Sie haben sich zweitens verrannt, weil die von Ihnen als Grund für die Frauenverlegung angeführten Einsparpotenziale einer Schimäre gleichen. Den Investitionskosten für den Umbau des Hauses 3 in Billwerder stellen Sie Einsparpotenziale von circa 900 000 Euro gegenüber, von denen wir seit der letzten Haushaltsausschusssitzung wissen, dass sie auch ohne Verlegung der Frauen erreicht werden. Auch können Sie nicht darlegen, weshalb die ständige Begleitung der Frauen in Billwerder am Ende nicht doch zu einer Kostensteigerung wird. Das haben wir jetzt in jedem Ausschuss mehrmals thematisiert. Eine Darlegung, die irgendjemanden überzeugt hat, ist bis jetzt leider nicht erfolgt.
Was Sie in der Drucksache gar nicht erst erwähnen: Durch die Verlagerung des Jugendstrafvollzugs in das momentan durch den Frauenvollzug genutzte Haus müssen ungefähr 500 000 Euro in die Außensicherung investiert werden, Kosten, die Sie eher beiläufig im Ausschuss erwähnt haben.
Sie haben sich drittens verrannt, weil diese geplante Verlegung der Frauen inhaltlich und vor allen Dingen auch in der Art, mit der Sie das durchdrücken wollen, eines verrät. Ich nenne es einmal eine gewisse kalte Ignoranz sozialdemokratischer Politik. Die wird hier wirklich offenbar, das meine ich sehr ernst.
(Dirk Kienscherf SPD: Ja, also jetzt geht's so langsam durch hier! Das sind alles verurteil- te Straftäter!)
Aber die Art und die Härte, wie Sie es verhindert haben, dass wenigstens einige der betroffenen Frauen, zumindest durch Verlesung ihrer geschrie
(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN – Urs Tabbert SPD: Es gibt auch Frauen, die sich dafür aussprechen!)
an die SPD-Fraktion – es gibt darunter sehr viele Vernünftige, wie ich weiß – und vor allem an Sie, Herr Bürgermeister: Ersparen Sie Hamburg und vor allem den inhaftierten Frauen diese sogenannte Reform. Kehren Sie um und beweisen Sie einmal echtes soziales Engagement im Sinne des Resozialisierungsgedankens, und lassen Sie die Verlegung der Frauen sein. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Die Mehrheitsfraktion ist dabei, Fakten zu schaffen ohne Rücksicht auf Verluste.
Erstens: Die Verlegung des Frauenvollzugs nach Billwerder zerschlägt eine gut funktionierende Einrichtung, die in der Fachwelt hohe Anerkennung genießt. Diese hohe Anerkennung haben sowohl die Sachverständigenanhörungen als auch die sehr gut besuchte öffentliche Anhörung deutlich gemacht. Die Entscheidung der Verlegung ist auf lange Frist kaum zu korrigieren, auch dann nicht, wenn die schlimmen Folgen eintreten.
Zweitens: Die Verlegung des Frauenvollzugs nach Billwerder verschlechtert und gefährdet die Resozialisierungsbedingungen von Frauen. Sie wird den besonderen Interessen von Frauen in Haft nicht gerecht. Sie kann ihnen nicht gerecht werden. Die JVA Billwerder ist eine schrecklich überdimensionierte geschlossene Männeranstalt. Diese Großanstalt prägt eine Vollzugsgestaltung, die einem eher überkommenen Vollzugsverständnis entspricht und die den besonderen Problemlagen von weiblichen Gefangenen noch weniger gerecht wird als den Problemlagen männlicher Gefangener.
Zu den besonderen Problemlagen einige Punkte – einiges wurde schon gesagt. Viele inhaftierte Frauen sind auch Opfer von Gewalt und Übergriffen. Die Struktur ihrer Delikte ist eine andere als bei Männern. Ihre Strafen sind durchschnittlich kürzer, sie sind strafempfindlicher, ihr Gefährdungspotenzial ist geringer. In Billwerder herrschen Sicherheitsstandards, die auf das höhere Gefährdungspotenzial von Männern abgestellt sind. Die Abläufe und Bedürfnisse des Männervollzugs werden schon wegen der Zahlenverhältnisse auch den Frauenvollzug dominieren.
Können Sie mir einmal sagen, wie sich Kinder entwickeln sollen, wenn sie eingeklemmt zwischen Mauer und Sichtschutz groß werden?
Die freieren Formen des Vollzugs, die auf Hahnöfersand möglich sind und die natürlich die Resozialisierungschancen der Frauen verbessern, die dafür unerlässlich sind, werden mit der Verlegung nach Billwerder weitgehend liquidiert. Es droht die gravierende, strukturelle Benachteiligung des Frauenvollzugs in Billwerder. Die Frauen werden zum Anhängsel, so, wie im Hamburger Strafvollzug der Frauenvollzug auch nur als kleine Randnotiz auftritt.
