Protokoll der Sitzung vom 29.02.2012

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Nee!)

Eine Regelung bundespolitischer Art halten wir für problematisch, weil die Situationen in den einzelnen Bundesländern viel zu unterschiedlich sind, um gemeinsame Regelungen zustande zu bekommen. Der Ansatz ist schon von der Richtung her verkehrt. Deswegen werden wir das nicht unterstützen, sind aber gern bereit, die Anträge zu überweisen, und hoffen auf eine gute Diskussion im Ausschuss.

(Beifall bei der GAL)

Nun hat Herr Dr. Duwe das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Thema ist nicht neu, und das Baugesetzbuch umfasst diverse Paragraphen, in denen Ausgleichsabgaben schon definiert sind. Diese haben natürlich eine Grenze, und zwar dort, wo die staatlichen Ausgaben überstiegen werden.

Planungsleistungen et cetera können also abgeschöpft werden. Was pauschal darüber hinausgeht, ist keine Abgabe mehr, sondern eine Steuer, und das ist ein ganz großes Problem. Damit hat man nämlich verfassungsrechtliche Schwierigkeiten; Herr Grote hat dazu schon einiges gesagt. Wir als FDP sehen natürlich auch eine Gerechtigkeitslücke, und wir finden die Lösung über städtebauliche Verträge sehr gut. Man muss nur sehen, dass man sie überall durchführt, und zwar fallbezogen. Das ist ganz wichtig, denn wenn man es nicht fallbezogen macht, sondern pauschal, dann wird das verfassungsschädlich, und man bekommt große Schwierigkeiten.

Der Antrag der GAL spricht von pauschalen Regelungen, und deshalb können wir diesem nicht zustimmen. Wir sind aber gern bereit, darüber zu diskutieren, wie wir in Hamburg fallgerechte Lösungen für den Wohnungsbau und andere Bereiche erzielen können. Das wird sehr spannend. In der letzten Legislaturperiode ist da nicht sehr viel getan worden. Das muss zum Wohle der Stadt geschehen, und man darf nicht ideologisch darauf abzielen, irgendwo Geld abzuzocken. Das Thema ist zu wichtig, um es ideologisch zu behandeln. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Nun hat noch einmal Frau Sudmann das Wort.

(Jörg Hamann CDU: Frau Sudmann erklärt uns die Welt!)

Es gibt einen Punkt, der mich wirklich ärgert. Ich will versuchen, das, was Sie hier andeuten, in andere Worte zu fassen. Es geht mir um die Gettoisierung und Ihre Argumente gegen 50 Prozent sozialen Wohnungsbau. Was Sie andeuten, aber nicht deutlich sagen, ist Folgendes: Wenn die Menschen, die Anspruch auf einen Paragraph-5-Schein haben, auf einem Haufen leben, bekommen wir Schwierigkeiten, so wie wir Schwierigkeiten hatten, weil damals zum Beispiel in Allermöhe die Belegung schlecht war. Da hatte man Problemgruppen – in Anführungsstrichen – zusammengepackt. Aber bei den 50 Prozent Sozialwohnungen rede ich von Menschen, die Anspruch auf einen Paragraph-5-Schein haben. Ich habe Ihnen schon öfter gesagt, dass das jeder zweite Haushalt in Hamburg ist. Und hier zu sagen, dass jeder zweite Haushalt in Hamburg nicht sozialverträglich sei, ist eine Unverschämtheit.

(Beifall bei der LINKEN – Jörg Hamann CDU: Das hat doch niemand gesagt, das ist doch Unsinn!)

Doch, genau das verbirgt sich hinter dem Begriff Gettoisierung.

Herr Duge, das hätte ich von Ihnen nicht erwartet, das ist wirklich unmöglich.

Jetzt aber noch einmal zurück zu Herrn Hamann. Herr Hamann, ich habe mich extra für Sie und andere Juristen und Juristinnen hier im Haus bei Nummer 3 an dem orientiert, was in München von verschiedenen Juristinnen und Juristen geprüft und formuliert wurde, und ich dachte, dass Hamburger Juristen auch Bayern verstehen, aber da habe ich mich vielleicht getäuscht. Insofern mögen Sie den Absatz gerne noch einmal auseinandernehmen.

(Jörg Hamann CDU: Den versteht doch kein Mensch, den Absatz!)

Sie haben nicht verstanden, dass es darum geht, dass Gewinne ohne Gegenleistung abgeschöpft werden. Wir haben zum einen Bebauungsplanverfahren, bei denen noch viele Infrastrukturmaßnahmen erforderlich sein werden und Kosten entstehen, wir haben aber auch kleine Bebauungsplanverfahren, wo zum Beispiel keine Kita gebaut und keine Schule erweitert werden muss. Das haben wir in Altona und in St. Georg in dicht gebauten Bereichen. Da bleiben diese Gewinne ohne jegliche Gegenleistungen komplett bei den Eigentümerinnen. Das wollen wir nicht, das finden wir falsch.

