Protokoll der Sitzung vom 09.11.2011

denn bei der Zahl 6000 muss man eines bedenken: Es sind Bruttozahlen, das ist in der Öffentlichkeit noch gar nicht so richtig angekommen. Der Senat setzt sich zum Ziel, 6000 Wohnungen brutto zu bauen. Die Zahl der Wohnungen, die für den Bau dieser Wohnungen abgerissen werden müssen, wird nicht abgezogen. Werden bei einem Bauvorhaben also beispielsweise 100, 200 oder 300 Wohnungen neu gebaut, aber im gleichen Atemzug 300 Wohnungen abgerissen, weil die Fläche freigemacht wird und weil neuer Wohnungsbau notwendig ist, dann kann der Senat de facto sagen, wir haben 300 Wohnungen gebaut. Tatsächlich sind im selben Zug aber 300 Wohnungen vom Markt verschwunden, in der Regel auch günstigere Wohnungen. Das heißt, wir haben im Ergebnis nicht mehr Wohnungen auf dem Markt.

(Beifall bei der CDU – Andy Grote SPD: Aber erst seit Neuestem! Wie viele waren denn von den 3000 übrig, die Sie gebaut ha- ben? – Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist gerade die Wohnung, die wir brauchen, Herr Hamann!)

Das spricht dann letztlich dafür – da stimmen Sie mir sicherlich zu, Herr Kollege Grote –, dass man noch einmal darüber nachdenken muss, ob die Zahl 6000 tatsächlich ausreichend ist.

(Beifall bei der CDU)

Es gäbe noch diverse andere Punkte, über die wir sprechen müssten, auch über Teile Ihres Programms. Ihre Vorstellung, dass bei jedem Wohnungsbauvorhaben jetzt auch ein Anteil Sozialwohnungen vorgesehen sein muss, erscheint mir etwas absurd. Einen Zwang zum öffentlich geförderten Wohnungsbau halten wir nicht für richtig.

Letzter Satz dazu: Wir wünschen dem Senat auch weiterhin viel Erfolg bei seinem Programm und wir werden ihn dabei gerne unterstützen, aber wir fürchten, dass der eingeschlagene Weg nicht in allen Punkten richtig ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat nun Herr Duge.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist wirklich erfreulich, dass die SPD es geschafft hat, etwas ganz Eigenes zum Thema Wohnungsbau und Mieterschutz fertigzubringen, das Eckpunktepapier. Und was finden wir dort? Schauen wir einmal hinein. Wir sehen eine ganze Reihe von Punkten, die schon im letzten Jahr gefordert, angeschoben oder auch durchgeführt worden sind. Ich möchte Ihnen dazu ein paar Beispiele nennen.

Erstes Beispiel: 1500 Wohnungen im 1. Förderweg im Jahr 2010. Sie wollen im nächsten Jahr auf

(Jörg Hamann)

diesem Förderweg 1200 Wohnungen fördern, auch das hatten wir bereits vorgesehen. Ich vermisse im Eckpunktepapier die 800 Wohneinheiten im 2. Förderweg, den wir durchaus begrüßen. Ich vermisse auch, dass Sie endlich einmal sagen, wie Sie das finanzieren wollen. Das bleibt ein Rätsel.

Zweites Beispiel: Konzeptqualität statt Höchstpreisverfahren bei der Grundstücksvergabe. Das war bereits in der letzten Legislaturperiode im Wohnungsbauentwicklungsplan schon vorgesehen.

(Andy Grote SPD: Ist nur nicht umgesetzt worden! – Dirk Kienscherf SPD: Wie viele denn? Zwei Stück waren es!)

Es ist auch umgesetzt worden. Wir haben dazu eine Schriftliche Kleine Anfrage gestellt, Sie werden es sehen, warten Sie ab.

Drittes Beispiel: Sie führen ein aktives Flächenmanagement an. Damit haben wir bereits im Jahr 2010 begonnen, eigentlich schon vorher mit der Verlagerung der Liegenschaften in die Finanzbehörde hinein. Natürlich können die Umstrukturierungsmaßnahmen nicht von einem Tag auf den anderen umgesetzt werden, sondern müssen jetzt weitergeführt werden. Also, Herr Grote, machen Sie einfach weiter so an der Stelle.

Im Übrigen können Sie sozialen Wohnungsbau auf privaten Flächen nicht erzwingen. Sie können das letztlich nur dort umsetzen, wo das Planungsrecht von uns gemacht wird.

(Andy Grote SPD: Warum hat das zu nichts geführt? – Das macht die GAL, das Pla- nungsrecht!)

Da haben wir Möglichkeiten, ansonsten ist das kaum umzusetzen.

Viertes Beispiel: In den von Gentrifizierung bedrohten Stadtteilen soll die soziale Erhaltensverordnung zum Schutz der gewachsenen Nachbarschaft angewandt werden. Endlich geht es da weiter. Das ist etwas, was wir schon in der letzten Legislaturperiode in einigen Stadtteilen umgesetzt haben. Ich kann nur sagen, machen Sie an der Stelle weiter, das ist richtig.

(Dirk Kienscherf SPD: Eigentlich war alles gut!)

Fünftes Beispiel: Sie wollen auch die integrierte Stadtteilentwicklung weiter fortsetzen, trotz der Widrigkeiten. Auch an dieser Stelle sage ich Ihnen, das ist prima, machen Sie weiter.

