Protokoll der Sitzung vom 25.10.2012

Ich will auch nicht über die Elbvertiefung und die Auseinandersetzung darüber reden, das haben wir gestern zum Teil gemacht, aber einen Aspekt möchte ich erwähnen. Ich bin völlig irritiert sowohl über die Rede von Herrn Kluth als auch die sonstigen Reden, denn man hätte doch beim Hafenentwicklungsplan berücksichtigen müssen – das kann man doch einfordern –, dass es eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gegen die Elbvertiefung geben könnte. Das gehört doch zu einem Plan und nicht nur irgendwelche optimistischen Ansagen. Es ist ein wesentliches Kennzeichen dieses Hafenentwicklungsplans, dass er weniger ein Plan ist, dass er weniger Überlegungen beinhaltet, was man alles machen könnte, sondern dass er mehr eine Werbebroschüre für den Hamburger Hafen ist. Das kann man zwar auch machen, aber hier ist es durchaus eine Schwäche.

(Beifall bei der LINKEN)

Neben der Elbvertiefung spricht ein weiterer Aspekt eher für eine Werbebroschüre. Es wird von diesen optimistischen – wie von vielen schon genannt – 25 Millionen TEU im Jahr 2025 ausgegangen. Ich weiß nicht, ob Ihnen hier im Parlament klar ist, dass wir in diesem Jahr und auch im nächsten Jahr nicht einmal die Zahlen erreichen werden, die wir in den Jahren 2006/2007 gehabt haben, also noch nicht einmal 10 Millionen TEU; das zu den realen Zahlen. Mein Gefühl bei diesem Hafenentwicklungsplan ist, dass dort schöne, optimistische Ideen existieren, aber das sind Wunschvorstellungen. Es ist nicht weiter schlimm, wenn man eine Broschüre nach dem Motto "Ich werbe für den Hamburger Hafen" macht. Das Problem ist aber, dass dieser Hafenentwicklungsplan die Grundlage für Investitionen ist, die wir tätigen werden, und für Planungen, die wir machen. Und man darf nur dann Planungen machen und Investitionen tätigen, wenn dafür realistische Grundlagen vorhanden sind, und die sind hier nicht vorhanden. Das kritisiere ich, und dazu sollte Herr Horch etwas sagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Mittlerweile sind Herr Horch und die HPA die Einzigen, die davon ausgehen, dass diese Zahlen noch realistisch sind. Dementsprechend wäre es vernünftig, sie zurückzufahren und die Planungen anders zu gestalten; das ist das eine.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

Zum anderen ist es mir natürlich wichtig, dass man bei diesen Planungen auch überlegt, was es bedeutet, wenn die optimistischen Prognosen nicht eintreffen. Was ist dann mein Plan B? Welche anderen Vorstellungen habe ich? Davon ist in diesem Hafenentwicklungsplan nichts zu lesen. Es muss doch verschiedene Vorstellungen geben, meinetwegen die Diskussion darüber, was man mit dem inneren Freihafen macht. Baut man dort ein Containerterminal oder nicht? Dafür muss es doch verschiedene Optionen geben, aber es gibt keine oder sie werden nicht im Hafenentwicklungsplan diskutiert, sondern irgendwo anders. Ich verlange, dass das im Hafenentwicklungsplan stehen sollte und dass es vernünftig ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Die dritte wichtige Kategorie – ich habe Herrn Horch und auch diejenigen aus der vorigen Regierung, die das geschrieben haben, dafür gelobt – ist, die Wertschöpfung im Hamburger Hafen als Kriterium zu übernehmen. Ich halte es für keine kluge Strategie, wertschöpfungsschwache Bereiche wie bestimmte Logistikhallen innerhalb der Stadt unterzubringen, dadurch unheimlich viel Fläche zu verbrauchen, ohne dass es dort zu Arbeitsplätzen und Wertschöpfung kommt. Es ist wichtig, sich zu überlegen, wie viel Wertschöpfung erreicht wird. Im Hafenentwicklungsplan wird mittlerweile seit mehreren Jahren – es ist bereits der zweite oder dritte Entwurf – gesagt, dass man das einmal analysieren sollte und es wichtig wäre, den Hafen an diesem Kriterium zu entwickeln. Aber mehr als diese schöne Ankündigung haben wir seit Jahren nicht gehört. Wir brauchen für die Entwicklung des Hamburger Hafens genau eine solche Wertschöpfungsanalyse, denn nur dann sind wir in der Lage einzuschätzen, was für den Hafen vernünftig ist und was besser auch woanders entwickelt werden kann, denn wir müssen in dieser Stadt mit knappen Flächen umgehen. Das macht der Senat bisher nicht auf eine ordentliche Art und Weise.

