Protokoll der Sitzung vom 18.04.2012

Wen es interessiert, den möchte ich auf den Artikel "Wohnungsbau schöngerechnet" der "tageszeitung" vom 2. April 2012 hinweisen, der dieses Problem sauber aufarbeitet.

(Beifall bei der CDU)

Ich bitte Sie alle, im Sinne von Klarheit und Transparenz unserem Antrag zuzustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU – Heike Sudmann DIE LINKE: Wer klatscht denn nun bei Ihnen? – Jörg Hamann CDU: Die sind alle weggelau- fen!)

Vielen Dank, Herr Roock. – Das Wort hat Herr Grote.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Dietrich Wersich CDU: Lass uns doch gleich abstimmen!)

Herr Roock, die CDU hat sich überlegt, sich einmal für Wohnungsbauzahlen zu interessieren.

(Thilo Kleibauer CDU: Die SPD interessiert sich ja nicht dafür!)

Das ist nicht schlimm, aber nun hat sie festgestellt, dass das gar nicht so einfach ist. Es gibt Zahlen vom Statistikamt, es gibt Zahlen von den Bezirksämtern und die sind überhaupt nicht gleich. Das kann doch nicht angehen. Wie soll man denn den Senat richtig ärgern, wenn einem keiner die richtigen Zahlen liefert. Deshalb muss man mit diesem merkwürdigen, undurchschaubaren Statistikwesen einmal richtig aufräumen. Herr Roock, liebe CDU-Fraktion, so schwer ist das alles gar nicht. Wenn Sie unterschiedliche Stellen haben, die zu unterschiedlichen Zwecken und mit unterschiedlichen Methoden Daten erheben, dann sind die Zahlen unterschiedlich.

(Hans-Detlef Roock CDU: Dann bringen Sie das doch in Ordnung!)

Die einzige echte Statistik ist die amtliche Statistik vom Statistikamt Nord. Die basiert auf dem Bundesgesetz über die Hochbaustatistik.

(Beifall bei Dietrich Wersich CDU)

Sie sind abhängig von den Meldungen der Bauherren, die häufig verspätet und unvollständig sind, das wissen Sie ganz genau. Hier geht es auch nicht darum, die Neubautätigkeit zu erfassen, sondern den Bestand vorzuschreiben, das ist eine ganz andere Zielrichtung. Zum Teil sind die Abgänge enthalten, zum Teil aber auch nicht, weil man sie auch nicht vollständig erfassen kann.

Es ist richtig, dass früher Fertigstellungszahlen monatlich erhoben worden sind. Sie monieren in Ihrem Antrag, dass dies nur noch einmal im Jahr stattfindet. Bis 2006 hatten wir monatliche Zahlen auch in der amtlichen Statistik. Dann kam aber ein CDU-Bundesminister und hat ein Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse, insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft, auf den Weg gebracht. Und seitdem erhalten wir die Zahlen nur noch einmal jährlich. Auch die CDU in Hamburg hat mit der Novellierung der Hamburgischen Bauordnung alles dafür getan, systematisch Berichtspflichten und auch Genehmigungspflichten abzubauen. Das haben Sie damals unter der Über

(Hans-Detlef Roock)

schrift "Deregulierung" initiiert. Heute jedoch beklagen Sie genau den Zustand, den Sie selbst herbeigeführt haben.

(Beifall bei der SPD – Hans-Detlef Roock CDU: Wir wollen ja nur die Zahlen haben!)

In der Vergangenheit, lieber Herr Roock, hatten Sie nie ein Problem damit, dass die Fertigstellungszahlen des Jahres immer erst im Mai/Juni des Folgejahres vorlagen. Im Gegenteil, da war es Ihnen ganz lieb, dass das Elend nur einmal im Jahr verkündet wurde. Am liebsten hätten Sie die Zahlen damals gar nicht bekannt gegeben.

Schauen wir uns einmal an, was sich verändert hat, was die SPD gemacht hat. Wir haben durch den Vertrag für Hamburg überhaupt erst einmal eingeführt, dass die Bezirke jeden Monat genau über die Baugenehmigungen berichten; diese Zahlen hatten wir vorher gar nicht. Wir haben auch dafür gesorgt, dass in den Baugenehmigungen die Bauherren wieder verpflichtet werden, auch die Fertigstellungen zu melden; auch das gab es vorher nicht. Hier werden wir jetzt bessere und vollständigere Zahlen bekommen.

Nun sind die Zahlen aber logischerweise nicht identisch mit denen vom Statistischen Landesamt, und das verstehen Sie nicht. Das ist bedauerlich und tut mir leid. Aber ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass wir nicht an jeder Statistik so lange herumdrehen können,

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

bis auch die CDU sie versteht, Herr Hamann.