(Beifall bei der LINKEN)

Bitte, Herr Duge.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte eine Sache nicht so stehen lassen, wie Frau Sudmann sie eben dargestellt hat. In Stadtteilen mit einem hohen Anteil von Wohnungen mit Belegungsbindung sammeln sich schon eine erhebliche Anzahl von Problemen. Wir wissen ebenso aus dem schulischen Bereich, dass die Entwicklungschancen für alle dort besser sind, wo eine Durchmischung und nicht eine Monostruktur sozialer Verhältnisse herrscht. Wer das nicht gelernt hat, der macht Politik von vor hundert Jahren.

(Beifall bei der GAL)

Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall, dann kommen wir zu den Abstimmungen. Die Abgeordneten Martin und Heinemann haben mir mitgeteilt, dass sie an diesen nicht teilnehmen werden.

Wer stimmt nun einer Überweisung der Drucksache 20/3238 an den Stadtentwicklungsausschuss zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das mehrheitlich an den Stadtentwicklungsausschuss überwiesen.

Wer möchte zudem die Drucksache 20/3068 ebenfalls an den Stadtentwicklungsausschuss überwei

(Dr. Kurt Duwe)

sen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch diese Drucksache mit großer Mehrheit an den Stadtentwicklungsausschuss überwiesen.

Wir kommen zu Punkt 49, Drucksache 20/3182, Antrag der SPD-Fraktion: Hochwasserschutz in Hamburg.

[Antrag der SPD-Fraktion: Hochwasserschutz in Hamburg – Drs 20/3182 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/3399 ein Antrag der FDP-Fraktion vor.

[Antrag der FDP-Fraktion: Hochwasserschutz in Hamburg – Drs 20/3399 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Krischok, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben alle auf dem Weg hierher in der Eingangshalle des Rathauses die Ausstellung "Die große Flut – Katastrophe, Herausforderung, Perspektiven" gesehen. Diese Sturmflut war die Schlimmste in der hamburgischen Geschichte. Die Folgen sind uns noch einmal bildlich vor Augen geführt worden. Vor 50 Jahren brachen in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar Hamburgs Deiche. Ein Fünftel von Hamburg wurde von den Wassermassen überflutet. 315 Menschen verloren ihr Leben. Der Sachschaden wurde seinerzeit auf 3 Milliarden DM beziffert. Die Folgen dieser Katastrophe haben sich tief in die Seele unserer Stadt eingebrannt und mahnen uns, dass Hamburg sich der Gefahren des Hochwassers und der Sicherheit seiner Deiche stets bewusst sein muss.

Damit in Hamburg niemand vor dem Blanken Hans Angst haben muss, darf die Stadt beim Deich- und Hochwasserschutz nicht nachlassen. Hochwasserschutz ist Teil der staatlichen Daseinsvorsorge. Das ist richtig so, und so muss und wird es bleiben. Deshalb hat die SPD-Fraktion zum 50. Jahrestag der Sturmflutnacht von 1962 einen Antrag zur Deichsicherheit vorgelegt, den wir heute beschließen wollen. Wir wollen, dass Hamburgs Deichsicherheit transparent dargestellt und, wo nötig, umgehend verbessert wird. Positiv sind und waren die Verbesserungen in den vergangenen Jahrzehnten. Hamburgs Deiche sind inzwischen über 2,5 Meter höher als noch 1962. Die Katastrophenschutzpläne zur Deichverteidigung existieren nicht nur auf dem Papier. Ein möglicher Ernstfall, der hoffentlich nie wieder eintreten wird, wird regelmäßig geprobt.

Der Klimawandel stellt Hamburgs Deichsicherheit auf eine besondere Probe. Nach Berechnungen des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie werden die Temperaturen in Norddeutschland bis 2100 um 2,5 Grad steigen. Der Weltklimarat IPCC erwartet bis Ende des Jahrhunderts eine Anhebung der Meeresspiegel um 18 bis 59 Zentimeter. Steigende Meeresspiegel, mehr Sturmfluten, höhere Wasserstände der Elbe und zunehmende Niederschläge infolge der Klimaveränderungen werden Hamburgs Deiche in Zukunft noch mehr als bisher fordern. Wir wollen deshalb auch den baulichen Zustand der Deiche und die Schleusen, Sperrwerke, Schöpfwerke, Deichsiele und Sperrtore unter die Lupe nehmen.

