Angesichts der Diskussionen um den drohenden Fachkräftemangel, der demographischen Entwicklung, die Hamburg zwar nicht so stark treffen wird – im Gegensatz zu Nachbarländern werden wir wachsen, bald haben wir 1,8 Millionen Einwohner –, ist die Frage, wie wir attraktiven Wohnraum für junge Menschen schaffen, aktueller denn je.
Es geht darum, konkret zu handeln. Hamburg hat als Stadt ein sehr attraktives Ausbildungsangebot. Viele Unternehmen ziehen Jugendliche an – Hamburgerinnen und Hamburger sowie Menschen von außerhalb. Insgesamt gibt es in Hamburg 40 000 Ausbildungsplätze, 40 000 junge Menschen gehen hier täglich ihrer Ausbildung nach, von denen knapp die Hälfte nicht aus Hamburg kommt. In meinem Unternehmen bei Airbus sind es sogar mehr als die Hälfte, da haben wir ein Verhältnis von 60 zu 40. Nur noch 40 Prozent der Auszubildenden kommen aus Hamburg und 60 Prozent aus Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und anderen Bundesländern. Darauf müssen wir nicht nur reagieren, sondern es ist wichtig, auch die sozialen Rahmenbedingungen der jungen Leute in den Fokus zu nehmen.
Was heißt das? Das heißt, dass wir uns mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie viel zur Verfügung stehendes Einkommen die Auszubildenden monatlich auf ihrem Konto haben. Da gibt es große Unterschiede. Bei den Bäckern beispielsweise oder den Malern und Lackierern liegt das Einkommen zwischen 360 und 400 Euro, bei Flug
gerätemechanikern oder Industriemechanikern sind es im vierten Ausbildungsjahr 940 Euro. Das reicht aber bei Weitem nicht, um bei den derzeitigen Preisen eine Wohnung zu finanzieren. Also ist es wichtig, dass wir auf diese Situation jetzt reagieren.
Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum für die jungen Fachkräfte von morgen. Die SPD-Fraktion unterstützt die private Initiative "Azubiwerk", die sich seit einigen Jahren mit viel Einsatz genau für diese Idee stark macht. Bereits im Wahlprogramm sowie in der Regierungserklärung des Ersten Bürgermeisters hatte dieses Thema einen zentralen Stellenwert. Dort wird sehr deutlich, dass es notwendig ist, für genau diese Zielgruppe – nämlich die nichtakademische, die gewerblich-technischen und kaufmännischen Auszubildenden – Rahmenbedingungen zu schaffen, damit es sich lohnt, sie nach Hamburg zu holen und damit es sich für sie lohnt, hier in Hamburg zu leben. Günstiger, bezahlbarer Wohnraum ist dabei eine grundlegende Voraussetzung.
Das Ihnen vorliegende Konzept besticht nicht nur durch die Bereitstellung von Wohnraum, sondern vor allem durch die Sicherstellung einer pädagogischen Betreuung, dass es Gemeinschaftsräume geben soll, also eine Art WG-Situation entstehen kann, und durch die Kooperation mit Kammern, Trägern und Sozialpartnern, die integraler Bestandteil dieses Konzepts sind. Es geht zunächst darum, 500 Zimmer zu schaffen. Das reicht natürlich angesichts von 40 000 Azubis bei Weitem nicht aus, dennoch ist genau dieser Schritt zur jetzigen Zeit ein wichtiges Signal an Hamburg und seine Auszubildenden.
In Köln, Frankfurt und München gibt es bereits vergleichbare Projekte mit großem Erfolg. Die Initiative setzt darauf – und das ist unserer Ansicht nach bestechend –, dass nicht nur der Staat ein solches Angebot finanziert. Die Stadt soll in diesem Fall aufgefordert werden, eine Fläche zur Verfügung zu stellen, auf der solch ein Vorhaben Realität werden kann. Des Weiteren soll eine Stiftung interessierte Unternehmen, die um die jungen Fachkräfte kämpfen, motivieren, Geld in die Hand zu nehmen und es in dieser Form zu investieren. Wir meinen, das ist ein sehr innovativer und richtiger Ansatz.
Die Hamburger Wirtschaft in breitem Umfang einzubeziehen, ist der richtige Ansatz. Die Handelskammer hat bereits signalisiert, dass sie dieses Vorhaben unterstützen wird, indem sie bei ihren Mitgliedsunternehmen für breite Unterstützung wirbt.
Wir brauchen Angebote für junge Fachkräfte. Von zentraler Bedeutung ist selbstverständlich auch der Standort. Wir müssen einen Standort wählen, wie in unserem Konzept vorgesehen, der sich in zentraler Lage befindet. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Ausbildungsstätten in Hamburg ist es wichtig, dass dieser Ort mit dem öffentlichen Personennahverkehr gut zu erreichen ist. Genauso sind die Berufsschulen über ganz Hamburg verteilt, dem muss dieses Konzept Rechnung tragen.
