Protokoll der Sitzung vom 24.11.2011

Und jetzt? Jetzt passiert auf einmal nicht mehr so richtig viel. Was bleibt, sind eine Reihe offener Fragen. Nachhaltigkeit sieht anders aus. Nachhaltig wäre es, wenn Sie, Herr Scheele, über eine Neubesetzung im Bezirksamt Hamburg-Mitte nachdenken würden,

(Beifall bei der CDU, der GAL und vereinzelt bei der LINKEN)

denn eigentlich sind fast alle Fehler, die ich heute aufzählen kann, auf Schreibers – ich weiß nicht, ob ich Mist sagen darf – Humus gewachsen.

(Andy Grote SPD: Warum diskutieren Sie das hier in der Haushaltsdebatte?)

Solange Sie, Herr Senator Scheele, Herrn Schreiber einfach machen lassen und sich weiter als Sheriff und Hardliner aufspielen lassen, sehe ich wenig Chancen für eines unserer Problemviertel.

(Andy Grote SPD: An Ihnen ist aber auch ei- ne Bezirkspolitikerin verloren gegangen!)

Sie sind der zuständige Senator und müssen eingreifen, wenn unwürdige Schnellschüsse von Herrn Schreiber abgefeuert werden, und Sie dürfen sich auf keinen Fall aus der Verantwortung stehlen oder denken, Sie seien fein raus, nur weil Sie nun ein Konzept vorgelegt haben.

(Beifall bei der CDU)

Die Trinkerszene am Hauptbahnhof ist das nächste große Thema, bei dem Sie beweisen können, dass Sie sich nicht nur wegducken können. Zur Nachhaltigkeit gehören nämlich auch der Mut und der Wille, ein Gesamtkonzept für den Umgang mit Obdachlosen in Hamburg vorzulegen.

(Andy Grote SPD: Sie wollten uns einen al- ternativen Lösungsansatz vorstellen!)

Natürlich muss man da Geld in die Hand nehmen, Herr Scheele, aber doch bitte an den richtigen Stellen. Auch wenn Sie nun angekündigt haben, dass das Haus an der Spaldingstraße 1b länger

stehen bleiben und erst einmal nicht abgerissen werden soll,

(Andy Grote SPD: Das war doch Ihr größter Flop aller Zeiten!)

wage ich mir kaum auszumalen, was passiert wäre, wenn wir nicht auf diesen kleinen Fauxpas gestoßen wären. Dann wäre wahrscheinlich ein sechsstelliger Betrag von Ihnen verbrannt worden. So sieht keine solide Finanzpolitik aus.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Das haben wir Ihnen doch alles vorgerech- net!)

Herr Kienscherf, ich habe Ihnen heute extra die Zahlen erspart und nur einen sechsstelligen Betrag genannt. Ich habe nicht einmal gesagt, wie viel es war. Von daher können Sie sich ganz entspannt beruhigen.

(Dirk Kienscherf SPD: Die Kosten pro Platz müssen Sie betrachten! – Andy Grote SPD: Das war der größte Schuss in den Ofen, den Sie je gelandet haben in Ihrer kurzen Zeit!)

Wenn Sie Geld investieren, Herr Scheele, dann ziehen Sie es doch bitte nicht aus den Bereichen ab, die für Hamburg elementar wichtig sind, wie zum Beispiel aus dem Titel für das Freiwilligenengagement. Ein Überbrückungsfonds für die Stadtteile ist eine schöne Idee, darf aber auf keinen Fall zulasten des Ehrenamts gehen, das für viele Projekte fundamentale Bedeutung hat.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Auch das ist leider kein nachhaltiges Konzept, sondern Flickschusterei.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist "pay as you go"!)

Einen letzten Punkt kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen. Ich finde es beinahe schon lächerlich, wie die SPD sich dafür feiern lässt, dass jetzt eine Fahne gegen Gewalt an Frauen am Rathaus hängt.

(Andy Grote SPD: Sie haben es ja nicht hin- gekriegt!)

Wir verstehen unter einer nachhaltigen Lösung zu handeln, anstatt reine Symbolpolitik zu betreiben. Und so zieht sich auch hier die nachhaltigkeitslose und konzeptfreie Politik der SPD durch alle Bereiche.

Herr Bürgermeister – Sie sind zwar nicht da, aber vielleicht erreicht es Sie trotzdem irgendwie –, Ihre Reden klingen meist recht enthusiastisch und, gerade vorgestern, für Ihre Verhältnisse auch recht dynamisch. Nutzen Sie diese Energie doch bitte, um Ihrer eigenen Partei den Pfad der nachhaltigen Konzepte näherzubringen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Vielen Dank, Frau Wolff. – Das Wort hat Frau Bekeris.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten hier den Sozialetat, einen großen Etat mit viel Verantwortung. Wir stehen vor großen Herausforderungen und sind mitten in intensiven Beratungsprozessen.

