Protokoll der Sitzung vom 24.11.2011

(Beifall bei der SPD)

Deshalb – Herr Schwieger hat darauf hingewiesen – wollen wir die Arbeitsvermittlung verbessern, deshalb schaffen wir einen gemeinsamen Arbeitgeberservice von team.arbeit.hamburg und Agentur, deshalb setzen wir einen Teil des Arbeitsmarktprogramms, ich betone einen Teil, auf integrationsfördernde, auch wieder längerfristige Weiterbildungsmaßnahmen für unter 30 Jahre alte Menschen, die ihr ganzes Berufsleben noch vor sich haben, für Ältere, die länger erwerbstätig sein müssen, damit sie nicht mit Rentenabschlägen in den Ruhestand gehen, und für Migrantinnen und Migranten, damit sie ihre vorhandenen Qualifikationen nicht als Taxifahrer am Hamburger Flughafen oder am Hauptbahnhof abgeben, sondern zu sozialversicherungspflichtigen Bedingungen in dem Beruf nutzen, den sie im Ausland erlernt haben. Und sie können einen wichtigen Beitrag leisten.

(Beifall bei der SPD)

Als Drittes setzen wir auf einen sozialen Arbeitsmarkt, weil ich keineswegs bestreite, dass es viele Menschen gibt, die so lange arbeitslos und teilweise in der dritten Generation erwerbslos sind, dass man sich ihnen mit besonderen Programmen zuwenden muss.

Wir haben mit unserem Arbeitsmarktprogramm diesem Parlament zugesagt, über die Wirksamkeit der eingesetzten Maßnahmen zu berichten. Das hat, glaube ich, vorher noch niemand getan. Es sind wirklich 34 Maßnahmen, wir werden etwas zu tun haben, aber wir wollen Ihnen zum März 2012

(Ksenija Bekeris SPD: 2013!)

2013, danke – darüber berichten. Das ist das, was Sie von einem Senat erwarten dürfen und was Ausdruck guten Regierens ist, denn was nicht wirkt, wird wieder abgeschafft. Anders können wir bei einer zurückgehenden Mittelzuweisung nicht vorgehen, aber diese Berichterstattung ist zugesagt.

(Norbert Hackbusch)

(Beifall bei der SPD)

Diese Arbeit zur Vorbereitung des Arbeitsmarktprogramms, die wir zusammen mit unseren Partnern gemacht haben, geschah unter erschwerten Bedingungen. Frau Wolff hat vorhin über alle möglichen von mir nicht eingelösten Zusagen geredet. Es ist blöd, wenn man es immer wieder sagen muss, aber wenn der Bund von 184 Millionen Euro auf 104 Millionen Euro kürzt und Schwarz-Grün im vorigen Haushalt aus zwei Haushaltstiteln noch einmal 11 Millionen Euro kürzt, dann ist die Frage, wie ein Arbeitsmarktprogramm entsteht, keine triviale. Dann muss man sich ziemlich anstrengen, um etwas halbwegs Vernünftiges hinzubekommen.

(Beifall bei der SPD)

Um es noch einmal zu sagen: Dieser Senat hat in den Haushaltstiteln, die er aus dem Einzelplan 7 in den Einzelplan 4 übernommen hat, in der Arbeitsmarktpolitik keinen Cent gekürzt. Wer etwas anderes behauptet, sagt die Unwahrheit.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe an die regierenden Fraktionen in Berlin ein Angebot. Meine Vermutung ist, dass im EGT auf Bundesebene 2011 viel Geld übrig bleibt, vermutlich 200 bis 300, vielleicht sogar 400 Millionen Euro. Mein Einfluss im BMAS ist zu begrenzt, um dafür zu sorgen, dass von diesem Geld, das aus Steuermitteln übrig bleibt, das also nicht der Selbstverwaltung unterliegt, etwas zurückgegeben wird. Meine Idee wäre, dass FDP und CDU mit mir gemeinsam nach Berlin fahren oder auch erst einmal dorthin schreiben, um dafür zu werben, dass wir die Hälfte der Restmittel bekommen, sodass wir ein Qualifizierungsprogramm für Erzieherinnen und Erzieher und Pflegerinnen und Pfleger auflegen können. Auf diese Weise würden wir die dringend benötigten Fachkräfte in Sozial- und Erziehungsberufen bekommen und gleichzeitig eine arbeitsmarktpolitische Großtat vollbringen. Dazu lade ich Sie ein, wir sollten es gemeinsam tun, Sie haben mehr Einfluss als ich.

(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GAL: Sagen Sie doch mal was zum Stadtteilbe- zug!)

Dazu komme ich jetzt, Herr Kerstan, ich will Sie nicht enttäuschen.

Ich will jetzt noch etwas zum IBV sagen. Wir hatten 3900 Arbeitsgelegenheiten zu vergeben. Wir haben – auf allgemeinen Wunsch hier im Haus – drei Programme vor die Klammer gezogen: die Hausbetreuer bei der SAGA, das waren 190, die RISEStellen in Harburg, das waren 290, und die Stellen für die Schulküchen, das sind 500. Insoweit standen nur 3120 und nicht 3900 Arbeitsgelegenheiten im Jahresschnitt zur Verfügung. Dann stellte sich heraus, was Herr Schwieger hier schon angesprochen hat, dass 107 Angebote offensichtlich gesetz

lich nicht einwandfrei waren. Das prüft die BA, denn Sie wissen doch: Bundesgesetz – Bundesmittel. Das heißt, 107 fallen aus und 30 Angebote sind nicht vollständig gewesen. Ich räume wie der Kollege Schwieger ein, dass ich damit nicht gerechnet hatte, aber das sind die Ursachen. So viele Plätze vor der Klammer und so viele zunächst formal nicht geeignete Angebote haben die Zusage, die ich den Bezirken gegeben habe, in der Tat so schrumpfen lassen, dass nur wenig Auswahl bestand. Aber diesen Vorgang jetzt als politisches Kalkül zu deuten, ist verfehlt, denn man kann es erklären.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt jetzt zwei Punkte. Erstens haben wir die Schulküchen auf sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgestellt, weil Küchen in Schulen Regelangebote sind und es sowieso nicht geht, die über AGH zu betreiben. Auf diese Weise sozialversicherungspflichtige Stellen zu bekommen, ist ein ausgesprochen positiver Effekt. Insofern kommen im ersten Halbjahr 2012 diese Ein-Euro-Jobs aus der Sphäre der BSB zurück in die noch zu vergebenden Angebote. Jetzt muss man sehen, wie man diese Stellen am Besten an Arbeitslose neu verteilen kann.

Als Zweites hat die Fraktion einen Übergangsfonds geschaffen. Das begrüße ich ausdrücklich, aber ich habe es so verstanden, dass dieser Fonds für die Umstrukturierung gedacht ist und nicht zum Ausruhen, denn man muss das Geld dazu nutzen, auf einen anderen Geschäftszweig zu kommen. Das war die Idee, die Frau Blankau und ich in Bezug auf eine Zusammenarbeit mit der SPD-Fraktion ausgetauscht haben. Es gibt sicher noch etwas zu verbessern und manches ist vielleicht nicht so gut gelaufen, aber über die Gründe sollte man sich schon fair austauschen.

(Beifall bei der SPD)

Hier sitzen viele, die der Bürgerschaft schon lange angehören, einige haben auch schon regiert. Wenn die soziale Infrastruktur Hamburgs von EinEuro-Jobs abhängig wäre, dann wäre es um diese Stadt schlecht bestellt. Das haben weder die Senate unter Herrn von Beust gemacht, noch die Vorgängersenate unter sozialdemokratischen Bürgermeistern. Ich bin sicher, dass die soziale Infrastruktur, die wir in bedürftigen Stadtteilen oder für bedürftige Bevölkerungskreise brauchen, allemal da ist, dass wir manches nur besser miteinander verzahnen und koordinieren müssen, um zu Synergieeffekten zu kommen. Wenn am Ende der Bestandsaufnahme etwas fehlt, dann muss man schauen, was zu tun ist. Ich bekenne mich ausdrücklich dazu, dass, wenn es um die Grundversorgung der Hamburger Bevölkerung geht, die nur auf Basis sozialversicherungspflichtiger Stellen befriedigt werden darf, keinesfalls über Arbeitsgelegenheiten; dafür sind sie nicht da.

(Senator Detlef Scheele)

(Beifall bei der SPD und der FDP – Jens Kerstan GAL: Und deshalb lassen Sie jetzt Einrichtungen kaputt gehen, die schon jahr- zehntelang existieren!)

Sie müssten jetzt an das Mikrofon gehen, dann könnte ich ja oder nein sagen.

(Antje Möller GAL: Aber das haben Sie doch auch so schon verstanden!)

