Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

liefern Sie ein verlässliches und funktionierendes Konzept zur Offensive im Schulbau, karren Sie nicht mehr oder weniger Container auf die Schulhöfe und ersparen Sie uns weitere Kürläufe in Form von Strukturpapieren. Nehmen Sie endlich Ihre Pflichten gegenüber Schülern, Eltern und Lehrern wahr. Wir werden es Ihnen danken.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort hat Frau Heyenn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass Sie das Thema der Unterbringung in Containern angemeldet haben, finde ich mutig, das muss ich schon sagen. Ihnen hätte ein bisschen mehr Selbstkritik – wie sie Herr Holster für die SPD ausdrückte, was mich sehr überrascht hat –

(Dr. Andreas Dressel SPD: So sind wir!)

wirklich gut angestanden, denn Sie haben in Ihrer Regierungszeit gar nichts gemacht. Sie haben die Schulen verrotten lassen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Wir haben jetzt einen Sanierungsstau von circa 3 Milliarden Euro und mehr. Und, Frau Treuenfels, zu glauben, dass die ehemalige Senatorin Goetsch in zwei Jahren einen Stau von 3 Milliarden Euro angehäuft hat, ist wohl etwas realitätsfern.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP: Das habe ich nicht gesagt!)

Es gibt eine Menge Gründe, warum heute an den Schulen verstärkt Container aufgestellt werden. Die Schulleiter hätten es lieber, wenn man von mobilen Klassenräumen sprechen würde. Das ist auch eine Imagefrage, um das einmal ganz deutlich zu sagen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Neben der systematischen Vernachlässigung im Schulbau gibt es weitere Gründe, warum wir diese mobilen Klassenräume heute brauchen. Dazu gehören die kleineren Klassen. Wir haben uns immer für die kleineren Klassen eingesetzt und halten sie für absolut notwendig. Und gerade unter dem Aspekt der Inklusion benötigen wir auf jeden Fall kleinere Klassen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Wer A sagt, muss auch B sagen. Und wer kleinere Klassen fordert, dem muss auch bewusst sein, dass wir dann auch mehr Klassenräume brauchen. Wir werden weiter fordern, dass die Klassenobergrenzen, wie sie im Schulgesetz mit unserer Hilfe formuliert wurden, auch eingehalten werden. Es bedurfte sieben Schriftlicher Kleiner Anfragen, bis Senator Rabe sich endlich dazu bekannt hat, das Schulgesetz einzuhalten. Gesetze gelten bekanntlich für alle.

(Olaf Ohlsen CDU: Container für alle!)

Ein dritter Grund, warum für den Unterricht verstärkt mobile Klassenraume gebraucht werden, ist der Aufbau der Ganztagsschulen. Auch da hatte ich bisher den Eindruck, dass im ganzen Haus Konsens darüber besteht, dass wir mehr Ganztagsschulen wollen. Über die Ausgestaltung streiten wir gerne weiter. Wir brauchen natürlich mehr Schulküchen, mehr Gruppenräume, mehr Differenzierungsräume und so weiter. Das alles kostet Geld und deshalb wurde in der letzten Legislaturperiode unter Schwarz-Grün Schulbau Hamburg gegründet. Jetzt haben wir eine verstärkte Kritik an diesem ausgelagerten Betrieb. Das hat auch der SPD-Senat in seinem Papier zur Neuausrichtung der Bewirtschaftung der staatlichen Schulgebäude in Hamburg freiwillig oder unfreiwillig zugegeben. Dort heißt es – ich zitiere –:

"Die im Zusammenhang mit der Gründung von Schulbau Hamburg formulierten Erwartungen wurden nur teilweise erfüllt."

