Einen letzten Appell noch einmal an Herrn Senator Rabe. Er sagte bereits, dass die Ressourcen umgesteuert werden müssten. Das hätte man natür
lich auch schon zum 1. August machen können. Es ist einfach so, dass an vielen Sonderschulen sehr kleine Klassen sind und dass dort Lehrkräfte mit sehr kleinen Lerngruppen arbeiten. Das haben wir alles in verschiedenen Schriftlichen Kleinen Anfragen abgefragt. Ich hoffe sehr, dass dann zum nächsten Schuljahr das ganze pädagogische Personal umgesteuert wird, sodass die allgemeinbildenden Schulen tatsächlich vernünftig ausgestattet werden. Da ist im Sommer einiges verpasst worden, aber es wird immerhin nachgebessert.
Ich kenne die Argumente, dass Inklusion bei einigen Kindern gar nicht funktioniere. Ich sagte vorhin schon, dass es tatsächlich Ausnahmen gibt oder zumindest Behinderungen, bei denen man sehr gut überlegen muss, wie man mit diesen Kindern umgeht, und sie brauchen auch mehr Ressourcen. In Zahlen ausgedrückt: Es gibt in den Klassen 1 bis 10 in ganz Hamburg genau 80 gehörlose Kinder. Es gibt darüber hinaus noch etwa 200 Kinder, die schwerhörig sind. Wir reden von sehr kleinen Zahlen, von 159 Kindern mit schwersten Mehrfachbehinderungen. Das sind alles Kinder, über die man sagt, das funktioniere mit ihnen nicht. Auch wir in der Partei führen diese Diskussion, aber wir reden tatsächlich von Ausnahmen. Wir müssen uns mit dem Gros der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf beschäftigen, das wird unsere Aufgabe sein. Die Schule muss sich den Kindern anpassen und nicht umgekehrt. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Rabe, Sie haben es mir leicht gemacht, denn Sie haben den Schlenker eingebaut. Ich hätte es Ihnen sonst persönlich gesagt. Dennoch möchte ich Ihnen sagen, dass ich dies für eine Beschränkung, geradezu eine Beschneidung der parlamentarischen Rechte der Opposition halte, wenn Sie uns sagen,
wir könnten unsere Experten nur danach aussuchen, ob sie eventuell in einer Gewerkschaft oder in Verbänden seien. Wenn wir Lehrer haben, die wir benennen wollen und die über ihre Basisarbeit sprechen wollen, dann können Sie uns nicht sagen, sie dürften nur dann sprechen, wenn sie entweder in einer Gewerkschaft oder in einem Verband sind. Das geht überhaupt nicht.
Ich möchte Sie wirklich auffordern, von diesem ungeschriebenen Gesetz eine Ausnahme zu machen und die beiden zuzulassen. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn es zwei Lehren gibt, die man aus den bildungspolitischen Irrungen und Wirrungen der letzten Legislaturperiode ziehen kann, dann ist die eine, dass Ideologie der bildungspolitischen Debatte und auch der bildungspolitischen Gestaltung unserer Stadt nicht gut tut.
Die zweite ist, dass man, so wünschenswert bestimmte Dinge auch normativ sein mögen, sie erst regeln darf, wenn man dafür die erforderlichen tatsächlichen und personellen Voraussetzungen geschaffen hat. Genau hierin liegt das Problem unserer heutigen Debatte.
Sie haben recht, Frau von Treuenfels, die für die Bildungspolitik Verantwortlichen der letzten Legislaturperiode haben zwar mit Zustimmung dieses Hauses Paragraf 12 eingeführt. Das war auch richtig und dazu bekennen wir uns ausdrücklich. Verabsäumt wurde aber, rechtzeitig die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.
Die UN-Konvention, zu der wir uns ausdrücklich bekennen, gebietet geradezu, sich ausschließlich am Kindeswohl zu orientieren und mit einem realistischen und belastbaren Konzept eine sukzessive Umsetzung unter Berücksichtigung der Belange sowohl der behinderten als auch der nicht behinderten Kinder zu ermöglichen. Nichts anderes fordern wir als CDU-Bürgerschaftsfraktion mit unserem Antrag.
Frau von Berg, versuchen Sie bitte nicht den Eindruck zu erwecken, als gäbe es nach der UN-Konvention nur den einen und einzigen Weg der Umsetzung. Auch für die Inklusion gilt – und darüber sind sich die Bildungsminister der Kultusministerkonferenz einig –, dass es viele Wege gibt, die nach Rom führen.
Herr Rabe, wenn Sie sich damit rühmen, nun an die 5 Millionen Euro zusätzlich an Mitteln zur Verfügung zu stellen, dann sagen Sie doch bitte auch dazu, dass es sich hierbei nicht um 5, sondern um 4,8 Millionen Euro handelt und auch um die Gelder aus dem Bildungs- und Teilhabepakt, die eigentlich in dieser Debatte gar nichts zu suchen haben.
Es geht hier nicht um Sozialromantik oder um Gleichheitsfantasien, sondern es geht um die konkrete Umsetzung, die allen Kindern, behindert oder nicht behindert, mehr Chancengerechtigkeit und mehr Teilhabe gewährleistet.
Ein solches Gesamtkonzept fehlt aber, das haben auch Sie, Herr Senator, eingeräumt, und deshalb müssen wir diese Debatte heute führen.
