Ein weiteres wichtiges Thema ist das Entlassungsund Übergangsmanagement und die Resozialisierung bei Strafgefangenen. Hierauf bezieht sich ein Antrag der SPD, aber auch der FDP. Ich habe auch hier den Eindruck, dass beide Anträge in dieselbe Richtung zielen, wobei unser Antrag in der sachlichen Ausgestaltung konkreter und daher vorzugswürdig erscheint. Derzeit wird auf der Basis des Abschlussberichts der Fachkommission Resozialisierung ein Resozialisierungskonzept erstellt, das bis zum nächsten Frühjahr ausgereift sein müsste. Entscheidend sind hier ein früheres Ansetzen der Entlassungs- und Bewährungshilfe bereits im Vollzug und eine bessere Verzahnung der beteiligten Institutionen und Träger. So etwas, wie ich es seinerzeit als Anstaltsbeirat in Billwerder – das war zu CDU-Zeiten zwischen 2005 und 2008 – erlebt habe, dass nämlich Haftentlassungen stattgefunden haben ohne gesicherte Unterkunft und ohne entsprechende Begleitmaßnahmen, darf es in Zukunft nicht mehr geben,
Noch ein paar abschließende Worte zur Sicherungsverwahrung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Hier hat uns die Opposition stets Untätigkeit und Verzögerungstaktik vorgeworfen. Sie haben das gerade noch einmal wiederholt, Frau Kollegin Spethmann, und ich kann dem nur entgegnen, dass wir letzte Woche hier im Rathaus die bundesweit erste Expertenanhörung in einem Landesparlament zu diesem Thema durchgeführt haben.
Die haben wir mit unterstützt und mit durchgeführt. Ohne unsere Zustimmung, Frau Kollegin Schneider, hätten wir die Expertenanhörung gar nicht durchführen können, da sind wir uns einig.
Alles in allem lässt sich somit für den Haushaltsplan-Entwurf 2011/2012 feststellen, dass wichtige Weichenstellungen der Vergangenheit beibehalten werden und wir dort, wo es in die falsche Richtung ging wie bei der Umstrukturierung des Strafvollzugs, umgesteuert haben. Insgesamt ist ein ausgewogener und vernunftorientierter Ansatz in der Justizpolitik erkennbar. Die hamburgische Justiz ist jedenfalls derzeit in guten Händen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die grüne Fraktion stellt fest, dass wir nicht der Auffassung sind, dass die Justiz seit Februar in guten Händen ist.
Wir haben im Wesentlichen einen Ankündigungshaushalt vorliegen, der nicht auf die dringendsten Probleme, die in der Justiz zu vermelden sind, reagiert, ganz im Gegenteil. Fangen wir mit einem Problem an, das nicht unbedingt ein finanzielles, aber durchaus ein gravierendes ist. Der Krankenstand in Billwerder, wie wir alle erfahren haben, ist auf Rekordniveau, und das in einer der größten Strafvollzugsanstalten, die wir in dieser Stadt haben. Das Wort Billwerder ist schon öfter gefallen und offenbar gibt es dort ein Führungsproblem. Der vergangene Senat hatte darauf auch reagiert und wollte dort mit einem Schlichter vermitteln.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, einen Moment bitte. – Meine Damen und Herren! Das Wort hat Herr Müller und niemand sonst. Wenn Sie sich unterhalten wollen, dann tun Sie dies bitte außerhalb des Plenarsaals. – Das Wort hat Herr Müller.
Der alte Senat hat reagiert und einen Schlichter vorgeschlagen, der inzwischen abgezogen beziehungsweise seitens der Behörde gar nicht erst zugelassen worden ist. Seit Monaten geht der stellvertretende Leiter des Strafvollzugsamts dort ein und aus und er soll angeblich einen Bericht erstellen. Der Krankenstand jedoch bleibt mit weit über 30 Prozent weiterhin hoch, jeder Dritte im Strafvollzug dort meldet sich krank. Das ist nicht normal und wir wissen, dass wir dort ein Führungsproblem haben, aber die Behörde entscheidet nicht. Damit wird das Problem zu einem Problem der Stadt.
Kommen wir gleich zum nächsten Thema, der Sicherungsverwahrung. Sie ist heute schon angesprochen worden und ich finde es ein bisschen geschmacklos, dass der Kollege von der SPD sich hier hinstellt und es auf seine Fahne schreibt, dass wir die erste Anhörung hatten. Sie wissen alle ganz genau, dass die Opposition, und zwar alle Fraktionen, Sie dazu treiben musste und damit gedroht hat, eine allgemeine Anhörung zu machen, wenn Sie einer Expertenanhörung nicht zustimmen.