Da fragt man sich doch, welche Schlussfolgerungen denn nun daraus gezogen werden. Die erste

(Anna-Elisabeth von Treuenfels)

Schlussfolgerung war eine personelle: Klaus Teichert, Geschäftsführer des Sondervermögens Schulbau, wird zum Sommer seinen Posten räumen und Schulbau Hamburg wird sich in zwei Gesellschaften aufteilen, in eine Vermögens- und eine Dienstleistungsgesellschaft. Dahinter steht die Hoffnung, dass so flexibler auf die Wünsche der Schulen und der Schulbehörde eingegangen werden kann. Genau an dieser Stelle war die Unzufriedenheit an den Schulen am größten. Die Organisation war zu bürokratisch, es dauerte zu lange, bis Maßnahmen, insbesondere auch Reparaturen, eingeleitet wurden, und die Zuständigkeiten wurden ständig hin- und hergeschoben. Nun soll nach dem zitierten Senatspapier alles besser werden, nun sollen einzelne Schulen auch in die Mieter-Vermieter-Beziehung aufgenommen werden, die bisher nur zwischen der Behörde und Schulbau galt. Es heißt weiter in dem Papier:

"Von daher sind in Zukunft Budgets je Schulstandort erforderlich, die Mieten, Personal- und Sachkosten beinhalten."

Ich nehme an, dass Herr Heinemann daraus scharf geschlossen hat, dass es auch um Lehrerstellen geht. Und so fern liegt das wiederum nicht.

Eines ist klar, die Mietkosten laufen der Schulbehörde und dem Senat offenkundig aus dem Ruder. Es ist auch klar, dass ab 2013 höhere Mieten für die Schulgebäude fällig sind, weil ein Abschlag aufgrund von Baumängeln im Jahr 2013 ausläuft. Die geschätzten Mehrkosten liegen bei 80 Millionen Euro. Deshalb soll der Schwarze Peter jetzt den Schulen zugeschoben werden, die in erster Linie Räume einsparen sollen. Die Behörde nennt das Effizienz. Wir meinen, dass das so nicht funktionieren kann, und fordern konsequenterweise, dass der Schulbau weitergehen muss, die Verantwortung aber beim Senat liegt und nicht an die Schulen weitergegeben werden darf. Dort sollen wir unterrichten und gute Lern- und Arbeitsbedingungen sichern. Wir sind an den Schulen nicht dazu aufgefordert zu prüfen, welche Räume wir einsparen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Das Wort hat nun Herr Senator Dr. Tschentscher.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was in der Anmeldung zur Aktuellen Stunde als Schulbau-Verhinderungsprogramm bezeichnet wird, sind Überlegungen der am Schulbau beteiligten Behörden und der Senatskanzlei, wie man den Problemen im Schulbau besser als bisher begegnen kann. Die Darstellung der Lage seitens der CDU-Fraktion erstaunt mich schon ein bisschen. Herr Wersich erklärte unlängst im "Hamburger Abendblatt", zu den großen

Leistungen des Vorgängersenats gehöre unter anderem – ich zitiere wörtlich –:

"[…] die drei Milliarden Euro für die Sanierung von Schulgebäuden."

Von den 3 Milliarden Euro haben wir in der Schulbehörde und in der Finanzbehörde bisher nicht einen Cent gefunden.

(Dietrich Wersich CDU: Weil sie ausgege- ben wurden!)

Was wir gefunden haben, sind grobe Schätzungen eines Sanierungsstaus von 3 Milliarden Euro und dazu kommt ein Zubaubedarf, der sich aus den steigenden Schülerzahlen, den im Schulfrieden von uns allen beschlossenen kleineren Klassen und den Anforderungen der neuen Stadtteilschulen ergibt.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Ja, ja, ja!)

Frau Heyenn, es geht uns jetzt nicht darum festzustellen, wer in den letzten Jahren am stärksten die Verantwortung für den Zustand der Schulen zu tragen hat.

