Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Herr Voet van Vormizeele hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Inhalt dessen, was wir jetzt als Beratungsgegenstand haben, hat Frau Duden eben schon in bewundernswerter Weise sehr viel gesagt. Ich erlaube mir, einmal kursorisch aus dem Bericht zu zitieren, den wir als Beratungsgrundlage haben. Dort steht, die Vorsitzende stellte fest, dass es keine Wortmeldungen gäbe, und ließ sodann abstimmen, und es war einstimmig. Das Ganze ist auch nicht überraschend, weil wir aufgrund eines einstimmigen Begehrens diskutieren, das wir hier vor einem Jahr beschlossen haben. Dieses einstimmige Begehren hat der Senat unstrittig 1:1 umgesetzt, und wir haben es gemeinsam mit den Initiatoren besprochen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Guter Senat!)

Wenn es um das technische Umsetzen geht, gibt es genug gute Beamte in dieser Stadt, denen trauen wir viel zu. Ich weiß auch, dass die guten Beamten das hervorragend gemacht haben.

Ich gebe zu, dass ich ein bisschen überrascht war, diesen Punkt noch einmal als Debatte angemeldet zu sehen. Vielleicht sollten wir einmal darüber nachdenken, wie wir in der Öffentlichkeit die Attraktivität unseres Parlaments besser darstellen können als Debatten zu Themen zu führen, die nicht wirklich politisch entspannt sind.

Nichtsdestotrotz würde ich gern zu Protokoll geben, dass auch wir natürlich nach dieser langen, gemeinsamen Arbeit und Vorfreude heute der Umsetzung zustimmen. Mehr muss man zu diesem langen Prozess nicht sagen. Allerdings, Frau Du

den, würde es mich fast reizen, wenn wir noch einmal anfangen würden, die Alt-Debatten, die wir vor drei, vier, fünf Jahren über Sinn und Unsinn von Volksgesetzgebung geführt haben, erneut zu führen. Aber ich glaube, das wollen wir uns alle nicht antun. In diesem Sinne kann ich für meine Fraktion sagen, dass wir natürlich zustimmen werden.

(Beifall bei der CDU)

Herr Müller, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Tatsächlich hat die Bürgerschaft Ende 2008 durch die Verfassungsänderung das Wichtigste in diesem Parlament beschlossen. Wir vollziehen heute im Grunde genommen die einzelnen Ausführungen, wie die höhere Verbindlichkeit von Volksentscheiden in dieser Stadt aussehen soll und welche Möglichkeit das Volk hat, damit umzugehen, wenn die Bürgerschaft doch einmal auf die Idee kommt, wieder einen Volksentscheid zu verändern. All das ist jetzt im Gesetz genau geregelt. Frau Duden hatte auch schon ein bisschen die anderen Regelungen, die uns allen sehr wichtig waren und die sich in der Zwischenzeit angesammelt haben, skizziert.

Ich wurde heute von einigen angerufen, was das denn schon wieder für ein neues Gesetz sei, und ich habe geantwortet, dass es die Angelegenheit von 2008 sei.

(Robert Heinemann CDU: Aber wir reden noch mal drüber!)

Auch wenn das Herr van Vormizeele gar nicht mehr hören will, muss man natürlich erzählen, warum wir das machen, denn es ist einzigartig in Deutschland, dass wir so eine Verbindlichkeitsklausel in der Verfassung haben und nun auch in einem Ausführungsgesetz genau beschreiben. Die Ursache liegt darin, dass zwei Volksentscheide in diesem Hause gekippt wurden und das Volk damit nicht einverstanden war. Hinterher sind wir dann Gott sei Dank alle zu der Überzeugung gekommen, dass das nicht wieder vorkommen soll, und damit das nicht wieder vorkommt, haben wir jetzt Regeln geschaffen.