Es gibt noch einen weiteren Aspekt in unserem Antrag. Hamburg muss bis 2015 die europäische Hochwassermanagementrichtlinie umsetzen und Risikomanagementpläne erarbeiten. Küsten- und Hochwasserschutz ist eine nationale Aufgabe und wird aus Bundes- und EU-Mitteln gefördert. Wir wollen daher vom Senat wissen, welche Finanzierungsmöglichkeiten in den kommenden Jahren zur Verfügung stehen und wie viel Hamburg selber investieren muss.

Bei der Aufgabe Hochwasserschutz muss Hamburg eng mit seinen Nachbarländern zusammenarbeiten und die Pläne abstimmen. Nur so gibt es optimalen Schutz.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb wollen wir vom Senat erfahren, wie die Zusammenarbeit der norddeutschen Küstenländer beim Hochwasserschutz konkret aussieht. Auch wenn uns das Thema in den kommenden Jahren weiter beschäftigen wird, bin ich fest davon überzeugt, dass sich die Hamburgische Bürgerschaft noch in diesem Jahr damit auseinandersetzen muss. Wir wollen, dass der Senat von uns den Auftrag bekommt, sofort loszulegen. Das bestehende Bauprogramm zum Hochwasserschutz läuft 2013 aus. Darum ist jetzt der richtige Zeitpunkt für den Senat, bis zum Herbst darzulegen, was bisher geleistet wurde, wie es weitergehen soll und welche Kosten auf Hamburg zukommen. Wir wollen vom Senat Daten und Fakten, die wir für unsere Beratungen in den Ausschüssen dringend brauchen. Nur so können wir Konsequenzen für den künftigen Hochwasserschutz und die Hamburger Deichsicherheit ziehen.

Wir wollen die Ergebnisse bewusst schon im Oktober und damit vor der Verabschiedung des Hamburger Haushalts haben. Aus diesem Grund werden wir den Antrag der FDP ablehnen. Grundsätzlich ist er bedenkenswert, aber er sprengt doch sehr den thematischen Rahmen. Beispielsweise sollen laut FDP auch Regenwasserrückhaltebecken und dergleichen näher untersucht werden. Da befürchte ich, dass der Zeitraum nicht eingehalten werden kann.

(Präsidentin Carola Veit)

Ich bin mir aber sicher, dass wir in den Ausschussberatungen viele Punkte, die der FDP wichtig sind, aufgreifen können und werden. Ich werbe deshalb um eine breite Zustimmung für unseren Antrag und einen Schulterschluss in der Hamburgischen Bürgerschaft für diese wichtige Aufgabe und unser gemeinsames historisches Erbe, nicht nur, weil wir vor Kurzem der Sturmflutkatastrophe gedacht haben, sondern auch, um den Menschen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen ein politisches Signal zu senden. Die katastrophalen Folgen einer mangelnden Deichsicherheit mahnen uns. Deichsicherheit hat für uns oberste Priorität. Die Hamburger Parlamentarier stehen deshalb geschlossen an ihrer Seite. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Stöver.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vor 50 Jahren brachen in Hamburg an insgesamt 60 Stellen die Deiche. Unsere Stadt hat dazugelernt. Seitdem wurden die Deiche in ihrer Höhe, Breite und Beschaffenheit mehrfach angepasst. Die kontinuierliche Überprüfung, Instandhaltung und Anpassung auf den Stand der Technik ist in der Arbeit der Behörden und Verbandsinstitutionen fest verankert.

Frau Blankau sitzt im Moment nicht auf der Senatsbank, sondern wieder mal gerne unter den Abgeordneten.

(Jan Quast SPD: Ja, das ist die Volksnähe!)

Frau Krischok hat es schon gesagt: Hamburg darf beim Hochwasser- und Deichschutz nicht nachlassen, völlig richtig. Ist dafür wirklich ein Antrag notwendig?

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

Hochwasserschutz wurde und wird in Hamburg ernst genommen. Es sind Haushaltstitel festgelegt, wir haben Bauprogramme zur Anpassung von Hochwasserschutzanlagen festgesetzt, es gibt regelmäßige Treffen mit den Nachbarländern, und auch in der städtebaulichen Planung wird der Hochwasserschutz berücksichtigt. Außerdem finden jedes Jahr im Frühjahr und Herbst die sogenannten Deichschauen statt.

Meine Damen und Herren! Formal habe ich mich gefragt, warum Sie überhaupt einen Antrag mit diesem Inhalt gestellt haben und keine Anfrage. Mit einem Antrag verbinde ich konkrete Handlungsaufforderungen, und hier wird lediglich ein Sachstand abgefragt. Nebenbei, der FDP-Zusatzantrag ist nicht besser. Er hätte die zusätzlichen Fragen für eine Große Anfrage geliefert.

(Beifall bei der CDU – Jens Kerstan GAL: Genau! Das ist meine Rede! und Beifall)