsch, das sind Schritte in die richtige Richtung und damit würde manche Schwäche des Informationsfreiheitsgesetzes behoben werden. Andererseits kann man feststellen, dass Ihr Antrag deutlich hinter dem Entwurf der Initiative für ein Transparenzgesetz zurückbleibt, also viele Punkte nicht regelt. Warum verzichten Sie beispielsweise auf die Forderung, dass auch Senatsbeschlüsse der Veröffentlichungspflicht unterliegen sollten? Ich halte es sowieso für sehr erstaunlich, dass selbst die Tagesordnung des Senats vertraulich ist. Das ist übrigens nicht durch Gesetz geregelt, sondern durch die Geschäftsordnung des Senats. Der Senat legt in seiner Geschäftsordnung fest, dass selbst die Tagesordnung vertraulich ist,

(Andy Grote SPD: Das ist dasselbe wie Ta- gesordnungen für Fraktionssitzungen! – Dirk Kienscherf SPD: Die werden jetzt ins Netz gestellt!)

und es sind auch alle Senatsdrucksachen geheim zu halten, selbst wenn sie nicht den exekutiven Kernbereich betreffen. Aber Sie haben die Frage solcher Senatsdrucksachen gar nicht aufgeworfen.

Noch problematischer ist für uns, dass Sie an die Sache mit den Verträgen gar nicht herangehen. Gerade die Erfahrung mit der Elbphilharmonie, mit

den Konstruktionsfehlern und den Hintertüren dieses Vertrags und den sehr kostspieligen Folgerungen, die das hat, zeigt uns, wie wichtig es ist, an die Verträge heranzugehen. Hier geht es tatsächlich um öffentliche Gelder, das heißt Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger. Deswegen halten wir die Forderung im Entwurf für ein Transparenzgesetz, dass auch Verträge der Veröffentlichungspflicht unterliegen sollen, für sinnvoll.

Sie haben recht mit Ihrem Anliegen, dass das Informationsfreiheitsgesetz deutlich überarbeitet und verbessert werden muss. Ich frage mich allerdings, warum Sie das nicht selbst machen, also keinen eigenen Gesetzentwurf vorlegen – das wäre eigentlich konsequent gewesen –, sondern ausgerechnet dem Senat, der eher zurückhaltend mit Veröffentlichungen ist, übertragen wollen, einen solchen Gesetzentwurf auszuarbeiten. Wir hätten es besser gefunden, wenn Sie das selbst gemacht hätten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir finden es schön, dass das überwiesen wird, und wir werden es dort ausgiebig diskutieren. Am schönsten würden wir es finden, wenn sich auch die FDP der Volksinitiative anschließen und sie mit unterstützen würde. Aber Stoff für die Debatte haben wir auf jeden Fall. – Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann können wir zur Abstimmung kommen.

Wer einer Überweisung der Drucksache 20/1971 an den Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zum Punkt 15 der Tagesordnung, Drucksache 20/1901, Bericht des Schulausschusses: Wirtschaftsplan Schulbau Hamburg.

[Bericht des Schulausschusses zum Thema: Wirtschaftsplan Schulbau Hamburg (Selbstbe- fassungsangelegenheit) – Drs 20/1901 –]

Wird das Wort gewünscht? – Frau Heyenn, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Thema Schulbau ist in der Stadt ein Thema, das hat auch seine Gründe. Durch die rot-grüne Bundesregierung und fortgesetzt durch die Große Koalition sind die öffentlichen Haushalte geschrumpft.

(Farid Müller)

(Glocke)

Entschuldigung, Frau Heyenn, aber das hört sich für uns hier oben so an, als ob das Informationsfreiheitsgesetz unten noch einmal ausführlich diskutiert wird. Das dringt mit unheimlicher Lautstärke zu uns herauf. Alle, die das noch nacharbeiten möchten, können hinausgehen, und die, die zuhören möchten, bleiben sitzen und lauschen dem Thema Schulbau. – Frau Heyenn hat das Wort.