Im Ergebnis sehen wir nichts substanziell Neues, keine neuen Elemente, keine Innovationen. Die eigenen Ideen beschränken sich auf eine Veränderung des Labels, aus einem "Raider" wird ein "Twix". Ich nenne Beispiele: Aus "Stadt im Dialog" wird "Stadtwerkstatt",

(Jan Quast SPD: Stadtwerkstatt ist älter!)

Ihr Eckpunktepapier enthält die alt bekannten Maßnahmen, die im Wohnungsbauentwicklungsplan stehen, statt "Zielvereinbarung" heißt es jetzt "Vertrag für Hamburg". Wo bleiben Ihre Innovationen? Beispielsweise könnten Sie die Möglichkeit unterbinden, durch ständigen Weiterverkauf den Wert freier Grundstücke spekulativ zu erhöhen und damit die Preise für Wohnungen auf diesen Grundstücken nach oben zu treiben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das haben Sie nicht gemacht bis 2010!)

Ja, das ist doch ein neuer Ansatz. Dann gehen Sie doch einmal daran.

Eine völlige Nullnummer ist, schaut man sich einmal den Ausbildungsmarkt an, der Gott sei Dank für die Auszubildenden immer besser wird, die Bereitstellung von Wohnraum für diese Auszubildenden, die zunehmend von auswärts kommen und die natürlich in Hamburg auch gebraucht werden. Wo kommt da etwas von Ihnen? Ich höre nichts.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Mieten sind das Thema!)

Setzen Sie sich doch im Mietrecht einmal dafür ein, dass die Modernisierungsumlage gesenkt oder meinetwegen auch abgeschafft wird. Setzen Sie sich dafür ein, dass der Mietenspiegel überarbeitet wird.

(Zuruf von Dr. Andreas Dressel SPD)

Das sind Forderungen, die wir dann im Stadtentwicklungsausschuss im Weiteren besprechen werden. Die LINKE hatte dazu auch einen Antrag eingebracht.

Fassen wir noch einmal zusammen: Wir hören Erfolgsmeldungen, jetzt wieder zu den Grundstücksflächen und Ähnlichem, aber nichts, was substanziell schon umgesetzt wäre. Stattdessen werden bestimmte angemeldete und genehmigte Wohnungszahlen genannt, aber nicht die tatsächlichen Baufertigstellungen. Die Senatorin weiß gar nicht Bescheid, wie viele es eigentlich sind.

(Jan Quast SPD: Frau Hajduk wusste alles besser, oder?)

Daneben führen einige Möchtegernsenatsmitglieder weniger inhaltlich fundierte Werte an. Einige versuchen, mit Sheriffattitüden in Hamburg Politik zu machen und der soziale Konflikt wird dabei immer weiter verschärft. Es ist genug, vollmundige Sätze reichen uns. Wir wollen endlich Fakten und harte Zahlen auf dem Tisch haben.

(Beifall bei der GAL)

Herr Dr. Duwe, Sie haben das Wort.

(Olaf Duge)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir sollten uns die Ursachen unseres Wohnungsbauproblems anschauen

(Heike Sudmann DIE LINKE: Schauen Sie nach links!)

und nicht nur an den Symptomen herumdoktern und auch keine sozialistischen Wahnvorstellungen verbreiten, um es einmal so auszudrücken.

(Beifall bei der FDP)

Hamburg braucht angesichts des schon vorhandenen Wohnraummangels und des absehbaren Zuzugs in den kommenden Jahren mehrere Zehntausend bedarfsgerechte neue Wohnungen, ich betone, bedarfsgerechte neue Wohnungen und nicht nur neue Wohnungen.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Ja, wie stellt man das fest?)

Das ist ein Punkt, den wir ins Auge fassen müssen. Derzeit wird nach sozialistischer Manier ein Plansoll von Wohneinheiten angestrebt, ohne dass es ein Konzept dafür gibt, wo welche Wohnungen eigentlich gebraucht werden. Im Gegenteil, es gibt jetzt ein strategisches Flächenmanagement.

(Dirk Kienscherf SPD: Wir machen jetzt mal einen Fünf-Jahres-Plan, oder?)

Dort wird behördenintern um Gewerbe- und Wohnbauflächen geschachert und die Bezirke haben nur noch Abnickfunktion. Die Planungshoheit der Bezirke wurde mit diesem Vertrag für Hamburg untergraben.

(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: Fragen Sie mal Ihre Kollegen in Nord, da regieren Sie mit!)

Neue Initiativen für eine weitergehende Überregulierung des Wohnungsmarktes sind da überhaupt nicht hilfreich. Sie bedienen nur den wohl in dieser Stadt bestehenden Bedarf an linkem Populismus; an diesem Punkt scheint die Marktwirtschaft hier noch zu funktionieren.

Wo wir schon bei Marktwirtschaft sind: Es ist immer der beste Mieterschutz gewesen, wenn wir einen Mietermarkt haben und keinen Vermietermarkt. Da ist in der Quantität natürlich das Konzept des Senats richtig, mehr Wohnungen zu schaffen. Wir müssen allerdings schauen, wo diese Wohnungen geschaffen werden, und wir müssen auch schauen, dass die Stadtentwicklungspolitik endlich einmal eine Richtungsänderung vornimmt.