Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

Von daher gibt es eine klare Ablehnung für Ihren Vorschlag, aber weiterhin das Angebot, zu unserer Verantwortung zu stehen und 2015 einzuhalten, eine Haushaltsstrukturkommission zu bilden und gemeinsam eine finanzpolitisch solide, aber auch verantwortungsbewusste Haushaltspolitik für diese Stadt zu gestalten. Das bleibt unser Ziel, dafür kämpfen wir und sei es auch gegen die Zweidrittelmehrheit dieses Hauses.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Hajduk.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dass wir heute die Schuldenbremse in der Hamburger Verfassung verankern, ist ein ganz wichtiger Schritt. Ich finde es bemerkenswert, Herr Heintze, dass die CDU-Fraktion diesen Schritt nicht mitgehen will; ich werde noch auf Ihre Argumente eingehen. Ich finde es widersprüchlich, wie Sie argumentieren, denn es ist schon bedeutsam, weil es auch in Richtung der hamburgischen Öffentlichkeit ein ganz klares Signal ist, die höchste politische und rechtliche Verbindlichkeit zu schaffen

(Dietrich Wersich CDU: Das wollen wir ja auch!)

(Roland Heintze)

und uns endgültig mit einem strikteren Schuldenregime von der Schuldenpolitik der letzten Jahrzehnte zu verabschieden, die nicht immer nur mit schlechten Motiven gemacht wurde, aber faktisch stattgefunden hat.

(Beifall bei der GAL, der SPD und der FDP)

Insofern geht diese Entscheidung in ihrer Verantwortung wirklich über diese Legislaturperiode hinaus. Sehr viele Ihrer Argumente, Herr Heintze, hatten nichts mit der Verfassungsfrage zu tun, sondern mit Kritik an der Aufstellung des aktuellen Haushaltsplans des Senats. Ich hätte mich gefreut, wenn es Ihnen gelungen wäre, sich davon ein wenig abstrakt zu lösen.

(Beifall bei der GAL, der SPD und der FDP)

Es ist ein wichtiger Schritt, dass wir uns in den Fraktionen, die wir durchaus unterschiedliche Haltungen zur richtigen Haushaltspolitik in dieser Stadt haben, zusammengefunden haben, weil dies auch dem Anspruch vieler Bürgerinnen und Bürger gerecht wird. Sie machen sich nämlich Sorgen um die Handlungsfähigkeit des Staates. Sie wollen wieder Vertrauen gewinnen in die dauerhafte Handlungsfähigkeit des Staates, und das hat sehr viel mit der Frage der Angst vor überbordender Verschuldung zu tun. Das belegen auch Umfragen in Deutschland, nicht nur in Ländern, die von einer viel krasseren Problematik betroffen sind wie beispielsweise Griechenland.

(André Trepoll CDU: Wie NRW!)

Deswegen möchte ich auch einen Punkt sehr klar an die Links-Fraktion richten. Eine Partei, die von einem handlungsfähigen Staat so viel erwartet, ist für mich zutiefst widersprüchlich, wenn sie keine überzeugende Lösung anbieten kann für einen Stopp von anwachsender Verschuldung, wo Sie doch wissen, wie hoch die Zinslasten sind, die wir jetzt schon in den Haushalten haben und die für wichtige Investitionen, auch Zukunftsinvestitionen, definitiv nicht zur Verfügung stehen. DIE LINKE ist ratlos bei der Finanzpolitik und das finde ich schade.

(Beifall bei der GAL, der SPD und der FDP)

Es ist gut, dass SPD, FDP und Grüne in einer sicherlich ungewöhnlichen Zusammenarbeit, was das Abstimmungsverhalten angeht – nicht, was die Qualität der Arbeit angeht –,

(Dietrich Wersich CDU: Das kommt hier öf- ter vor!)

eine Lösung gefunden haben, die ein strikteres Regime einführt, im Übrigen ein Schuldenregime, das flexibel auch auf konjunkturell unterschiedliche Situationen reagiert.

Und angesichts dieser Verfassungsänderung heute der erste Punkt in Richtung CDU: Sprechen wir nicht nur darüber, die Regelungen im Grundgesetz

auf Hamburg zu übertragen, und reden wir auch nicht nur davon, im Jahr 2020 keine Schulden mehr zu machen, denn wir haben einen klaren Auftrag in der Verfassung fixiert, dass dies mit dem Haushalt 2013, der uns ab Juni im Plan vorliegen wird, angegangen werden muss.

(Beifall bei der GAL, der SPD und der FDP – Dietrich Wersich CDU: Das haben Sie doch mit dem Haushalt 2011/2012 gemacht, Frau Hajduk!)

Damit ist natürlich auch ein stärkeres Kontrollrecht für die Opposition verbunden, nämlich dass die Kontrollrechte des Parlaments und der Opposition für die Haushalte 2013, 2014, 2015 und 2016 stärker werden. Dass Sie da nicht zustimmen, ist ein starkes Stück.

Ich sage Ihnen ganz deutlich, Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass es unglaubwürdig ist, wenn Sie heute vorschlagen, 2015 könnten wir das strukturelle Defizit abgebaut haben. Das ist unglaubwürdig bei einer CDU, die noch vor eineinhalb Jahren zusammen mit der GAL selbst die Landeshaushaltsordnung ändern wollte – auch das liegt uns heute als Drucksache vor – in der Erkenntnis, dass die zwischenzeitliche Entwicklung es nicht zulassen wird, ab 2013 keine Schulden mehr aufzunehmen.

(Dietrich Wersich CDU: Ja, aber das hat sich doch seitdem wieder geändert!)

Das waren die Aussagen im Finanzplan von CDU und Grünen. Dazu stehen wir Grüne auch heute noch. Die Schuldenbremse der CDU-Alleinregierung aus dem Jahr 2007 war eine Schuldenbremse der alten Couleur. Die hatte überhaupt nicht die Qualität der Schuldenbremse von heute. Das hat man auch daran gesehen, wie einfach es war, sich mit einfacher Mehrheit Kreditausnahmen für Jahre, in denen man es brauchte, zu verschaffen.

(Dietrich Wersich CDU: Aber deshalb muss man sie doch nicht um sieben Jahre ver- schieben, Frau Hajduk!)

Es ist zutiefst unglaubwürdig, wie Sie sich als die besten Sparer darstellen wollen.

(Beifall bei der GAL, der SPD und der FDP)

Dabei können Sie keinerlei plausible Erklärungen für den Abbau eines strukturellen Defizits liefern, das Sie selbst noch in den letzten Haushaltsberatungen mit 1 Milliarde Euro beziffert haben. Kollege Heintze fragte in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage aktuell, wie denn das Steuerkonjunkturplus im Jahr 2011 sei. Es liegt bei ungefähr 330 Millionen Euro. Wenn man das für das extrem gute Jahr 2011 in Summe bringt mit dem Finanzierungssaldo, dann haben wir jetzt mindestens noch ein strukturelles Defizit von 800 Millionen Euro.

(Dietrich Wersich CDU: Das stimmt doch gar nicht! Das haben Sie schon mal besser ge- konnt!)

Da wollen Sie erklären, dass wir das mit einem Doppelhaushalt 2013/2014 abbauen könnten und die Schuldenbremse 2015 verlässlich in der Verfassung verankern. Das ist für Leute, die mit der Haushaltspolitik der Stadt und den Zahlen Erfahrung haben, schon ein ziemlich starkes Stück, dies so in die Welt zu setzen.