Wir sollten alle froh sein, dass diese Anhörung stattgefunden hat, aber sich das auf die Fahne zu schreiben, so dreist muss man erst einmal sein.
Auf alle Fälle ist eines klar und da unterstütze ich die Kollegin von der CDU, dass wir bisher keinerlei Antworten seitens der Senatorin gehört haben. Natürlich wurde immer gedrängt, die FDP-Bundesjustizministerin müsse einmal vorlegen. Das liegt inzwischen alles vor und es gab auch sehr viel Kritik, aber wir warten auch auf Hinweise der Hamburger Justizsenatorin, wohin denn nun die Sicherungsverwahrung dieser Stadt gehen soll. Doch dazu hören wir gar nichts. Da sind 13 000 Euro im Monat für eine Senatorin zu viel.
Auf der Baustelle Haftplätzeabbau oder Neustrukturierung der Hamburger Gefängnisse haben wir insofern auch ein tiefes Loch, da bisher ein Konzept vorlag. Sie haben es bei der Regierungsübernahme gestoppt, das ist Ihr gutes Recht, aber seitdem gibt es kein durchgerechnetes Konzept, wie mit diesem Problem umgegangen werden soll. Ganz im Gegenteil sperrt die eigene Fraktion im Haushaltsverfahren die Investitionsmittel für ihre Senatorin,
(Dr. Andreas Dressel SPD: In vollem Einver- nehmen mit allen Fraktionen! Warum verste- hen Sie das nicht?)
weil sie bis dahin nicht geliefert hatte. Dann liefert die Senatorin eine Woche später eine PowerPointPräsentation, von der wir jetzt erfahren müssen, dass sie nicht im Geringsten seriös durchgerechnet wurde, sondern nur dazu galt, die Öffentlichkeit zu beruhigen. Aber wir von den Grünen sind nicht beruhigt,
ganz im Gegenteil. Je mehr wir uns mit diesem Scheinkonzept auseinandersetzen, desto beunruhigter muss man sein. Wohnungen an einer Gefängnismauer in Fuhlsbüttel? Ein Haus abreißen, das denkmalgeschützt ist?
Die andere Frage ist, wie denn nun wirklich die Haftplätze abgebaut werden sollen. Die paar Plätze in Hahnöfersand, die Sie jetzt einsparen, lösen nicht das Hamburger Problem. Auch die Zahlen, die Sie angegeben haben, um Glasmoor zu sanieren und auszubauen, sind weit entfernt von den Zahlen, die uns der Vorgängersenat hier in der Bürgerschaft präsentiert hat. Wieso es auf einmal billiger werden soll, die Gemeinschaftsunterkünfte abzubauen und neue Haftplätze für den offenen
Vollzug dort aufzubauen, bleibt ein einziges Rätsel. Dieses Rätsel wird nicht aufgelöst und natürlich bleiben der Haushaltsvermerk und die Sperre bestehen. Meine Fraktion hat das deswegen beantragt, weil wir nicht sicher sein konnten, dass die SPD das im Verfahren hier nicht noch aufhebt, bevor der Haushalt am Donnerstag endgültig beschlossen wird. Und wenn Sie weiter bei der Sperre bleiben, Herr Dressel, dann scheint es mit Ihrem Vertrauen in Ihre eigene Senatorin hinsichtlich der Verwendung der Mittel auch nicht besonders weit her zu sein.
Ganz im Gegenteil, Sie misstrauen den Plänen offenbar sehr und wir unterstützen Sie in diesem Misstrauen, denn bevor hier nicht wirklich ein durchgerechnetes Konzept im Parlament vorliegt, werden diese Mittel nicht freigegeben.
Es geht hier auch nicht um ein paar Millionen Euro. Es geht insgesamt um 55 Millionen Euro, die investiert werden sollen, und das sind keine Schnäppchen, die hier zu verbauen sind, sondern das sind Mittel, die woanders fehlen, wenn Sie nicht richtig planen, meine Damen und Herren.
Ich möchte mich noch einmal ganz kurz zu den Anträgen der anderen Fraktionen verhalten. Wir unterstützen den Antrag der CDU hinsichtlich der Gerichtsvollzieher, das ist ein richtiger Schritt. Wir finden es etwas schal zu sagen, das hätte man schon früher machen können. Diese Entwicklung, die dort nachgezeichnet wurde, wie sich die Arbeit langsam verändert hat, ist jetzt auch im Plenum angekommen und wir finden es richtig, dass die CDU dieses Thema hier aufgreift, und deswegen werden wir zustimmen. Wir finden es gut, dass Sie in Erwägung ziehen, das demnächst auch zu tun, und insofern haben Sie auch die Unterstützung meiner Fraktion.
Wir unterstützen auch den SPD-Antrag zur Resozialisierung. Wir finden es allerdings ein bisschen komisch, dass die eigene Fraktion der Senatorin sagen muss, dass sie das tun soll. An sich sollte es Ihr Regierungsprogramm sein, meine Damen und Herren. Aber gerne schieben wir mit der SPDFraktion die Senatorin an, die heute nicht dabei sein kann, und da werden wir zustimmen.
Wir stimmen auch dem Antrag zur Aufstockung der Stellen an den Sozialgerichten zu, auch das finden wir einen richtigen Schritt. Dort haben wir schon in der vergangenen Wahlperiode entsprechend neue Stellen freigemacht, weil wir das Problem kennen.
Zum Schluss noch ein paar Worte zur Gleichstellung. Die Jugendarbeit für Lesben und Schwule wird in der nächsten Zeit in den Blickpunkt der Politik für Lesben und Schwule geraten; sie ist ganz wichtig. Wir haben in den letzten Wahlperioden alle zusammen festgestellt, dass durch die Liberalisierung und die Tabubrechung in Bezug auf Homose
xualität das Coming out früher stattfindet, früher als mit 18, und das heißt auch, dass sich die Jugendarbeit neu aufzustellen hat. Dem hat der alte Senat Rechnung getragen, indem er Mittel insbesondere für die schwule Jugendarbeit bereitgestellt hat, da festgestellt wurde, dass eindeutig zu wenig Gelder vorhanden waren, und wir haben jetzt in einem Antrag vorgeschlagen, auch die Mittel für die lesbische Jugendarbeit zu erhöhen. Da gibt es einen Antrag des Trägers JungLesbenZentrum Intervention, es handelt sich um 20 000 Euro.
Wir haben diesen Vorschlag gemacht, weil wir glauben, dass das der richtige Weg ist und wir die Situation ernst nehmen müssen. Das sind zwei Welten: Wir haben eine Liberalisierung in der allgemeinen Gesellschaft und eine schlimme Situation in den Schulen. Deswegen glauben wir, dass es der richtige Schritt ist, hier noch einmal 20 000 Euro draufzulegen, und wir bitten auch um Zustimmung aus der Fraktion. Wir haben das natürlich aus dem Bereich der Regierungsaufgaben gedeckelt. Es geht um 20 000 Euro, Herr Dressel, wenn wir 65 000 Euro auftreiben, dann werden Sie auch 20 000 Euro finden. Da sind wir ganz sicher. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Grundsätzlich bin ich mir sicher, dass es im Bereich des Einzelplans 2 der Behörde für Justiz und Gleichstellung mehr Gemeinsamkeiten aller Fraktionen geben könnte als in den umstrittenen Bereichen, die gerade in der Generaldebatte zum Haushalt sehr deutlich geworden sind. Das klang eben auch schon ein bisschen an, zumindest bei der SPD und bei der GAL, allerdings ist die Selbstbeweihräucherung, die Sie betreiben, liebe SPD, doch ein bisschen viel.
Ich möchte gleich zu Beginn meiner Rede feststellen, dass der Justizhaushalt des SPD-Senats, der uns hier vorliegt, uns Fachpolitiker alle vor große Probleme gestellt hat. Wir konnten und können unserer Funktion als Kontrollorgan der Exekutive und als Haushaltsgesetzgeber im Einzelplan 2 nicht wirksam nachkommen. Aus diesem Grund werden wir Liberale den Justizhaushalt ablehnen.
NHH genannt, kommen. Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass die Justizbehörde nicht unbedingt das am besten geeignete Experimentierfeld als Welle-Null-Behörde darstellt. Diese Auffassung hatten meine Kollegen und ich auch schon im Haushaltsausschuss vorgetragen. Hoffen lässt mich aber, dass der demnächst aufzustellende Doppelhaushalt 2013/2014 transparenter und somit für uns Fachabgeordnete besser handhabbar sein wird. Mit dem interfraktionellen Antrag zur Zukunft des NHH ist hier ein erster Schritt gemacht worden, der uns Praktikern hoffentlich das Arbeiten wesentlich erleichtern wird. Jetzt bedürfen die geplanten Änderungen nur noch der konkreten Ausgestaltung, hier werden wir uns als FDP-Fraktion aktiv einbringen.
Das NHH hat das Stochern im Nebel nicht allein verursacht. Beim Haushaltsplan-Entwurf der Justizbehörde handelt es sich nämlich ganz massiv um einen Ankündigungshaushalt; das hörten wir eben auch schon von Farid Müller und Frau Spethmann. An dieser Stelle hätte ich unserer Justizsenatorin gerne die Kritik ihrer Fraktion aus den Haushaltberatungen 2009 vorgehalten.