Protokoll der Sitzung vom 28.03.2012

Meine Damen und Herren! Tarifverhandlungen sind Angelegenheiten der Tarifparteien. Es ist gute Tradition, dass sich Politik in Tarifverhandlungen nicht einmischt. Dabei sollte es auch in diesem Fall bleiben.

(Beifall bei der SPD und bei Katja Suding FDP – Finn-Ole Ritter FDP: Pflegen und Wohnen ist ein super Bespiel dafür!)

Auch die Ergebnisse der letzten Jahre waren Verhandlungsergebnisse der Tarifparteien, die von den jeweiligen Gremien der Tarifparteien gebilligt wurden. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, wenn das Ergebnis die Maximalforderungen vom Anfang nicht widerspiegelt, sondern sich ein Kompromiss entwickelt.

Das Ergebnis der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst – egal ob für die öffentlichen Unternehmen, um die es jetzt geht, oder in einem Jahr für die Hamburger Kernverwaltung – ist für uns immer dann relevant, wenn es um die Finanzierung aus dem Hamburger Haushalt geht. Wir müssen uns mit den Kosten auseinandersetzen, denn Mehrkosten werden wir nicht mehr auf Pump finanzieren. Wir dürfen es gar nicht, weil die Schuldenbremse des Grundgesetzes gilt und weil sich gestern drei Fraktionen aus diesem Haus auch darauf verständigt haben, den Weg, den Hamburg gehen muss, um die Schuldenbremse zu erreichen, gemeinsam zu gehen.

(Beifall bei der SPD und bei Katja Suding FDP)

Meine Damen und Herren! Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst ist die Bezahlung nicht das allein Entscheidende, sondern es sind die Rahmenbedingungen insgesamt. Dazu gehört beispielsweise auch die Sicherheit des Arbeitsplatzes in Krisenzeiten. Da haben wir unsere Aufgabe, nämlich sicherzustellen, dass Arbeitsplätze auch erhalten bleiben.

Die LINKE fordert gern vieles, was teuer ist, macht aber selten Vorschläge, wie diese Kosten zu finan

(Kersten Artus)

zieren sind. Das ist schade, Frau Artus, Sie sind bei diesem Thema zu kurz gesprungen.

(Beifall bei der SPD – Christiane Schneider DIE LINKE: Verfassungsschutz abschaffen!)

Nun hat Herr Kleibauer das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Pünktlich zur laufenden Verhandlungsrunde der kommunalen Beschäftigten im öffentlichen Dienst kommt die entsprechende Anmeldung der Fraktion der LINKEN zu diesem Thema.

(Beifall bei der LINKEN – Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

Wenn Sie für diese Leistung schon klatschen, dann hängt das Niveau relativ niedrig.

Ich habe Verständnis für die Forderungen der Arbeitnehmerseite und ich habe auch Verständnis für entsprechende Positionierungen im Rahmen von Tarifverhandlungen. Aber ich glaube auch, dass die Bürgerschaft nicht das geeignete Gremium ist, sich in diese Tarifrunde aktiv einzubringen.

Tarifauseinandersetzungen im öffentlichen Dienst haben ihre eigenen Rituale – Herr Rose ist wahrscheinlich diesbezüglich noch unterwegs – und über die Sinnhaftigkeit mancher dieser Rituale kann man sicherlich trefflich streiten. Aber es handelt sich um eine Materie mit sehr vielen Einzelpunkten, die in den Verhandlungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften am besten aufgehoben sind. Von hier aus pauschal Maximalforderungen zu unterstützen, bringt uns nicht weiter, Frau Artus.

(Beifall bei der CDU – Christiane Schneider DIE LINKE: Das ist Ihr Verständnis!)

Bei aller Wertschätzung für die vielen Aufgaben, die der öffentliche Dienst in Hamburg wahrnimmt, müssen wir als Parlament auch zwischen unterschiedlichen Interessen abwägen. Hierzu gehört neben den Forderungen der Angestellten natürlich auch die Beurteilung der Haushaltslage der Stadt. Und letztendlich geht es immer um die Frage, welche Leistungen zu welchen Konditionen für die Bürger dieser Stadt angeboten werden sollen. Man macht es sich zu einfach, wenn man sich heute für maximale Lohnforderungen ausspricht, denn das bedeutet doch gleichzeitig, dass morgen der öffentliche Nahverkehr, die Eintrittspreise für Schwimmbäder und die Abfallentsorgung nicht billiger, sondern teurer werden. Und Sie können nicht heute sagen, Sie wollen maximale Lohnerhöhungen, und sich morgen darüber wundern, dass die entsprechenden Leistungen teurer angeboten werden. Das funktioniert vorne und hinten nicht. Ich glaube, das erkennen alle anderen in diesem Hause außer Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Hamburg verfügt über einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst und wir alle müssen ein Interesse daran haben, dass unsere Verwaltung und die öffentlichen Unternehmen für qualifiziertes Personal attraktiv bleiben. Hierzu gehört natürlich auch – nicht ausschließlich, das hat Herr Quast gesagt – eine angemessene Vergütung. Wobei die Frage ist, was unter angemessen zu verstehen ist, Frau Artus. Sie haben auf den Artikel im Handelsblatt verwiesen, in dem einfach der Durchschnitt aller Tarifabschlüsse genommen wurde. Da wird gern auf die Metall- und die Chemieindustrie gesehen, weil diese Branchen in den letzten Jahren voranmarschiert sind. Aber es gibt durchaus auch Branchen, denen es wirtschaftlich nicht so gut geht, die vielleicht wirtschaftliche Schwierigkeiten haben, wie die Kommunen und zum Beispiel die Bauindustrie oder der Einzelhandel, und die andere Tarifabschlüsse aufweisen. Das muss man natürlich auch berücksichtigen.

Nicht an allen, aber an vielen Stellen müssen wir durchaus feststellen, dass der öffentliche Dienst in einem Wettbewerb mit privaten Arbeitgebern steht. Der demographische Wandel und der damit zusammenhängende Rückgang des Fachkräfteangebots werden diesen Wettbewerb sicherlich verschärfen. Der Personalbericht des Senats liefert an vielen Stellen Hinweise, welche Stellen schon heute kaum besetzt werden können. Das sind im Übrigen nicht unbedingt die Stellen, bei denen sich die Gewerkschaften für eine bessere Besoldung einsetzen. Hier ist der Senat gefordert, Konzepte weiterzuentwickeln, vorzulegen und umzusetzen, wie diesem Fachkräftemangel entgegengesteuert werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Frau Artus, Sie haben dankenswerterweise auch die Steuerpolitik angesprochen, die in Berlin gemacht wird. Und da möchte ich noch einen Aspekt ansprechen, den ich schon erstaunlich finde: Sie sprechen sich hier an erster Stelle für höhere Löhne aus und gleichzeitig verhindern Sie und andere in Berlin steuerliche Verbesserungen für niedrige und mittlere Gehaltsgruppen. Sie verweigern eine Erhöhung des Grundfreibetrags und Sie sind gegen den Abbau der kalten Progression. Das führt doch genau dazu, dass in einer Phase, in der die Lohnabschlüsse wieder etwas besser ausfallen, von den erzielten Gehaltssteigerungen netto wenig übrigbleibt. Das ist unglaubwürdig und das zeigt, dass es Ihnen hier nicht um die Sache, sondern nur um Symbolik geht. Ihre Solidaritätsadressen sind völlig unglaubwürdig, Sie sollten diese Position überdenken.

(Beifall bei der CDU und bei Katja Suding FDP)

(Jan Quast)

Nun hat das Wort Frau Demirel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, es geht in dieser Aktuellen Stunde nicht darum, sich in die Tarifautonomie der Parteien einzumischen, sondern darauf aufmerksam zu machen, dass die Situation verheerend ist und wir dringend eine Lösung brauchen.

(Beifall bei der GAL und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Wir leben in bewegten Zeiten, was die gesamte Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angeht. Nicht nur in Hamburg, sondern bundesweit wird gegen unangemessene Löhne und Gehälter und gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen gestreikt: Warnstreik der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, von der Kita bis zur Stadtreinigung, und Warnstreik im Einzelhandel sind nur Beispiele. Bundesweit gehen die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auf die Straße. Hier geht es um eine angemessene Lohnerhöhung, die auch legitim ist.

Die Lebenshaltungskosten steigen und die Löhne stagnieren. Das geht nicht. Auch die Stadt Hamburg muss als Arbeitgeberin vorbildlich sein und dafür sorgen, dass ihre Beschäftigten angemessen bezahlt und deren Arbeitsbedingungen verbessert werden. Hier geht es nicht nur um die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, sondern auch um Beschäftigte von Dienstleistungsunternehmen im Auftrag der Stadt. Wir können es uns nicht erlauben, dass öffentliche Aufgaben über einen längeren Zeitraum durch Leiharbeits- oder Zeitarbeitsfirmen erledigt werden und dass diese Aufgaben dann auch noch niedriger entlohnt werden.

