Um das Fallbeispiel zu Ende zu bringen: Die Schülerin wird demnächst bei uns das Abitur machen, und wie es aussieht, mit einem sehr guten Abschluss; das freut mich.
Wir haben uns bei der Frage über den Zugang zur Oberstufe an der Stadtteilschule Gedanken gemacht, was das für die Stadtteilschulen bedeutet. Besteht nicht die Gefahr, dass wir wieder einen Notausgang schaffen und die Stadtteilschule ein Reparaturbetrieb wird?
Werden die Eltern nicht überlegen, ihr Kind dann doch am Gymnasium anzumelden, wenn nach der zehnten Klasse geschaut werden kann, ob es nicht eher etwas an der Stadtteilschule wird? Das kann durchaus sein. Ich weiß nicht, ob die Strategien mancher Eltern so weit gehen; ich glaube es nicht. Aber wir treffen heute eine Entscheidung für die Schülerinnen und Schüler, und die kann man nicht dafür bestrafen, dass ihre Eltern voreilig oder falsch gehandelt haben. Natürlich würde ich mich freuen, wenn Eltern von vornherein sagen würden: Diese Stadtteilschule ist eine Schule für alle Kinder, ich bin der festen Überzeugung, dass mein Kind hier so differenziert gefördert wird, dass es auch, wenn es manchmal Probleme in der Schule hat, zu einem guten Abschluss kommen kann. Das können wir nicht von allen Eltern erwarten, wir können aber die Möglichkeit schaffen, dass ein solcher Wechsel für Einzelfälle möglich ist. Deshalb werden wir dem Antrag zustimmen.
Es ist viel durch die Presse gegangen. Da ging es darum, dass damit die Stadtteilschulen gestärkt werden; das ist richtig. Es sollte aber nicht unser
Ziel sein, darauf zu schauen, wie wir leistungsstarke Schüler an die Stadtteilschulen bekommen, sondern es ist unsere Aufgabe, die Stadtteilschulen so mit Personal und Ressourcen auszustatten, dass sie eine gute Alternative zum Gymnasium ist. Auf diesem Weg sind wir; viele Stadtteilschulen sind das schon. Wir wollen das in allen Teilen erreichen, um überall das Bewusstsein durchzusetzen, dass es, wie Frau von Treuenfels sehr richtig sagte, ein vollwertiges Abitur ist, das ich an der Stadtteilschule erlangen kann.
Dann sind wir auf dem richtigen Weg. Wir treffen eine gute Entscheidung für Hamburgs Schülerinnen und Schüler, und wir sollten nicht vergessen, dass es die Schülerinnen und Schüler sind, die in einer sehr schwierigen Situation sind und nicht so richtig wissen, wie es weitergeht; es werden Anforderungen an sie gestellt, auch von den Eltern. Wir haben heute die Möglichkeit, ihnen einen Weg zu eröffnen, das gut bewältigen zu können. Das sollte unser Ziel sein. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Inhalte haben Frau von Treuenfels und Herr Czech schon dargelegt. Ich möchte von daher einfach einmal Glückwünsche loswerden, weil wir fraktionsübergreifend einen Erfolg feiern können, und zwar Glückwünsche an meinen Fraktionskollegen Dr. Scheuerl, der das Ganze Ende September mit einer Schriftlichen Kleinen Anfrage gestartet hat,
an Frau von Treuenfels, die es dann schnell aufgegriffen hat, an Herrn Holster, der seine Fraktion so weit gebracht hat, emanzipiert eine eigene Entscheidung zu treffen, für die ich sehr dankbar bin, und auch Glückwünsche an die – nach der Anfrage von Dr. Scheuerl – über 100 Schülerinnen und Schüler, die das jedes Jahr betrifft
Ich hätte meine Glückwünsche auch gern einem Senator Ties Rabe übermittelt, der souverän damit umgeht, dass man sich auch einmal irren kann und von der eigenen Fraktion korrigiert wird. Anfang Oktober noch hat er auf eine Anfrage hin geant
