Protokoll der Sitzung vom 13.02.2013

(Beifall bei der FDP)

Das ist angesichts der Vielzahl der Projekte und Baustellen, die dieser Senat lösen muss und nicht lösen kann, zwar verständlich, aber beim Thema HSH Nordbank ist das politisch unverantwortlich.

(Beifall bei der FDP)

Ich werde das mit vier kurzen Beispielen begründen.

Erstens: Im Oktober des vergangenen Jahres hat Hilmar Kopper in einem Interview eher beiläufig den Vorschlag gemacht, zur Stärkung der Kernkapitalquote der HSH Nordbank die Garantien der Länder wieder auf 10 Milliarden Euro aufzustocken. Am 6. Februar richtete die Bank ein entsprechendes Ersuchen an die Länder, und bereits am 7. Februar erklärten Senator Tschentscher und Finanzministerin Heinold, dass man nun die erforderlichen parlamentarischen Schritte zur Erhöhung der Garantie einleiten werde.

Was bedeutet das eigentlich, und welches Signal steckt dahinter? Die Gewährung von Garantien oder Bürgschaften ist das tägliche Geschäft von internationalen Banken und Finanzfonds. Wenn sich die Landesregierungen auf eine Erhöhung der staatlichen Garantien festlegen, so bedeutet das im Umkehrschluss nichts anderes, als dass private Garantiegeber nicht bereit waren, für die HSH Nordbank ins Obligo zu gehen, oder dass man nicht ernsthaft genug gesucht und verhandelt hat. Wenn das so ist, dann muss die öffentliche Hand doppelt vorsichtig sein, ob sie mit Steuermitteln Risiken übernehmen will, die internationale Banken oder Investoren nicht tragen wollen.

(Urs Tabbert)

(Beifall bei der FDP)

Zweitens: Wenn die Länder tatsächlich eine Garantieerhöhung vornehmen wollen, dann hat das zwangsläufig ein neues EU-Beihilfeverfahren zur Folge und man wird das Geschäftsmodell der Bank noch einmal völlig neu auf den Prüfstand stellen. Der Ausgang ist ungewiss. Dass die EU-Kommission solche erneuten Beihilfeverfahren nicht mag, wissen wir spätestens seit dem Beispiel der WestLB, und wir wissen auch, wie es dort endete, nämlich in der Abwicklung. Und wie man solche Abwicklungen vornimmt, dafür haben Sie, verehrte Kollegen von der SPD-Mehrheitsfraktion, sogar einen prominenten Experten. Peer Steinbrück hat das in NRW gemacht, vielleicht buchen Sie ihn einmal für einen Vortrag.

(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: Aschermittwoch, es lebe der Ascher- mittwoch!)

Drittens: Wenn es zu einem neuen EU-Beihilfeverfahren kommt, dann wird möglicherweise noch ein ganz anderer Punkt Bedeutung erlangen, der in diesem Haus bislang überhaupt nicht zur Sprache gekommen ist, nämlich dass zwei von Flowers beratene Investorengruppen bereits am 13. November letzten Jahres vor dem Europäischen Gerichtshof Klage gegen die ursprüngliche Beihilfeentscheidung der EU-Kommission vom 20. September 2011 erhoben haben, also gegen genau die Entscheidung, die die wesentliche Grundlage für das neue Geschäftsmodell und die weitreichenden Umstrukturierungsmaßnahmen der Bank gewesen ist. Wir haben vom Senat bislang kein Wort dazu gehört. Wir wissen nicht, wie der Senat die Erfolgsaussichten dieser Klage einschätzt und welche Folgen eine Entscheidung zugunsten der Kläger hätte. Vor allem wissen wir nicht, welche Auswirkungen die Klage auf den Verlauf und die Dauer eines neuen, jetzt notwendig werdenden Beihilfeverfahrens hat.

Und viertens: Ebenfalls im November letzten Jahres hat uns die Bank offenbart, dass aufgrund einer aktualisierten Risikobewertung insbesondere wegen der kritisch gewordenen Schiffsfinanzierung von den Ländern aus den Garantien ab 2019 effektive Zahlungen zu leisten sind, und zwar in Höhe von 1,3 Milliarden Euro. Aber keine Panik, sagt dazu Senator Tschentscher, denn man müsse die Avalzinsen für die Garantien gegenrechnen. Sie haben uns auch erzählt, dass die Beteiligung an Hapag-Lloyd ein sicheres Geschäft sei, weil man die Dividenden gegenrechnen müsse. Dass diese aber ausgefallen sind, ist uns allen bekannt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei Dietrich Wersich CDU)

Das Wort bekommt Herr Quast.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als ich das Thema gelesen habe, das sie angemeldet haben, habe ich mich gefragt, was Sie uns heute wohl Neues zu berichten haben und was Sie wissen, was wir alle nicht schon lange gehört und oft diskutiert haben. Ich bin fast froh, dass Sie nichts Neues zu berichten haben, was die Risiken der HSH Nordbank betrifft.