(Beifall bei der GAL, der SPD und der FDP)

Ich verbinde diese Kritik ausdrücklich mit einer wichtigen Unterscheidung. Wenn die Konjunktur so bleibt, kann es sogar sein, dass wir 2015 keine neuen Schulden machen müssen. Das ist aber nicht dasselbe, als wenn wir eine strukturelle Nulllinie hätten. Darüber sollten Sie noch einmal nachdenken. Mit Ihrer Argumentation katapultieren Sie sich für die zukünftigen Haushaltsberatungen ins Abseits, wenn Sie nämlich den Senat an anderer Stelle für falsche Schwerpunktsetzungen kritisieren. Das werden wir allerdings tun.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte auf einen Punkt eingehen, der mir bei der Schuldenbremse sehr wichtig ist. Die Einführung der Schuldenbremse erfordert nicht nur Ausgabendisziplin, sondern auch Einnahmedisziplin. Vor dem Hintergrund verträgt sich auch keine allgemeine Steuersenkungspolitik mit dem Einhalten der Schuldenbremse. Insofern ist es ein Widerspruch, Frau Suding, wenn Sie den Bürgermeister auffordern, heute die Schuldenbremse in der hamburgischen Verfassung zu verankern und morgen im Bundesrat einer Steuersenkung ohne Gegenfinanzierung zuzustimmen.

(Katja Suding FDP: Ist sie ja gar nicht!)

Man kann die kleinen und untersten Einkommen sehr gut entlasten mit einer ähnlichen Maßnahme, wie Sie sie vorschlagen, wenn man die Steuererleichterung für die kleinsten Einkommen kombiniert mit der Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Das ist das Konzept der Grünen, das auch von der SPD unterstützt wird.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Dann machen Sie gerechte Steuerpolitik nicht auf Kosten von Schulden. Seitdem es die Schuldenbremse gibt, schwindet die Steuersenkungspolitik der FDP im Ansehen der Bevölkerung in den absoluten Minusbereich. Das ist ebenfalls gut an der Schuldenbremse.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Liebe Kollegen von der SPD! Wir werden mit Ihnen um die besseren Alternativen unter Einhaltung der Schuldenbremse streiten.

(Jan Quast SPD: Das ist Ihr Job!)

Das heißt, Sie können die Schuldenbremse nicht für jede falsche Prioritätensetzung zulasten von Kindern und Jugend anführen. Sie können die Schuldenbremse auch nicht anführen für eine falsche Finanzierung der Hochschulen und der Wissenschaft, nämlich einer mangelnden. Wir werden Alternativen zur Finanzierung dieser Schwerpunkte anbieten. Wir werden deutlich machen, dass Sie es da, wo Sie viel Geld und riskantes Geld hineinstecken,

(Gabi Dobusch SPD: Kinder- und Jugendhil- fe!)

beispielsweise in Hapag-Lloyd, vermissen lassen, die richtige Schwerpunktsetzung für originäre Aufgaben der Stadt zu treffen, nämlich in Hochschule, Kinder und Jugend oder beispielsweise in den Umweltbereich. Ich glaube, die Schuldenbremse bringt uns zu einer ehrlichen Prioritätendiskussion in diesem Haus. Das ist vielleicht für den kommenden Herbst ganz gut so. – Schönen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt Frau Suding.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Schuldenbremse dient einem wichtigen Ziel, nämlich der Schuldenfreiheit in naher Zukunft. Die drei Fraktionen von FDP, SPD und Grünen schlagen eine Verankerung der Schuldenbremse in der Hamburger Landesverfassung vor, um unser Gemeinwesen in absehbarer Zeit schuldenfrei zu machen. Wir tun das im Wissen um unsere Verantwortung für unsere Kinder und Enkel. Wir tun es als fünftes Bundesland unter den 16 deutschen Ländern, und wir tun es mit der Erkenntnis, dass der schon mit der kommenden Haushaltsaufstellung beginnende Schuldenbremsweg in der Umsetzung tatsächlich eine echte Herausforderung wird. Wir werden also so etwas wie ein ABS benötigen, um hierbei nicht ins Schleudern zu geraten.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Andreas Dressel SPD)

Der Schuldenstopp in der Hamburger Verfassung legt dafür die unumgängliche Grundlage. Die Haushalte von 2013 bis 2019 werden dafür Jahr für Jahr die konkrete Ausgestaltung liefern müssen.

Ich bin froh, dass wir dazu einen überparteilichen Konsens erreicht haben, dessen Wirkung weit über die Legislaturperiode dieser Bürgerschaft hinausgeht. Dafür sage ich allen Beteiligten noch einmal meinen herzlichen Dank.