(Beifall bei der LINKEN)

Unabhängig von allen Diskussionen über die Elbvertiefung muss auch der letzte Hafenfreund anerkennen – also auch Herr Ohlsen und Herr Münster –, dass es für bestimmte Schiffe natürliche Grenzen gibt, den Hamburger Hafen zu erreichen. Die 18 000-TEU-Schiffe, die gegenwärtig von Maersk gebaut werden, haben, unabhängig davon, ob die Elbvertiefung stattfindet oder nicht, Schwierigkeiten, den Hamburger Hafen zu erreichen. Sie haben große Schwierigkeiten, in Hamburg zu wenden und passen kaum noch unter der Köhlbrandbrücke durch, und sie machen uns dementsprechend große Probleme. Das sind natürliche Grenzen, und auf diese natürlichen Grenzen werden im Hafenentwicklungsplan keine Gedanken verschwendet. Das geht nicht, wir brauchen keine Werbung, wir

müssen solche Dinge berücksichtigen. Wie kann man denn vernünftig planen in dem Augenblick, wo es 25 000-TEU-Schiffe geben sollte, die aber bisher nicht bestellt sind? Dann ist das Maß endgültig erreicht, und wir müssen überlegen, welche Auswirkungen das für diese Stadt hat. Da gibt es nur eins, und das ist der Bereich, der mir insgesamt am Hafenentwicklungsplan fehlt, die Frage der Kooperation. Dieser Plan ist, wenn man ihn genau liest, von der Vorstellung beherrscht, dass Hamburg das Zentrum der Welt ist, dass wir heroisch gegen alle anderen kämpfen müssen und dass wir dann auch noch gewinnen können.

(Arno Münster SPD: Zweifeln Sie daran?)

Ja. Herr Münster unterstreicht gerade noch einmal, ob ich daran zweifle.

Die Auseinandersetzung um die Elbvertiefung, die Schlick-Probleme und die rasanten internationalen Entwicklungen zeigen, dass wir unsere Strategie verändern müssen. Es gibt nicht mehr Hamburg gegen den Rest der Welt, sondern wir sind ein Teil eines Netzes. Da muss man modern und neu denken und umdenken.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen ein Netzwerk von Kooperation und wollen darin als Stadt stark sein.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das läuft doch schon lange!)

Das ist eine der wichtigen Voraussetzungen, um eine Veränderung der Strategie hinzubekommen. Der Hafenentwicklungsplan atmet noch die alte Mentalität. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Wirtschaftssenator Horch hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Gerade in dieser wirtschaftlichen Situation ist eine umfassende strategische Ausrichtung wichtig, um alles in die Wege zu leiten, damit unser Hafen weiter in der ersten Liga der Welt mitspielt. Mit dem neuen Hafenentwicklungsplan stellen wir unseren Wirtschaftsstandort für die Zukunft auf.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben uns Zeit genommen, denn bei diesem umfassenden Plan ging Qualität vor Schnelligkeit. Im Ergebnis haben wir nun ein Papier vor uns, das sehr transparent, eindrücklich, und, das war neu und lag mir ganz besonders am Herzen, unter Beteiligung der Akteure des gesamten Hafens die wichtigsten hafenpolitischen Weichenstellungen und Strategien beschreibt. Wir hatten und haben bei allen durchaus unterschiedlichen Interessen ein gemeinsames Ziel: Letztlich muss es darum

(Norbert Hackbusch)

gehen, den Hafen zum Wohle der ganzen Stadt und der gesamten Metropolregion zu entwickeln.

(Beifall bei der SPD)

Der Hafen ist, wie bekannt, über viele Jahrhunderte eine Quelle des Wohlstandes dieser Stadt und der gesamten Region. Er ist auch, das sei erwähnt, wichtig für ganz Deutschland. Das wird durch die jüngst erschienene OECD-Studie sehr anschaulich, die dieses eindrücklich untermauert.

Für viele Menschen aus Hamburg und dem Umland ist der Hafen Ort der tagtäglichen Arbeit. Mit diesem Hafenentwicklungsplan als strategischem Handlungsrahmen, das ist die Betonung, werden wir Hamburg weiterhin an der Spitze der erfolgreichsten Häfen der Welt halten.

(Beifall bei der SPD – Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel übernimmt den Vorsitz.)

Der Hafenentwicklungsplan ist klar darauf ausgerichtet, die Wachstumsmöglichkeiten für den Hamburger Hafen durch die richtigen gesamtheitlichen Weichenstellungen zu nutzen und seine Wettbewerbsposition langfristig zu verbessern. Oberstes Ziel der Hafenentwicklung ist es, die Wertschöpfung zu steigern und so die vielfältigen Arbeitsplätze im Hafen zu sichern und neue zu schaffen. Um das möglichst nachhaltig zu tun, haben wir den Planungszeitraum um zehn Jahre, eben bis 2025, verlängert. So können wir langen Planungsvorläufen für aufwendige Infrastrukturmaßnahmen gerecht werden, die so vorausschauend wie möglich geplant werden sollten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Hafenentwicklungsplan ist hafenfreundlicher und nachhaltiger in allen Belangen geworden.

