Protokoll der Sitzung vom 29.03.2012

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren der SPD! Nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie so die Familien und Kinder dieser Stadt gegeneinander ausspielen, und das ist ein politisches Handeln, das wir nicht mittragen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Wer ge- gen wen? Wer ist A und wer ist B?)

Gegeneinander, Herr Dr. Dressel, Sie können ja einmal eine Zwischenfrage stellen.

Die Familien, ihre Kinder und auch die Jugendlichen dieser Stadt werden die Auswirkungen direkt zu spüren bekommen, nämlich genau dann, wenn es die Beratungsstelle oder den Jugendklub um die Ecke nicht mehr gibt, und das wird die SPDFraktion dann zu verantworten haben. Aber Ihrer Logik und Ihrem Weltbild folgend ist das sogar in Ordnung, denn nach Ihren Vorstellungen brauchen die Kinder und Jugendlichen diesen Jugendklub gar nicht mehr. Ich weiß nicht, ob Sie das Thesenpapier Ihrer eigenen Behörde kennen; Senator Scheele wird es kennen. Darin steht, dass im Idealfall die Kinder neben dem Unterricht ihre gesamte Freizeit in der Schule und auf dem Schulgelände verbringen sollen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das steht da nicht drin! Das müssen Sie auch richtig zitie- ren!)

Welche Vorstellung haben Sie von der Lebensrealität unserer Jugendlichen?

(Beifall bei der GAL)

All das steht natürlich in Zusammenhang mit diesem Antrag.

(Andy Grote SPD: Was ist eigentlich das Problem, wenn die Kinder in der Schule sind?)

Wenn Sie das Problem noch nicht verstanden haben, Herr Grote, dann müssen Sie das vielleicht einmal in einem Einzelgespräch mit mir klären.

(Beifall bei der GAL)

Einzelfallhilfe, da zeigt sich einmal wieder, wie wichtig das ist. In der Gruppe verstehen Sie es nicht, als Einzelfallhilfe wäre es vielleicht möglich.

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL)

Mit diesem Bewusstsein, dass Sie die zusätzlichen Ausgaben für die Kitas auf Kosten der Jugendhilfe und der Kinder- und Jugendarbeit durchführen wollen, ist unsere Zustimmung zu Ihrem Antrag, das werden Sie verstehen, absolut ohne Begeisterung.

(Beifall bei der GAL)

Herr Ritter hat das Wort.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Da muss man erst mal durchatmen! – Jens Kerstan GAL: Da muss man erst mal mithalten können!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zurück zur Sachlichkeit: Wir haben in Hamburg schon jetzt eine erfreulich hohe Betreuungsquote bei den Kleinsten, den unter Dreijährigen. Wir sind sogar westdeutscher Spitzenreiter und ich möchte lobend erwähnen, dass wir mit dem von der FDP eingeführten Kita-Gutschein ein gut funktionierendes und viel gelobtes System eingeführt haben,

(Beifall bei der FDP)

das schon jetzt sicherstellt, dass viele unter Dreijährige einen Betreuungsplatz bekommen.

(Christiane Blömeke GAL: Das war aber in einer anderen Welt!)

Frau Blömeke, nur weil Sie isoliert in irgendeiner Welt leben, müssen Sie doch uns jetzt nicht vorwerfen, dass wir nicht in Ihrer Welt vorkommen.

(Beifall bei der FDP)

Aber gute FDP-Politik alleine reicht nicht, um alle mitzunehmen,

(Christiane Blömeke)

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

denn insbesondere die Kinder, die von einem KitaBesuch besonders profitieren könnten, sei es, weil sie sonst selten mit Kindern in Kontakt kommen oder weil sie es zu Hause schwerer haben, die deutsche Sprache zu lernen, besuchen zurzeit noch keine Kita. Und wir wissen alle, dass die frühkindliche Bildung die meisten Früchte trägt. Wir Liberalen begrüßen daher natürlich auch die frühzeitige Ausweitung des Rechtsanspruchs in Hamburg, denn zukünftig werden so noch mehr Kinder und Eltern davon profitieren können. Es bleibt für uns Liberale jedoch ein großes Aber, Herr Dressel.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Schade!)

Wer in der Kirche schon beim ausgiebigen Einsatz von Weihrauchdämpfen Sternchen sieht, der sollte bei dieser Debatte wahrscheinlich besser schnell den Plenarsaal verlassen, denn so viel Selbstbeweihräucherung, Herr Dressel, wie sich die SPDFraktion in ihrem Antrag zugesteht, gibt es selten in diesem Haus.

(Beifall bei der FDP)

Das finden wir Liberalen folglich auch befremdlich, denn mit einem in Teilen über das Ziel hinausschießenden Kita-Sofortpaket, bei dem es vornehmlich um die von den Eltern gezahlten Gebühren und die Ausweitung des Rechtsanspruchs geht, ist es doch nicht getan. Uns fehlt ein ganz wichtiges Stichwort, das im kompletten Antrag nicht vorkommt, nämlich das Wort Qualität.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Der notwendige Ausbau der Betreuungsplätze darf nicht zulasten der Qualität gehen, und eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung gelingt nur, wenn es qualifiziertes und engagiertes Personal in Kitas gibt. Wir haben aber schon jetzt viel zu wenige Erzieherinnen und Erzieher und die Kitas haben zunehmend Probleme, Bewerber zu finden und ihre freien Stellen zu besetzen. Eine Ausweitung des Rechtsanspruchs wird dazu führen, dass mehr Kinder einen Kita-Platz in Anspruch nehmen werden, also werden wir auch entsprechend mehr ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher brauchen. Wo sollen die denn plötzlich herkommen? Dieses Problem wird im SPD-Antrag mit keinem Wort erwähnt.

Wer sich mit dem Thema frühkindliche Bildung näher auseinandersetzt, weiß auch, dass unter Dreijährige andere Bedürfnisse haben als die Größeren. Auch hierfür scheint bei der SPD kein Problembewusstsein vorhanden zu sein. Es wird mit keinem Wort erwähnt, welche spezifischen Zusatzqualifikationen Kitas und Erzieherinnen für die Betreuung der unter Dreijährigen benötigen, geschweige denn, wie und wo sie erworben werden sollen. Aus Sicht des Senats wäre das auch nicht

notwendig, wie aus einer Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage zum Thema Krippenqualität hervorgeht. Da hören wir aus der Praxis leider anderes, dass sich nämlich viele Erzieherinnen eben nicht ausreichend auf die Betreuung von Kleinkindern vorbereitet fühlen. Hier muss der Senat gegensteuern.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin mir sicher, dass in den allermeisten Kitas dieser Stadt hervorragende Arbeit geleistet wird. Damit das so bleibt, müssen Senat und Bürgerschaft die Kitas auch bei ihrer Arbeit unterstützen. Wenn der Rechtsanspruch ausgeweitet wird, dann müssen folglich auch vorher schon die Rahmenbedingungen stimmen. Die Mittel dafür wären auch da gewesen, wenn die SPD nicht so viele Wahlgeschenke auf einmal versprochen und die richtigen Prioritäten gesetzt hätte.

(Beifall bei der FDP und bei Roland Heintze CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Wir halten unsere Versprechen!)

Herr Dressel, nur halten heißt leider nicht finanziert. Vielleicht sehen auch Sie das noch einmal ein.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Gehen wir mal die Wahlversprechen der FDP im Bund durch!)

Wir Liberalen unterstützen die Ausweitung des Rechtsanspruchs, aber das Motto darf nicht "Masse statt Klasse" heißen, sondern Platzausbau und Qualität müssen Hand in Hand gehen und entsprechend finanziert sein. Deshalb befürworten wir Liberalen die Überweisung des Antrags an den Familienausschuss und freuen uns darauf, mit den Kolleginnen und Kollegen sowie dem Senat zu diskutieren, wie wir Quantität und Qualität der Kitas verbessern können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Yildiz hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bertolt Brecht hat mal gesagt:

"Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren."

Durch den Kampf der Eltern, Gewerkschaften und der linken Opposition haben wir es geschafft, dass die Gebühren zurückgenommen worden sind, der Verpflegungsanteil abgeschafft worden ist und jetzt auch der Rechtsanspruch für Zweijährige kommt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist aber eine sehr selektive Wahrnehmung!)

Das begrüßen und das unterstützen wir auch, Herr Dressel.

(Finn-Ole Ritter)

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)