Die CDU stellt selbstverständlich keineswegs die Inklusion infrage, sondern bekennt sich ausdrücklich dazu. Aber wir machen hierzu einen konkreten Umsetzungsvorschlag. Wenn Sie einmal in andere Bundesländer schauen, etwa nach Berlin, wo auch bis vor Kurzem ein rot-roter Senat regierte, dann sehen Sie, dass es da so etwas gibt. Es gibt dort ein Gesamtkonzept zur Umsetzung, das eine sukzessive und schonende Umsetzung vorsieht. Nichts anderes fordern wir auch für Hamburg.
Unser konzeptioneller Beitrag versucht, einen Weg dorthin zu weisen. Was mich wirklich ärgert, ist, dass die wirklich hervorragende Arbeit an den Hamburger Sonderschulen in dieser Weise vor diesem Hohen Haus diffamiert wird.
Bei allen normativen Wunschvorstellungen lässt sich nicht wegdiskutieren, dass unsere Kapazitäten an qualifiziertem, sonderpädagogischem Fachpersonal begrenzt sind. Zum Wohle jedes einzelnen Kindes bedarf es aber – und daran halten wir fest – einer personellen Ressourcenausstattung. Eine pauschale, systemische Ressourcenausstattung hingegen kann es nur zusätzlich und insbesondere nicht nach dem Gießkannenprinzip geben.
Deshalb sind wir der Auffassung, dass wir zumindest vorübergehend eine Bündelung von Ressourcen an bestimmten allgemeinbildenden Schulen brauchen werden. Wenn Sie, sehr geehrter Herr Rabe, in Ihrem Schulentwicklungsplan, den wir für nicht beratungsfähig halten, nicht einmal das Problem der sonderpädagogischen Förderung erwähnen und hier keinerlei Regelungen vorsehen, dann ist das ein Armutszeugnis.
Die individuelle Diagnostik zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs behinderter Kinder in ihrer ganzen Komplexität muss in vollem Umfang erhalten bleiben, denn auch hier gilt, dass das Wohl des einzelnen Kindes Ausgangs- und Endpunkt unserer Überlegungen sein muss.
Wir haben vor wenigen Wochen die Notwendigkeit einer intensiven frühkindlichen Sprachförderung diskutiert. Wir waren uns über die Fraktionen hinweg einig, dass dies ein wesentlicher Schlüssel der Bildungspolitik ist. Dies gilt natürlich auch in besonderem Maße für behinderte Kinder. Wir sind deshalb ausdrücklich der Auffassung, dass wir im
Rahmen der Viereinhalbjährigen-Untersuchungen Beratungslehrer und Sonderpädagogen stärker mit einbeziehen müssen, um für diese Kinder möglichst frühzeitig die Chancen auf eine gute Lebensund Teilhabeperspektive zu erhöhen.
Schließlich gilt noch etwas anderes. Wir neigen dazu, die bildungspolitischen Vorstellungen der einen oder anderen Koalition immer wieder gern auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer auszutragen. Das, was wir uns so ausdenken, müssen schließlich die Lehrerinnen und Lehrer – am besten mit einigen wenigen Stunden Fortbildung, die es dann aber nicht zusätzlich gibt, sondern die im Rahmen der vorhandenen Ressourcen geleistet werden sollen – dann alles umsetzen. Wir sind gerade erst bei der Umsetzung des individuellen Lernens, und jetzt sollen die Lehrerinnen und Lehrer ohne entsprechende Fortbildung das Ganze schultern. Das halte ich für außerordentlich fragwürdig. Deshalb ist ein umfassendes Fortbildungs- und Ausbildungskonzept im Bereich der Sonderpädagogik für alle Lehrerinnen und Lehrer unbedingt erforderlich.
Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit, das Thema Inklusion nicht erneut zu einem ideologischen Schlachtfeld längst überholter bildungspolitischer Debatten zu machen. Wir sind gefordert, ein konkretes und dem Wohl jedes einzelnen Kindes gerecht werdendes und belastbares Umsetzungskonzept zu entwickeln.
Wir als CDU-Fraktion haben versucht, mit unserem Antrag einen Beitrag dazu zu leisten, und wir freuen uns auf eine entsprechend sachliche Debatte im Ausschuss. – Vielen Dank.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/1967 an den Schulausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.
Dann lasse ich über den Antrag der SPD-Fraktion aus Drucksache 20/1967 in der Sache abstimmen. Die FDP-Fraktion möchte die Ziffer 2 a) dieses Antrags separat abstimmen lassen.
Wer möchte nun den SPD-Antrag aus Drucksache 20/1967 mit Ausnahme der Ziffer 2. a) annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das soweit angenommen.
Wer möchte nun Ziffer 2. a) beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch diese Ziffer angenommen.
Wer stimmt nun einer Überweisung der Drucksachen 20/1945 und 20/1716 an den Schulausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das einstimmig so angenommen.
Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf, das ist die Drucksache 20/1793, Antrag der CDU-Fraktion: Erfassung von WLAN-Nutzerdaten durch Google und erneute Erfassung von Daten durch Konkurrent Bing.
[Antrag der CDU-Fraktion: Erfassung von WLAN-Nutzerdaten durch Google und erneute Erfassung von Daten durch Konkurrent BING. – Drs 20/1793 –]
Diese Drucksache möchte die GAL-Fraktion an den Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung überweisen.