wortet, dass das auf keinen Fall zulässig sei, denn das wäre eine Umgehung des Wiederholungsverbots und von daher könne man diese Regelung nicht ändern. Und dann kam gestern Ihre Pressemitteilung, aus der zu entnehmen war, dass Sie den Schülerinnen und Schülern in den Stadtteilschulen helfen wollen und der SPD-Fraktion vorschlagen, aktiv zu werden, damit das Ganze geändert werden kann. Da war ich dann doch etwas verwirrt, weil Sie, wenn ich mich richtig erinnere, diese Regelung erst geschaffen hatten,
die Sie jetzt wieder abschaffen wollen. Und wenn ich es richtig mitbekommen habe, ist es dem Parlament – in diesem Fall der FDP-Fraktion – zu verdanken, dass das nun entsprechend angeschoben und geändert wird. Ich glaube, Sie hätten auch ohne Parlamentsbeschluss agieren können, aber offensichtlich braucht es künftig, wenn Sie in Ihrem Hause etwas anschieben wollen,
vorab einen Parlamentsbeschluss, damit das auch geschieht. Das werden wir künftig gern berücksichtigen.
Herr Senator, damit wir uns nicht falsch verstehen. Es ist überhaupt keine Schande, dass man einen Fehler macht und korrigiert wird; das ist durchaus eine Entscheidung, wo man auch unterschiedlicher Meinung sein kann. Aber ich finde es schon etwas peinlich, wenn man so durchsichtig versucht, Geschichtsklitterung zu betreiben. Ich verstehe auch, dass der Artikel im "Hamburger Abendblatt" Sie tief in Ihrer Eitelkeit getroffen hat – das Foto war nicht schön und die Überschrift auch nicht –,
aber als Senator kann man doch souverän darüberstehen und der eigenen Fraktion so etwas auch gönnen. Stattdessen musste Ihr armer Pressesprecher – wahrscheinlich gegen seinen Rat – diese Pressemitteilung schreiben, und jetzt verlassen Sie das Feld nicht als souveräner und beratungsfähiger Senator, sondern wieder einmal als der etwas ehrpusselige Kleingeist, als den wir Sie kennengelernt haben. Immerhin, das Ergebnis stimmt, und das ist das Wichtigste. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das war höchst amüsant. Ich kann mich den Worten von Herrn Heinemann voll anschließen.
Auch wir werden dem Antrag der FDP zustimmen. Ich will das gerne begründen, weil es wahrscheinlich nicht nur bei Frau von Treuenfels zu verwunderten Blicken führen wird.
Für uns steht die Selbstbestimmung der Jugendlichen im Vordergrund. Selbstbestimmung ist für uns ein urgrünes Kernthema, in diesem Fall die Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen.
Wir finden es unmenschlich und nicht nachvollziehbar, Jugendliche für die Fehler ihrer Eltern zu bestrafen, die vor Jahren die falsche Schulform für ihre Kinder ausgewählt haben, und befürworten deshalb den FDP-Antrag. Wir hätten uns nur eines gewünscht, Herr Senator Rabe. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie nicht nur sagen, die können an die Oberstufe wechseln, sondern dass die Stadtteilschulen in Ihrer Pressemitteilung tatsächlich in ihrer Stärke dargestellt worden wären als nicht nur machbare Alternative, sondern als gleichwertige Alternative mit anderen, differenzierteren Lernformen, mit einem hohen Maß an Individualisierung und einem ganz anderen Profil als die Gymnasien, um darzustellen, dass Stadtteilschulen in Hamburg eine absolut gleichwertige, ganz wichtige Schulform sind. Denn es geht darum, Stadtteilschulen stark aufzustellen und sie nicht als Reparaturbetrieb zu unterhalten für die Fehler, die die Eltern gegenüber ihren Kindern gemacht haben.
