Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben richtigerweise gehört, dass wir seit sechs Monaten bei diesem Thema sind. Ich glaube, das ist jetzt die zweite Runde, die wir drehen. Ich hoffe, dass wir zu diesem Thema nicht noch eine dritte Runde brauchen, zumindest nicht in der Bürgerschaft. Im Stadtentwicklungsausschuss können wir natürlich noch weiter darüber diskutieren, und den Antrag der CDU würden wir gern noch einmal an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen. Ansonsten ist es schwierig, eine Tischvorlage zu kommentieren und da dann noch zu überlegen, welche Punkte man nun gut findet und welche nicht. Alle Fraktionen sollten sich überlegen, nicht immer gleich mit Tischvorlagen zu kommen. Zwei Tage vor der Sitzung eine Vorlage zu bringen, ist auch so eine Art Tischvorlage.

(Vizepräsidentin Kersten Artus übernimmt den Vorsitz.)

Das kann sich vielleicht eine Regierung erlauben, aber bei einer Oppositionspartei ist es etwas schwierig.

(Dirk Kienscherf SPD: Richtig!)

Ich möchte auf drei Punkte eingehen. Wir haben sehr viel über das Thema geredet und haben gesehen, dass die SPD versuchte, die Anträge der Grünen und auch der LINKEN in irgendeine Form zu bringen, die mehrheitsfähig war und ist. Deshalb haben wir auch eine ziffernweise Abstimmung beantragt, das haben wir auch im Ausschuss gemacht und jeden einzelnen Punkt gesondert abgestimmt. Es gab nämlich nicht überall zwischen den Fraktionen Übereinstimmung, aber es gab auch interessante Koalitionen bei einzelnen Punkten. Deshalb wird es ein bisschen Arbeit machen, nachher abzustimmen, aber ich denke, es hat sich gelohnt.

Zu den drei Punkten. Die sozialen Erhaltungsverordnungen, die zumindest von einigen Fraktionen so heiß geliebt werden und als Lösungsmöglichkeit für alle möglichen Probleme unserer Szeneviertel angedacht sind, sehe ich anders, ich teile diese Auffassung nicht. Sie sind eigentlich kein Instrument, um das wirklich zu erreichen, was man erreichen will, sie sind Abwehrmöglichkeiten. SPD und FDP haben als neue, frischgebackene Koalition in Hamburg-Mitte im Koalitionsvertrag vereinbart, die bestehenden Gebiete mit Erhaltungsverordnung natürlich weiterzuführen und zu schauen, wie die Erfolgslage nach einiger Zeit sein wird. Es soll aber keine Ausweitung geben. Einige in dieser Stadt möchten gern diese Erhaltungsverordnung über das gesamte Stadtgebiet ausweiten,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Bis nach Blan- kenese, da haben Sie recht!)

vergessen dabei aber, dass Hamburg, genau wie Deutschland, ein Einwanderungsland ist. Die wachsende Stadt bedeutet, dass wir noch Zehntausende von Neubürgern hier erwarten, für die wir auch Wohnraum haben möchten. Ich sehe einfach nicht ein, warum einzelne Stadtteile meinen, das sei alles schön und gut, sie möchten auch multikulti und sehr viele neue Mitbürger haben, aber bloß nicht im eigenen Stadtteil. Das ist meiner Meinung nach weder in Blankenese noch in Ottensen der Fall.

(Andy Grote SPD: Es gibt auch Neubürger mit wenig Einkommen!)

Es gibt sehr viele Neubürger mit wenig Einkommen, nur ist dann die Frage, wo sie wohnen sollen. Sie sollen anscheinend überall wohnen, nur eben nicht in den Stadtteilen, in denen wir Erhaltungsverordnungen haben möchten.

(Dirk Kienscherf SPD: Doch, natürlich, das hat doch nichts mit Neubürgern zu tun!)

Das Zweite ist der Reibungspunkt Maklerwesen. Ich kann verstehen, dass gerade in den Bereichen, in denen sehr viele neue Wohnungen entstehen beziehungsweise Eigentumswohnungen vermittelt werden, die Leute meinen, die Makler würden wahnsinnig viel verdienen. Wenn es wirklich so

(Olaf Duge)

einfach wäre, als Makler über die Runden zu kommen, dann könnten wir es doch selbst tun und eine schnelle Mark machen.

Wir sollten auf jeden Fall – dem stimmen wir natürlich auch zu, da es den Beruf Immobilienmakler eigentlich gar nicht gibt – Regelungen zur Verbesserung des Berufsbilds des Immobilienmaklers einführen. Auch die Immobilienverbände sind dafür, Regelungen einzuführen, damit dies – ich sage das einmal in Anführungszeichen – ein anerkannter Beruf wird, der auch Verpflichtungen hat und vor allen Dingen auch versicherungstechnisch geregelt ist. Dann können nämlich Schäden, die durch falsches Makeln passieren, gelöst werden. Dieses Problem wurde noch nicht richtig angepackt und sollte gelöst werden.

