Protokoll der Sitzung vom 12.09.2012

– Große Vorfreude?

(Christiane Schneider DIE LINKE: Ja, hallo, Herr Bläsing!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, in einem ist sich mittlerweile das ganze Haus einig in der Bewertung, nämlich dass beim Schulbau Hamburg viel Sand im Getriebe war. Das hat der Senat auch so vorgefunden, das muss man durchaus einmal konzedieren. Dass eine Nachsteuerung notwendig war, will ich auch als Opposition an der Stelle anerkennen, und dass da auch gehandelt wird. Ob das im Detail alles richtig ist, werden wir noch zu bewerten haben. Aber ein Handlungsbedarf beim Schulbau Hamburg war auf jeden Fall gegeben.

(Beifall bei der SPD)

Umso weniger verstehe ich dann aber den SPD-Senat, warum er nicht gleich klar Schiff macht

und sagt, wie die Bewertungskriterien sind. Schaffen Sie Transparenz. Was haben Sie denn zu verbergen? Ich habe eher das Gefühl, dass das jetzt im Zusammenhang mit diesen 2 Milliarden Euro, verteilt auf einige Jahre, präsentiert wird und das Ganze so ein bisschen ablenken soll, damit nicht so genau hingesehen wird. Da wird allerdings die Opposition, unter anderem auch mit Schriftlichen Kleinen Anfragen, ganz genau nachhaken, wenn wir Ihnen das derartig aus der Nase ziehen müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich muss gestehen, dass die Bewertungszeit etwas kurz war. Aber ein Beispiel habe ich mir dann doch herausgesucht, die Ganztagsgrundschule Am Johannisland. Einerseits ist sie in der Region 21 in Ihrem Rahmenplan mit 30,9 Millionen Euro veranschlagt, in der Region 22 dagegen mit 8,0 Millionen Euro mit dem Hinweis, dass es dort umfangreiche Sanierungsarbeiten gibt. Das sind immerhin fast 40 Millionen Euro, das stand heute auch auf Seite 1 im "Hamburger Abendblatt". Es handelt sich dabei um einen 2011 eröffneten Neubau. Ich frage mich allerdings, wieso da jetzt ein umfangreicher Sanierungsbedarf in Höhe von 40 Millionen Euro vorhanden ist. Das müssen Sie uns in der Tat noch einmal ganz genau erklären.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat nun Herr Dr. Scheuerl.

(Zurufe von der SPD: Oh! – Dr. Andreas Dressel SPD: Das Beste zum Schluss!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Schulbau Hamburg ist bei der Finanzbehörde aufgehängt, und wir haben heute einen sehr nervösen Finanzsenator Tschentscher gehört, der Zwischenfragen abwiegelte. Wir haben heute Morgen aber auch dramatische Schlagzeilen gelesen, nach denen 2 Milliarden Euro in Schulbau und Sanierung investiert werden sollen, und müssen uns fragen, was hinter diesen Schlagzeilen steckt. Ich würde an dieser Stelle gern zur Versachlichung der Debatte beitragen. Vielleicht steckt hinter der Schlagzeile von 2 Milliarden Euro nur die zwölfjährige Redaktionserfahrung von Schulsenator Rabe, der weiß, wie man Schlagzeilen platziert – er war zwölf Jahre Redaktionsleiter, bevor er ein paar Jahre als Lehrer arbeitete –, vielleicht steckt aber auch etwas Vernünftiges dahinter. Lassen Sie uns dem einmal kurz nachgehen.

2 Milliarden Euro in sieben Jahren in Schulbau und Sanierung zu investieren – so steht es in der Pressemeldung und den Zeitungen – bedeutet, mal

(Robert Heinemann)

eben schlappe 280 Millionen Euro pro Jahr baulich umzusetzen.

(Erster Vizepräsident Frank Schira über- nimmt den Vorsitz.)

Das ist ein schönes Versprechen, aber ich möchte daran erinnern – und das ist Fakt –, dass Schulbau Hamburg mit seinen 85 Mitarbeitern, die für das Baumanagement zuständig sind, im letzten Jahr nur knapp 61 Millionen Euro verbauen konnte; mehr war planerisch nicht möglich. Wenn Schulbau Hamburg im letzten Jahr also gerade einmal 61 Millionen Euro verbauen konnte und jetzt der Senator kommt und sagt, das sei alles Schall und Rauch und ab sofort werde für 280 Millionen pro Jahr gebaut, dann müssen wir uns als Abgeordnete doch fragen, wie das denn funktionieren soll.

(Dirk Kienscherf SPD: Genau, das ist die Aufgabe!)

Dazu haben wir bisher noch nichts gehört. Bisher ist das nur ein Versprechen.

