Protokoll der Sitzung vom 28.11.2012

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Jeder von uns weiß, dass keine andere Metropole so von Wasser bestimmt ist wie Hamburg. Elbe und Alster, das ist das eine.

(Zurufe aus dem Plenum: Bille!)

Bille, Entschuldigung. Ich wollte nur Ihre Konzentration testen und das ist gelungen.

Da sind auch die Wasserstraßen im Hafen, und wir haben in Hamburg ein etwa 60 Kilometer langes Netz von Schiffbahnen, Fleeten und Kanälen. Trotz der riesigen Stauprobleme, die wir im straßengebundenen Verkehr haben, nutzen wir dieses natürliche Potenzial an Wasserwegen so gut wie nicht. Wasserstraßen werden kaum in den Personennahverkehr einbezogen, und der wasserbezogene ÖPNV beschränkt sich im Wesentlichen auf sieben HADAG-Fährlinien und den Shuttle nach Steinwerder. Schlimmer noch, der Senat hat sich bislang noch nicht einmal mit der Frage befasst, ob eine bessere Einbindung der Wasserwege in den ÖPNV etwa durch ein Wassertaxi einen Nutzwert für die Stadt haben könnte im Sinne einer Verbesserung des ÖPNV, einer Entlastung des Straßenverkehrs oder einfach deshalb, um die Stadt für Besucher und Geschäftsreisende noch attraktiver zu machen, so jedenfalls die Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage im August dieses Jahres. Die Antwort damals, fast schon eine Standard-Antwort: Der Senat habe sich damit noch nicht befasst.

(Ole Thorben Buschhüter SPD: Ist aber ehr- lich!)

Der Senat verharrt stattdessen auf dem Stand einer Entscheidung der Schifffahrtspolizeibehörde aus dem Jahr 2006. Sie hatte damals die Zulassung von Wassertaxis mit der Begründung abgelehnt, dass die vorgesehenen Boote keine ausreichende Bauhöhe aufwiesen, um einen sicheren Überstieg auf die Anleger zu ermöglichen. Ich halte das für einen Vorwand, und vor allen Dingen ist das technisch gesehen Schnee von gestern. Wir haben zwischenzeitlich eine Richtlinie des Bundesverkehrsministeriums bekommen, die die technischen Anforderungen an Wassertaxis regelt. Diese Regelungen sind zwar kompliziert, bürokratisch und nicht immer ganz plausibel, aber immerhin gibt es sie. Wir haben auch Unternehmer, die bereit sind, eigenes Geld in die Hand zu nehmen und einen regelkonformen Prototyp zu bauen. Schließlich hat selbst die HPA, die doch sonst eher als Bedenkenträger bekannt ist, grundsätzlich grünes Licht zur Nutzung der etwa 20 in Betracht kommenden Anleger im Hafenbereich gegeben, wenn ein sicheres Anlegen garantiert ist. Mit anderen Worten: Mit etwas gutem Willen und politischer Unterstützung könnten in Hamburg schon bald nicht nur Taxis auf den Straßen, sondern auch Wassertaxis auf den Wasserwegen unterwegs sein und damit eine sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV darstellen.

Die FDP fordert daher den Senat auf, seine bislang sehr zurückhaltende Position zu überdenken und stattdessen die Einführung von Wassertaxis aktiv zu fördern. Wir möchten dem Senat hierzu die folgenden Argumente mit auf den Weg geben.

Erstens: Bislang verfügt Hamburg über sieben regelmäßige Fährverbindungen, die die HADAG betreibt, zum Teil mehr schlecht als recht, wenn Sie die Medienberichterstattung in den letzten Wochen verfolgt haben, jedenfalls mit einem jährlichen Riesendefizit in Höhe von 93 Prozent des Umsatzes. Sie sind unflexibel und überfüllt, und nach 20 Uhr dünnt sich der Fahrplan aus.

Daneben betreiben die HADAG, die ATG und private Unternehmen Barkassen, die gechartert werden können. Was wir jedoch bislang nicht haben, ist das Angebot, Geschäftsreisende oder auch Besucher der Stadt, die aus touristischen Gründen hier sind, einzeln oder in kleinen Gruppen just in time von Punkt A zu Punkt B zu bringen, also etwa vom Sandtorkai zum HHLA-Terminal oder vom Hotel zur "Rickmer Rickmers". Ein solches Angebot fehlt, es würde die Wege für Geschäftsreisende kürzer machen und auch die touristische Attraktivität der Stadt weiter erhöhen.

