Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Verträge zur Minderheitsbeteiligung der Stadt an den Energienetzen sind mit heißer Nadel gestrickt worden und schlampig verhandelt. Energiepolitisch ist das Verhandlungsergebnis eine Nullnummer, und das Beratungsverfahren war eine Zumutung gegenüber Parlament und Öffentlichkeit.
So unterschiedlich die Oppositionsfraktionen bei ihren Zielen in Bezug auf staatlichen Besitz von Netzen auch sind, in dem Punkt waren wir uns alle einig. Erstaunlich ist, dass die SPD-Mehrheitsfraktion diese Meinung ebenfalls teilt, denn wenn das nicht der Fall wäre, gäbe es überhaupt keinen Grund, diesen Zusatzantrag zu stellen, den Sie vor wenigen Stunden auf den letzten Metern vor der Abstimmung ins Parlament eingebracht haben.
(Dr. Monika Schaal SPD: Wann denn sonst? Hinterher? – Vizepräsidentin Dr. Eva Güm- bel übernimmt den Vorsitz.)
Wenn man diesen Zusatzantrag genauer liest, dann stellt man fest, dass die SPD-Fraktion dem Senat zwischen den Zeilen ein vollständiges Versagen in der Energiepolitik bescheinigt.
in denen die Grünen, die LINKE, die Netzinitiative und die Experten alle einmütig und dringend vor dem Abschluss dieser Verträge gewarnt haben.
Das wird an wenigen Beispielen sehr deutlich. Sie fordern in Ihrem Antrag, zügig ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk zu planen und auch für eine verbindliche Umsetzung zu sorgen. Das verblüfft, denn dieser Punkt ist der Kernpunkt der Verträge, die der Senat mit Vattenfall und E.ON geschlossen hat. Allein, dass Sie es für notwendig halten, kurz vor Toresschluss noch einmal einen solchen Antrag zu stellen, zeigt doch, dass Sie es noch nicht einmal für möglich halten, dass der Senat in der Lage ist, das gegenüber den Konzernen durchzusetzen, was explizit in den Verträgen steht.
burg notwendig ist. Es sind viele richtige Punkte, aber kein einziger ist in dem sogenannten Energiekonzept des Senats, das Teil der Verträge ist, enthalten. Insofern ist dieser Antrag eine Mängelliste für das Versagen des Senats im Bereich der Energiepolitik in diesen Verträgen, denen Sie heute aber dennoch zustimmen wollen. Das ist das Merkwürdige, meine Damen und Herren.
und in der Tat hätte dieser Senat einer guten Beratung schon bei den Vertragsverhandlungen bedurft, denn alle Experten, die wir in den bürgerschaftlichen Anhörungen gehört haben, haben eindringlich vor diesem Geschäftsmodell und vor diesen Verträgen gewarnt. Selbst glühende Verfechter einer Rekommunalisierung der Netze haben die Abgeordneten aufgefordert, diesen Verträgen nicht zuzustimmen.
(Beifall bei der GAL und bei Robert Heine- mann CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Was heißt denn "selbst"?)
Dann fordern Sie in Ihrem Zusatzantrag – und das ist wirklich das Verblüffendste überhaupt – ein gesamtstädtisches Wärmekonzept für Hamburg und das, obwohl diese Verträge einen gemeinsamen Betrieb der Gas- und Fernwärmeleitungen verhindern, weil der Betrieb weiterhin nicht unter einem Dach von der Stadt erfolgen soll, sondern von konkurrierenden Gesellschaften. Durch das Verschenken des Fernwärmemonopols an Vattenfall wird ohne Not jegliche Möglichkeit eines städtischen Gesamtkonzepts unmöglich gemacht. Das müssen Sie doch wissen, Sie waren doch bei den Beratungen dabei. Wenn Sie Ihre Forderungen ernst meinen, dann sollten Sie heute nicht nur Ihren Zusatzantrag verabschieden, sondern dann müssen Sie gegen diese Verträge stimmen, liebe Kollegen von der SPD.
Dieser Zusatzantrag beseitigt nicht die vielen Mängel des Vertragswerkes, das unsorgfältig mit viel Geld wenig Einfluss kauft, zu teuer ist und voller Risiken und verpasster Chancen steckt, denn in dem Moment, in dem Sie den Verträgen zustimmen, die der Senat heute zur Abstimmung stellt, ist der Großteil der Forderungen aus Ihrem Zusatzantrag obsolet und kann gar nicht mehr umgesetzt werden.
Meine Damen und Herren! Wenn es heute darum geht, nach all den Beratungen ein Fazit zu ziehen, und wenn Sie diesen Zusatzantrag ernst meinen, dann gibt es nur noch einen Weg für Sie, nämlich diesem Senat die Gefolgschaft zu verweigern und dagegen zu stimmen. Wenn das nicht Ihre Absicht ist, dann ist dieser Zusatzantrag nur weiße Salbe für ein schlechtes Gewissen, liebe Kollegen von der SPD.
Dieser Vertrag ist in Ihrer Fraktion sehr umstritten, und die wenigen Aufrechten in der SPD-Fraktion, die dafür gesorgt haben, dass der Zusatzantrag verabschiedet werden wird, haben meinen Respekt, denn ich weiß, was es in Regierungsverantwortung bedeutet, sich gegen die Pläne des eigenen Senats zu stellen. Das Dokument zeigt sehr deutlich, dass Sie in diesem Bereich gekämpft haben. Aber der Zusatzantrag geht nicht weit genug und ist in sich unschlüssig. Wenn Sie heute den Verträgen zustimmen, dann werden die notwendigen Punkte Ihres Antrags nicht mehr umgesetzt werden. Deshalb kann ich Sie nur auffordern, wenn es heute zur Abstimmung kommt, gegen diese Verträge zu stimmen oder den Saal zu verlassen.