(Beifall bei der SPD)

Optimierung und Ausbau der Verkehrswege und der Transportketten nehmen einen großen Raum ein. In den Dialogen wurde sehr deutlich, dass das für die Unternehmen ein Hauptanliegen ist. Ein Schwerpunkt des Hafenentwicklungsplans ist die Optimierung der Verkehrsinfrastruktur, insbesondere der Hinterlandanbindung. Hamburg setzt künftig weiter verstärkt auf einen umweltfreundlichen Transport der Verkehrsträger, und das sind Schiene und Binnenschiff. Wir müssen für den stärksten Eisenbahnhafen Europas, das ist Hamburg, auch bei einer Steigerung der Transportmengen einen reibungslosen Abtransport der Güterzüge sicherstellen. Wir werden unsere Hausaufgaben machen und weiter in den Ausbau und die Modernisierung der Hafenbahn und der weiteren Hafeninfrastruktur investieren.

Ich sage hier aber ganz deutlich, dass beim Ausbau der Hafenhinterlandanbindung auch der Bund gefordert ist, denn Ausbauten wie die Y-Trasse, die Autobahnausbauten und der Ausbau des El

be-Seitenkanals sind klar nationale Aufgaben. Dafür werde ich mich in Berlin stark einsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Kernpunkte des Hafenentwicklungsplans sind eine weiterhin und in der Aktualität der wirtschaftlichen Lage genaue Analyse des weltweiten Wettbewerbs, die Potenzialanalyse unserer Umschlagentwicklung, die Optimierung der Flächeneffizienz – bei der Flächenknappheit im Hamburger Hafen sehr wichtig –, die Weiterentwicklung von IT-Systemen in allen Belangen, und, last but not least, Themen der Nachhaltigkeit und der Umwelt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Weil es immer wieder angesprochen wurde, möchte ich gern ein Kapitel des neuen Hafenentwicklungsplans zum Thema Umschlagpotenzial des Hafens näher erklären. Um solide Infrastrukturplanungen machen zu können, haben wir Untersuchungen in Auftrag gegeben, die das Umschlagpotenzial des Hafens bis zum Jahre 2025 beleuchten. Die Untersuchung des ISL, des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, zeigt einen Prognosekorridor von möglichen Entwicklungen. Demnach liegt bei dem für uns wahrscheinlichsten, jedoch nicht einzigen Szenario das Umschlagpotenzial bei bis zu 25 Millionen TEU für das Jahr 2025. Es muss ganz deutlich darauf hingewiesen werden, dass es sich dabei um ein Potenzial handelt, welches sich aufgrund bestimmter Annahmen, wie zum Beispiel der zukünftigen weltwirtschaftlichen Entwicklung und der daraus resultierenden arbeitsteiligen Welt, entwickeln wird. Dieses Potenzial tritt jedoch nicht von selbst ein. Wir haben mit dem neuen Hafenentwicklungsplan die Möglichkeit, auf all diese Entwicklungen, die wir noch gar nicht so genau kennen, flexibel zu reagieren. Das ist ein wesentlicher Teil dieses Plans, und dieser bezieht sich auf bauliche Maßnahmen und die damit in Verbindung stehenden Finanzierungen dieser Maßnahmen. Dafür müssen wir und auch der Bund unsere Hausaufgaben machen und dafür sorgen, dass dieses die Basis der Haushalts- und der Hafenentwicklung sein wird.

Mir ist es wichtig, dass wir jetzt über einen soliden Plan verfügen, der die künftige strategische Ausrichtung des Hafens in allen Belangen eindeutig beschreibt. Ziel muss dabei sein, den Wachstumsmotor Hafen für die Metropolregion, die Arbeitsplätze, den Wohlstand dieser Stadt und für die Zukunft zu sichern und ihn ebenso für die weitere Zukunft fit zu machen. Genau das haben wir mit diesem neuen Hafenentwicklungsplan in allen Belangen getan. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, dann kommen wir zur Abstimmung.

(Senator Frank Horch)

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/5550 an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das einstimmig so geschehen.

Ich rufe jetzt den Punkt 20 auf, das ist die Drucksache 20/5316, Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 12. Oktober 2011 "Landstrom – Konzepte, Kosten und Bewertung".

[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 12. Oktober 2011 "Landstrom – Konzepte, Kosten und Bewertung" (Drucksache 20/1807) – Drs 20/5316 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion federführend an den Umweltausschuss und mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen.

Bevor ich der Abgeordneten Frau Krischok das Wort erteile, bitte ich das Plenum um etwas mehr Aufmerksamkeit und Ruhe. – Bitte, Frau Krischok, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden Drucksache hat der Senat uns eine Entscheidungsgrundlage für Landstrom geliefert, und diese wollten wir haben. Darüber hinaus teilt der Senat mit, dass die Behörden uns bis Anfang 2013 ein Realisierungskonzept für eine Landstromanlage in Altona vorlegen. Damit rückt die Landstromversorgung von Kreuzfahrtschiffen in greifbare Nähe, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD)