Die Forderungen nach Rückbau öffentlicher Unterbringung und Unterbringung der Flüchtlinge in Wohnungen stehen in Bezug auf Zuwanderer tatsächlichen Bedarfen entgegen. Während des Asylverfahrens haben Asylbewerber nur eine zum vorübergehenden Aufenthalt berechtigende Aufenthaltsgestattung. Sobald das Verfahren mit einer vollziehbaren Ausreisepflicht oder einer Duldung gemäß Paragraf 60a Aufenthaltsgesetz abschließt, bleibt der Aufenthalt dieser Personengruppe bis zur Erteilung eines zum längeren Aufenthalt berechtigenden Aufenthaltstitels vorübergehender Natur. Das ist wichtig, denn es besteht kein gesichertes Bleiberecht und mit diesem Status ist der Abschluss eines Mietvertrags äußerst schwierig. Aus diesem Grund verbleibt diese Zielgruppe in öffentlicher Unterbringung und erhält in der Regel keine Zustimmung zu einem Umzug in eine eigene Wohnung. Deshalb ist es aus meiner Sicht gut, dass sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bemüht, zügig über Asylanträge zu entscheiden. Diese Entscheidung ist dann auch der Startschuss für engagierte und ambitionierte Integrationsmaßnahmen.
An dieser Stelle möchte ich noch zwei Punkte ansprechen, die in der Debatte immer mitschwingen, das Winternotprogramm und die Frage der Armutswanderung. Das Winternotprogramm ist ein Erfrierungsschutz für Menschen, die auf der Straße leben, und es richtet sich an die Hamburger Obdachlosen. Neben den 92 zusätzlichen Übernachtungsplätzen bei Kirchengemeinden wurden zunächst 160 Übernachtungsplätze in der Spaldingstraße eingerichtet. Aufgrund der großen Nachfrage wurde ab 15. November die vierte Etage mit weiteren 70 Plätzen zur Verfügung gestellt. Die Nutzer des Winternotprogramms in der Spaldingstraße sind zu 90 Prozent nichtdeutscher Herkunft, davon kommen 70 Prozent aus Osteuropa, 10 Prozent aus
Afrika – über Spanien und Italien – und 10 Prozent aus anderen Ländern, zum großen Teil ebenfalls EU-Mitgliedstaaten. Nur noch 10 Prozent der Nutzer sind deutsche obdachlose Menschen.
Hamburg hat auf diese Situation – die große Anzahl osteuropäischer Bürger im Winternotprogramm – reagiert, und zwar offensichtlich als einzige große Stadt. Berlin erkundigt sich mittlerweile, wie man so etwas machen kann, aber hier sind wir Vorreiter. Seit 2010 haben wir ein Projekt mit polnischen Straßensozialarbeitern und seit November 2011 eine Anlaufstelle für osteuropäische obdachlose Menschen. Sie werden dort in ihrer Muttersprache beraten, mögliche Rechtsansprüche in Deutschland und in ihren Heimatländern werden geklärt und wenn erwünscht, werden Rückreisen in das jeweilige Heimatland vorbereitet.
Die Wanderungsbewegung aus Osteuropa und die steigenden Asylzahlen sind eine bundesweite Herausforderung. Deswegen müssen Bund und Länder dieses Thema gemeinsam angehen. Es wird auch auf der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister eine wichtige Rolle spielen, an der Senator Scheele jetzt teilnimmt. Daher kann er auch nicht an unserer heutigen Debatte teilnehmen. Das ist Ihnen aber auch bekannt, Frau Abgeordnete, insofern haben mich Ihre Einlassungen vorhin etwas überrascht. Bund und Länder müssen gemeinsam Lösungsmöglichkeiten suchen, denn die großen Städte in Deutschland stehen alle vor dem gleichen Problem.
Bevor Sie Ihre Unruhe ins Unerträgliche steigern, möchte ich zum Schluss meiner Ausführungen noch einmal betonen: Wir werden im Interesse aller Menschen in dieser Stadt nicht nachlassen, erstens kurzfristig Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen – die gegenwärtige Sondersituation erfordert die Solidarität und den gemeinsamen Willen aller Verantwortlichen – und zweitens neue Standorte für die öffentliche Unterbringung zu realisieren. Und das ist eben nicht nur die Pflicht beziehungsweise die Verantwortung, die wir als Hamburger Politikerinnen und Politiker tragen, sondern das ist unsere gemeinsame Verantwortung. Deswegen appelliere ich an alle Fraktionen, an die Bezirke, die Behörden und auch an die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, in dieser schwierigen Frage an einem Strang und in dieselbe Richtung zu ziehen, aus Hamburg ein klares und solidarisches Zeichen zu geben und die bis zum Frühling notwendigen Unterbringungsplätze zu schaffen. Ich bin sicher, dass denjenigen, die dabei helfen, nicht nur der Dank der Bürgerschaft und des Senats gewiss ist, sondern vor allem der Dank der Menschen, denen wir damit eine Perspektive geben. Ihnen gegenüber sind wir verantwortlich und ihnen werden wir hoffentlich mit der Wahrnehmung unserer Verantwortung gerecht werden. Das sind die Menschen, für die wir diese Diskussion führen, für die wir dieses Geld aufwenden und diese Maß
nahmen ergreifen und die auch eine Ernsthaftigkeit der Debatte erwarten können. Ich hoffe, dass Sie dazu in der Lage sind. Wir wollen es mit Ihnen gemeinsam lösen. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Lohmann, Sie haben vorhin aus "Hinz&Kunzt" zitiert. Wer dieses Magazin regelmäßig liest, kann sich ein Bild davon machen, wie das Winternotprogramm in der Spaldingstraße aussieht und wie der Alltag dort abläuft. Ich lese dieses Magazin regelmäßig und seitdem das Winternotprogramm in der Spaldingstraße begonnen hat, wurde darüber berichtet. Da konnte man zum Beispiel lesen, dass obdachlose Menschen in Gemeinschaftsräumen auf Stühlen schlafen müssen. Wir wissen, dass die Kapazitäten dort ausgelastet sind.