Zweitens, und das ist wichtig: Wir erreichen diese positiven Effekte, ohne dass es die Stadt auch nur 1 Euro kostet, denn die Investitionen für Wassertaxis oder die Vermittlungszentralen zahlen private Unternehmen, wie auch beim straßengebundenen Taxiverkehr. Das Gegenteil ist der Fall. Die Einfüh

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel)

rung von Wassertaxis wird der Stadt zunächst Konzessionen, vielleicht auch Liegegebühren in die Kasse spülen und mittelfristig dann auch Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer.

Drittens: Wir haben bereits heute allein im innerstädtischen Bereich einen Bestand von etwa 40 Anlegern, die für eine Nutzung durch Wassertaxis in Betracht kommen, ohne dass dafür große Investitionen erforderlich sind. Uns ist auch klar, dass das nicht die Stauprobleme im Straßenverkehr löst, aber es kann zu einer Entlastung beitragen. Das ist der Grund, warum sich auch andere große Städte wie Amsterdam, Rotterdam oder in Deutschland Düsseldorf für Wassertaxis als preiswerte und schnelle Alternative zum überlasteten Straßenverkehr entschieden haben.

In diesem Zusammenhang noch etwas anderes. Dass Alsteranleger nach der Alsterschifffahrtsverordnung nur von städtischen Fähren angelaufen werden können, aber nicht von privaten, halten wir von der FDP-Fraktion jedenfalls für einen Anachronismus, der der Überprüfung bedarf. Ob nämlich eine Fähre sicher ist oder ob sie Umwelt- und Lärmstandards einhält, hängt bestimmt von vielen verschiedenen, zumeist technischen Faktoren ab, aber es hängt bestimmt nicht davon ab, ob der Eigentümer der Fähre städtisch oder privat ist.

Viertens: Alle Tourismusexperten, ganz gleich, ob in städtischen Institutionen oder privatwirtschaftlichen Verbänden, sagen uns übereinstimmend, dass der Hafen, das maritime Ambiente und die vielen Fleete und Kanäle einen der wichtigsten Anziehungspunkte für den Hamburg-Tourismus darstellen. Das Angebot von Hafentaxis, gerade auch für Einzelpersonen oder kleine Gruppen, erhöht diese Erlebbarkeit des Hafens und genau dieses maritimen Ambientes und ist deshalb vernünftig.

Fünftens und letztens: Die Stadt hat sich in den vergangenen Jahren städtebaulich stark verändert. Wir haben die HafenCity, den Sprung über die Elbe, die Entwicklung Wilhelmsburgs oder auch den Musicalstandort Steinwerder. Insgesamt hat also die Bedeutung wassernaher Standorte für Wohnen, Arbeiten und Kultur zugenommen, und daher ist es auch nur folgerichtig, das Angebot im Bereich des ÖPNV entsprechend anzupassen und zu erweitern, nach Auffassung der FDP auch mit umweltverträglichen Elektrobooten.

Wir beantragen daher die Überweisung an den Verkehrsausschuss und bitten um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Martin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In meiner Fraktion wurde

eben schon gefordert, Wassertaxis wie in Venedig einzuführen. Das Thema ist durchaus interessant und weckt so einige Assoziationen. Herr Kluth, Sie haben angefangen, etwas über die Vergangenheit darzustellen, was schon einmal geprüft wurde. Ich möchte das noch ein wenig ausführen.

Es ist richtig, das Thema war sogar schon einmal im schwarz-grünen Koalitionsvertrag erwähnt, in dem auch stand, dass es eine Prüfabsicht gibt, ob mehr Stadtteile entlang der Elbe von Wasserfähren angelaufen werden können und ob es auch Betreiber von privaten Wassertaxis sein können.