Ich sage noch einmal Dank an die Verwaltung, die uns im Vorwege bei der Entwicklung dieses Gesetzes sehr zur Seite gestanden hat. Ich möchte auch einen Dank an die Vertreterinnen und Vertreter von "Mehr Demokratie" richten, die uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben. Es ist keinesfalls so, dass dieses Parlament nur vor "Mehr Demokratie" kuscht, wie uns öfter mal in der Öffentlichkeit vorgeworfen wird. Wir haben nämlich auch gelernt, dass es schlau ist, wenn die Bürgerschaft einen Gesetzentwurf, der an sich als Volksentscheid auf dem Weg war, übernimmt. Man muss

(Barbara Duden)

es nicht immer zum Volksentscheid kommen lassen, wenn das Parlament auch einsieht, dass dies etwas Wichtiges ist und wir das tun sollten. Das haben wir in diesem Jahr mit dem Transparenzgesetz gemacht, und das kann sich in Zukunft wiederholen. So ist das ganze Volksabstimmungsgesetz auch angelegt. Grundsätzlich soll die Bürgerschaft auch lernen dürfen, und nicht nur durch das letzte Instrument eines Volksentscheides. Ich will es nicht ausschließen, denn manchmal gibt es Themen, bei denen man anderer Meinung ist und das entschieden wissen will. Diesen Punkt haben wir beispielsweise in einem Jahr bei der Bundestagswahl, das Gesetz zum Rückkauf der Netze. Da gibt es eine unterschiedliche Haltung, und das muss dann eben entschieden werden.

Ich habe mich auch ständig mit den Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bundesländern ausgetauscht. Zuletzt gab es einen sehr berühmten Volksentscheid, nämlich in Baden-Württemberg. Die wären froh, wenn sie die gesetzliche Grundlage hätten, die wir in Hamburg haben. Die werden sie auch so schnell nicht bekommen, weil nämlich die dortige CDU sich einer Verfassungsänderung bisher noch verweigert. Das muss man auch einmal festhalten. Hamburg kann stolz sein, wir haben hier gelernt. Und ich glaube, in diesem Gesetz ist jetzt dokumentiert, dass wir die Volksgesetzgebung nicht als Feind sehen, sondern als Bereicherung für das politische Leben und die Demokratie in dieser Stadt. Wir gestehen gleichzeitig zu, dass es auch Anstöße von außen geben kann, die die Bürgerschaft dann gern aufnimmt, sich eine Meinung dazu bildet und es übernimmt, und ob nun 1:1 oder nur zu einem kleinen Teil, wird man dann sehen. Insgesamt hat sich das gut entwickelt.

Zu den beiden anderen Änderungen, die nichts mit der Verfassungsänderung 2008 zu tun haben, nämlich der Frage, ob diese Regierung in dieser Stadt auch einmal das Verfassungsgericht anrufen kann, wenn sie der Meinung ist, ein Volksentscheid könnte verfassungswidrig sein, haben wir einstimmig nein gesagt; aus dem Kann soll ein Muss werden. Wenn es berechtigte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Volksentscheides gibt, dann muss der Senat das Verfassungsgericht anrufen, um das klären zu lassen, und nicht erst das Volk entscheiden lassen und den Volksentscheid hinterher möglicherweise vom Verfassungsgericht kippen lassen. Das ist dann alles andere als bürgerfreundlich. Diese Regelung ist bisher demokratiefeindlich gewesen. Deswegen freue ich mich, dass wir das einstimmig beschließen werden. Vor der Abstimmung wird also geklärt, ob darüber abgestimmt werden darf, das ist richtig.

Über einen anderen Punkt haben wir auch schon gesprochen, Frau Duden hatte es erwähnt. Wir hatten bei einem Volksentscheid, der um Bildung ging – wir erinnern uns alle –, die Situation, dass bei einer Initiative, die Spenden eingesammelt hat

te für ihre Kampagne, am Ende die Transparenz bezüglich der einzelnen Spender nicht gegeben war. Das war eine Gesetzeslücke, die wir mit diesem Gesetz geschlossen haben, damit das in dieser Form nicht mehr stattfinden kann. Das ist auch im Sinne von Politikfreundlichkeit und Bürgerfreundlichkeit richtig. Wir wollen wissen, wer hinter den einzelnen Kampagnen und hinter den Parteien steckt. Wir haben bei den Parteien eine Veröffentlichungsgrenze von 10 000. Bei den Volksentscheiden ist es wesentlich niedriger, sie liegt bei 2000 bis 2500. Insofern haben wir eine noch höhere Transparenz geschaffen, auch um zu sehen, wer ein Interesse an welchem Thema hat.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN)

Also insgesamt bitte ich um Zustimmung, das wurde auch signalisiert. Ich freue mich, dass wir das so einvernehmlich machen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Duwe, Sie haben das Wort.

