Protokoll der Sitzung vom 13.09.2012

Bezüglich der wissenschaftlichen Bibliotheken ist festzuhalten, dass die Forderungen von ver.di an dieser Stelle eher allgemein gehalten sind. Eigentlich ist damit aber eine Grundsatzdiskussion um die Frage der Hochschulautonomie verbunden, die in Ihrem Antrag nicht einmal angesprochen wird.

Zusammenfassend kommen wir zu dem Ergebnis, dass der vorliegende Antrag nicht geeignet ist, unser Bibliothekswesen dauerhaft zu stärken.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das ist aber schade!)

Er schafft vielmehr eine Menge neuer Probleme, und darum werden wir ihn ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

In Hamburg sollten die Bibliotheken oder ihre Träger mit uns Parlamentarierinnen und Parlamentariern an der Seite genau dort weitermachen, wo sie schon so erfolgreich begonnen haben. Der Öffentlichkeit immer wieder ihre herausragende Bedeutung zu vermitteln ist der Weg, um langfristig gesellschaftliche und parlamentarische Mehrheiten für eine angemessene Finanzierung der so wichtigen Kultur- und Bildungseinrichtungen zu gewährleisten.

Weil die Haushaltsberatungen längst begonnen haben, lassen Sie mich abschließend klarstellen, dass sich die SPD-Bürgerschaftsfraktion der herausragenden Bedeutung unserer Bibliotheken bewusst ist. Wie wir im Kulturausschuss bereits deutlich gemacht haben, werden wir bei den Bücherhallen noch nachsteuern, damit sie ihre hervorragende Arbeit überall in der Stadt fortsetzen können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Ploog, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Wesentliche ist gesagt. Was die LINKE vorgetragen hat, ist in der Sache sicher richtig, führt aber nicht, und das hat die SPD-Fraktion eben ausführlich deutlich gemacht, zu einer wesentlichen Verbesserung des Bibliothekswesens hier in Hamburg. Da DIE LINKE das Gesetz auf der Grundlage des ver.di-Entwurfs entwickeln möchte, ist die Drucksache in der vor

liegenden Form für die CDU-Fraktion nicht zustimmungsfähig.

Die Hauptbedenken sind vorgetragen, unsere weiteren Bedenken sind: Es ist schwierig abzuschätzen, wie eine unentgeltliche Nutzung – Ausleihe und Netzzugang –, die ver.di vorsieht, sich finanziell auswirkt. Wie soll eine aktive Veranstaltungsund Öffentlichkeitsarbeit bezahlt werden? Und die Bücherhallen kommen leider schon jetzt mit ihrem Geld nicht aus und können ihren Auftrag meiner Überzeugung nach nicht mehr so ausführen, wie sie es in früheren Jahren konnten. Der erhebliche Rückgang von Standorten der öffentlichen Bücherhallen ist beklagt worden, aber das Geld ist einfach nicht da. Es ist niemals deswegen gekürzt worden, weil jemand dazu Lust hatte, sondern weil die Mittel nicht reichten. Man muss nun sehen, wie man es mit den knappen Ressourcen am besten hinbekommt. Sollte das, was Sie vorschlagen, auf der Basis des ver.di-Entwurfs umgesetzt werden, folgen erfahrungsgemäß mehr Aufgaben, Berichtsund Evaluationspflichten und damit auch Mehrkosten für Personalinvestitionen, gerade auch bei den wissenschaftlichen Bibliotheken, und zwar in einem erheblichen Umfang. Dazu hat die SPD-Fraktion ausführlich vorgetragen.

Im Übrigen glauben wir nicht, dass die Einrichtung und Erhaltung von Bibliotheken eine kommunale Pflichtaufgabe ist. Das muss auf andere Art und Weise geregelt werden.

Wir können uns vorstellen, einer Überweisung an den Ausschuss zuzustimmen, denn dann könnten wir uns darüber unterhalten, ob man etwas daraus machen kann oder nicht. Wenn die Überweisung nicht zustande kommt, werden wir dem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Goetsch, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man hätte den Antrag wenigstens überweisen können, um über das Thema zu diskutieren. Das wäre eine gute Sache gewesen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Die Flächenländer sind zwar noch mehr betroffen, weil dort ein Drittel der Bevölkerung keinen Zugang zu Bibliotheken in nächster Nähe, was definierbar ist, hat. Daher ist ein solches Gesetz für die Flächenländer wesentlich wichtiger. Aber es ist doch bezeichnend, Frau Vértes-Schütter, wenn während der Haushaltsberatungen im Kulturausschuss auffällt, dass bei den öffentlichen Bücherhallen gespart werden soll, die eigentlich eine Herzensangelegenheit der Sozialdemokratie sein sollten – aber wir haben gerade von der SPD gehört, dass in den