Die Verträge, wie Sie sie heute verabschieden wollen, werden den Fehler, den wir alle gemeinsam gemacht haben, HEW und HEIN GAS zu privatisieren, nicht nur wiederholen, sondern der Prozess wird im Fernwärmebereich unumkehrbar sein. Dieser SPD-Senat macht nicht nur den gleichen Fehler erneut, sondern verschlimmert ihn noch, und zukünftige Generationen werden ihn teuer bezahlen müssen. Wenn Sie der Meinung sind, dass dieser Zusatzantrag notwendig war, dann stimmen Sie heute gegen diese Verträge. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kollegen und Kolleginnen! Herr Kollege Heintze, Sie haben in Ihrem Debattenbeitrag Richtiges gesagt, aber in einem Punkt muss ich Ihnen widersprechen. Das, was Herr Dressel heute abgeliefert hat, war kein Feuerwerk, sondern knapp oberhalb von nichts.
Das wird dem Senatsantrag und einer Beteiligung über eine halbe Milliarde Euro, auf Pump finanziert, nicht gerecht.
Wir haben vor knapp drei Wochen über die Beteiligung der Stadt an Hapag-Lloyd debattiert, 420 Millionen Euro, heute über den Senatsantrag zur Beteiligung an den drei Netzgesellschaften, 543,5 Millionen Euro, und wenn wir die Nachbewertung dazuzählen, weitere 60 Millionen Euro, insgesamt also über 1 Milliarde Euro. Beide Vorhaben, Hapag-Lloyd und die Netze, weisen bemerkenswerte Übereinstimmungen auf. Bei beiden Beteiligungen behauptet der Senat, sie seien notwendig, um die Stadt in eine vorteilhaftere Situation zu bringen – der Hapag-Lloyd-Deal, um das Andienungsrecht der TUI aus der Welt zu schaffen, der Netz-Deal, um langwierige Rechtsstreitigkeiten mit Vattenfall zu vermeiden. Diese Begründung muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Es handelt sich also um Rechtsstreitigkeiten mit genau dem Unternehmen, was zukünftig Partner und Mehrheitsgesellschafter von zwei der drei Netzgesellschaften sein soll. Bei beiden Beteiligungen ist der Senat bislang eine Begründung seiner Behauptungen schuldig geblieben, denn er hat Alternativen zu diesen Beteiligungen, die mit über 1 Milliarde Euro neuer Schulden verbunden sind, überhaupt nicht in Betracht gezogen oder ernsthaft geprüft. Das ergibt sich aus den uns als Abgeordneten zur Verfügung gestellten Unterlagen; eine solche Prüfung gab es nicht. Somit stellt sich für die Begründung des Senats zu beiden Beteiligungen – hier will ich gern eine Anleihe bei den aktuellen Plakaten der CDU machen – die Frage, ob das Erreichte zählt oder für das Parlament das Erzählte reichen soll. Der Senat ist jedenfalls eine triftige Begründung für über 1 Milliarde Euro neue Schulden und auf Pump finanzierte Beteiligungen in beiden Fällen schuldig geblieben. Daher lehnt die FDP-Fraktion eine Beteiligung der Stadt an den Netzgesellschaften ab.
Wie bei Hapag-Lloyd haben wir auch bei den Netzen viel darüber gesprochen, ob die Beteiligung an den Netzgesellschaften – 543,5 Millionen Euro auf Pump finanziert – ein vertretbares Risiko darstellt oder ob die Garantiedividende für die Stadt ein gutes oder eher ein schlechtes Geschäft ist. Worüber wir aber erneut kaum gesprochen haben, ist die nach der Landeshaushaltsordnung maßgebliche Frage – Herr Heintze hat sie schon erwähnt –, welches wichtige öffentliche Interesse vorliegt, sich an den Netzgesellschaften zu beteiligen. Ich habe bereits in meinem Beitrag zur Hapag-Lloyd-Debatte gesagt, dass der öffentliche Nutzen im Vordergrund stehen muss, nicht die Erwartung einer guten Rendite oder eines Gewinns, und erst recht
nicht, Herr Scholz, das parteipolitische Kalkül, der Volksinitiative mit ihrer Forderung nach einer vollständigen Verstaatlichung der Netze den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Damit kommen wir zu der Frage, was der öffentliche Nutzen einer solchen Beteiligung sein könnte. Der Senat sagt in seinen Drucksachen hierzu, dass die Beteiligung der Energiewende dient; Herr Dressel hat uns das eben auch noch einmal zu erklären versucht. Das ist kurios. Sämtliche Sachverständige, und zwar ausnahmslos, haben auf der Expertenanhörung am 22. März 2012 genau das Gegenteil gesagt.
Wer etwas für die Energiewende tun will, der muss bei der Erzeugung und dem Verbrach von Energie ansetzen und nicht bei der Verteilung, oder wie es die von Ihnen benannte Sachverständige Frau Beckmann-Petey anschaulich gesagt hat – ich zitiere –:
"[…] bei Netzen hat man den Teil der Energieversorgungskette, der eigentlich am wenigsten spannend ist."
Genau das ist der Grund, warum Bremen – und ich meine mich zu erinnern, dass Bremen von einem rot-grünen Senat geführt wird –