An dieser Stelle möchte ich an den Hilferuf der Mitarbeiter von Schulbau Hamburg im letzten Jahr erinnern. Sie haben den Chef von Schulbau Hamburg angeschrieben und gesagt, wir können hier nicht vernünftig arbeiten. Die Organisation ist defizitär, wir sind personell nicht vernünftig ausgestattet, wir können so die Aufgabe von Schulbau Hamburg nicht erledigen. Seither ist faktisch nichts passiert. Die einzige Maßnahme von Senator Tschentscher bestand darin, die beiden Vollzeitgeschäftsführer, Herr Teichert und Frau Burmeister, durch zwei Halbzeitgeschäftsführer zu ersetzen,

(Dirk Kienscherf SPD: Aber es läuft besser!)

nämlich durch Herrn Rowohlt und Herrn Pape.

(Dirk Kienscherf SPD: Trotzdem läuft es besser!)

Das war die einzige personelle Maßnahme. Wie dadurch eine Vervierfachung der Kapazitäten von Schulbau Hamburg erreicht werden soll, ist schlicht nicht nachzuvollziehen.

(Beifall bei der CDU und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP)

Wenn Sie – das haben Senator Tschentscher und auch Schulsenator Rabe wahrscheinlich bisher nicht gemacht – einmal direkt mit den Mitarbeitern von Schulbau Hamburg aus dem Baumanagement sprechen würden – ich habe das getan –,

(Dirk Kienscherf SPD: Das können wir uns vorstellen!)

dann würden Sie auch erfahren, wo die Ursachen für die Probleme zu suchen sind. Ein Problem sehe ich in der – ich will es ganz deutlich sagen – Eitelkeit des Senats.

(Dirk Kienscherf SPD: Oh!)

Der Bürgermeister hat versprochen, dass die Schulen Paläste werden sollen. Der schulpolitische Sprecher der SPD, Herr Holster, hat vorhin noch einmal bestätigt, dass jede Schule ihren repräsentativen individuellen Neubau bekommen wird. Tolle Sache, aber was bedeutet das denn? Wer schon einmal gebaut hat – und das sagen auch die Mitarbeiter von Schulbau Hamburg –, der weiß, dass das zusätzliche Architektenausschreibungen

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch Blöd- sinn, was Sie erzählen!)

und aufwendige Einzelplanungen statt effektiver und vernünftiger Serienplanung bedeutet. Klassenräume können auch in Serie gebaut werden, dann könnte das klappen.

(Dirk Kienscherf SPD: Plattenbauten!)

Wir haben ein Defizit und das Vorgehen des Senats bindet Planungskapazität und kostet erhebliches Geld.

Der gestern vorgelegte Plan ist zunächst einmal nur bedrucktes Papier, aber vor allem ein Versprechen, nichts mehr. Es deutet im Moment nichts darauf hin, dass die schönen Zahlen, die in ihm stehen, in den nächsten sieben Jahren realistisch umgesetzt werden können.

(Beifall bei der CDU)

Mein Appell an den Senat an dieser Stelle: Herr Tschentscher und Herr Rabe, sprechen Sie endlich mit den Fachleuten im Baumanagement von Schulbau Hamburg. Gehen Sie über zu einer vereinfachten Serienplanung und sorgen Sie dafür, dass das Baumanagement von Schulbau Hamburg in den nächsten Jahren durch Fachleute mit Zeitverträgen so verstärkt wird, dass dort gearbeitet werden kann.

(Dirk Kienscherf SPD: Leiharbeit!)

Versprechen Sie nicht 2 Milliarden Euro – in Ihrer Rede waren es eben sogar 4 Milliarden Euro, Herr Rabe –, sondern verbauen Sie erst einmal 100 Millionen Euro pro Jahr; das wäre schon einmal ein Anfang.

(Zuruf von der SPD: Die CDU fordert Leihar- beit bei Schulbau Hamburg!)

Aber handeln Sie, die Schülerinnen und Schüler haben es verdient. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Thema? – Das ist nicht der Fall.

(Dr. Walter Scheuerl)

Dann kommen wir zu dem von der GRÜNEN Fraktion angemeldeten Thema:

Stillstand und Verhandlungschaos: Hat die SPD das Projekt Elbphilharmonie im Griff?

Das Wort hat Frau Dr. Gümbel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute die Elbphilharmonie zur Aktuellen Stunde angemeldet, weil wir in großer Sorge sind.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Die Idee der Elbphilharmonie ist innovativ und groß, sie sollte Wahrzeichen werden für eine Stadt, die sich als Musikstadt versteht. Seitdem ist dieser Traum im Mahlstrom von Vertragswerk, unkooperativen Generalunternehmern, Generalplanern, Planungsfehlern und Kostenexplosionen zerrieben worden. Der Traum ist aus und Fatalismus macht sich breit.

Die SPD regiert seit anderthalb Jahren. Ihre angekündigte Verhandlungsstrategie der harten Kante – Stichwort: Mit uns gibt es keine Spielchen mehr – ist ad absurdum geführt. Seit elf Monaten gibt es einen faktischen Baustopp und die zerstrittenen Vertragspartner sind so weit auseinander, dass ein kooperatives Baumanagement in weite Ferne gerückt ist.