(Dietrich Wersich CDU: Das klang letztes Jahr noch ganz anders!)

Dabei ist es ein Schwerpunkt des Senats und der SPD-Fraktion, Teilhabe von allen Menschen an unserer Gesellschaft zu ermöglichen.

(Beifall bei der SPD)

Ein Thema sind – Sie haben es aufgegriffen und wir haben auch in den letzten Sitzungen schon sehr ausführlich darüber gesprochen – die Anstrengungen des Senats für das Winternotprogramm für Obdachlose. Wie Sie wissen, werden wir dazu auf Grundlage von Initiativen der verschiedenen Fraktionen im Februar eine Expertenanhörung haben. Ich finde es darum erstaunlich, dass DIE LINKE jetzt nahezu wortwörtlich dieselben Forderungen einbringt, die wir dort schon auf der Tagesordnung haben. Das ist relativ einfallslos.

(Beifall bei der SPD)

Im Gegensatz zu Frau Wolff möchte ich die Gelegenheit nutzen, Senator Scheele dafür zu danken,

(Zurufe von der CDU: Oh!)

dass er ohne bestehende Strukturen und in vergleichsweise kurzer Zeit einen guten Weg für das Winternotprogramm gefunden hat.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD hat ein Konzept zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit erarbeitet, das wir weiter umsetzen werden, und wenn ich mich an die letzten Debatten dazu erinnere, dann durchaus auch mit Unterstützung der Opposition.

Zum Bildungsund Teilhabepaket haben Sie schon einiges gesagt. Auch wir finden die Lösung aus Hamburg gut: Familien müssen nicht als Bittsteller zur Behörde gehen, sondern können ihre Anträge direkt bei den beteiligten Projekten stellen. Das ist unkompliziert, unbürokratisch und gut, und das ist auch im Ausschuss protokolliert.

(Beifall bei der SPD)

Teilhabe zu ermöglichen ist auch die Leitlinie in der Politik für Migranten. Der Integrationsbeirat wurde durch neue Strukturen arbeitsfähiger gemacht, der Optionszwang für Jugendliche mit doppelter Staatsbürgerschaft soll über eine Bundesratsinitiative endlich abgeschafft werden und mit der "Zentralen Anlaufstelle Anerkennung" für ausländische

(Katharina Wolff)

Fachkräfte haben wir ein gutes Beispiel einer zielgerichteten Förderung.

(Beifall bei der SPD)

Das ist nicht nur ein Beitrag, um neue Fachkräfte zu gewinnen, sondern verhindert vor allem auch die Ausgrenzung von Menschen.

Eng damit verbunden ist der Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, der zurzeit erarbeitet und dann im kommenden Jahr vom Senat beschlossen wird. Die Möglichkeit zu arbeiten ist nämlich ein wesentlicher Faktor für Menschen mit Behinderung, um selbstbestimmt und gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

(Beifall bei der SPD)

Genau in diesen Schwerpunktsetzungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt sich die Sozialpolitik des Senats. Die Bürgerinnen und Bürger werden ernst genommen, beraten, unterstützt und nicht ausgegrenzt.

Es ist ein wirklicher Fortschritt, dass im jetzt vorliegenden Haushalt endlich realistische Planungsgrößen aufgenommen wurden. Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass ein Haushalt mit den Zahlen arbeitet, die auch zu erwarten sind. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen aber leider, dass das so nicht geschehen ist. Das betrifft beispielsweise die viel zu gering veranschlagten Fallzahlen bei gesetzlichen Leistungen, die jetzt endlich an realistische Erwartungen angepasst wurden.

Aber ich gebe Ihnen noch weitere, und zwar aktuellere, Beispiele. In den vergangenen Jahren wurde nur etwa die Hälfte der eingestellten Haushaltsmittel benötigt und abgerufen, die für die Förderung des Ehrenamts vorgesehen waren. Man kann sich dabei schon fragen, warum höhere Summen eingestellt wurden, als in den Haushalt geschrieben wurden, und durchaus von Augenwischerei sprechen nach dem Motto: Wir machen ja ganz viel. Die Irritationen der letzten Tage, die durch Medienberichte über angebliche Kürzungen ausgelöst wurden, lassen sich ganz leicht erklären: Es gibt wegen dieser falschen Veranschlagung aus dem Haushalt 2010 Haushaltsreste in Höhe von 278 000 Euro.