(Beifall bei der SPD)

Nun möchte die CDU eine grundlegende Überarbeitung des gesamten Statistikwesens; das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Sie wollen aus Bequemlichkeitsgründen deutlich umfassendere, monatlich erhobene und an allen Stellen übereinstimmende Zahlen bei den Genehmigungen und den Fertigstellungen,

(Jörg Hamann CDU: Das wollen Sie nicht!)

damit Sie damit besser arbeiten können. Ich nehme an, das steht alles unter dem Leitmotiv "mehr Bürokratie wagen", das ist anscheinend das neue Motto.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie das ernst meinen, würde dies bedeuten, dass Sie massive, umfassende Änderungen im Bundesgesetz Hochbaustatistik anschieben wollen. Selbst dieser Senat kann nicht, wie Sie es in Ihrem Petitum fordern, mal eben eigenhändig die bundesgesetzlichen Vorgaben ändern. Das steht so in Ihrem Petitum, aber das geht natürlich nicht. Ein Bundesgesetz muss auf Bundesebene bewegt werden. Das sind umfassende Änderungen, und Sie werden hierfür wenig Unterstützung und wenig

Freunde finden, übrigens am allerwenigsten bei der Bauwirtschaft, die Sie doch ansonsten immer vertreten möchten.

Und es führt zu einem erheblichen Bürokratieaufbau bei den Behörden und auch bei den Bauträgern und erfordert erheblich mehr personelle Ressourcen. Wir brauchen nicht mehr Bürokratie für mehr Wohnungsbau, sondern weniger Bürokratie.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben da eine falsche Hoffnung, denn diese ganze Bereinigung und dieser große Aufwand würden Ihnen gar nichts nützen, denn eines wird am Ende immer dabei herauskommen: Noch nie sind in den letzten zwei Jahren auch nur im Entferntesten so viele neue Wohnungen genehmigt und gebaut worden wie jetzt.

(Jörg Hamann CDU: Gebaut oder geneh- migt, das ist ein Unterschied!)

Sie sind im Bau, sie werden jetzt gebaut, Herr Hamann. Wir werden die Fertigstellungszahlen, wie immer, im Mai oder Juni bekommen.

Die 6800 Baugenehmigungen sind die einzige Zahl, die wir bisher haben. Es ist eine Bruttozahl, das stimmt. Aber es ist eine Zahl, wie es sie auch als Bruttozahl seit zehn Jahren nicht annähernd gegeben hat. Es ist eine gute und wichtige Zahl für Hamburg und darauf kommt es an. Das ist entscheidend und keine kleinkarierten Statistikdebatten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Grote. – Das Wort hat Herr Duge.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Statistiken sammeln eine Vielzahl von Quellenmaterial, verdichten dieses Material und fassen es in der Regel zu einigen wenigen Zahlen zusammen. In Zahlen steckt bekanntlich der Zauber, und manche sind von den Zahlen so sehr verzaubert, besonders, wenn sie die Zahl 6000 hören, dass sie wie ein Kaninchen auf die Schlange schauen.

(Jan Quast SPD: Und Versäumnisse von Schwarz-Grün spüren!)

Wir wissen aber auch, im Zauber steckt die Illusion. Aber die Illusion kann schnell zur Desillusion werden, und so ist es auch mit vielen Statistiken und Zahlen, die uns immer wieder hier vorgehalten werden. Die magische Zahl 6800 genehmigter Wohnungen führt bei der Bausenatorin zu leuchtenden Augen und euphorisierenden Redeschwallen. Die Belastbarkeit dieser Zahlen bleibt dahinter stehen. Der Stresstest für diese Zahl wird tagtäglich gemacht von den Menschen, die auf der Wohnungssuche sind, die in langen Schlangen anste

(Andy Grote)

hen, um eine Wohnung zu bekommen, und die dann auch noch hören müssen, dass geförderte Wohnungen für 5,80 Euro kalt angeboten werden

(Andy Grote SPD: Wie waren denn Ihre Zah- len? – Wolfgang Rose SPD: Was haben Sie denn gemacht?)

mit Zwangszusatzvermietungen von Stellplätzen für 8,50 Euro. Sie können das nachrechnen.

(Beifall bei der GAL)

Meine Damen und Herren! Viele Wohnungssuchende fragen sich, was diese Statistiken ihnen eigentlich jetzt sagen sollen, während sie dort anstehen. Was ist von einem solchen Vertrag zu halten, in dem diese Zahlen regelmäßig vorgelegt werden sollen? Was ist von einer Politik zu halten, die mit Zahlen spielt, die nicht versprechen, was gesagt wird.

(Beifall bei der GAL und bei Jörg Hamann CDU – Andy Grote SPD: Dass die damit zu Ihnen kommen, kann ich mir vorstellen!)

Seriöse Unternehmen, Herr Grote, würden eine solche Statistik zurückziehen, würden sagen, dass dort ein Mangel sei und würden nachbessern.

(Beifall bei der GAL und bei Jörg Hamann CDU)

Diese Zahlen der genehmigten Wohnungen haben keine relevante Aussagekraft für diejenigen, die eine Wohnung suchen; das haben Sie eben selbst zugegeben. Diese Zahlen sind nicht belastbar, und deswegen geht dieser Antrag in die richtige Richtung. Wir brauchen belastbare Statistiken, die belastbar sind, die eindeutig sind und die transparent sind.