(Wolfgang Rose SPD: Aber nicht noch mal das Gleiche!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist immer erfrischend, wenn man ein Gesetz vorgelegt bekommt, das verfassungskonformer sein soll als das ursprüngliche.

Ich möchte mich nur auf wenige Punkte beschränken. Diese Gesetzesänderung ist für die Bürger positiv, das heißt, sie führt zu mehr Transparenz, sie führt zu mehr Rechtssicherheit und auch dazu, dass man in irgendeiner Form unnötige Volksentscheide nicht durchführen muss, weil man a) entweder Kompromisse gefunden hat oder b) vorher gerichtlich geklärt hat, ob der Gegenstand dieser Volksinitiative auch verfassungskonform ist.

Ich möchte es dabei belassen. Wir werden diesem Antrag natürlich zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Uwe Lohmann SPD)

Herr Golke, Sie haben das Wort.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Noch kürzer!)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Dressel, vier Minuten hat man mir zugestanden.

Die Verbindlichkeit von Volksentscheiden sollte, das haben wir hoffentlich mittlerweile alle gelernt, eigentlich selbstverständlich sein. Das war sie in der Vergangenheit – Herr Müller hat darauf hingewiesen – leider in dieser Stadt nicht. Das hat auch etwas damit zu tun, warum wir uns heute als Parla

(Farid Müller)

ment dieses Gesetz geben zur Durchführung von Volksentscheiden und den vorgelagerten Dingen, wo unter anderem, das ist noch nicht zur Sprache gekommen, auch die Sicherungsmechanismen angezogen wurden.

Dieses Referendum über ein von der Bürgerschaft geändertes, vom Volk beschlossenes Gesetz ist schon eine deutliche Drohung an die jeweilige Mehrheitsfraktion oder die die Mehrheit tragenden Fraktionen, die gerade regieren, und auch an den Senat, weil dies ganz deutlich ein Abstimmen über aktuelle Senatspolitik in kurzer Frist nach dieser Entscheidung darstellt. Und das ist tatsächlich in dieser Republik einmalig.

Gleichzeitig schien es in dieser Stadt nötig zu sein, genau diese Drohung dem Parlament permanent, wenn es so etwas denn tun möchte, vor Augen zu halten. Ich fände es schade, wenn wir es ausgerechnet an dem Punkt – und das geht in Richtung der FDP und der CDU – der Volksgesetzgebung bei der Einführung von Quoren bei Bürgerentscheiden genau mit einem solchen Referendumsbegehren zu tun bekommen würden, was möglich ist.

Die Links-Fraktion wird diesem Antrag selbstverständlich zustimmen. Ich verstärke den Dank an die Verwaltung, die uns unterstützt hat, gern noch einmal. Das war ein vernünftiger Prozess, er ist gut gelaufen. Wir werden selbstverständlich den Senat bei den nächsten Volksentscheiden, die anstehen, im Auge behalten bezüglich dessen, was danach kommt und wie da getrickst wird.

(Barbara Duden SPD: Getrickst?)

Wir werden uns aber an dieser Stelle deutlich kritischer unterhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte sich der Ausschussempfehlung anschließen und das Gesetz zur Änderung des Volksabstimmungsgesetzes und des Gesetzes über das Hamburgische Verfassungsgericht aus Drucksache 20/4525 beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das einstimmig so beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das tut er. – Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht.

Wer will das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Gesetz ist damit

auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen.

Ich rufe nun den Punkt 24 unserer Tagesordnung auf. Das ist die Drucksache 20/5271 in der Neufassung, Bericht des Stadtentwicklungsausschusses: Masterplan "Mitte Altona".

[Bericht des Stadtentwicklungsausschusses über die Drucksache 20/4193: Masterplan "Mitte Altona" (Senatsantrag) – Drs 20/5271 (Neufassung) –]