Ich rufe zunächst das erste Thema auf: Das Märchen vom Sparen – Gesichtswahrung auf Kosten des Frauenvollzugs.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war am vergangenen Freitag schon eine sehr denkwürdige Beratung im Haushaltsausschuss zum Thema Gefängnisreform der SPD. Diese Sache wird schon sehr lange beraten. Mitte August letzten Jahres hat der Senat diese Drucksache der Bürgerschaft zugeleitet. Und diese Drucksache ist eine Antwort auf
Die Verlagerung des Frauenvollzugs – ich möchte deutlich machen, dass wir uns auf den Frauenvollzug beziehen, das Thema und die Veränderungen im offenen Vollzug wollen wir nicht zur Kritik stellen – hat in den mehrfachen Beratungen der Ausschüsse fachlich den Test der Experten und auch das Votum der Betroffenen nicht bestanden.
Die SPD hat bei diversen Beratungen, die wir auch schon im Plenum zu diesem Thema hatten, deutlich gemacht, dass die Verlagerung des Frauenvollzugs auf das geschlossene Männervollzugsgelände in Billwerder vor allem notwendig sei, um Einsparungen zu erzielen. Senatorin Schiedek hat am 28. November letzten Jahres in diesem Haus gesagt – ich zitiere aus ihrer Rede –:
"[…] die Konsolidierungsverpflichtung von 6 Millionen Euro jährlich, die dem Vollzug aufgrund der gesunkenen Gefangenenzahlen schon ab dem Jahr 2010 auferlegt wurden, machen deutlich, dass die Neustrukturierung des Vollzugs kein Selbstzweck ist, sondern dass diese Rahmenbedingungen uns zum Handeln zwingen."
Das heißt, hier wurde deutlich gemacht, dass die Verlagerung des Frauenvollzugs Konsolidierungsund Einsparzwängen geschuldet ist. Was stellte sich am Freitag heraus? Die angebliche Einsparungssumme von 870 000 Euro, beziffert durch die Behörde, ist gar nicht abhängig von der Verlagerung des Frauenvollzugs nach Billwerder.
Das ist eine Konsolidierung, die gemacht werden kann, weil es bekanntermaßen Überkapazitäten im Gefängnis in Billwerder gibt. Und auch eine schlichte Konzentration der dortigen Insassen ohne das Haus 3 würde zu einer solchen Konsolidierungsmöglichkeit führen.
Dies haben die Mitarbeiter der Justizbehörde ausdrücklich bestätigt, als der Haushaltsausschussvorsitzende noch einmal danach gefragt hat. Es wurde nunmehr angemerkt, dass man dann doch vor der Frage stünde, ob man ein relativ neues Hafthaus leer stehen lassen würde und müsste.
Neben dem Hauptargument, man würde Betriebskosten durch die Verlagerung einsparen, was im Haushaltsausschuss ausgeräumt wurde, wurde überdies deutlich, dass die zahlreichen Begleitun
gen, die für die Frauen im geschlossenen Vollzug im Rahmen der geschlossenen Anstalt Billwerder nötig sind, zusätzliche Betriebsstunden des dortigen Personals erforderlich machen. Somit sind die Einsparungen im Betrieb insgesamt, die durch Billwerder möglich wären, genau durch diese Verlagerung wieder äußerst fraglich.
Damit ist die letzte plausible Begründung, auf die sich Senatorin Schiedek in diesem Hause zurückgezogen hat, am Freitag im Ausschuss endgültig zusammengebrochen.
Es ist auch nicht das erste Mal, dass die SPD irgendeine fachliche, aus unserer Sicht äußerst fragwürdige, Entscheidung mit dem Argument der Schuldenbremse rechtfertigen will. Auffällig ist, dass der Senat am Freitag im Haushaltsausschuss versucht hat, auf die Schnelle neue Begründungen zu konstruieren. Es sei doch so, dass in Hahnöfersand die Jugendvollzugsanstalt sanierungsbedürftig sei
und die könne dann in den Frauenvollzug umziehen. Das aber genau ist nicht Gegenstand der Drucksache, soll mit Zahlen nicht belegt werden und soll in dieser Legislaturperiode auch gar nicht angegangen werden.
Diese Verlagerung des Frauenvollzugs ist nicht entscheidungsreif, wie Sie gesagt haben, sie ist mittlerweile nicht nur schlecht, sondern gar nicht mehr begründet. Und deswegen bitte ich die SPD-Fraktion bis zur endgültigen Entscheidung in diesem Haus: Hören Sie auf die zahlreichen Stimmen aus Ihren eigenen Juristenkreisen, aus Ihren eigenen frauenpolitischen Kreisen und stimmen Sie dieser Verlagerung nicht zu. Es geht nicht um die Gesichtswahrung der Senatorin, sondern es geht um einen guten Frauenvollzug. Beherzigen Sie das Strucksche Gesetz. Es ist noch nichts in dieses Haus zwingend unveränderbar hineingekommen, und deswegen muss diese Drucksache unser Haus nicht derart schlecht verlassen. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Hajduk, das Thema, das Sie heute zur Debatte angemeldet haben, finde ich schon sehr mutig. Sie eignen sich nämlich bei diesem Thema nun wirklich nicht als Sparexpertin.
Da sollte man mit Begriffen wie "Märchen" sehr vorsichtig sein, denn nachher stehen Sie vielleicht selbst noch als Märchentante da.
Leider kann ich Ihnen einen kurzen Blick in die Vergangenheit nicht ersparen. Für die Schließung der JVA Glasmoor und die Verlagerung des offenen Vollzugs in die JVA Fuhlsbüttel einschließlich des Frauenvollzugs hatten Sie in Ihrem Haushaltsplan-Entwurf 2011/2012 – und darüber reden wir im Moment, denn es geht um eine Entsperrung von Mitteln aus dem Doppelhaushalt 2011/2012 – 30 Millionen Euro veranschlagt.
Eine Machbarkeitsstudie, die seit Ende 2010, also noch zu Ihrer Regierungszeit, vorliegt, beziffert die Kosten auf bis zu 51 Millionen Euro.
Unser Konzept kostet über 30 Millionen Euro weniger und ist dem Ihrigen auch in fachlicher Hinsicht deutlich überlegen.
Wenn Sie jetzt vor den angeblichen Gefahren der Verlegung des geschlossenen Frauenvollzugs von Hahnöfersand nach Billwerder warnen, fragt man sich, wie Sie dann in Ihrem Konzept offensichtlich kein Problem damit hatten, den offenen Frauenvollzug hinter die Gefängnismauern von Santa Fu zu verlagern, wo unter anderem die schwersten Straftäter dieser Stadt einsitzen.
Dort hatten Sie kein Problem mit dem Thema Übersicherung, mit dem Thema Mauern und mit dem Thema Männer. Aber jetzt, in Billwerder, wo nur Kurz- und Mittelstrafler einsitzen, beschwören Sie auf einmal große Gefahren herauf.
einen modernen, offenen Vollzug nicht Rechnung getragen hat. Sie hatten die Sanierungskosten im Jugendbereich, die Sie gerade auch umgangen sind, nicht berücksichtigt. Und Sie hatten die Planungen hinsichtlich des Leerstands in der, zwar von uns auch nicht geliebten, aber nun einmal vorhandenen JVA Billwerder nicht berücksichtigt.
All diesen Aspekten wird mit der Drucksache 20/ 4930 und dem Zusatzantrag der SPD-Fraktion Rechnung getragen.
Es geht dabei um den Abbau von 123 Haftplätzen des geschlossenen Vollzugs, die Erweiterung und Modernisierung des offenen Vollzugs, die Reduzierung des Investitionsvolumens um über 30 Millionen Euro und eine langfristige Verbesserung der Vollzugsbedingungen der Frauen – meine Kollegin Frau Arndt wird dazu gleich noch etwas sagen – und die Möglichkeit, das Gebäude der TAF für den Jugendvollzug zu nutzen, um auch hier eine Standardverbesserung herbeizuführen. Außerdem schaffen wir weitere Sparpotenziale zur Schließung diverser Häuser auf Hahnöfersand und den Verzicht auf sonst anstehende Sanierungen.
Das Einsparpotenzial der 21 Stellen haben Sie gerade richtig beschrieben. Wenn Sie aber das Protokoll vom 23. August letzten Jahres lesen, Frau Kollegin Hajduk, dann werden Sie dem Protokoll entnehmen, dass schon damals diese Option dargestellt wurde. Und Sie sagen jetzt, das würde nachgeschoben. Da müssen Sie noch einmal entsprechend ins Protokoll schauen.