Wir werden uns jetzt, das hätten wir ohnehin machen müssen, die Infrastruktur in dieser Stadt anschauen, um zu sehen, ob das, was die Stadt an Grundversorgung wirklich braucht, vorhanden ist oder fehlt und dann beurteilen, was zu tun ist. Stadtteil für Stadtteil werden wir uns das anschauen und dem Parlament vorlegen. Ich bin ziemlich sicher, dass das, was die Vorgängersenate in vielen, vielen Jahren geleistet haben, ausreicht, um die Bevölkerung grundsätzlich mit guten Leistungen auszustatten.

(Glocke)

(unterbre- chend) : Herr Senator Scheele, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kerstan zu?

Das muss ich jetzt ja.

Sie haben mich zwar schon gut verstanden, Herr Scheele, aber da Sie gebeten haben, die Frage am Mikrofon zu stellen, tue ich das gern.

Sie wissen selbst, dass es eine ganze Reihe sozialer Einrichtungen in den Stadtteilen gibt, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, wo Bevölkerungsgruppen leben, die wenige Chancen haben und die in diesen Einrichtungen Angebote zur Verfügung gestellt bekommen, die es sonst nicht geben würde. Seit Jahrzehnten hat es diese Einrichtungen gegeben und Sie schauen jetzt tatenlos zu, wie sie kaputt gehen. Finden Sie, dass eine theoretische Debatte über die Grundversorgung mit dem Hinweis, sie werde schon irgendwie sichergestellt, der richtige Ansatz ist?

(Ksenija Bekeris SPD: Zuhören, Herr Ker- stan!)

Ich habe darauf hingewiesen, dass die SPD-Fraktion in der Frage, wie man im Einzelfall helfen kann, die regelhafte Finanzierung vorzieht. Ich sage Ihnen, wenn es einen Stadtteil gibt, in dem es wirklich – trotz der vielen Einrichtungen, die wir in den Stadtteilen haben – an etwas fehlt, dann werden wir uns gemeinsam hinsetzen und schauen, was wir unter sozialversicherungspflichtigen Gesichtspunkten tun können. Aber pauschal zu sagen, man brauche all das für die Grundversorgung

(Jens Kerstan GAL: Das hat doch mit Grundversorgung nichts zu tun!)

Sie sagen, um es einmal etwas polemisch zu formulieren, dass wir ein Mindestmaß an Fördermaßnahmen für Arbeitslose brauchen, damit wir die Grundversorgung sicherstellen können –, da kann die sozialdemokratische Regierung wirklich nicht mitgehen.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zum Ende. Herr Hackbusch hat angemerkt, ich solle aufpassen, weil ich so gelobt werde. Ich komme gerade von der Arbeits- und Sozialministerkonferenz, da haben wir mehrheitlich einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn beschlossen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein großer Schritt. Gestern Abend beim Bericht des Arbeitsministeriums habe ich die Arbeitsministerin gefragt, wann die Zusagen aus der SGB-II-Reform endlich umgesetzt werden, Mindestlohn in der Weiterbildungsbranche und Mindestlohn in der Zeitarbeit. Sie hat gesagt, beides gebe es noch dieses Jahr. Auch das ist ein großer Erfolg für die Menschen, die dort arbeiten, dass sie endlich vernünftige Löhne bekommen. – Herzlichen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Der Abgeordnete Hecht hat das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Senator, herzlichen Dank für die Einladung, die Sie ausgesprochen haben. Es freut uns sehr, dass Sie uns als Ansprechpartner wahrnehmen. Wir haben allerdings eine kleine Bedingung, was die Restmittel anbelangt, bevor wir uns für Sie in Berlin stark machen.

(Dirk Kienscherf SPD: Für Hamburg sollen Sie sich stark machen!)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Kienscherf, ich spreche gerade mit dem Senator beziehungsweise ihn an.

(Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei der SPD)

Kommen wir zurück zur Sache. Bevor wir das Angebot annehmen, was wir natürlich gern tun würden, ist es so, dass wir auch über die Verteilung der gegebenenfalls eingeworbenen Mittel mitreden möchten. Dann könnten wir mitgehen.

(Beifall bei der CDU – Gabi Dobusch SPD: Der Senator vergibt bestimmt auch Termine für eine Privataudienz!)

Lassen Sie uns zum deskriptiven Befund zurückkommen, den der Senator gegeben hat. Er spricht