Protokoll der Sitzung vom 14.06.2012

Die Zahl der Auszubildenden wirkt mit knapp 113 000 recht hoch, sollte aber dringend indexiert werden, um Vergleich und Aussagekraft zu haben. Dass es hier bislang keine Zahlen gibt, finde ich problematisch. Ich sehe schon eine Aufgabe der Handels- und der Handwerkskammer darin, so etwas vorrätig zu haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur Fachkräftesituation wird recht umfangreich abgefragt und Auskunft gegeben. Ich lese mit großem Schrecken, dass von insgesamt 835 148 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten tatsächlich nur 1288 Frauen und Männer aus Drittstaaten einen Aufenthaltstitel haben. Das sind nur 0,15 Prozent, und das ist wirklich beschämend und zeigt die eklatante Kluft zwischen allen Sonntagsreden zur Integration und der Realität.

(Beifall bei der LINKEN)

Wichtig finde ich noch, die Erwerbsquoten der Geschlechter zu erwähnen. Hier liegen die Männer bei 55,1 Prozent, die Frauen bei 48,6 Prozent. Das ist im Vergleich zu den anderen Metropolregionen recht hoch. In München und Stuttgart ist sie bei den Frauen aber höher; da ist also noch Luft nach oben. Dass das geplante Betreuungsgeld die Quoten aber eher sinken lassen dürfte, sollte allen hier klar sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Das geplante Betreuungsgeld ist und bleibt eine frauen- und familienpolitische Schande, sehr geehrte Herren und Damen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Regina-Eli- sabeth Jäck SPD)

Wir dürfen zudem davon ausgehen, dass die hohe Teilzeitquote in der Metropolregion Hamburg – 36 Prozent – natürlich ihren Anteil an der Höhe der Frauenerwerbsquote hat. Sie hat auch ihren Grund darin, dass vielen Frauen die Rückkehr in Vollzeitarbeit nicht ermöglicht wird, wenn sie dies wollen. Zwangsteilzeit ist leider eine arbeitsmarktpolitische Realität, auch in dieser Metropole, und das missbilligen wir.

Kritisch möchte ich den viel zu geringen Anteil von älteren Menschen bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten anmerken, er liegt nämlich nur bei 13,6 Prozent. Berlin-Brandenburg, RheinRuhr und Stuttgart weisen bessere Werte auf. Die Rente erst ab 67 wird diese Situation auch nicht verbessern, das sagen alle Prognosen.

Die gelieferten Daten schaffen immerhin einen kleinen Einblick in die aktuelle Situation. Sie sollten dafür genutzt werden, um die Millionen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, die hier leben, und nicht, um die Interessen weniger zu bedienen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Senator Horch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Im Bereich der internationalen Wettbewerbsfähigkeit wird es auch für Norddeutschland zunehmend wichtiger, in Wirtschaftsräumen zu denken und zu handeln. Die Metropolregion Hamburg hat für ganz Norddeutschland wirtschaftlich eine herausragende Bedeutung, darin sind sich die Länder Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein einig. Dieses Potenzial gemeinsam zu nutzen und sich für die Zukunft aufzustellen, ist ein wichtiges Anliegen und wird vom Senat in allen Belangen intensiv betrieben.

(Beifall bei der SPD)

Einen großen Vorteil hat die Region aufgrund ihrer günstigen geografischen Lage mit direktem Zugang zu seeschifftiefem Wasser und einer leistungsfähigen Hafenstruktur in allen Belangen. Die Wirtschaft macht keinen Halt vor Ländergrenzen. Durch enge Zusammenarbeit können wir Unternehmensansiedlungen in der Region halten und Potenziale für die Region sichern. Auf diese Weise können wir im Norden Wettbewerbern gemeinsam Paroli bieten. Da in Hamburg beispielsweise die Flächen für den Bau und die Verschiffung von Offshore-Windkraftanlagen nicht vorhanden sind, bieten sich Kooperationen mit Brunsbüttel und Cuxhaven optimal an. Für die Region bestehen große Potenziale zum Beispiel in der Entwicklung der Wind- und Wasserstofftechnologien: Hamburg als Nutzerland, die anderen die Erzeuger.

