Ich möchte an dieser Stelle eines klarstellen, weil ich den Eindruck habe, dass viele, die sich nicht mit Schulpolitik befassen, nicht merken, wie argumentiert wird. Wir sprechen über zwei Begriffe. Das eine ist das GBS-Modell, eine freiwillige Hortbetreuung nachmittags in den Schulen. Gegen diese hat niemand etwas. Wenn das in allen Schulen qualitativ hochwertig eingerichtet wird und alle Eltern sich das aussuchen können, ist das wunderbar.
Nun kommen wir zu dem Begriff der gebundenen Ganztagsschule, der echten Schule mit Unterricht und anderen Angeboten im Idealfall bis in den Nachmittag, bei der jedes Kind verpflichtet ist, bis in den Nachmittag da zu sein. Solche Schulformen haben sich hinterrücks und über den Entscheidungswillen mancher Eltern hinweg in der Stadt eingeschlichen. Ein Beispiel ist die Schule Rellinger Straße.
Ich habe schon im Frühjahr erwähnt, dass es dort eine Elternumfrage gab und die Hälfte der Eltern gesagt hat, dass sie die gebundene Ganztagsschule nicht wolle, sondern GBS. Dann gab es eine denkwürdige Schulkonferenz. Zwei Elternvertreter waren für GBS, also den freiwilligen Nachmittag, die anderen waren für die gebundene Ganztagsschule. Die Schulleitung, die Lehrkräfte und das nichtpädagogische Personal haben daraufhin gemeinsam gesagt: Hurra, zehn Stimmen für die gebundene Ganztagsschule, auf in die gebundene Ganztagsschule. Das heißt, die Hälfte der Eltern ist dort brutal überstimmt
und verpflichtet worden, in die gebundene Ganztagsschule zu gehen. Damit sich das nicht schleichend durch die Stadt zieht – in dem Gesetzantrag der SPD finden wir keine Klarstellung – und sich am Ende alle umgucken und sagen, wo ist denn noch ein GBS-Modell, wo sind denn noch freiwillige Nachmittagsschulen, ist es wichtig gewesen, das klarzustellen. Die Hälfte der Eltern in Hamburg möchte bis heute weder GBS noch gebundene Ganztagsangebote, sondern nachmittags ihr Kind besser so fördern.
Es muss ein Wahlrecht geben, damit die Schulbehörde verpflichtet ist, klarzustellen, dass alle Eltern in Hamburg entscheiden können.
Und wenn wir ins 19. Jahrhundert gehen, dann finden wir zwei, die gesagt haben, dass Schulen und Universitäten Veranstaltungen des Staates seien. Das ist Ihre Linie, Frau Heyenn, das stand im Preußischen Allgemeinen Landrecht. Jemand hat damals gesagt:
In Frankreich gibt es die gebundene Ganztagsschule für alle. Wenn Sie sich die PISA-Ergebnisse anschauen, dann sehen Sie, dass Frankreich in allen Bereichen mit Abstand schlechter als Deutschland dasteht, das die Halbtagsschule hat.
Sie sollten sich die sogenannte StEG-Studie anschauen. Deswegen drängen wir so darauf, dass die Angebote hochwertig sind. Die StEG-Studie hat zur Qualität von Ganztagsschulmodellen festgestellt, dass bis zur 7. Klasse positive Effekte zu erzielen sind, wenn der Ganztagsunterricht gut gemacht ist und wenn die Schüler teilnehmen. Aber ab der 7. Klasse bis zur 9. Klasse haben nur die Kinder, die nicht an der Ganztagsschule teilgenommen haben, ihre Mathenoten verbessern können, während die Kinder, die weiter an der Ganztagsschule unterrichtet wurden und dort von der Bertelsmann Stiftung untersucht wurden, ihre Noten nachhaltig verschlechtert haben. Der Unterschied lag darin, ob die Unterrichtsform am Vormittag differenziert war oder nicht. Kinder in differenzierten, das heißt homogenen Lerngruppen – die Leistungsstarken, die Mittleren, die Schlechteren –, haben bessere Noten erzielen können, auch wenn sie am Nachmittag nicht in der Ganztagsschule waren,
und diejenigen, die in der Ganztagsschule waren und nicht differenziert unterrichtet wurden, das heißt in breiten Leistungsgruppen, haben schlechtere Noten bekommen.