Ein dritter Punkt ist der Klimaschutz. Es ist natürlich wichtig, gerade bei den Investitionen im Wohnungsbau diese neuen Maßstäbe anzulegen, damit die Mieter nicht unter diesen neuen Investitionen leiden müssen. Man muss auch sehen, dass es eigentlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Es ist nicht Aufgabe einzelner Industriezweige beziehungsweise Wohnungsbauunternehmen, hohe Beiträge dazu zu leisten, denn sie sind nicht die Verursacher dieser Anforderungen. Sie müssen nur bis zu dem Rahmen, wie die Energieeinsparungen das auch finanziell amortisieren, diesen Beitrag zahlen, sowohl Mieter als auch Vermieter. Aber der Restbetrag muss durch öffentliche Gelder gezahlt werden. Es kann nicht sein, auch wenn es vielleicht ideologisch so gedacht ist, irgendwelchen Geschäftsleuten oder Wohnungsinhabern und Wohnungsbauunternehmen zu verbieten, einzelne Kostenanteile auf die Mieter abzuwälzen. Dann müssten Sie auch den Bäckern verbieten, die höheren Mehlpreise auf die Brötchenpreise umzulegen.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist ein bisschen was anderes!)

Das ist reiner ideologischer Schwachsinn. Wenn Sie das wirklich wollen, nämlich die Kosten für den Wohnungsbau beziehungsweise die Wohnungsunternehmen erhöhen, dann müssen Sie damit rechnen, dass weniger Wohnungen gebaut werden, weil es sich gar nicht mehr lohnt.

Zusammengefasst: Die FDP-Fraktion wird einigen Punkten dieses Berichts des Stadtentwicklungsausschusses zustimmen, einige werden wir ablehnen. Was wir wirklich gern forciert hätten, wäre eine Stadtentwicklungspolitik, die sich für Hamburg als Ganzes einsetzt und sich nicht nur auf die einzelnen Szeneviertel konzentriert, wie Herr Grote es sagte, sondern in die Fläche geht, vor allen Dingen in den inneren Ring um diese Szeneviertel herum. Aber sie muss auch in die Peripherie gehen, an die in Hamburg teilweise überhaupt nicht gedacht wird. Wir brauchen zum Beispiel für Bergedorf ganz andere Konzepte, das wird zum Teil im Wohnungs

bauprogramm für Bergedorf auch dargestellt. Wir müssen endlich einmal sehen, dass Hamburg keine Einheit ist, sondern eine Vielfalt, und wir brauchen für alle Stadtteile unterschiedliche Konzepte. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Sudmann, Sie haben das Wort.

Zu Beginn möchte ich erst einmal Herrn Hamann danken, weil er es immer wieder schafft, mit wenig fundierten Aussagen die Bürgerschaft munter zu machen. Dafür erst einmal herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Andy Grote SPD)

Sie haben sehr viel von Gegacker und Eierlegen gesprochen. Genau an diesem Beispiel kann man festmachen, wie Ihre Aussagen waren. Als Hahn hat man wenig Erfahrung mit dem Eierlegen, und so waren auch die meisten Ihrer Aussagen.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und bei Andy Grote und Frank Wiesner, beide SPD)

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, Herr Hamann, warum dieses Thema wichtig ist und sich nicht dafür eignet, dass Sie eine Show abziehen. Sie haben zu Recht das Thema Wohnungsnot angesprochen. Leider haben Sie aber gesagt, ähnlich wie die Senatorin vor gut einem Jahr, dass wir keine Wohnungsnot hätten. Aus Sicht der LINKEN haben wir aber eine Wohnungsnot in dieser Stadt. Und die Wohnungsnot macht sich nicht nur am Mangel an Wohnraum bemerkbar, sie macht sich auch daran bemerkbar, dass viele Mieter und Mieterinnen ihre Miete kaum noch zahlen können; Herr Grote hat es vorhin schon angesprochen. Deswegen bin ich sehr froh, dass wir aufgrund des Antrags, den DIE LINKE vor gut einem halben Jahr eingebracht hat, intensiv im Ausschuss diskutiert haben und dass es weitere Anträge von der GAL gab. Wir haben jetzt erreicht, wenigstens eine kleine Verbesserung für die Mieter und Mieterinnen zu schaffen, wenn Frau Senatorin im Bundesrat sehr erfolgreich sein wird und es beispielsweise bei den Neuvermietungen nicht mehr möglich ist, in die Vollen zu greifen. Wir haben 15 Prozent gesagt, 20 Prozent sind dabei herausgekommen, immerhin ist es ein erster kleiner Schritt.