Darum geht es uns nicht, sondern wenn man den Zustand einmal nimmt und dann noch dazu nimmt, dass für die bisherige, wenn ich das einmal neudeutsch sagen darf, Performance im Schulbau an vielen Schulen nicht nur begeisterter Beifall aufkommt,

(Robert Heinemann CDU: Die Ergebnisse haben Sie doch noch gar nicht!)

dann ist es sicher verständlich, dass ein Schulsenator, ein Finanzsenator, die Staatsräte unserer Behörden, der Chef der Senatskanzlei und einige andere verantwortliche Mitarbeiter der Stadt sich ernsthaft Gedanken machen müssen, wohin das alles führen wird, wenn wir nicht alle Kompetenzen, die die Stadt hat, und nicht alle organisatorischen Vorkehrungen darauf richten, die personellen und finanziellen Ressourcen möglichst wirksam und effizient für den Schulbau einzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Die Überlegungen unseres Papiers, die noch keine Senatsbeschlüsse sind,

(Robert Heinemann CDU: Wir haben eine Vereinbarung abgeschlossen!)

haben wir zusammengefasst und mit der tatkräftigen Unterstützung von Herrn Heinemann und einigen anderen Abgeordneten in die öffentliche Diskussion gebracht. Die Vorwürfe, die Herr Heinemann heute vorträgt, lassen sich daraus jedenfalls nicht ableiten, insbesondere werden keine Planungs- oder Bauaktivitäten eingestellt.

(Robert Heinemann CDU: Das schreiben Sie selber!)

(Dora Heyenn)

Frau von Berg, ich weiß nicht, wo Sie zwischen den Zeilen lesen, dass es vor allem ums Kürzen geht. Kürzen, das hat der Vorgängersenat gemacht, indem er das kalkulierte erforderliche globale Baubudget der Schulbehörde und damit von Schulbau Hamburg pauschal um einen dreistelligen Millionenbetrag gekürzt hat. In den alten Drucksachen können Sie sehr sorgfältig nachlesen, dass man in dem Vermieter-Mieter-Modell die Mietzahlungen mindert, weil der Zustand der Schulen so schlecht ist, wie er ist. Die jetzt vor uns liegende Aufgabe ist, dieses Budget wieder angemessen zu erhöhen, aber das Problem und die Zielsetzung besteht eben auch darin, nicht ein Schulbau-Verhinderungsprogramm zu schreiben, sondern ein Konzept zur Verbesserung des Schulbaus, das noch konkretisiert und nach Ansicht der beteiligten Personen so bald wie möglich umgesetzt werden sollte. Darüber würden wir gerne mit Ihnen in den kommenden Monaten reden, aber nicht im Austausch über Schriftliche Kleine Anfragen, in denen präzise Fragen präzise beantwortet werden können,

(Robert Heinemann CDU: Das wäre schön!)

die Grundthemen jedoch, die hier wirklich im Argen liegen, nicht vernünftig besprochen werden können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Scheuerl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Worüber sprechen wir heute? Wir sprechen über Schulbau und damit sprechen wir über das, was für 200 000 Kinder und Jugendliche und mehrere Tausend Lehrkräfte draußen täglich den Alltag bedeutet. Der Raum ist bekanntlich der dritte Erzieher. Der Zustand in den Schulen ist desaströs, das wissen wir alle, 3 Milliarden Euro Sanierungsstau und eine zunehmende Zahl von Kindern, die demnächst in Containern unterrichtet werden. Wir sprechen über 10 000 Kinder und Jugendliche, die nach den Sommerferien in Containern unterrichtet werden sollen bei sommerlicher Hitze und im Winter bei schlechter Belüftung, weil die Fenster zugelassen werden, und wir sprechen über Tausende Lehrkräfte, die sich Tag für Tag – Frau Heyenn, Sie können das selbst beurteilen – in den Lehrerzimmern meistens Schreibtische teilen müssen, weil sie keine vernünftigen Arbeitsplätze in den Schulen vorfinden.

Vor dem Hintergrund hätte ich mir gewünscht, dass Schulsenator Rabe bei dieser Debatte anwesend ist. Dass er nicht anwesend ist, schreibe ich dem Umstand zu, dass es ihm wahrscheinlich peinlich ist, sich anhören zu müssen, wie er vom

Finanzsenator mit Sparbeschlüssen belegt worden ist.