Wir meinen, dass dieser Weg Hamburg als Ausbildungsstandort attraktiver macht und dem drohenden Fachkräftemangel gezielt entgegenwirken kann. Ich bin mir sicher, dass wir mit dem "Azubiwerk" ein wichtiges und attraktives Angebot für die jungen Fachkräfte von morgen schaffen werden. Ich hoffe auf Ihre Unterstützung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielen Dank an die SPD für die Anmeldung dieses Themas. Wir halten es grundsätzlich für eine sehr sinnvolle Initiative zur Stärkung der beruflichen Bildung. Herr Balcke hat bereits einige Zahlen genannt über die 40 000 Menschen, die in Hamburg in Ausbildung sind. Lassen Sie mich aus einer Umfrage, die von der Handwerkskammer in diesem Jahr durchgeführt wurde, ergänzen, dass fast 50 Prozent der Auszubildenden im Handwerk am Ende des ersten Lehrjahres in einem Azubiwohnheim würden wohnen wollen. Folge, wir brauchen attraktive Miet- und verkehrsgünstige Wohnbedingungen für Auszubildende. Eine breite Akzeptanz für ein solches Angebot ist offensichtlich vorhanden. Herr Balcke hat wichtige Aspekte erwähnt wie die Verbesserung der sozialen Lage und die Sicherung des Fachkräftebedarfs, die sich natürlich auch auf junge Menschen aus anderen Bundesländern stützen muss. Was auch nicht vergessen werden darf, ist, dass ein Auszubildendenwohnheim natürlich auch eine symbolische Wertschätzung für die Qualifizierung Auszubildender im dualen System darstellt. Sie bekommen etwas, was auch der akademische Nachwuchs hat.
Aber der SPD-Antrag wirft auch Fragen auf. Da ist die Frage nach der Begleitung der Auszubildenden. Auszubildende werden anders als Studierende von ihren Betrieben, den Kammern und den Berufsschulen betreut. Wenn überhaupt, sollte ein Auszubildendenwerk als einheitlicher Ansprechpartner fungieren. Die SPD hat ein konkretes Grundstück am Bahnhof Veddel im Auge. Das Grundstück soll von der SAGA zur Verfügung gestellt werden, die laut "Hamburger Abendblatt"
aber noch nicht über die Nutzung entschieden hat. Wir würden gern wissen, mit welchem Planungsrecht dieses Grundstück aktuell belegt ist. Wir schließen uns darüber hinaus der Sicht der GAL an, dass der Vorschlag, den die SPD heute einbringt, in Bezug auf die Zeitspanne Probleme aufwirft. Es soll mindestens zwei Jahre bis zur Entwicklung eines Neubaus dauern. Daher finden wir die Idee, auch eine Bestandsimmobilie zu prüfen, sehr sinnvoll.
Was uns stutzig gemacht hat, war die Berichterstattung gestern im "Hamburger Abendblatt". Der Name Auszubildendenwerk suggeriert zunächst Unabhängigkeit, gar eine öffentlich-rechtliche Stellung wie das Studierendenwerk, aber durch die ausführliche Berichterstattung sind uns Zweifel gekommen. Was macht uns stutzig? Die Initiative, die in diese millionenschwere Stiftung überführt werden soll – es ist von 40 Millionen Euro Baukosten die Rede –, ist aus einem Juso- und SPD-Netzwerk entstanden.
Um den Verdacht der Vetternwirtschaft auszuschließen, treten wir der Forderung der LINKEN auf Überweisung bei.
Lassen Sie uns dieses wichtige Projekt auf eine vernünftige und unabhängige Basis stellen. Stimmen Sie dem Antrag auf Überweisung zu. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist der richtige Zeitpunkt. Dieser Antrag ist wirklich fällig, schon wegen der Veränderung, die sich bezüglich der Ausbildungsplatzsituation in Hamburg ergeben hat und auch wegen der Schwierigkeit der mehr und mehr steigenden Mieten, die Jugendliche einschränkt und behindert, in Hamburg ihre Ausbildung beginnen zu können. Ich erlebe es tagtäglich, mit welchen Schwierigkeiten Jugendliche kämpfen müssen, um Unterkünfte zu bekommen, wie lange Fahrtwege sie auf sich nehmen und wie viel Miete sie bezahlen müssen, wenn sie in Hamburg ihre Ausbildung anfangen wollen. Ich hätte mir allerdings eine etwas andere Intonation gewünscht. Der Schwerpunkt des Antrags liegt darauf, den Fachkräftemangel beseitigen zu wollen. Es täte uns gut, wenn wir die Zukunft der jungen Menschen mehr in den Vordergrund stellen würden.