Das heißt, nur dann, wenn die Ganztagsschulen qualitativ gut ausgestattet sind, können sie etwas bringen. Deswegen bitten wir Sie, unserem Zusatzantrag zuzustimmen, denn wir legen Wert auf Qualität – im Gesetzentwurf der SPD soll der Anspruch auf Qualität in Paragraph 13 Absatz 2 gestrichen werden –, Flexibilität und Wahlfreiheit. Nehmen Sie die Chance wahr, damit wir gute Ganztagsschulen bekommen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Scheuerl, bei Ihrer Rede habe ich mich gefragt, welches Demokratieverständnis Sie eigentlich haben.
Ich werde das nicht sachlich richtigstellen, das ist mir wirklich zu blöd. Frau Heyenn hat Sie ins vorletzte Jahrhundert katapultiert, ich weiß nicht, ob das überhaupt weit genug zurückgreift. Das ist für mich steinzeitlich.
Klar ist, dass Herr Senator Rabe, Ihr alter Bündnispartner aus Zeiten der Schulreform, Sie in eine Parforcejagd treiben wird. Mit dieser Gesetzänderung sind viele ungelöste Fragen verbunden, Frau Heyenn hat das schon gesagt. Ich frage mich, wie die Umsetzung aussehen soll, wie dieses Vorhaben an Schulen kommuniziert werden soll, was eine zumutbare Entfernung und ein regional ausgewogenes Angebot ist. Was passiert, wenn alle Schulen in einer Region GBS oder gebundenen Ganztagsunterricht anbieten wollen? Wird es den Schulen dann verboten, GBS anzubieten oder gebundenen Ganztagsunterricht?
Werden vielleicht die Rechte der Schulkonferenz ausgehebelt oder ad absurdum geführt, weil die Schulbehörde letztendlich die Anträge ablehnt? Das sind alles ungelöste Fragen. Und ich frage mich, ob wir noch einen Schulentwicklungsplan nur für den Ganztag bekommen, denn im Schulentwicklungsplan, der jetzt gerade vorliegt, ist von Ganztagsschulen nichts geschrieben worden. Das hätten wir sehr gern im Ausschuss besprochen.
Aber jetzt wird die Gesetzänderung nach der Beratung im Ausschuss beschlossen und wir werden davon überrumpelt. Auch das ist schlechter politischer Stil. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Scheuerl, drei Punkte kann man so nicht stehen lassen. GBS ist freiwillig. Die meisten Schulen, fast alle Grundschulen, die sich jetzt entschlossen haben, in die Ganztägigkeit zu gehen, haben GBS gewählt und nicht die voll gebundene Ganztagsschule. Da können Sie doch nicht sagen, hier werde etwas unterlaufen oder erschlichen. Die Schulen haben sich auf den GBSWeg gemacht und dieser ist freiwillig.
Zweitens gibt es demokratische Prozesse an den Schulen und Sie wissen ganz genau, wie das abläuft. Die Schulkonferenz muss darüber entscheiden, ob ein Standort GBS wählt oder eine vollgebundene Ganztagsschule.
Drittens frage ich mich, ob Sie die PISA-Studie eigentlich gelesen haben. Der PISA-Schock in Europa und Deutschland liefert doch keine Grundlage für die Argumentation, dass wir auch schon mit dem Kopf unter Wasser gewesen seien und dass wir nur, weil andere Länder noch tiefer waren, darauf nicht weiter reagieren müssten. Das ist ziemlich hanebüchen, was Sie in diesem Bereich eben gesagt haben. – Vielen Dank.
Hier sitzen so viele intelligente Menschen, und anscheinend hat niemand den Unterschied zwischen GBS und Ganztagsschule begriffen. GBS ist freiwillig und deswegen kann auch keiner Schule verboten werden, Frau von Berg, GBS anzumelden. Wenn es in Wohnortnähe ein GBS-Angebot gibt, dann soll das wahrnehmbar sein, mehr wollen wir gar nicht. Wir möchten einfach nur, dass sich Kinder und Eltern das aussuchen können. Wer verbieten möchte, Wahlfreiheit in das Gesetz zu schreiben, der hat ein Problem mit Wahlfreiheit. Nun hat