von gestern fort und beginnen mit dem zweiten Thema, das wegen Zeitablaufs nicht mehr behandelt werden konnte, angemeldet von der FDPFraktion:
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am vorletzten Montag hat der Rechnungshof seinen Jahresbericht 2012 über die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Freien und Hansestadt Hamburg vorgestellt. Schwerpunkt des Berichts ist die Nachhaltigkeit des staatlichen Handelns und damit eines der zentralen Themen, mit denen sich Parlament und Regierung auseinanderzusetzen haben. Für diesen Bericht möchte ich, auch im Namen der FDP-Fraktion, Herrn Dr. Meyer-Abich und seinem Team herzlich danken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie werden die Ausführungen von Herrn Dr. Meyer-Abich gehört haben, ich möchte hier nicht alles wiederholen. Im Juni werden wir uns dann aber intensiv im Unterausschuss damit beschäftigen, dass der Senat im sozialen Bereich viel Geld ausgibt, über Wirkung und Qualität der Maßnahmen aber weitgehend Unwissenheit herrscht, dass die Erhaltung der staatlichen Infrastruktur fahrlässig vernachlässigt wurde und wird und der Betriebshaushalt der Stadt für die Unterhaltung jährlich 300 Millionen zusätzlich aufbringen muss, und dass das Anlagevermögen der Stadt auf weniger als die Hälfte des Anschaffungswertes taxiert wird. Wir werden uns darüber unterhalten, dass beim Klimaschutz nur ein Bruchteil der Maßnahmen überhaupt einer Erfolgskontrolle unterzogen werden konnte, und das dann auch noch mit einem schlechten Ergebnis.
Ich habe nur fünf Minuten Zeit und möchte mich deshalb auf einen wesentlichen Punkt konzentrieren, nämlich die strukturellen Fehlentwicklungen in der Haushaltspolitik des Senats. Der Rechnungshof hat – wie schon in seinem Bericht zur Nachhaltigkeit der Finanzwirtschaft vom letzten Dezember – sehr deutlich gemacht, dass zwischen dem sinnvollen Finanzkonzept des Senats und den von ihm getroffenen Maßnahmen eine große Lücke klafft. Im Klartext: In der Theorie ist das Konzept,
Uns stellt sich heute die Frage, ob der Senat und die SPD-Mehrheitsfraktion überhaupt verstanden haben, was ihnen der Rechnungshof mitgeteilt hat. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass die Botschaft gar nicht angekommen ist.
So haben Sie, Herr Senator Tschentscher, uns in einem Interview mit "Der Welt" am 29. Januar wissen lassen, dass Sie schon in 2011 einen gewissen Erfolg beim Personalabbau in der Verwaltung gehabt hätten. Das ist nicht nur nicht nachvollziehbar, es ist schlichtweg falsch.
Richtig ist, dass es im letzten Jahr erneut einen Anstieg der städtischen Beschäftigten um mehrere Hundert gegeben hat. Und auch, dass Sie die Einstellung der Stadtbahn-Planungen als eine der wichtigsten Einsparungen bezeichnen, ist grotesk. Es handelt sich dabei nämlich um Einmaleffekte, mit denen Sie selbstverständlich keine dauerhaften Ausgabensteigerungen ausgleichen können. Wie Sie die jüngst beschlossene Abschaffung der Studiengebühren oder das kostenlose Kita- und Hortmittagessen – Kostenpunkt immerhin 60 Millionen Euro jährlich – finanzieren wollen, bleibt also offen. Kein Wort verlieren Sie, lieber Herr Senator, über eine der größten Haushaltsbelastungen, nämlich die immensen Pensionsverpflichtungen, die in den nächsten Jahren wie eine Lawine über die Stadt rollen werden.
Auch bei der SPD-Mehrheitsfraktion sehen wir eine deutliche Verweigerung, die Realität zur Kenntnis zu nehmen. Herr Quast, Sie als Haushaltsfachsprecher der SPD-Fraktion verkündeten in einer Presseerklärung vom 30. Januar, dass Ihre Fraktion mit dem Haushaltsplan 2011/2012 wichtige Weichenstellungen vorgenommen habe. Das allerdings konnten Sie bislang weder gegenüber der Opposition noch gegenüber dem Rechnungshof mit Fakten unterlegen.
Herr Senator Tschentscher, wir fordern Sie und den heute wieder einmal abwesenden Bürgermeister auf:
Wenn Sie schon nicht auf die Forderungen der Opposition eingehen wollen, nehmen Sie die mahnenden Worte des Rechnungshofs als dringenden Appell, Ihre Haushaltspolitik umzusteuern.
Leiten Sie, lieber Herr Senator Tschentscher, im Interesse der Stadt und im Interesse nachfolgender Generationen endlich die notwendige Wende in der Haushaltspolitik ein und wälzen Sie die Verantwortung dafür nicht auf die Fachressorts ab, denen Sie unklare Vorgaben für die Erreichung globaler Minderausgaben machen. Nehmen Sie Ihre Verantwortung als Finanzsenator an und steuern Sie die Sparmaßnahmen zentral in Ihrer Behörde.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Wersich, vielen Dank. Beim nächsten Mal können Sie mir ein paar Stichworte für meine Rede aufschreiben – das war schon ganz gut, wie Sie angefangen haben –, aber ich möchte auch noch ein paar eigene Gedanken vortragen.
Zunächst einmal möchte ich mich dem Dank der FDP-Fraktion an den Rechnungshof anschließen. Der Bericht, den der Rechnungshof uns Jahr für Jahr vorlegt, ist eine wichtige Arbeitsgrundlage, und wir werden ihn intensiv in den Gremien beraten.
Schade ist nur – und deswegen ist es auch gut, dass wir uns die Beratungszeit nehmen –, dass zumindest Sie, liebe Kollegin Suding, den Bericht sehr selektiv gelesen und nur rudimentär wahrgenommen und wiedergegeben haben, was tatsächlich in ihm steht. Zentral ist doch, dass der Rechnungshof in Bezug auf das von Ihnen benannte Thema – die Nachhaltigkeit der Finanzwirtschaft und die Anforderungen, die sich uns in den nächsten Jahren stellen – durchaus anerkennt, dass
erstmals ein Senat ein Modell entwickelt hat und es auch umsetzt, das zu einer nachhaltigen Konsolidierung des Hamburger Haushalts führen wird.
Der Bericht spiegelt die Versäumnisse der letzten Jahre wider. Wir hatten nicht viel Zeit für den Haushalt 2011/2012 und konnten nur vereinzelt neue Schwerpunkte setzen, weil wir im Wesentlichen damit beschäftigt waren, die Versäumnisse der Vorgängersenate abzuarbeiten und unrealistische Ideen zu streichen.
(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU: Oh! – Dietrich Wersich CDU: Das wärmt das sozialdemokratische Herz!)
Wir tilgen Schulden in Höhe von 200 Millionen Euro. Wir gleichen das Defizit beim Sondervermögen Stadt und Hafen aus und sanieren den Hamburgischen Versorgungsfonds. Das sind Altlasten, die in den letzten zehn Jahren gesehen, aber nicht angegangen worden sind. Wir tun etwas, Frau Suding.
Die vor uns liegende Aufgabe wird nicht geringer. Der Rechnungshof rechnet uns vor, dass der Sanierungsbedarf aufgrund bislang unterlassener Sanierungen an öffentlichen Bauten, Straßen und Grünanlagen bei mehreren Milliarden Euro liegen wird. Wir werden dieses Problem im nächsten Doppelhaushalt weiter verfolgen. Wir haben angefangen und wir gehen weiter.