Wir sind der Auffassung, dass beim Schulbau nachgearbeitet werden muss, darum haben wir dieses Thema zur Debatte angemeldet. Die öffentlichen Haushalte sind stark geschrumpft. Eine der Auswirkungen ist der Verfall der öffentlichen Gebäude, so auch in Hamburg. Die Hochschul- und die Schulbauten wurden senatsoffiziell für marode erklärt. Zum 1. Januar 2010 wurde der Landesbetrieb Schulbau Hamburg gegründet und damit sollte Abhilfe geschaffen werden. Es sollte alles besser werden, der Sanierungsstau sollte schnell beseitigt und die Neubauten sollten zügig vorangebracht werden.

Mit 252 Mitarbeitern in den Abteilungen Objektmanagement, Baumanagement und Service/Finanzen hat Schulbau Hamburg im Jahr 2011 insgesamt 81 Maßnahmen im Gesamtumfang von 150 Millionen Euro fertiggestellt. Dennoch mussten zum Schuljahresbeginn im August dieses Jahres 168 mobile Klassenräume neu aufgestellt werden. Die neuen Container kamen keineswegs pünktlich zum Schulbeginn und einige Schulen mussten einen Notfallplan aufstellen, damit kein Kind, wie es so schön im Ausschuss hieß, auf der Straße oder im Freien unterrichtet werden musste; die letzten Container wurden im Oktober geliefert.

Es vergeht keine Woche, in der sich nicht Schulleiter mit Beschwerden über die mangelnde Kommunikation zwischen Schulbau Hamburg und den Schulen selbst an Abgeordnete der Bürgerschaft wenden. Offenkundig wird über den Kopf der Schulleitungen hinweg geplant und gebaut, ohne die Bedürfnisse der Schulen und ihre pädagogische Entwicklung zu berücksichtigen. Die Zuständigkeiten haben gewechselt, von der Schulbehörde in die Finanzbehörde, und es gibt insbesondere in zwei Bereichen Probleme.

So sollen in den nächsten drei Jahren über 100 Grundschulen zu Ganztagsschulen umgewandelt werden und das bedeutet in der Konsequenz, dass 100 Schulkantinen eingerichtet werden müssen. Nun gibt es in der Grundschule schon lange ein Konzept für einen pädagogischen Mittagstisch und der erfordert zusätzliche Räume. Nach dem neuesten Raumkonzept von Schulbau Hamburg soll dieses Konzept nicht mehr gelten und es sollen Klassenräume genutzt werden. Dieses Billig

modell der Multifunktionsräume wird nicht nur nach unserer Auffassung nicht funktionieren. Es gibt bereits in einigen Schulen solche Multifunktionsräume, also Klassenräume, die nachmittags für etwas anderes genutzt werden können. Sie schaffen ein Klima des Misstrauens. Viele Lehrerinnen und Lehrer berichten, dass sie in einem solchen Fall alles abschließen müssen und dass der Klassenraum morgens häufig nicht wiederzuerkennen ist.

Ganz brisant ist die Raumplanung von Schulbau Hamburg im Zusammenhang mit der Umsetzung des Paragrafen 12 des Schulgesetzes. Die allgemeinbildenden Schulen sind weder mit Personal – darüber haben wir heute Mittag schon diskutiert – noch mit Räumen so ausgestattet, dass eine Beschulung von behinderten Kindern sich reibungslos in den Unterricht einfügt. Schulen mit Integrationsklassen klagen ganz aktuell darüber, dass Schulbau Hamburg ihnen ein Raumkonzept präsentiert hat, in dem 30 Prozent ihrer Räume, die sie eigentlich dringend brauchen, um ihrem pädagogischen Auftrag gerecht zu werden, schlicht weggeplant wurden. Die Schulen konnten vorher nicht einmal Stellung dazu nehmen. Von Schulbau Hamburg wurde nach dem Motto "Friss, Vogel oder stirb" einfach ein Konzept vorgelegt und danach fehlen plötzlich 30 Prozent der Räume. Schulen mit integrativer und inklusiver Beschulung oder auch mit KESS-1-Status benötigen dringend zusätzliche Räume für Differenzierung und Kleingruppenarbeit; auch das haben wir heute Mittag schon gestreift.

