Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Anmeldung einer Debatte zur Personalpolitik in der Aktuellen Stunde war eine richtige Entscheidung. Es ist gerade jetzt notwendig, die Aufmerksamkeit des Parlaments, aber auch der Öffentlichkeit auf die Personalpolitik des neuen SPD-Senats zu richten. Nach einem Jahr müssen wir feststellen, dass es eine ganze Reihe von fragwürdigen Personalentscheidungen gegeben hat. Ich will nur einige nennen: Die Ablösung des Bezirksamtsleiters in Harburg, Herrn Meinberg, durch Herrn Völsch,
die Abberufung von Herrn Bösenberg bei team.arbeit.hamburg und Ersetzung durch Herrn Siepe, Herr Murck als Verfassungsschutzpräsident in der Nachfolge von Herrn Vahldieck. In all diesen Fällen wurden Ersetzungen durch SPD-Mitglieder vorgenommen. Und entscheidend sind die Gründe für die Ablösungen, bei Herrn Meinberg und auch bei Herrn Bösenberg waren es ganz offenkundig vorgeschobene Gründe.
Und es gibt viele Fälle in der mittleren Verwaltungsebene, die das Licht der Öffentlichkeit noch lange nicht erblickt haben.
Natürlich sind viele davon Einzelentscheidungen und über Einzelentscheidungen lässt sich trefflich streiten. Aber eines lässt sich nicht bestreiten: Die Vielzahl dieser Fälle ergibt schon ein ganz eindeutiges Bild. Nach einem Jahr Regierungszeit des neuen SPD-Senats stellt sich heraus, dass sich die Mitgliedsbeiträge vieler Genossen in den letzten zehn Jahren als lohnende und lukrative Zukunftsinvestitionen erwiesen haben.
(Beifall bei der GAL und der CDU – Wolf- gang Rose SPD: So was unter Niveau! – Dirk Kienscherf SPD: Was ist denn mit Lie- ven, Lühmann und so weiter?)
Ganz offenkundig fühlen Sie sich in der SPD jetzt wieder in alte Zeiten zurückversetzt, als die SPD Staatspartei war und bei Ihnen das Motto galt: Was gut ist für die SPD, das ist auch gut für Hamburg. Das ist eine sehr rückwärtsgewandte Sichtweise dieses SPD-Senats, die auch inhaltlich in vielen Politikfeldern eine Rolle spielt, beim vollständigen Verzicht auf eine Umweltpolitik, der Energiepolitik im Sinne der Energiekonzerne, beim Wohnungsbau wie in den Sechzigerjahren ohne jedes übergeordnete Konzept zur Stadtentwicklung und bei der Verkehrspolitik im Rückwärtsgang. Es mag sein, dass die SPD nur diese alten Rezepte hat. Aber die alte Selbstbedienungsmentalität in der Verwaltung ist kein gutes Konzept für die Zukunft Hamburgs.
und Bürger fragen nach, sie sind kritischer geworden, sie wollen mitreden und mitentscheiden. Und vor diesem Hintergrund werden Ämterpatronage und Paternalismus mit Sicherheit nicht mehr ohne Weiteres akzeptiert.
Das sollten Sie bei künftig anstehenden Personalentscheidungen durchaus auch im Hinterkopf haben. Es steht an, den Präsidenten des Rechnungshofs zu ersetzen; auch die Nachfolge des Präsidenten des Sozialgerichts wird bald entschieden werden müssen. Und wir haben eine ganz klare Erwartung an Sie als SPD-Fraktion, aber auch an den Senat: Es darf keine Entscheidungen allein aufgrund des Parteibuchs mehr geben.
Um das ganz deutlich zu sagen: Wir wollen dabei auch keine Geschäfte auf Gegenseitigkeit mit der Opposition, um diese ruhig zu stellen
nach dem Motto, drei ins Töpfchen der SPD und eins ins Kröpfchen der Opposition. Das wollen wir nicht. Wir haben die klare Erwartung, dass künftig wirklich nach Qualifikation entschieden wird.
Und bei Entscheidungen nach der Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber spielt ein Gedanke eine wichtige Rolle, dem Sie nähertreten sollten und der Ihnen manchmal erkennbar schwerfällt: Besetzung nach Qualität heißt nicht automatisch, dass es ein Genosse wird; ein SPD-Parteibuch ist noch nicht automatisch ein Qualitätsnachweis.
Deshalb sollten Sie in der modernen Bürgergesellschaft ankommen. Ihr selbstherrlicher Politikstil ist nicht mehr zeitgemäß. Auf lange Sicht werden Sie damit keine Sympathie gewinnen. Das sollte auch der Bürgermeister erkennen und in der Personalpolitik die Reißleine ziehen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kerstan, das war eben ein schönes Eigentor, das Sie mit dem Verweis auf Harburg geschossen haben.
Wir von der FDP können die Kritik so pauschal nicht teilen. Es gibt, das muss man auf jeden Fall sagen, einen gewissen Trend in der Verwaltung, dass die SPD ihre absolute Mehrheit durchaus dazu nutzt, neue personelle Weichenstellungen vorzunehmen und Stellen nach Parteibuch neu zu besetzen. Allerdings sehen wir uns immer den Einzelfall an. In Harburg wurde ohne Not kurz vor der letzten Bürgerschaftswahl der Bezirksamtsleiter auf sechs Jahre im Amt bestätigt. Das wäre in dieser Form nicht nötig gewesen.
Daher, das sage ich ganz deutlich, hat die FDP aus voller Überzeugung an der Abwahl mitgewirkt. Auch bei dem anderen Fall, in Wandsbek, lohnt sich ein Blick in die Geschichte. Frau SchroederPiller wurde als Nachfolgerin von Herrn Fuchs gewählt, der zum Staatsrat berufen worden war, und da hat es auch keine Ausschreibung gegeben.
In Altona wurde Hinnerk Fock seinerzeit durch eine schwarz-grüne Koalition abgewählt. Insofern ist die Kritik an einigen Stellen doch etwas wohlfeil.
Im Bezirk Hamburg-Nord können Sie sehen, dass überall da, wo die FDP mitregiert, tatsächlich nach Leistung, Eignung und Befähigung besetzt wird.
Viel interessanter ist in diesem Zusammenhang tatsächlich der Blick auf die mittleren und niedrigeren Leitungsebenen. Die SPD hat nach der Neuwahl mehr Abteilungen und mehr Referate geschaffen und da wir werden jetzt ganz genau hinsehen, ob es da Stellenanhebungen gibt.
Ich habe dazu schon eine Schriftliche Kleine Anfrage gestellt. Wir werden uns jeden Einzelfall ganz genau ansehen.
Die 40 Jahre Erfahrung mit der SPD machen uns natürlich auch skeptisch und daher sollte man tatsächlich wachsam sein und schauen, was passiert.