Die weitere wirtschaftliche Entwicklung erfordert ein abgestimmtes und länderübergreifendes Zusammenwirken aller Beteiligten in Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Das gilt für eine gemeinsame Clusterpolitik auf vielen Gebieten, für Ansiedlungen ganz generell in der Metropolregion, für einen intensiven Austausch im Bereich Forschung und Entwicklung und auch für die Bildungsoffensive, für wichtige Verkehrsprojekte und natürlich auch für die Zusammenarbeit im Bereich Kultur und Tourismus.

Meine Damen und Herren! Meine gerade beendete Delegationsreise nach Japan, Korea und China ist ein sehr deutlicher Beleg dafür, welch ungemeine Chancen sich für die Metropolregion Hamburg ergeben. Insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien sind wir überall mit offenen Armen empfangen worden. Unsere Gesprächspartner waren hervorragend über die Metropolregion Hamburg im Bild und ungemein interessiert an der hier geleisteten Arbeit. Dies gilt sowohl für mögliche Ansiedlungen wie auch für Kooperationen in den Bereichen Forschung, Entwicklung, Ausbildung und Fachkräftesicherung.

(Kersten Artus)

Wir sind sozusagen mit Samsung Heavy Industries im Gepäck zurückgekommen. Das Unternehmen will seinen Forschungs- und Entwicklungsbereich in Hammerbrook ansiedeln und dort mittelfristig 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen.

(Beifall bei der SPD und bei Karin Prien CDU, Dr. Anjes Tjarks GAL und Carl-Edgar Jarchow FDP – Dirk Kienscherf SPD: Sehr gut!)

Weitere Ansiedlungen sind – ich kann noch nicht näher darüber reden – auf der Zielgeraden.

Sie sehen, die Potenziale der Metropolregion sind ungemein groß und wir wissen mit ihnen zu überzeugen. Unsere Infrastrukturvoraussetzungen mit Hafen, Hinterland und der Nähe zur Nord- und Ostsee sind hervorragend. Immer wieder wurde uns versichert, dass die Metropolregion Hamburg aufgrund dieser Voraussetzungen bei Standortentscheidungen einen herausragenden Vorteil gegenüber anderen europäischen Wettbewerbern hat. Auch das bereits vorhandene Know-how der Universitäten und die Unternehmen an unserem Standort sprechen eindeutig für die Metropolregion. Das Gesamtbild wird durch ein ungemein großes Dienstleistungsangebot in Hamburg abgerundet.

Zurück zu meiner Reise: Wir konnten hier erheblichen Anschub leisten und werden in Hamburg weiterhin einen Schwerpunkt darauf setzen, die Metropolregion weiter durch Netzwerke zu verknüpfen und auszubauen.

(Beifall bei der SPD)

Neben den anfassbaren Ergebnissen, über die ich eben berichtet habe, sind diese Netzwerke für die Zukunft auf all den genannten Gebieten von großem Gewinn.

Meine Damen und Herren! Wir werden in Hamburg und der gesamten Metropolregion diese Stärken in die Zukunft entwickeln. Ich bin mir sehr sicher, dass wir damit in Zukunft nicht nur national und international konkurrenzfähig, sondern in dem einen oder anderen Bereich auch der Konkurrenz ein ganzes Stück weit voraus sein werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP)

Frau Prien bekommt das Wort.

(Dirk Kienscherf SPD: Wollen Sie Ihre Anfra- ge jetzt ergänzen?)

– Genau, ich wollte Ihnen die Punkte 11 bis 20 vortragen.

Herr Kluth, zunächst einmal tut es mir leid, dass ich nicht über Ihre Gabe des aufregenden und eloquenten Vortrags verfüge;

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Das kann ich bestätigen!)

das kann ich Ihnen heute leider nicht mehr bieten. Es tut mir auch leid, dass Sie unsere Fragen offensichtlich nicht verstanden haben. Das müssen wir uns tatsächlich zu Herzen nehmen und das nächste Mal so formulieren, dass Sie die Differenzierungen verstehen.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Viel Erfolg! – Dirk Kienscherf SPD: Stellen Sie einfach sinnvolle Fragen!)

Immerhin ist es erfreulich, dass wir Sie zum Nachdenken gebracht haben und dass auch Sie jetzt darüber nachdenken, wie wir die Strukturen in der Metropolregion wirtschaftsfreundlicher und effizienter gestalten können. Wir haben bereits im März einen Antrag dazu eingebracht, und dass Sie nun immerhin einige Monate später mit dem Denken anfangen, finde ich außerordentlich erfreulich.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus der Drucksache 20/3921 Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 7, Drucksache 20/3890, Große Anfrage der GAL-Fraktion zur Hafenfinanzierung.

[Große Anfrage der GAL-Fraktion: Hafenfinanzierung – Drs 20/3890 –]

Diese Drucksache möchte die GAL-Fraktion an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Herr Dr. Tjarks, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Hamburger Hafen braucht Investitionen.

(Wolfgang Rose SPD: Ah ja!)

Ich glaube, darüber sind wir uns – das merken wir an den Wortmeldungen des Kollegen Münster – alle einig. Die Frage ist, wie wir diese Investitionen finanzieren und wie groß der Investitionsbedarf ist. Dieser Senat hat auf die Frage der Hafenfinanzierung eigentlich nur eine Antwort: Der Haushalt finanziert den Hafen. Aber Haushalt finanziert Hafen, das ist in Zeiten der Schuldenbremse keine

(Senator Frank Horch)

ehrliche, angemessene und realistische Perspektive für die Stadt Hamburg.

(Beifall bei der GAL – Arno Münster SPD: Der Haushalt finanziert auch Lehrer!)

Sie haben es gern ein bisschen platter und natürlich kann man sich mit dieser Plattheit zufrieden geben. Aber diese Aussage ist nicht nur platt, ich halte sie auch für reichlich untauglich. Sie erfahren es momentan bei Ihren Kürzungen im Sozialbereich am eigenen Leib: Hamburg muss überall sparen, die Stadt hat nichts zu verschenken.

Wir werden uns in den kommenden Jahren auf zwei neue Herausforderungen bei der Hafenfinanzierung einstellen müssen. Zum einen werden wir heute – und ich glaube, das ist auch gut so – die Schuldenbremse für die Freie und Hansestadt Hamburg beschließen. Wir werden sie in unsere Verfassung schreiben. Das verpflichtet uns, ab diesem Jahr die Haushalte entsprechend zu planen und am Ende der Dekade einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Damit verbindet sich aber gerade im Bereich der Investitionsausgaben ein entscheidender Paradigmenwechsel. Bisher galt: Es gibt zwar eine Schuldenbremse, aber alles, was Investitionen sind, darf über Schulden finanziert werden. Und deswegen treten diese Investitionen auch nie in eine reale Konkurrenz zueinander. Das wird sich mit der Schuldenbremse ändern, und deswegen wird sich auch die Perspektive auf die Hafenfinanzierung ändern.

Zum Zweiten wird im Jahr 2014 die HHLA-Milliarde auslaufen, aus der wir in den vergangenen Jahren den Hafen finanziert haben. Wir hatten die bequeme Situation, das Geld nicht aus dem Haushalt aufbringen zu müssen, sondern es sozusagen aus einem positiven Schattenhaushalt heraus ausgeben zu können. Das wird sich in Zukunft ändern, und wir müssen für diesen Bereich deswegen ordentlich Geld aus dem Haushalt locker machen.