(Dr. Isabella Vértes-Schütter)

Neunzigerjahren 20 Bücherhallen weggestrichen wurden –,

(Jan Quast SPD: Da waren die GRÜNEN ja aktiv dran beteiligt!)

nachgesteuert wird. Das zeigt doch, dass da etwas schiefgelaufen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Es ist gut, wenn noch nachgesteuert wird. Wir sollten uns vor Augen halten, und das wird in dem Antrag sehr deutlich, dass wir einen Auftrag haben. Die Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" hat eindeutig festgelegt, dass in Bibliotheksgesetzen die Aufgaben der Bibliotheken als Pflichtaufgabe zu regeln und festzuschreiben sei. Das kommt nicht von ungefähr. Auch bei der Rede zur Wiedereröffnung der Anna Amalia Bibliothek wurde darauf verwiesen, dass das Thema auf die politische Tagesordnung gehört. Selbst wenn das Gesetz eventuell nur deklaratorisch wirken würde, so ist es doch ein öffentlicher Auftrag. Ich bin nicht Ihrer Meinung, Herr Ploog, und denke, dass Bibliotheken einen öffentlichen Zugang zu Literatur, zum Fachbuch und zu Medien in den Stadtteilen gewähren müssen, auch im Kontext mit Informationsund Medienkompetenz, sodass im Grunde genommen ein gemeinsamer Vermittlungsauftrag für öffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken jenseits der gesellschaftlichen Funktionen von Bibliotheken, Lesekultur zu fördern, soziale Benachteiligungen auszugleichen und Beratungsaufgaben zu übernehmen, besteht. Ich könnte die Reihe fortsetzen. Insofern und gerade in der aktuellen Situation der immer neuen Gefährdung – Herr Hackbusch hat recht, egal, wer regiert, es war immer wieder ein Problem – muss dem Thema Bücherhallen und Bibliotheken als öffentlicher Auftrag eine entsprechende Wertschätzung entgegengebracht werden.

Ich würde mich freuen, wenn wir dies in Hamburg in einem Gesetz festschreiben könnten. Ich würde mich auch darüber freuen, wenn wir ein Niveau wie in Skandinavien erreichen würden. Wir schauen in vielen Feldern nach Skandinavien. Dort wird das Thema Bibliotheken vorbildlich gelöst, und es täte uns gut, wenn wir dieses Thema wenigstens diskutieren würden, und zwar in einem Gesamtkontext bezüglich aller Kultur- oder Kunstgenres. Ich fände das sehr spannend und würde mich über eine Überweisung an den Kulturausschuss freuen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Frau Suding, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat von Helmut Schmidt anfangen:

(Zurufe von allen Fraktionen: Oh!)

"Bibliotheken sind die geistigen Tankstellen der Nation."

Das Bibliotheksgesetz soll nun also dafür sorgen, dass uns der Stoff nicht ausgeht. Erste Forderungen nach einem Bibliotheksgesetz gab es durch die Enquete-Kommission des Bundestages "Kultur in Deutschland" schon 2007. Der Zweck war die Sicherstellung der zukünftigen Existenz der Bibliotheken. Das Ziel war natürlich, die besondere Bedeutung für Bildung, Kultur und Wissenschaft, für die Verwirklichung von Grundrechten im Sinne der demokratischen Willensbildung und für Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen zu konkretisieren. Diese besondere Bedeutung wird von der FDP-Fraktion nicht infrage gestellt, ganz im Gegenteil, wir teilen die Auffassung ganz ausdrücklich.

(Beifall bei der FDP)

Bibliotheken sind heute weit mehr als nur Bücherhallen. Es gibt dort nicht nur gedruckte Bücher, sondern auch Onlinemedien, Zeitschriften und so weiter. Die Erwartungen sind gestiegen, und diese gestiegenen Erwartungen führen natürlich zu gestiegenen Kosten und höheren Investitionsbedarfen. Dass die Situation der Bücherhallen schwierig ist, hat auch die aktuelle Debatte über den Haushalt verdeutlicht. Immerhin leistet sich die Stadt Hamburg für ihre Bibliotheken im Haushaltsjahr 2013, wenn der Haushaltsplan-Entwurf so verabschiedet wird, mehr als 28 Millionen Euro. Dafür sind im Gegenzug die Bücherhallen mit über vier Millionen Besuchern die am meisten besuchten Kultureinrichtungen der Stadt. Wir kommen auf einen Zuschuss von 6,20 Euro pro Besucher, das ist vergleichsweise günstig, wenn man sich andere Subventionen in der Kultur anschaut. Und es gehen hauptsächlich Hamburger in die Bücherhallen.