Drittens: Tatsächlich nennt der Senat in seinem Gesetzentwurf nur fiskalische Gründe für die Verlagerung des Frauenvollzugs. Hier macht er vielleicht sich, auf jeden Fall aber der Bürgerschaft und der Öffentlichkeit etwas vor. Natürlich muss die Überkapazität von Haftplätzen abgebaut werden. Es stimmt, Sie müssen die Hinterlassenschaften mehrerer CDU-Senate aufräumen. Aber Sie haben Alternativen, insbesondere die Schließung von Haus 3 in Billwerder, überhaupt nicht ernsthaft und nachvollziehbar geprüft.
Sie nennen ein Einsparpotenzial von knapp 900 000 Euro, das bei der Verlagerung des Frauenvollzugs durch Streichung von Personalstellen realisiert werden soll. Ihre Rechnung ist nicht richtig nachvollziehbar, und es ist unfassbar, dass Sie diesen Weg gehen, obwohl ähnliche Effekte erzielt werden, wenn Haus 3 geschlossen und der Frauenvollzug auf Hahnöfersand weitergeführt wird.
Worum es tatsächlich geht, ist in der Senatsbefragung deutlich geworden und in der öffentlichen Debatte dankenswerterweise herausgearbeitet worden. Es geht um die weitere Zentralisierung des Justizvollzugs, es geht um die einseitige Unterwerfung des Vollzugs unter die Maßstäbe ökonomischer Rationalität. Wir sind nicht gegen Rationalität, aber die Prämissen müssen stimmen, um einmal Hermann Scheer zu zitieren.
Der Maßstab kann nicht sein, dass der Strafvollzug so wenig wie möglich kostet, denn der Strafvollzug dient nicht nur dem Vollzug der Freiheitsstrafe, sondern er dient, so heißt es immer noch im Gesetz, dem Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
Ob das gelingt oder nicht, ist der Maßstab. Dazu bedarf es möglichst günstiger Bedingungen, die nicht einfach dem Kriterium der ökonomischen Rationalität unterworfen werden dürfen.
Sie haben in der ganzen Drucksache zur Neustrukturierung des Justizvollzugs keinen einzigen Gedanken auf diese Bedingungen, auf die Weiterentwicklung des Justizvollzugs verwendet. Deshalb zucke ich zusammen, Herr Trepoll, wenn Sie sagen, das sei eine Reform gewesen.
Die Bedingungen, unter denen diese Resozialisierung bestmöglich gelingen kann, spielen in Ihren Überlegungen überhaupt keine Rolle. Das ist falsch und kurzsichtig.
Es scheint nicht einmal zu interessieren, dass die sozialen und gesellschaftlichen Kosten der Ökonomisierung des Vollzugs und der Verlagerung des Frauenvollzugs schon auf mittlere Sicht hoch sind, nämlich dann, wenn die Frauen zurückkommen, anstatt dass sie ihr Leben in Freiheit führen.
Wir von der LINKEN appellieren an den Senat und die Mehrheitsfraktion, den Preis zu bedenken, den die Durchsetzung Ihrer Pläne auf Teufel komm raus verursacht. Noch ist es Zeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben das Thema Neustrukturierung des Strafvollzugs in den vergangenen Monaten wirklich unter einer Vielzahl verschiedener Aspekte und Titel diskutiert, aber ich kann die Verwunderung von Herrn Tabbert nur teilen, dass gerade die GRÜNEN das Thema Neustrukturierung des Strafvollzugs nun unter dem Titel "Das Märchen vom Sparen" angemeldet haben, denn ich kann Ihnen sagen, wo wir als Allererstes sparen: Als Allererstes sparen wir rund 30 Millionen Euro an Investitionskosten, die die schwarzgrünen Planungen mit der Verlagerung des offenen Vollzugs von Glasmoor in die JVA Fuhlsbüttel mehr gekostet hätten.
Ich kann verstehen, dass Sie von der CDU und auch von den GRÜNEN am liebsten nichts mehr von Ihren Plänen hören wollen und es deshalb auch in den letzten Monaten mit keiner Silbe mehr erwähnt haben. Aber Fakt ist doch, dass das die Alternative war, vor die wir gestellt waren,
neben der anderen Alternative, die JVA Billwerder teilweise zum offenen Vollzug umzubauen. Aber auch diese Alternative hätte zwischen 35 und 40 Millionen Euro und damit 15 bis 20 Millionen Euro mehr gekostet als die nunmehr gefundene Lösung. Diese Alternative hatte auch SchwarzGrün schon geprüft und sie wegen der – ich zitiere wörtlich aus der damaligen Drucksache in der letzten Legislaturperiode –