2006/2007 gab es schon einmal eine sehr intensive Befassung der Hamburger Hafenbehörden mit dem Thema Wassertaxis. Das Befahren der Alster wurde zu dem Zeitpunkt unter anderem von der BSU abgelehnt, und das sehen wir auch weiterhin so. Die Alster ist in Hamburg ein ganz besonderer Natur-, Freizeit- und Erlebnisraum, und den möchten wir schützen für Ruderer und für Wassersport, aber ohne Motorenbetrieb. Wir wollen die Alster nicht weiter durch Motorschiffe stören.

(Beifall bei Dr. Isabella Vértes-Schütter SPD und Heike Sudmann DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Sudmann.

Zudem, Herr Kluth, kann ich mir einen Wassertaxibetrieb auf der Alster unter dem Gesichtspunkt der Schnelligkeit nun wirklich nicht vorstellen. Alsterschippern, Sie kennen das alle, ist nämlich eine gemütliche und nette Angelegenheit. Etwaige Wassertaxis könnten garantiert nicht mit einer annähernden Geschwindigkeit dort fahren, die an den üblichen ÖNPV herankommt; das macht dort überhaupt keinen Sinn.

Zur Elbe. Hier könnten wir uns gegebenenfalls eine Möglichkeit vorstellen. Ich komme erst einmal kurz zu den Tatsachen. Das Oberhafenamt, die Schifffahrtspolizeibehörde für den Hamburger Hafen, hat auch hier mit den Interessenten intensive Gespräche geführt. Es bestand Klarheit dahingehend, dass Wassertaxis nur bestimmte Bereiche im Hamburger Hafen anfahren und befahren dürfen. Und vor allem, Sie haben es auch erwähnt, gab es große Bedenken und Diskussionen bezüglich des Anlegens an den Pontonanlagen. Zum damaligen Zeitpunkt waren die Wassertaxis, die dort im Gespräch waren, schlicht und einfach nicht sicher und entsprachen auch nicht den rechtlichen Vorgaben des Bundes. Sicherheit muss an erster Stelle stehen, das ist unzweifelhaft. Nun haben Sie durch Ihre Schriftliche Kleine Anfrage – das war auch der Presse zu entnehmen – hervorgebracht, dass der Betreiber von damals jetzt angeblich einen neuen Prototyp geschaffen hat, der alle Auflagen dieses Bundesgesetzes erfüllt. Aber bis heute sind dem Oberhafenamt diese neuen Boote nicht vorgestellt worden und es liegt auch kein neuer Antrag auf Zulassung vor. Es gibt also insofern überhaupt kei

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

nen Vorgang, den der Senat oder die Behörden angeblich verschleppen oder verhindern könnten. Da muss man den Ball ganz klar an den Betreiber dieses Wassertaxis zurückspielen.

Es können natürlich jederzeit Anträge gestellt werden, die auch ernsthaft geprüft werden. Das ist auch für uns der Grund, warum wir sagen, wir möchten diesen Antrag zumindest überweisen und uns sehr ausführlich und auch abschließend im Verkehrsausschuss damit beschäftigen. Wir können uns auch gern von dem einen potenziellen Betreiber, von dem Sie sprachen, das Konzept vorstellen lassen. Man muss jedoch grundsätzlich sagen, dass man hier von keiner wirklichen Erweiterung des ÖPNV-Angebots sprechen kann, sondern eher von einer punktuellen Ergänzung.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ihre eigene Fraktion pennt ja! und Beifall)

Das ist sehr nett von Ihnen, Frau Sudmann.

Unter Tourismusgesichtspunkten fände ich es durchaus charmant, ein Wassertaxi als möglichen Zubringer für die Elbphilharmonie zu haben – wann immer sie eröffnet wird – oder, warum auch nicht, mit dem Wassertaxi zur Seilbahn in die HafenCity zu fahren, sofern sie denn kommen wird.

Es müssen noch viele Fragen geklärt werden, an erster Stelle Sicherheitsfragen. Es geht auch um die Möglichkeit, überhaupt an diesen Pontons anzulegen, und die Frage, wer das Ganze bezahlt. Ich würde zudem gern wissen, ob es eine Wirtschaftlichkeit der Wassertaxis gibt, wie die Preise für die Kunden sein werden und wie es sich mit den HADAG-Fähren verhält. Aber zum guten Regieren gehört nun einmal, dass man sich mit solchen Konzepten, auch wenn sie schon lange vorliegen, gründlich auseinandersetzt, bevor man zu einer abschließenden Meinung kommt. Wir tragen deshalb die Überweisung an den Verkehrsausschuss mit und freuen uns auf eine schöne Diskussion dort. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Herr Trepoll, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Vorschlag der FDP ist vor allem vor dem Hintergrund von Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten fraglich. Als Beispiel können hier die bereits bestehenden Fährlinien der HADAG angeführt werden. Es ist offensichtlich, dass diese Fährlinien nur von der Gruppe der Berufspendler regelmäßig genutzt werden.

(Arno Münster SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Die überwiegende Zahl der sonstigen Nutzer wird in den übrigen Zeiten von den Touristen gestellt.

Das wird vor allem am Wochenende und im Sommer ersichtlich; wir haben es jetzt in den Berichten über die Überfüllung und Ähnliches gesehen.

Schaut man sich die Unternehmensberichte der HADAG an, so kann man feststellen, dass der Betrieb von Hafenfähren ein Zuschussgeschäft ist. Nichtsdestotrotz gehören die Boote der HADAG zum Stadtbild. Dort, wo sie eingesetzt werden, erfüllen sie für die Berufspendler eine wichtige Funktion im ÖPNV, und das soll auch so bleiben.

Betrachtet man den Antrag der FDP-Fraktion, so stellt sich die Frage, wie die Idee der Einführung der Wassertaxis grundsätzlich umgesetzt werden soll. Aus gutem Grund haben wir beispielsweise auf der Alster eine strenge Beschränkung darin, unter welchen Voraussetzungen Motorboote überhaupt fahren dürfen. Dies ist dort nämlich eine Ausnahme. Um den Charakter der Binnen- und Außenalster zu bewahren, halten wir auch weiterhin an dieser Beschränkung fest. Eine Aufweichung zugunsten von langsamen Wassertaxis halten wir nicht für sinnvoll.

Auch die gerade eben schon angesprochene Transportgeschwindigkeit dieser neuen Verkehrsmittel wirft weitere Fragen auf. Bei einem sehr gut ausgebauten U- und S-Bahnsystem sowie einem dichten Netz aus Buslinien stellt sich die Frage, wer dieses weitere Transportmittel im ÖPNV eigentlich nutzen soll. Berufspendler und Normalnutzer werden in ihrer täglichen Nutzung auf jeden Fall das schnellste Verkehrsmittel auswählen. In Hamburg sind außerdem viele Kanäle und Fleete nicht unbedingt durchgängig schiffbar, wie beispielsweise Schleusen. Auch dieser Umstand trägt dazu bei, dass Wassertaxis recht flexibel, aber nicht schnell sind, und damit mit den restlichen Transportmitteln im ÖPNV schwer mithalten können. Als Fahrgäste für Wassertaxis bleiben somit nur noch die Touristen als Hauptnutzer übrig. Genauso wie bei den Fähren der HADAG würde sich bei Einführung eines solchen Verkehrsmittels wieder ein Zuschussgeschäft ergeben. Wenn die FDP mit diesem Antrag eine Förderung des Tourismus anstrebt, so gibt es unserer Meinung nach bessere Möglichkeiten, dies mit geringerem Aufwand zu bewerkstelligen.

Ein weiterer, bedenkenswerter Gesichtspunkt ist außerdem, dass der Verkehr im Hamburger Hafen zu vielen Zeiten schon relativ dicht ist. Wenn weitere Boote regelhaft im Hafen verkehren würden, würde dies eine erhebliche Zunahme der Verkehrsbewegungen auf dem schon recht engen Gebiet des Hamburger Hafens bedeuten. Außerdem muss man berücksichtigen, dass Schiffe und Boote vor dem Hintergrund der Umweltbilanz schlechter als Bus, Bahn oder herkömmliche Taxis abschneiden.

Natürlich werden wir den Antrag zur weiteren Beratung an den Verkehrsausschuss überweisen und

(Dorothee Martin)

uns dort gern mit Ihnen austauschen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Steffen, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag überzeugt nicht; daran hat auch der Redebeitrag nichts geändert.

(Finn-Ole Ritter FDP: Sie nicht!)