Es stimmt, Sie sprechen mit den Anwohnerinnen und Anwohnern im Münzviertel, Sie sind mit ihnen im Kontakt und darüber sind sie auch ganz zufrieden. Aber der Stadtteilbeirat im Münzviertel hat deutlich gesagt, dass der Stadtteil nicht mehr als 100 Plätze vertragen kann. Dazu muss man sagen, dass es natürlich problematisch ist und auch zu Konflikten führt, wenn in solchen Unterkünften 100, 200 Menschen mit verschiedenen sozialen Problemlagen zusammenleben.
Wir sind natürlich dafür, dass es mehr Plätze gibt. Das haben wir in unserem Antrag auch deutlich gesagt, das ist ein Muss. Wir begrüßen natürlich auch die Bestrebungen des Senats, aber wir wissen auch, dass dieses Problem nicht erst in diesem Winter offensichtlich wurde, sondern schon im letzten Winter. Daher hatten wir auch die Möglichkeit, dementsprechend zu reagieren.
Wir haben auch noch einmal über die Arbeitsmigranten gesprochen, auch das ist kein temporäres Problem. Wir sehen an den krisengeschüttelten südeuropäischen, aber auch an den osteuropäischen Ländern, dass sich diese Situation noch verschärfen wird. Und Hamburg ist als Metropole sehr anziehend, natürlich auch aufgrund des Hafens. Das ist ein Problem, mit dem wir einfach umgehen müssen; eine andere Lösung gibt es dafür nicht.
(Beifall bei der LINKEN – Ksenija Bekeris SPD: Und deshalb zwei Anlaufstellen! – Uwe Lohmann SPD: Und jetzt die Lösungs- vorschläge!)
Zu den Lösungsvorschlägen: Wir haben schon im letzten Winter einen umfangreichen Antrag eingereicht und ein ganzjähriges Grundversorgungskonzept von Ihnen gefordert und wollten das gemein
sam mit Ihnen umsetzen. Jetzt haben wir zwar ein Gesamtkonzept, aber das ähnelt eher einer Auflistung von gewissen Maßnahmen. Wir hatten doch in der Expertenanhörung im Sozialausschuss gehört, wie das in München abläuft, dass dort ein ernstzunehmender Umbau des Systems in Angriff genommen wurde und dass dieses neue System auch sehr erfolgreich ist. Das kostet natürlich etwas mehr Geld, aber diese Investition lohnt sich auch. In München konnten wir sehen, dass sich die Zahl der wohnungslosen Menschen deutlich reduziert hat.
(Uwe Lohmann SPD: Die schicken die Au- pairs nach zwei Tagen wieder nach Hause! Wollen Sie, dass wir das auch machen?)
Ich möchte natürlich, dass wir in Hamburg mit einem ernstzunehmenden Aufbau des Systems beginnen, und dazu gehören kleinere, dezentrale Unterkünfte, die auch zum Beispiel zielgerecht für Frauen und für junge Menschen gebaut werden. Das haben wir doch von den Experten gehört. Ich weiß nicht, warum das hier immer so ein Problem ist.
Fakt ist, dass auch die Kapazitäten der Tagesaufenthaltsstätten ausgelastet sind. Und wir wissen auch, dass für obdachlose Menschen nicht nur die Gefahr besteht, nachts zu erfrieren, sondern auch tagsüber. Frau Fegebank hat schon gesagt, dass in der nächsten Woche die Eiseskälte einsetzen wird. Und wir müssen doch da handeln. Die Tagesaufenthaltsstätten klagen doch schon, dass sie nicht mehr alle, die zu ihnen kommen, aufnehmen können und Menschen wegschicken müssen. Dementsprechend müssen wir doch schnell eine Lösung finden.
Wir wissen seit Sommer 2012, dass die Unterkünfte ausgelastet sind, das ist für uns nichts Neues. Das Problem ist doch, dass nicht nur Einzelhaushalte jetzt wohnungslos werden, sondern auch Haushalte mit Kindern. Daran können wir doch erkennen, wie schlimm die Situation ist.
Wir hatten im Sozialausschuss immer sehr konstruktive Debatten mit allen Vertreterinnen und Vertretern der Fraktionen. Deshalb verstehe ich nicht, warum Sie diese Anträge nicht an den Ausschuss überweisen möchten. Sie sprechen die ganze Zeit von konstruktiver Zusammenarbeit, Herr Neumann. Sie fordern uns auf, mit Ihnen an einem Strang zu ziehen, haben aber nicht den Mut, diese Anträge einfach an den Ausschuss zu überweisen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich wollte nur einen Punkt auf die Rede von Herrn Senator Neumann anmerken. Sie haben sicherlich nicht viel Glück und Vergnügen gehabt, die Rede eines Kollegen ablesen zu müssen, der heute nicht da ist. Das ist natürlich eine Aufgabe, die Sie pflichtgemäß erfüllt haben. Allerdings stand ein Punkt in Ihrer Rede, den ich so nicht stehenlassen möchte. Weder unter dem CDU/GAL-geführten Senat noch unter dem reinen CDU-Senat noch unter dem CDU/FDP/Schill-Senat ist zu irgendeinem Zeitpunkt die Förderung des öffentlichen Wohnungsbaus oder der Bau öffentlich geförderter Sozialwohnungen in Hamburg eingestellt worden.
Und wenn Sie – sicher ernsthaft und ehrlich, was ich Ihnen abnehme – Zusammenarbeit einwerben, dann täte es uns allen gut, wenn Sie jetzt kommen und klarstellen, dass das ein Fehler in der Rede war, die Sie für einen Kollegen abgelesen haben. Wir sollten nicht auf diesem Level miteinander diskutieren und sagen, die CDU habe den öffentlich geförderten Wohnungsbau eingestellt und in der Regierungszeit der CDU habe es keine öffentlich geförderten Wohnungen gegeben.
Das ist weder der CDU gegenüber gerechtfertigt, noch der FDP und der GAL und das ist schlichtweg falsch. Und ich denke, Sie werden diese falsche Behauptung hier nicht stehen lassen wollen, Herr Senator Neumann. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man sollte eigentlich Reflexe, die man so hat, ernstnehmen, aber die Reflexe, die hier auf bestimmte Redebeiträge kommen, gefallen mir überhaupt nicht. Wir wurden am Montag sehr kurzfristig von Herrn Pörksen und Herrn Schiek zu einem Treffen der fachpolitischen Sprecherinnen und Sprecher eingeladen, bei dem uns das kurzfri
stige Konzept des Senats, mit dem schnell reagiert werden sollte, vorgestellt wurde. Nach einer guten Dreiviertelstunde bedankte sich Herr Pörksen für die sehr konstruktive – das war sein Ausdruck, er ist nicht da, aber ich denke, ich zitiere ihn richtig – Begleitung dieses Konzepts, die konstruktive Diskussion und die konstruktiven Fragen, die gestellt wurden. Er hat sehr deutlich den Wunsch geäußert, wir sollten doch diesen konstruktiven Umgang mit dem Konzept und mit dem Problem auch so in die Bezirke tragen.
Wenn wir als Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition das machen sollen, dann müssen wir eingebunden sein in das, was der Senat dort machen will. Es hilft nicht, in einem längeren Monolog relativ bunt und ausführlich darzustellen, wie die Situation ist, sich bei vielen Menschen zu bedanken und immer wieder zu betonen, dass hier gemeinsam etwas zustande gebracht werden soll, wenn Sie uns als Kolleginnen und Kollegen in der Bürgerschaft durch eine Nichtüberweisung dieser Anträge aus der Diskussion ausschließen.
Ich glaube, alle, die sich mit dem Thema beschäftigen, haben heute Morgen nicht nur einen, sondern mehrere Anrufe oder E-Mails von den Kolleginnen und Kollegen aus den Bezirken erhalten, die nämlich tatsächlich unsere Unterstützung brauchen. Sie brauchen sie vor Ort und sie brauchen sie für ihre Entscheidung. Und nicht eines der Projekte, die auf der Liste des Senats stehen, ist bisher wirklich realisiert, ist bisher durch die Bezirksversammlungen gegangen und hat bisher einen Stand, dass man sagen kann, sie werden exakt so kommen.
(Dirk Kienscherf SPD: Ein Konzept zu ent- wickeln ist nicht schwer, Frau Möller, das muss ich mal sagen!)
Wir können nur noch einmal an Sie als Regierungsfraktion appellieren. Ich verweise auf den Zwischenruf von Herrn Kienscherf von vorhin, das seien alles Nullanträge.
Und trotzdem bitte ich Sie darum, das noch einmal zu überdenken und diese beiden Anträge zu überweisen.
Vielen Dank, Frau Möller. – Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung.