Ich möchte unsere Schwerpunkte nennen, gleichzeitig aber auch deutlich machen, dass Sozialpolitik viele sehr unterschiedliche Bereiche betrifft; Sozialpolitik ist eben mehr als offene Kinder- und Jugendarbeit. Es geht um Menschen mit Behinderungen, um Menschen, die Schutz vor Gewalt suchen, um wohnungslose Menschen und um Menschen,
die aus anderen Ländern nach Hamburg kommen. Es geht um Chancengerechtigkeit, um Investitionen in die Zukunft und um ein selbstbestimmtes Leben.
In der Sozialpolitik geht es nicht um den Grundsatz "Viel hilft viel", sondern es kommt vor allem darauf an, dass die Weichen richtig gestellt sind. Eine vorsorgende Sozialpolitik versucht, die Weichen so zu stellen, dass Menschen in Zukunft nicht abhängig von Transferleistungen werden, sondern ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben führen können. Der Sozialstaat steht an der Seite der sozial Schwachen und derjenigen, die auf Hilfe angewiesen sind, aber das Ziel ist die Überwindung der Hilfebedürftigkeit.
Wenn man dies als Maßstab nimmt, dann ist in den letzten Jahren viel versäumt worden. Dies betrifft die frühe Förderung von Kindern, es betrifft die Arbeitsmarktpolitik und es betrifft die Schulpolitik. Und ich bin froh, dass der SPD-Senat hier das Ruder herumreißt.
Von der unbürokratischen Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets über den Ausbau im Kita-Bereich, von den Ganztagsschulen über die Jugendberufsagenturen bis hin zur Abschaffung der Studiengebühren zieht sich dieser Politikwechsel wie ein roter Faden – hier finden Sie ihn, Frau Föcking.
Der Sozialetat ist der größte Einzelhaushalt, und trotz Schuldenbremse steigt dieser Etat überdurchschnittlich. Das sind Investitionen in die Chancengerechtigkeit dieser Stadt.
Die gesetzlichen Leistungen sind dabei die Pflicht der Stadt, aber auch hier geht es darum, dass wir in Qualität investieren und dass sich die Menschen darauf verlassen können. Wir haben diese Titel im Gegensatz zu Schwarz-Grün realistisch veranschlagt, das bedeutet ein Mehr und das ist ein Kraftakt.
Wenn hier immer von Kahlschlag gesprochen wird, dann möchte ich sagen: eindeutige Fehlanzeige. Allein die Ausgaben bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung steigen um 47 Millionen Euro, und das ist ein Fortschritt für Menschen mit Behinderung. Hamburg ist hier gut aufgestellt.
auch das persönliche Budget wird uns im nächsten Jahr beschäftigen. Der Leitgedanke der Inklusion, den wir hier verankert haben, den der Senat immer mitdenken muss und den wir eingefordert haben, bedeutet, dass es ein Umdenken geben muss und die Welt nicht nur barrierefrei gestaltet wird, sondern dass wir sie auch barrierefrei denken.
Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit liegt das Augenmerk der Öffentlichkeit bei denen, die der Witterung schutzlos ausgeliefert sind, den Menschen ohne Obdach. Sie wissen es aus zahlreichen Berichten in der Presse und den Veröffentlichungen des Senators, dass wir in diesem Winter vor einer großen Herausforderung stehen. Der Wohnungsmarkt ist nach wie vor angespannt, dazu gibt es starke Migrationsströme aus dem östlichen und südöstlichen Europa. Menschen, die Arbeit und ein besseres Leben in Hamburg suchen, werden hier nicht fündig und landen dann auf der Straße. Das führt zu einer starken Inanspruchnahme des Winternotprogramms. Die Stadt Hamburg stellt sich dieser Herausforderung.
Das Winternotprogramm wurde gerade in Jenfeld weiter ausgebaut. Es werden so viele Plätze angeboten wie nie zuvor, und jeder, der einen Platz zum Schlafen braucht, bekommt diesen auch.
Zusätzlich werden insgesamt 1500 neue Plätze in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung geschaffen. Das ist ein Kraftakt, und er gelingt nur mit der solidarischen Unterstützung aller Bezirke, um die ich noch einmal ausdrücklich werben möchte. Besonders möchte ich die Stadtteile ansprechen, die diese Verantwortung noch nicht in dem Maße wahrnehmen, wie es in anderen schon passiert.
Die Fraktion DIE LINKE bemängelt in einem Antrag, dass die wohnungslosen Migrantinnen und Migranten nicht ausreichend berücksichtigt werden. Das möchte ich entschieden zurückweisen. Für diese Menschen, die aus Polen, Bulgarien und Rumänien auf der Suche nach Arbeit nach Hamburg kommen, haben wir ein deutschlandweit einmaliges Angebot geschaffen, eine Beratungsstelle, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Landessprache zu Fragen der Krankenversicherung, zu den Arbeitsverträgen, zu Gewerbeanmeldungen und zu vielem mehr beraten. Das ist kein Rundumsorglos-Paket, aber es ist eine ganz konkrete, oft existenzielle Hilfe und sie ist notwendig.