Herr Duwe, was die energetischen Maßnahmen betrifft, weiß ich gar nicht, warum Sie immer glauben, dass die Mieter und Mieterinnen das allein zahlen sollen. Es ist auch eine Wertsteigerung. Warum tun Sie so, als wenn die Grundeigentümer, die Hauseigentümer gar nichts davon haben?

(Beifall bei der LINKEN)

(Dr. Kurt Duwe)

Deswegen ist es richtig, dass wir im Antrag stehen haben, dass es kostenneutral sein soll. Das, was die Mieter und Mieterinnen am Ende an Kosten sparen, können sie gern auch für energetische Maßnahmen zahlen, aber nicht mehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist wichtig, dass der Punkt aufgenommen wurde, den wir geschrieben haben und den Herr Hamann auch ins Lächerliche gezogen hat, nämlich dass es mehr Informationen für Mieter und Mieterinnen geben muss, gerade dann, wenn der Mietenspiegel erscheint. Denn viele Mieter und Mieterinnen – das haben Sie in der Anhörung wahrscheinlich nicht gehört, Herr Balcke hat es ausgeführt – wehren sich nicht, weil sie gar nicht wissen, dass sie eine Einspruchsmöglichkeit haben, wenn die Mieten wesentlich stärker erhöht werden als erlaubt ist. Also ist es auch da gut, etwas zu tun. Ich verstehe die CDU nicht, sie ist so, wie sie ist, und ob sich da etwas ändert, weiß man nicht.

(Gabi Dobusch SPD: Das ist doch auch 'ne Großstadtpartei, Mensch!)

Herr Duwe, was Sie eben sagten zur Sozialen Erhaltungsverordnung, da weiß ich nicht, wo Sie überall Szeneviertel sehen. Wir reden hier mittlerweile von Wilhelmsburg, wir reden von Barmbek und Dulsberg. Wenn das Szeneviertel sind, würde ich gern wissen, welche Sie dort sehen? Ich sehe da vor allen Dingen eine Szene von Menschen, die wenig Geld haben und Gefahr laufen, verdrängt zu werden, weil die Zuzüge von außen, die Sie meinen, Menschen sind, die gern innenstadtnah leben wollen und in der Lage sind, höhere Mieten zu zahlen. Genau deswegen brauchen wir dort die Soziale Erhaltungsverordnung.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Finn-Ole Ritter FDP)

Frau Senatorin, ich hoffe sehr, dass die Gerüchte, die ich jetzt gehört habe, dass zum Beispiel für Wilhelmsburg aus Personal- oder Ressourcenmangel die Soziale Erhaltungsverordnung nicht kommen soll, wirklich ein sehr schlechtes Gerücht ist, eine sogenannte Sch-Parole, die nicht stimmt. Der zukünftige Bezirksamtsleiter wird sich dafür einsetzen, dass es dort ganz schnell passieren kann.

Ein Wort noch zum CDU-Antrag. Lieber Herr Hamann, ein halbes Jahr haben wir diskutiert, wir haben Anhörungen gehabt und total viel gelernt, zumindest die meisten von uns, nicht alle. Die CDU hat jetzt gemerkt, dass fast die gesamte Bürgerschaft erkannt hat, was wichtig ist. Wir sitzen sozusagen alle in einem Zug,

(Jörg Hamann CDU und Andreas C. Wan- kum CDU: Nee, nee, nee!)

aber der Zug ist abgefahren und die CDU merkt zwei Tage vorher, dass sie nicht dabei ist. Jetzt laufen Sie hinterher. Sie müssen schon ein

bisschen schneller und besser werden, um das noch zu erreichen. Also bin ich gespannt darauf, was die CDU zukünftig zeigt.

Die SPD – ein letztes Wort, um beim Bild der Hühner zu bleiben – hat viele Eier ausgebrütet, die ursprünglich von der GAL und der Links-Fraktion kamen.

(Dietrich Wersich CDU: Nesträuber! Ne- sträuber!)

Aber sie haben es nicht ganz schlecht gemacht, insofern hoffe ich, dass wir heute viel Zustimmung bekommen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Jens Ker- stan GAL)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wir beginnen zunächst mit den Überweisungsbegehren.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/4129 an den Stadtentwicklungsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Zunächst zum Antrag der CDU-Fraktion aus der Drucksache 20/4129.

Wer möchte sich diesem anschließen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Weiter zum Bericht des Stadtentwicklungsausschusses aus der Drucksache 20/3960.