Hamburg gehört zu den reichsten Städten Europas. Werfen Sie kurz einen Blick auf die Webseiten des DGB und von ver.di. Sie können hier feststellen, dass das Vermögen der privaten Haushalte in jeder Minute um 24 000 Euro wächst. Es ist erstaunlich, welche Summen sich hier täglich sammeln. Das ist soweit in Ordnung, wir sind alle nicht neidisch. Das Problem ist nur, dass nur eine kleine Zahl von Hamburgern davon profitiert. Wir brauchen dringend mehr Steuergerechtigkeit, liebe CDU. Es kann nicht angehen, dass die wenig Verdienenden die größere Last der öffentlichen Aufgaben übernehmen.

Die Tendenz auf dem Arbeitsmarkt geht auch in den letzten Jahren in Richtung Niedriglohnsektor, Minijobs und Abhängigkeit mit der Folge der Altersarmut. Das aktuellste Beispiel ist die Insolvenz von Schlecker und die Situation der Beschäftigten dort, insbesondere der Frauen. Für viele Frauen bedeutet diese Insolvenz die künftige Abhängigkeit von staatlichen Leistungen. Dieser Zustand ist für uns nicht hinnehmbar. Wir müssen um jeden Arbeits

platz kämpfen, nicht nur im öffentlichen Dienst. Jeder verlorene Arbeitsplatz ist zuviel, jeder verlorene Arbeitsplatz bedeutet für die Betroffenen einen sozialen Schlag.

Wir müssen um jeden Arbeitsplatz kämpfen, aber nicht um jeden Preis. Die Menschen brauchen nicht nur eine Beschäftigung, sie brauchen auch menschenwürdige Arbeitsbedingungen und vor allem existenzsichernde Arbeit.

(Beifall bei der GAL und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Sie müssen von ihrem Lohn und ihrem Gehalt leben können, ohne ergänzende Sozialleistungen.

Der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt und der Aufstieg werden immer schwieriger, insbesondere für die Personengruppen mit geringerer Qualifikation. Auch das trifft überwiegend Frauen, ältere und behinderte Menschen. Es ist auch für uns nicht akzeptabel, dass sogar Hamburger Behörden Ausgleichszahlungen für Behindertenarbeitsplätze leisten, anstatt Menschen mit Behinderung einzustellen.

(Beifall bei der GAL und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Hier brauchen wir nicht nur bessere Kontrollen oder höhere Ausgleichszahlungen, sondern auch eine vorbildliche Einstellungspolitik der FHH.

Bundesweit werden die Löhne aus dem öffentlichen Haushalt mit circa 7 Milliarden Euro subventioniert. Wenn wir darüber klagen, dass die Staatsverschuldung steigt und dass die Ausgaben steigen, dürfen wir nicht befürworten, dass immer mehr Menschen unterhalb eines Mindestlohns von 8,50 Euro beschäftigt sind.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN)

Flächendeckende Mindestlöhne bedeuten für die öffentlichen Haushalte nicht nur, dass sie Geld sparen, sondern auch höhere Steuereinnahmen.

Wir müssen uns dafür einsetzen, dass die Stadt Hamburg eine vorbildliche Arbeitgeberin ist und dass die Ausbeutung von Arbeitskräften strenger kontrolliert und konsequent bestraft wird. Auch in diesem Zusammenhang finden wir die LandesMindestlohn-Initiative in Bremen sehr interessant und prüfen derzeit, ob das eine gute Möglichkeit auch für Hamburg wäre.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir auch, das trifft sich gut!)

Herr Dressel nickt und sagt, dass Sie das auch gerade überprüfen. Dann sind wir uns einig. Auch bei der Höhe des Mindestlohns werden wir uns wahrscheinlich einigen, im Gegensatz zu den LINKEN. Es freut mich, dass wir dann für Hamburg und für die Hamburger Beschäftigten auch etwas auf die Beine stellen können. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN)

Frau Suding wünscht das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Darf es ein bisschen mehr sein?

(Christiane Schneider DIE LINKE: Ja!)

Auf diese Frage beim Metzger antworten die meisten von uns mit ja.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Nee, beim Metzger nicht!)