Darüber hinaus würde ich mir wünschen, dass man in die Zukunft denkt. Wir sind nämlich jedes Mal an einem Scheideweg, weil wir ein zweigliedriges und kein eingliedriges Schulsystem haben, an allen Übergangen immer wieder schauen zu müssen, wie es eigentlich funktioniert. Ich würde mir wünschen, dass der SPD-Senat und auch die Fraktion, die in diesem Punkt offensichtlich sehr viel weitsichtiger denkt als der Senator, tragfähige, nachhaltige Lösungen schaffen, nämlich Langformschulen stärken und über gemeinsame Oberstufen von Stadtteilschulen und Gymnasien nachdenken. Auch das ist eine durchaus denkbare Lösung, es darf keine Denkverbote für derartige Problemlösungen geben.
Ich komme noch einmal zu dem Weg des Senators, das wurde von Herrn Heinemann schon wunderbar dargestellt. Das ist schon stark und war großes Kino gestern. Als ich die Pressemitteilung las, dachte ich, ich würde nicht richtig lesen. Ich hatte mir die Historie auch zu Gemüte geführt und dachte, noch 2010 unter der Senatorin, meiner lieben Kollegin Frau Goetsch, war es durchaus möglich zu wechseln. Das wurde von Herrn Rabe damals selbst in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage erfragt. Dann sollte die APO dahingehend geändert werden, dass es nicht mehr möglich ist. Die Fraktion passte Gott sei Dank auf und sagte, das sei keine gute Idee. Dann schwenkt der Senator wieder um und sagt, das sei ein guter Weg für unsere Schülerinnen und Schüler, aber der Vorgängersenat hätte es wieder einmal nicht auf die Reihe bekommen.
Herr Senator Rabe, wie lange wollen Sie sich noch hinter dem Vorgängersenat verstecken? Wir befinden uns mittlerweile schon 21 Monate in der gegenwärtigen Legislaturperiode, und seit 21 Monaten sind Sie in der Verantwortung. Es wäre schön, wenn Sie jetzt tatsächlich diese Verantwortung übernehmen und diesen Eiertanz stoppen würden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es eigentlich gar nicht so wesentlich, dass der Senator seine Meinung geändert hat. Ich finde viel wesentlicher, dass alle vier Fraktionen, die 2010 das Schulgesetz in sechs langen Sitzungen hart errungen haben, inzwischen an drei Kernpunkten dieses Schulgesetz ändern, und zwar ohne Debatte im Ausschuss. Wir haben ohne Debatte einfach geändert, dass es das Recht auf Halbtagsschule gibt, wir haben ohne Debatte geändert, dass es nur noch ein Lernentwicklungsgespräch geben soll, und jetzt soll ohne Debatte geändert werden, dass ein Übergang von der Klasse 10 des Gymnasiums in die Klasse 11 der Stadtteilschule voll möglich ist.
Das finde ich sehr bedenklich, mich macht das sehr, sehr nachdenklich und ich bin wirklich betroffen, weil ich glaube, hier werden Kernpunkte dessen, was wir als neues Schulgesetz gemeinsam vereinbart haben, erschüttert.
dass diese Abschulungen vom Gymnasium in dem Maße so nicht weitergehen können. Gerade diejenigen, die in der Schule tätig sind – wie Sie auch, Herr Czech –, haben immer wieder erlebt, was es bedeutet, wenn Schülerinnen und Schüler aus dem Gymnasium zurückkommen. Sie haben hier einen Fall einer Schülerin genannt, der sich sehr positiv anhörte, sie würde ein tolles Abitur machen und sich dort wohlfühlen. Es gibt aber auch sehr viele andere Einzelschicksale, bei denen die Schüler, die vom Gymnasium zurückkommen, sich nicht wohlfühlen, sich nicht fangen und mit einem Trauma leben. Insofern wollten wir damals die Abschulung vom Gymnasium auf die Klassen 5 und 6 beschränken.