Es gibt in einigen Ländern bereits Bibliotheksgesetze, sie wurden beispielsweise in Thüringen und Hessen verabschiedet. Allerdings muss man klar sagen, dass sich die Erwartungen an die Bibliotheksgesetze nicht immer erfüllt haben. Das liegt vor allem daran, dass die Festschreibung der Finanzierung durch das Land – Träger sind in den Flächenländern die Kommunen – eben nicht erfolgt ist.

Frau Vértes-Schütter, Sie haben sich in Ihrer Argumentation hinter Formalien versteckt. Ich glaube nicht, dass das, was Sie vorgetragen haben, wirklich ein Hinderungsgrund dafür ist, ein Bibliotheksgesetz in Hamburg zu entwickeln. Wenn man das sinnvoll tut und es gut macht, dann kann man eine ganz Menge erreichen. Wir als FDP-Fraktion teilen das Ziel des Antrags der LINKEN. Die Arbeit der Bibliotheken soll auf eine solide gesetzliche Grundlage gestellt werden.

Es bleiben allerdings noch einige Fragen offen, zum Beispiel die Frage nach den Mindeststan

(Christa Goetsch)

dards. Diese muss von uns politisch beantwortet werden, da sind wir in der Pflicht. Das hätte man wunderbar im Ausschuss machen können. Aus den Mindeststandards, wenn man sie definiert und festgelegt hat, ergibt sich dann die Finanzierung, die notwendig ist, um genau diese Mindeststandards zu gewährleisten. Diese müssen verbindlich festgeschrieben werden, wenn man das Ganze ernst nimmt.

Es gibt noch weitere offene Fragen. Wie gehen wir mit den Tarifsteigerungen um? Gibt es einen verbindlichen Ausgleich der Tarifanpassungen? Wie sieht es mit Zukunftskonzepten aus? Wohin müssen die Bücherhallen steuern? Wie hoch sind die Investitionsbedarfe? Ich möchte die Euphorie allerdings ein bisschen bremsen. Selbst wenn wir solch ein Bibliotheksgesetz bekommen, dann wird es auch Unzufriedene geben. Es werden nicht nur Milch und Honig fließen. Das kann ein solches Bibliotheksgesetz nicht leisten, und wir dürfen keine überhöhten Anforderungen stellen.

Wir sehen im Antrag der LINKEN einen guten und sinnvollen Anstoß, über die Zukunft der Hamburger Bücherhallen zu sprechen. Wir hätten das sehr gern im Ausschuss getan. Jetzt sind wir gespannt auf den Gesetzentwurf und werden dann sicherlich weiter diskutieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Herr Hackbusch, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe GrummelGrummel-Leute, ich will erst einmal meine Freude über die Debatte zum Ausdruck bringen. Es hat mich sehr gefreut, dass unser Antrag kräftig unterstützt wird und wir gezeigt haben, dass wir im Bereich der Kultur sehr ruhig und klug argumentieren können. Es wäre noch besser gewesen, wenn das überwiesen worden wäre, aber das ist immerhin ein Anfang.

Ich will kurz einige Argumente bewegen. Erstens ist natürlich ein Gesetz in den Flächenländern notwendiger, Frau Vértes-Schütter, völlig richtig, aber das ist keine Begründung dafür, das hier nicht zu machen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Sie haben eben dargestellt, dass es erst nach der im Haushaltsplan-Entwurf eingegebenen 0,88-Prozent-Steigerung eine Diskussion gab, die der SPD-Fraktion klargemacht hat, dass einiges nicht richtig läuft. Dann erst gab es eine Entwicklung. Das ist ein Argument dafür, dass das nicht in der SPD-Fraktion mit ihren jeweiligen Zuckungen entschieden werden sollte, sondern besser im Parla

ment offen diskutiert werden sollte und dort ein gewisses Schwergewicht gelegt wird.

Zweitens ist es ja nicht so, dass es ein Naturgesetz ist. Wenn man sich den Haushalt genau anschaut, sieht man, dass zum Beispiel München genauso viele Bibliotheken wie Hamburg hat, und jeder kundige Mensch weiß, dass München etwas kleiner als Hamburg ist. Dementsprechend zeigt sich, dass in der Hauptstadt pro Einwohner einiges mehr an Bibliotheken zur Verfügung steht.

(Dietrich Wersich CDU: Sie können doch einen Feudalstaat nicht mit unserer schönen Stadtrepublik vergleichen!)

Oh, Herr Wersich hat ein Problem mit dem alten bayerischen Königreich. Nur zeigt sich das ehemalige Königreich nach meiner festen Auffassung nicht so sehr an den Stadtteilbibliotheken, damit hat es nicht viel zu tun. Es gibt da einfach eine höhere Stadtteildichte.