Insgesamt wird diese Problematik nicht auf Hamburger Ebene zu lösen sein. Solange die Situation in den Herkunftsländern nicht verbessert wird, wird
es diese Migrationsbewegungen geben. Hamburg hat dieses Thema auf Bundesebene sehr massiv angesprochen, denn dort gehört es hin, genauso wie es auf die europäische Ebene gehört, die sich damit auseinandersetzen muss und sich nicht weiter wegducken darf.
Das Thema Migration ist aber vielschichtig, und unsere Fraktion hat die Behörde gebeten, bis Ende März 2013 ein umfassendes Integrationskonzept zu erarbeiten, und das wird sie auch machen. Wir wollen weg von der defizitorientierten Integrationspolitik der CDU-Senate. Wir setzen auf die Fähigkeiten und Kompetenzen der Menschen mit Migrationshintergrund, und diese müssen gefördert werden.
Wir unterstützen die Einbürgerungskampagne, die interkulturelle Öffnung der Verwaltung und die Initiativen des Senats, sich auf Bundesebene für eine Änderung des Ausländerrechts einzusetzen. Hamburg ist Vielfalt und Hamburg ist bunt.
Kurz zu der Kritik der GRÜNEN an den gekürzten Zuwendungen bei der Sprachförderung: Es wird sich auch weiterhin an den Bedarfen orientiert, und es werden ausreichend Sprachkurse angeboten werden. Da wird auch unsere Fraktion die Entwicklung sehr aufmerksam beobachten.
Zur CDU möchte ich sagen: Stimmen Sie den Verträgen mit den Muslimen und den Aleviten zu, wagen Sie Fortschritt und vergreifen Sie sich nicht an Haushaltstiteln zum Asylbewerberleistungsgesetz für Ihre Deckungsvorschläge.
Sozialpolitik findet auch und besonders in den Bezirken statt, da möchte ich Frau Föcking ausdrücklich unterstützen, in Einrichtungen und Institutionen, die dicht an den Menschen dran sind. Deshalb möchte ich noch einmal den Quartiersfonds hervorheben. Er stopft nämlich strukturelle Löcher, wo es teilweise nur Anschubfinanzierungen gegeben hat, und dort können wir jetzt Sicherheit geben.
Trotz der Kraftanstrengung zur soliden Ausfinanzierung der gesetzlichen Leistungen sind die Schwerpunkte im Sozialetat richtig gesetzt. So ist der Opferschutz ausdrücklich ein Schonbereich. Mit unserem Antrag zur Sanierung der Frauenhäuser leisten wir zudem einen dringend erforderlichen Beitrag, um den ungeheuerlichen Sanierungsstau, den die CDU-geführten Senate in den letzten Jahren haben aufkommen lassen, endlich abzubauen.
Starke Leistungen für Kinder, Jugendliche und für Menschen, die auf Schutz und Hilfe angewiesen sind und die einen starken Staat brauchen, dazu strukturelle Anpassungen, wo es sinnvoll und notwendig ist – das ist eine vorausschauende Sozialpolitik für diese Stadt, und dafür werbe ich um Ihre Zustimmung. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Bekeris, von einem herumgerissenen Ruder würde ich in der Sozialpolitik nicht sprechen, allenfalls von einem wilden Herumrudern. So unterschiedlich können Wahrnehmungen sein. Den roten Faden, den Sie versucht haben zu beschreiben, erkennen wir nicht, weder in der Arbeitsmarktpolitik noch in der Sozial- oder Integrationspolitik.
Ich will das festmachen an dem Thema der sozialen Spaltung, das auch Sie aufgegriffen haben, und ich zitiere Herrn Kienscherf aus der Haushaltsdebatte 2009, der damals meinte, die Schere zwischen Arm und Reich ginge immer weiter auseinander und der Senat tue nichts. Ich frage Sie: Was ist in den letzten zweieinhalb, drei Jahren passiert, um diese Schere zwischen Arm und Reich, die immer noch weit auseinandergeht, näher zusammenzubringen?
(Dirk Kienscherf SPD: Na, wenn Sie das nicht mitbekommen haben? – Dr. Andreas Dressel SPD: Bildung, Kita, GBS, Gesamt- schulausbau! – Jens-Peter Schwieger SPD: Haben wir gestern alles gesagt!)
Ich nenne Ihnen ein paar Zahlen, die wir an der einen oder anderen Stelle auch schon einmal eingebracht haben. Die Unterschiede in der Einkommens- und Vermögensverteilung sind immer noch gewaltig. Jedes vierte Kind lebt nach wie vor in Armut. Es gibt ganze Stadtteile, in denen 20 Prozent der Menschen, teilweise noch mehr, von Transferleistungen abhängig sind. Aufstockerinnen und Aufstocker – ein Thema, das ich auch bei Ihrer Rede, Senator Scheele, vermisst habe – prägen immer noch Teile unseres Arbeitsmarktes, Menschen, die von ihrer Arbeit nicht leben können. Immer noch besuchen 12 000 Haushalte wöchentlich die Hamburger Tafel. Und da erzählen Sie mir, Frau Bekeris, dass die soziale Spaltung in dieser Stadt zurückgegangen ist und der rote Faden aufgegriffen wurde, dass Stadtteile gestärkt und Maßnahmen ergriffen wurden, um diese Schere kleiner zu machen. Das ist einfach nicht geschehen.