Protokoll der Sitzung vom 28.03.2012

(Beifall bei der SPD)

Zu vielen Punkten ist schon im Einzelnen Stellung genommen worden. Aber noch einmal: Es ging bei diesem ganzen Geschäft auch darum, die Hinterlassenschaften Ihrer Verträge aufzuarbeiten. Wir hätten das Andienungsrecht in vollständigem Umfang gar nicht wahrnehmen können. Da wären – egal, welchen Wert man zugrunde legt – Beträge herausgekommen, die zu stemmen für das AlbertBallin-Konsortium völlig bar jeder Realität gewesen wären. Auch das muss man sich vor Augen führen. Deshalb war es genau richtig, sich zu überlegen, was wir quasi vor der Klammer tun können, vor den vertraglichen Automatismen, die Sie uns hinterlassen haben, um eine Lösung zu finden, die sowohl der Reederei hilft als auch der Stadt. Und genau das ist gelungen.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich ist das eine Entscheidung zwischen Alternativen und eine Risikoabwägung. Aber was wäre denn die Alternative gewesen oder was ist jetzt die Alternative, wenn wir nichts tun, sondern den Weg wählen, den Sie uns vorschlagen? Dabei muss man immer bedenken, dass das Andienungsrecht unbefristet ist. Es mag sein, dass in den nächsten Monaten niemand kommt, aber das Andienungsrecht gilt auch noch im nächsten und im übernächsten Jahr und immer noch weiter, sodass dann irgendwann einmal die Lage eintreten kann, dass doch jemand um die Ecke kommt. Und dann wären Sie von der Opposition im Übrigen doch die Allerersten, die sagen würden, wie konnte dieser Senat das zulassen. Insofern musste diese Gefahr in die Abwägung einbezogen werden, und auch deswegen hat der Senat hier richtig entschieden.

(Beifall bei der SPD)

Das ganze Lamento über den Kaufpreis: Sie haben damals, bezogen auf den Buchwert, zu 100 Prozent abgeschlossen. Hier sind 80 Prozent zugrunde gelegt. Es findet in Ihrer Bewertung überhaupt keinen Widerhall, dass es ein Entgegenkommen der anderen Seite gegeben hat, auf 80 Prozent herunterzugehen. Deswegen muss man das immer wieder den Verträgen gegenüberstellen, die Sie uns hinterlassen haben. Es ist im Haushaltsausschuss – Sven Tode hat da auch nachgefragt – herausgearbeitet worden, dass man in Wahrheit nachher bei der Endabrechnung sehr genau prüfen muss, was eigentlich Ihre Hinterlassenschaft aus der ersten Tranche bei diesem Deal ist und was dem Abschluss zu den jetzigen Konditionen zugerechnet werden kann. Das, was Sie uns mit der ersten Tranche vorgelegt haben, wird uns noch lange teuer zu stehen kommen.

(Beifall bei der SPD)

Und dass Sie dann nach 17 Stunden Beratung

(Robert Heinemann CDU: Da haben Sie aber nachgezählt!)

Herr Quast hat nachgezählt – immer noch erzählen, wir bekommen nichts dafür: Das Andienungsrecht ist weg, das zeitlich unbefristet ist und nicht irgendwann erlischt, und das Hybridkapital ist weg, das uns letztlich daran hindert, auch einmal Dividenden zu bekommen, damit wir auch konkret etwas in unserem Haushalt wiedersehen. Insofern ist die Einlassung, wir bekommen nichts dafür, sogar auch bei einer engen haushalterischen Betrachtung barer Unsinn.

(Beifall bei der SPD)

Auch zur Frage, inwieweit man das mit den Betriebsausgaben – Jugendhilfe und Uni lassen Sie jetzt noch anklingen – in Zusammenhang bringt, ist an anderer Stelle schon das Notwendige gesagt worden. Den Eindruck zu erwecken, dass man ganz viel Geld an anderer Stelle ausgeben kann, wenn man das jetzt nicht macht, ist auch unanständig und unredlich gegenüber der Öffentlichkeit in dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Richtig!)

Für die erste Debatte, die wir auf Basis einer Regierungserklärung des Ersten Bürgermeisters hier hatten, haben wir aus den Unterlagen der ersten Tranche noch ausgegraben, was der schwarz-grüne Senat seinerzeit an Begründungen und Perspektive im Zusammenhang mit dem Andienungsrecht genannt hat. Ich habe Ihnen vorgelesen, was Ihr Senat damals gesagt hatte, nämlich dass man sich auch weiter beteiligen müsse und dass es notwendig sei, weitere Anteile anzunehmen, wenn das Geschäft des Hamburger Konsortiums letztendlich erfolgreich sein soll. Diese Position hatte den Entscheidungen damals zugrunde gelegen. Wir haben in den Ausschussberatungen auch noch einmal nachgefragt, was ihr euch damals eigentlich dabei gedacht habt – das Andienungsrecht ist doch nicht von irgendeiner dritten Seite dort hineingeschrieben worden –, dass da irgendwann noch einmal etwas kommt? Und die Frage ist schon interessant, wie genau Sie sich das damals überlegt haben, dass da noch etwas kommt. Umgekehrt gesagt: Eigentlich sind Sie auch mit in der Verantwortung und müssten sich darauf in ganz anderer Weise beziehen, als sich jetzt so vom Acker zu machen. Das ist gegenüber der Stadt nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD – Robert Heinemann CDU: Das ist eine billige Nummer, Herr Dressel!)

Zu den Anträgen der CDU ist schon einiges gesagt worden, dazu werden wir vielleicht auch noch et

was hören. Ich finde diese Ziffer 1 in Ihrem Petitum in der Tat etwas merkwürdig. Aber es gibt andere Punkte, darüber haben wir auch schon gesprochen, die richtig sind und eine Ergänzung zu den Punkten darstellen, die wir eingebracht haben. Die Forderung der intensiven Berichterstattung, regelmäßig einen Risikoreport zu bekommen, ist richtig und wir werden sie unterstützen und entsprechend auch die Ziffer 4 Ihres Petitums. Auch die beiden Anträge der LINKEN – nicht den zur Jugendhilfe, weil das in der Tat aus den eben genannten Gründen mit dieser Frage nichts zu tun hat, und da sollte man auch keinen Zusammenhang herstellen – werden wir zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überweisen. Denn es war von Anfang an unser Ziel, trotz dieser kurzen Zeit – es ist schwierig für das Parlament, das zu bewältigen – ein Maximum an Beratung zu ermöglichen und bei möglichst vielen eine Bereitschaft zu erzeugen, dieser für die Stadt wichtigen Entscheidung zuzustimmen.

Wir haben heute den Appell von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört: Hapag-Lloyd gehört zu Hamburg. Wer A sagt muss auch B sagen, und deshalb müssen wir jetzt zur Entscheidung kommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Wersich, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was der Senat im Jahr 2008 gemacht hat, war richtig und wichtig. Und ich entnehme Ihren Äußerungen heute, dass Sie zwar die Vorteile der damaligen Senatsentscheidung in Kauf nehmen, sich aber gleichzeitig quasi als Opfer der Entscheidung darstellen wollen. Deshalb will ich dazu noch einmal etwas sagen.

Die Stadt und die privaten Unternehmen wären im Jahr 2008 nicht, wie von TUI gefordert, in der Lage gewesen, das Geld für 100 Prozent dieses Unternehmens aufzubringen. Deshalb hätte es 2008 ohne diese Klausel zur Andienung keinen Verkauf an das Albert-Ballin-Konsortium gegeben, sondern an einen Konkurrenten. Dann wäre Hapag-Lloyd heute nicht mehr in Hamburg.

(Andy Grote SPD: Das war doch klar, dass das auf uns zukommt!)

