Am Ende zahlt immer der fleißige Mittelbau unserer Gesellschaft: Unternehmer, Arbeitnehmer und Selbstständige. Das ist die Zeche für Ihre "Umfairteilungspolitik", aber das ist wohl auch Ihr strategisches Ziel, denn anders hätten wohl einige aus dem linken Spektrum keine Existenzgrundlage.
aber ich möchte gerne auf Frau Wolff eingehen. Frau Wolff, ich habe den Eindruck, das ist noch die Klippschule der Politik gewesen. Das verschönernde Vorwort zu lesen und dann zu sagen, das fasse den Armuts- und Reichtumsbericht sinnvoll zusammen, ist doch wirklich Vorschule. Wie soll ich das sonst nennen?
Das entscheidende Moment, das dieser Armutsund Reichtumsbericht doch gerade aufzeigt, ist, dass man mittlerweile zum Teil trotz Arbeit arm ist in dieser Gesellschaft. Das wird da ausgeführt, damit müssen wir uns auseinandersetzen und auch Sie, auch wenn Sie das nicht wollen.
Ich möchte Ihnen einige wichtige Fakten, die dort enthalten sind, noch einmal vor Augen führen. Uns wird immer so schön gesagt, wir müssten alle den Gürtel enger schnallen. Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung sagt deutlich, dass wir in den letzten 10, 20 Jahren kräftig an Reichtum in dieser Gesellschaft dazugewonnen haben, und nicht, dass wir alle den Gürtel enger schnallen müssen. Das Problem ist bloß, dass diesen Reichtum nur 10 Prozent – wenn nicht nur 1 Promille, je nachdem, was man dort sieht – bekommen haben. Das ist ein gesellschaftlicher Skandal und das müssen wir hier diskutieren.
Wir müssen das vor allen Dingen deswegen diskutieren, und das ist mir das Wichtige, weil hinter diesen dürren Zahlen, die dort präsentiert werden, sich doch die gesellschaftliche Realität und das Leben von Millionen Menschen in dieser Gesellschaft
darstellen. Wir gehen unheimlich gern darüber hinweg, weil in der Regel alle, die hier sitzen, mit Armut nicht so viel zu tun haben. Hier werden allgemeine Reden wie die von Herrn Bläsing gehalten, statt sich damit auseinanderzusetzen. Ich verlange von Ihnen, sich damit auseinanderzusetzen.
Es ist von meinen Vorrednern schon gesagt worden, dass es ein Phänomen ist, dass vor allen Dingen die Reichen dabei gewonnen haben, und zwar massiv gewonnen. Darüber könnte ich auch gut schimpfen, das wurde aber schon gemacht. Ich fände die Tatsache an sich gar nicht so schlimm, dass sie so viel dazu bekommen haben, aber das, was uns von der Volkswirtschaft so gern erzählt wird, ist nicht passiert, nämlich dass die da unten davon auch irgendetwas abbekommen. In der Volkswirtschaft nennt man das den "Trickle-down-Effekt", das bedeutet, die oben bekommen etwas und irgendetwas fällt schon nach unten durch.
Das Problem im Bericht ist die Bilanz der letzten 10 bis 20 Jahre, dass die untersten 50 Prozent in dieser Gesellschaft vor 20 Jahren noch 4 Prozent des Volkseigentums besaßen und im Jahr 2008 nur noch 1 Prozent. Das ist aktiver Kampf von oben gegen unten, und die unten bezahlen die oben. Das ist viel schlimmer als alles, was bisher da gewesen ist.
Herr Bläsing, sehen Sie sich die Zahlen an, denn der Bericht sagt noch etwas ganz anderes. Er besagt, dass in den letzten 10 Jahren das Vermögen insgesamt um 1400 Milliarden Euro – das können wir uns gar nicht vorstellen – in der Gesellschaft angewachsen ist. Aber der Staat hatte dagegen 800 Milliarden Euro weniger als vorher zur Verfügung. Das heißt, es ist nicht so, dass der Staat gemästet ist, sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Die Privaten sind gemästet und der Staat ist arm geworden. Das zeigt dieser Bericht auch, und damit müssen Sie sich auseinandersetzen.
Meine Damen und Herren! Das Ganze ist kein Naturgesetz und es ist nicht irgendwie passiert; auch das sagt dieser Bericht. Das ist die Bilanz der letzten 10 bis 20 Jahre Politik auf Bundesebene, das ist die ganz einfache, betriebswirtschaftliche Bilanz. Sie hat dazu geführt, dass die Reichen reicher geworden sind, und zwar kräftig, dass der Staat ärmer geworden ist und dass den unteren 50 Prozent praktisch das Geld aus der Tasche gezogen wurde. 75 Prozent ihres Einkommens, das ist ein gesellschaftlicher Skandal und den müssen
Dieses jetzt vorhandene Unrechtsgefühl besteht auch in der Gesellschaft, und das zeigt dieser Bericht. Es ist Ihre politische Aufgabe, das zu verändern. Deswegen verlange ich von Ihnen allen, am Sonnabend um 12 Uhr auf dem Rathausmarkt bei der Demonstration "UmFAIRteilen" mit dabei zu sein. Das ist jetzt eine wichtige politische Aufgabe.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, ich bin mir mit der Mehrzahl meiner Vorredner darüber einig, dass die Vermögensund Einkommensungleichheit in Deutschland eine Geißel ist, und wir sollten dies verändern.
Unzweifelhaft hat eine Begrenzung der Ungleichheit, wie es zum Beispiel skandinavische Länder zeigen, positive ökonomische und gesellschaftliche Folgen. Zunehmende Vermögenskonzentration verletzt gesellschaftliche Grundprinzipien der Solidargemeinschaft und nicht zuletzt der Chancenund Leistungsgerechtigkeit zumal dann, wenn Vermögen nicht durch Leistung erworben worden ist.
Es gibt drei Handlungsansätze, um mittel- und langfristig zu einer anderen Vermögens- und Einkommensverteilung zu kommen. Ein Handlungsansatz liegt beim Bund. Wenn wir die Einführung des höheren Spitzensteuersatzes, der Vermögensteuer und einer Finanztransaktionssteuer unterstützen, dann tun wir das nicht aus Neidgründen, sondern weil es zutiefst ungerecht ist, wenn sich nur die Menschen, die von staatlichen Leistungen abhängig sind, an der Schuldenbremse mit dem Bremsen beteiligen. An dem Bremsen müssen sich alle gesellschaftlichen Gruppen entsprechend ihrer Stärke und ihres Wohlstands beteiligen, und das kann man nur, wenn man in der Steuerpolitik maßvoll Veränderungen herbeiführt. Dafür setzen wir uns ein.
Der zweite Aspekt, darauf hat Herr Rose hingewiesen, liegt hier in Hamburg. Wir sind dabei, die Ordnung am Arbeitsmarkt wieder herzustellen. Das ist nicht ganz einfach und es geht auch nicht über Nacht, aber wir sind dabei. Wir wollen ein Landes
mindestlohngesetz, und dann würden die Unternehmen, von denen am Wochenende im "Hamburger Abendblatt" berichtet worden ist, nämlich 6 von 270 Unternehmen, auch den Landesmindestlohn in Höhe von 8,50 Euro zahlen. Das werden wir machen.
Wir werden auch einen Mindestlohn in das Vergabegesetz schreiben, weil auch da, wo der Staat über Vergabe aktiv ist, ordentliche Arbeitsbedingungen herrschen sollen, die durch einen Lohn von 8,50 Euro sichergestellt werden sollen.
Und wir sind auch dabei, eine Richtlinie zu erlassen, die Zeitarbeit und Leiharbeit in den Unternehmen, die für uns tätig sind oder die uns gehören, so einsetzen, wie Zeitarbeit und Leiharbeit gemeint sind, nämlich für Auftragsspitzen und nur temporär. Und wenn es temporär eingesetzt wird, dann nach dem Prinzip: Equal pay for equal work. Das, glaube ich, ist akzeptabel.
Allerdings führt ein Mindestlohn von 8,50 Euro nicht zu Reichtümern, er beseitigt nur ärgste Missstände.