Man kann natürlich nicht 320 Euro für ein Zimmer in einer WG mit einer Ausbildungsvergütung bezahlen, die, wenn überhaupt, kaum doppelt so hoch ist. Damit lässt sich das nicht bestreiten. Es gibt einen deutlichen Rückgang Auszubildender, die von außerhalb kommen. Das mag zum einen am Rückgang der Anzahl junger Menschen in anderen Bundesländern liegen, aber es liegt auch daran, dass eine Ausbildung hier nicht finanzierbar ist. Deswegen ist es gut, dass ein Auszubildendenwerk eingerichtet wird, und es ist auch gut, wenn im Rahmen der beruflichen Bildung im dualen System die beteiligten Parteien an dieses Auszubildendenwerk herangeführt werden und es mitsteuern und finanzieren. Das wird im Weiteren noch auszugestalten und zu präzisieren sein, was eine Aufgabe für den Ausschuss ist.
Ich möchte einen anderen Aspekt einbringen. Wir haben im Hamburg, das hat im Juni unsere Große Anfrage über Obdachlosigkeit in Hamburg ergeben, etwa 5500 Wohnungen für Studierende, wir haben nicht eine einzige Wohnung – und da sind wir eines der ganz wenigen Bundesländer – für Auszubildende. Es wird endlich Zeit, dass wir die Qualität beruflicher Bildung auch in diesem Sektor mit der Qualität der Ausbildung an Universitäten gleichstellen.
Ich möchte einen weiteren Punkt anfügen. Es kann nicht sein, dass das Studierendenwerk Fördermittel für den Bereich Studierendenwohnung bereitstellt, dies für Auszubildende aber nicht gemacht wird. Deshalb haben wir unseren Zusatzantrag eingebracht, eine Förderung in entsprechender Höhe für Auszubildendenwohnungen bereitzustellen.
Zweitens wird der Engpass immer stärker. Im Antrag der SPD ist nicht erkennbar, dass es eine erste Sofortmaßnahme gibt, sondern es geht nur um die Bereitstellung eines Grundstücks. Wir sollten uns dafür einsetzen, dass Bestandsgebäude bereitgestellt werden, weil das sehr viel schneller zu ersten Unterkunftsmöglichkeiten führt. Ich hoffe, dass es im Jahr 2013 mit dem Ausbildungsbeginn die ersten Wohnungen gibt. Deswegen bitte ich Sie, unseren Zusatzantrag zu unterstützen.
Zum Schluss möchte ich sagen, dass es mir darauf ankommt, die Qualität beruflicher Bildung stärker in den Vordergrund zu stellen und sie in einer ebenso großen Bedeutung wie akademische Bildung zu sehen – die Anforderungen sind in sehr vielen Ausbildungsberufen wirklich hoch – anstatt sie immer als fünftes Rad am Wagen zu betrachten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Schaffung einer erfolgreichen beruflichen Perspektive nach dem Schulabschluss hat auch etwas mit dem Beiseiteräumen konkreter Hindernisse zu tun. Das reduziert sich nicht auf das Suchen und Finden eines geeigneten Ausbildungsplatzes, sondern es stellt sich häufig die Frage, wie finde ich einen geeigneten Wohnraum in der Nähe meines Ausbildungsplatzes. Die Antwort darauf ist in einer Metropole wie Hamburg schwierig; die Mietpreise sind bekannt. Während es bundesweit derzeit mehr als 550 Einrichtungen mit 60 000 Plätzen für Auszubildende und Blockschüler gibt – die sogenannten Jugendwohnungen –, ist Hamburg hier Schlusslicht. Nur bei uns und in Bremen werden noch keine speziellen Wohnräume für Auszubildende angeboten; das müssen wir ändern.
Für Studenten werden ganz selbstverständlich und zu Recht Studierendenwerke und Studierendenwohnheime vorgehalten. Für jüngere Auszubildende, die nicht nebenbei jobben können, gibt es im Regelfall kein Angebot. Hamburg braucht ein Angebot von Jugendwohnungen, darüber sind wir uns, glaube ich, alle einig.
Das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, denn jetzt schon wissen wir, dass Unternehmen ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen können. Um die Wirtschaft weiter anzukurbeln und unseren Fachkräftebedarf effektiv und nachhaltig zu sichern, muss der Standort Hamburg nicht nur für unsere Schulabgänger, sondern auch für solche aus dem Umland an Attraktivität gewinnen. Dazu gehören auch bessere Rahmenbedingungen für junge Auszubildende. 60 Prozent der Jugendlichen in deutschen Jugendwohnheimen sind bei Einzug minderjährig. Das ergab eine Umfrage eines vom Bundesministerium für Familie, Senioren und Frauen geförderten Forschungsprojekts. Daher ist es wichtig, dass die Wohnangebote für Auszubildende auch pädagogische Betreuung und Unterstützung anbieten und Jugendliche auf ein selbstständiges Leben vorbereiten.
(unterbre- chend) : Frau von Treuenfels, entschuldigen Sie die Unterbrechung. Könnte das Plenum bitte der Rednerin zuhören. Wenn Sie sich unterhalten wollen, gehen Sie doch bitte nach draußen.