Und deshalb gehört es auch zur Wahrheit, dass dieses damals ein geschicktes Vorgehen war, um Hapag-Lloyd überhaupt in Hamburg zu halten

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL – Dirk Kienscherf SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

und eine Lage zu schaffen, die heute einen fundamentalen Unterschied darstellt. Heute haben wir Minderheitenrechte, die mit 10 Prozent den Stand

(Dr. Andreas Dressel)

ort Hamburg und die Geschäftstätigkeit sichern. Die hatten wir im Jahr 2008 nicht.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Weil das hier anklang, möchte ich für meine Fraktion auch ganz deutlich sagen: Trotz der schwierigen Weltwirtschaftslage haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und an der Spitze der Vorstandsvorsitzende Michael Behrendt Hapag-Lloyd auf einen guten Kurs gebracht, an die Spitze des Marktes. Hapag-Lloyd hat große Bedeutung für den maritimen Cluster Hamburg. Hamburg kann stolz auf die Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hapag-Lloyd sein.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL – Zurufe von der SPD: Aber?)

Trotzdem, Herr Tschentscher, ist das natürlich kein Grund, den Haushalt zu sanieren über – wie Sie sich geäußert haben – geschickte Käufe und Verkäufe mit Gewinn von Unternehmen. Das wäre Spekulation und dabei hat der Staat nichts zu suchen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Der Bürgermeister hat den Kauf dieser Anteile mit 420 Millionen Euro auf Pump als alternativlose Lösung präsentiert.

(Dirk Kienscherf SPD: Was ist denn die Al- ternative?)

Sie haben heute erneut Behauptungen aufgestellt, sind aber überzeugende Begründungen des Problems schuldig geblieben.

Sie haben die transparente Information des Senats so gelobt. Deswegen will ich das einmal plastisch anhand einer Schriftlichen Kleinen Anfrage ausführen: Zur Sache sagt der Senat in seiner Antwort, der Kaufpreis sei angemessen und das Geschäft sei gut. Und dann kommt es:

"Auch mit Blick auf die Wahrung der Interessen der FHH in anderen Verhandlungssituationen hält der Senat es nicht für angemessen, Einzelheiten über einen Verhandlungsablauf im Nachgang darzustellen. Darüber hinaus stehen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse insbesondere im Hinblick auf die künftige Marktpositionierung sowohl von Gesellschaftern des Albert Ballin-Konsortiums als auch der TUI einer Offenlegung entgegen."

Meine Damen und Herren! Wir dürfen nicht alles wissen, aber wir sollen allem zustimmen, das ist doch nicht die Transparenz, die Sie genannt haben. Das ist, ehrlich gesagt, ein Stück weit Verhöhnung des Parlaments.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL – Dirk Kienscherf SPD: Ab und zu mal zu einer Ausschusssitzung zu kommen, wä- re hilfreich!)

Es ist von allen Rednern immer wieder betont worden, dass wir keine Risikoanalyse haben. Bei der Expertenanhörung ist auch die Kritik nicht ausgeräumt worden, das könne möglicherweise wettbewerbsrechtlich und EU-rechtlich nicht in Ordnung sein. Es ist bemerkenswert, dass nicht alle Anteilseigner im Konsortium bei der Kapitalerhöhung oder Übernahme von Anteilen dabei sind, und zwar mit der Begründung, dass den Banken die Risikoregeln weitere Beteiligungen verbieten.

(Jan Quast SPD: Das hat doch gar nichts mit Hapag-Lloyd zu tun!)

Offenbar sind das Regeln, die heute für Banken gelten, nicht aber für den Staat und das Risiko, das er zulasten der Steuerzahler eingeht. So kann das Geschäft doch nicht begründet werden.

(Beifall bei der CDU)

Wie können Sie angesichts dieser Tatsachen eine bedingungslose Zustimmung im Parlament verlangen? Wir haben es gehört: Anders als 2008 sind gegen die 10-Prozent-Beteiligung keine Entscheidungen gegen die Unternehmensleitung, Stabsfunktionen, Sitz und wesentlichen Geschäftsbetrieb möglich.

(Dirk Kienscherf SPD: Das stimmt nicht!)

Auch ohne Anteilsverkauf besteht keine Gefahr der Standortverlagerung. Die Arbeitsplätze in Hamburg werden nicht sicherer, aber sie werden auch nicht unsicherer, wenn man auf diesen Kauf verzichtet.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

Deswegen meine Bitte an die Gewerkschaften, aber auch an die SPD: Unterlassen Sie bitte die Instrumentalisierung der Mitarbeiter gegen die Opposition in der Bürgerschaft.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL – Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist doch lächerlich, das ist echt eine Frechheit!)