Es stellt sich die Frage, ob ein von der Schulbehörde abgetrennter Landesbetrieb den vierten Pädagogen, nämlich den Raum, den Anforderungen entsprechend vorhalten kann. Genau das war der Anspruch der Drucksache 19/4208: "Gründung des Sondervermögens Schule – Bau und Betrieb". Im Schulausschuss hat Senator Rabe gesagt, der Schulentwicklungsplan habe nichts mit dem Schulbauprogramm zu tun; die Mitarbeiter der Behörde und auch er seien keine Architekten. Nun hat er ein bisschen Feuer von der CDU bekommen, die mit sehr interessanten Argumenten darauf hinweist, dass der Schulentwicklungsplan gar nicht zu diskutieren ist, weil zum Beispiel die Prognosen zu den Schülerzahlen fehlen. Darüber kann man ernsthaft nachdenken, das machen wir auch. Und heute hat er nun erklärt, erst wenn der Schulentwicklungsplan im Februar 2012 beschlossen sei, dann könnten die Baumaßnahmen konkretisiert und genauere Prioritäten festgelegt werden. Aber schon jetzt taucht Schulbau Hamburg an vielen Schulen auf und stellt ein Raumkonzept vor, aus dem hervorgeht, dass ganz viele Räume gestrichen werden, ohne dass der Schulentwicklungsplan wirklich schon beschlossen ist und ohne dass es verlässliche Angaben über die zu erwartenden Schülerzahlen gibt.

Im Jahr 2009 wurde nur mit Mühe verhindert, dass Schulbau Hamburg ein öffentlich-öffentliches Partnerschaftsprojekt wird. Die LINKE hat damals einen Zwischenbericht des ÖÖP-Modells Hamburg Süd gefordert, bevor überhaupt darüber geredet wird. Sie werden sich daran erinnern, dass wir den Antrag mehrfach stellen mussten. Wir haben immer argumentiert, bevor ein Sondervermögen Schulbau aufgelegt werde, möchten wir über die Erfahrungen mit Hamburg Süd informiert werden. Erst im dritten Anlauf, und zwar exakt an dem Tag, als die Drucksache für Schulbau Hamburg im Ausschuss vorgestellt wurde, lag der Zwischenbericht vor.

Dieser Zwischenbericht Hamburg Süd wird heute immer so dargestellt, als ob er die Ergebnisse einer Evaluation wiedergibt. Das ist nicht der Fall, er beinhaltet nur gefühlte Werte, dass sich alle wohlfühlen, dass die Hausmeister sich nicht beschweren, dass alles ganz gut läuft. Aber er macht keine Aussagen über quantifizierbare Merkmale und kann auch nicht an objektiven Kriterien darlegen, ob der formulierte Anspruch an Hamburg Süd auch wirklich umgesetzt ist.

Nun hat Schulbau Hamburg in der Selbstbefassung im Schulausschuss angekündigt, das Modell Hamburg Süd solle arrondiert werden, das heißt, es soll vervollständigt werden. Konkret heißt das, dass zusätzlich zu den 32 Schulen, die SAGA GWG betreibt, weitere Standorte in das Projekt eingebunden werden sollen. Wir sind der Auffassung, dass zunächst eine Evaluation des Modells Hamburg Süd vorgelegt werden muss. Und wir werden auch in Zukunft im Schulausschuss dafür sorgen, dass Schulbau Hamburg immer wieder darlegen muss, ob die Bauaktivitäten die Schulen und den Unterricht voranbringen und ob sie die pädagogischen Konzepte fördern oder eher behindern.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind der ganz klaren Auffassung, dass Schulbau und Schulentwicklungsplan zusammengehören und dass beides jetzt dringend auf den Weg gebracht werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Rugbarth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Heyenn, Sie haben sehr viele Probleme völlig korrekt beschrieben. Aber Sie beschreiben von SchwarzGrün hausgemachte Probleme

(Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

und schreien jetzt nach dem sozialdemokratischen Arzt. Das muss man ganz einfach einmal feststel

len, denn das, was Sie zu Recht beschrieben haben, haben wir seinerzeit auch kritisiert. Sie werden sich entsinnen, dass wir durchaus nicht der Meinung waren, dass man ein Sondervermögen gründen muss. Vor dem Hintergrund der Schuldenbremse ging es lediglich darum, die Kredite aus dem Kernhaushalt auszulagern. Das hatte nichts damit zu tun, dass das anschließend effektiver laufen könnte.

Aber es ist natürlich klar, dass sich eine neue Organisationsstruktur, wie wir sie im Sondervermögen Schulbau haben, erst einmal zurechtruckeln muss. Es handelt sich um eine Firmengründung, es werden Neueinstellungen vorgenommen und es geht um ein völlig neues Modell, ein VermieterMieter-Modell. Wir wissen, dass es dort Anfangsschwierigkeiten gab; die Beschwerden aus den Schulen sind uns durchaus bekannt. Aber die ganze Planung – das muss ich leider sagen – war aus den Schuldiskussionen des letzten Jahres heraus eine völlig andere, das gilt auch für die Etatplanung. Unter anderem aus dem Schulfrieden resultierte dann die Problematik, dass wir mit Containern und dergleichen anfangen mussten.

Es ist pragmatisch entschieden worden, Frau Heyenn, dass man Container aufstellt. Man kann auf keinen Fall erwarten, dass ein Sanierungsstau und ein Zubaubedarf, der über Jahrzehnte entstanden ist, urplötzlich über Nacht behoben werden kann. Das Sondervermögen Schulbau wurde gegründet mit der Perspektive, bis zum Jahr 2025 3 Milliarden Euro zu investieren. Auf diesem Pfad bewegen wir uns. Sie haben zwar recht, dass die Einsetzungsverfügung für das Sondervermögen Schulbau vom 1. Januar 2010 datiert, aber tatsächlich wurde die Arbeit erst im August 2010 aufgenommen. Insofern arbeitet Schulbau Hamburg jetzt gerade einmal ein Jahr. Es ist klar, dass das noch nicht so ganz funktioniert. Es wäre schöner gewesen, wenn es besser funktioniert hätte, da möchte ich Ihnen recht geben, aber wir müssen jetzt ganz einfach schauen, dass die Schwierigkeiten Stück für Stück ausgeräumt werden.

Sie hatten noch die Multifunktionsräume kritisiert. Ich denke, wir müssen für einen gewissen Zeitraum pragmatische Lösungen in Kauf nehmen, eben aus dem Grund, dass man das nicht alles sofort und über Nacht machen kann.

Ich glaube nicht, dass das so ein großes Problem ist, denn wir haben trotz allem im Schulbau gewaltige Summen investiert. Inklusive des Modells Hamburg Süd sind im Jahr 2010 Investitionen in Höhe von 164 Millionen Euro geflossen, das ist in Ordnung. Und in den kommenden Jahren werden wir wesentlich höhere Größenordnungen erreichen, geplant sind bis zu 300 Millionen Euro.

Das wird natürlich konkretisiert werden müssen, wenn der Schulentwicklungsplan dann tatsächlich beschlossen ist. Über die Gewichtung, ob mehr in

(Dora Heyenn)

die Sanierung fließen soll oder zunächst einmal in den Zubau, werden wir sicherlich noch des Öfteren diskutieren.

(Thomas Kreuzmann CDU: Sowohl als auch!)

Sowohl als auch, sagt Herr Kreuzmann, genauso sehe ich das auch.

Ansonsten hatten wir in der letzten Legislaturperiode eine sehr schöne Diskussion über ÖPP und PPP. Die wollen wir an dieser Stelle nicht wiederholen, denn damals habe ich eine gefühlte halbe Stunde dazu gesprochen. Das erspare ich uns jetzt. – Danke schön.