(Beifall bei der SPD – Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Sie haben nicht zugehört, Herr Quast!)

Ich hätte lieber aktuellere Themen diskutiert, zum Beispiel die Umfragen vom Wochenende.

Meine Damen und Herren! Uns allen ist bewusst, dass wir uns mit der HSH Nordbank in einem schwierigen Umfeld und Fahrwasser bewegen. Das haben wir oft diskutiert. Senator Tschentscher hat alles getan, um dieses Haus darüber zu informieren, wie sich die Situation jeweils darstellt, also eine ganz neue Qualität erreicht, was die Informationspolitik und Transparenz bezüglich der Situation der HSH Nordbank angeht. Wir haben auch über das Thema, das jetzt aktuell geworden ist, dass es offenbar von der Bank entsprechende Anträge auf Wiedererhöhung der Garantien auf die ursprüngliche Summe von 10 Milliarden Euro gibt, hier schon gesprochen. Und wir werden uns – das hat der Senat angekündigt – damit auch noch intensiv anhand einer Drucksache befassen können, von der wir erwarten, dass sie alle Vor- und Nachteile und mögliche Alternativen zu dieser Maßnahme sorgfältig abwägt, in der dann auch zu berichten ist, ob es Alternativen in Form des Eintritts privater Investoren gibt, wie Sie sie verlangen. Das alles liegt vor uns, und wir haben den Anspruch, dieses Thema sorgfältig aufzubereiten und nicht in Debatten mit Risiken, Behauptungen und Vermutungen um uns zu werfen, die die Situation der Bank insgesamt verschlechtern.

Ich wäre dankbar, liebe Kollegen von der FDPFraktion, wenn Sie sich von den vielen Themen, die diese Stadt bewegen, eines aussuchen würden, an dem wir zu diesem Zeitpunkt weiterkommen können und bei dem es nicht erforderlich ist, dass man sich vernünftig und intensiv anhand von guten Vorlagen damit auseinandersetzen muss. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie nicht ständig das Ende der HSH Nordbank herbeireden würden, denn die Risiken haben Sie geschildert: 32 Milliarden Euro Gewährträgerhaftung, mit 7 Milliarden Euro sind wir zurzeit in der Garantie. Das sind keine Dinge, über die man leichtfertig spricht, denn sie bedrohen den Hamburger Haushalt. Deswegen möchte ich Sie bitten, etwas mehr Respekt vor der Situation der Bank an den Tag zu legen und mehr

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

Geduld aufzubringen, wenn es darum geht, auf die Drucksache des Senats zu warten.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Heintze.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In einem hat Herr Kluth sehr recht.

(Jan Quast SPD: In einem! – Gegenruf von Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: In allem!)

Der Senat versteht sich nicht als Treiber, und ich befürchte, er versteht sich noch nicht einmal als Getriebener, denn er betätigt sich derzeit als Zuschauer. Herr Quast bestätigt das mit seinem Beitrag. Das bedauern wir sehr, und das scheint mir das falsche Rollenverständnis zu sein.

(Beifall bei der CDU – Jan Quast SPD: Da haben Sie aber nicht richtig zugehört, Herr Heintze!)

Herr Quast hat wiederum an einer Stelle recht, wenn er sagt, dass die Bank im Tagesgeschäft Ruhe braucht. Herr Quast, das ist richtig, aber wir können nur dann zur Ruhe im Tagesgeschäft beitragen, und wenn Politik, Senat und Regierungsfraktion sich nicht nur aufs Zuschauen beschränken, sondern ihre Rolle ernst nehmen. Herr Quast, die Bank spielt ihre Rolle, Sie tun das nicht, und das bedauern wir als CDU-Fraktion ausdrücklich.

(Beifall bei der CDU – Jan Quast SPD: Weil Sie es aber nicht machen!)

Dabei haben Sie selber schon die notwendigen Feststellungen dazu getroffen. Der Senat schreibt in der Drucksache 20/3220 auf Seite 5, dass das reduzierte Geschäftsvolumen ein Problem sei, und zwar wegen der sinkenden Ertragskraft und der Wertminderung, und letztendlich bedeutet beides eine Verlängerung der Sanierungszeit für die Gesamtbank. Wenn wir die Garantien jetzt wieder aufstocken, dann können wir noch so umfassend dafür entschädigt werden, das Geld geht letztendlich in einen Fonds, und wenn Ausfälle kommen, dann zahlen wir diese daraus. Realität ist aber auch, dass eine Aufstockung der Garantie auf 10 Milliarden Euro das ganze Thema HSH Nordbank um etliche Jahre verlängert, weil wir der Bank so nicht die Ertragskraft ermöglichen, die sie braucht, um aus der Sanierung herauszukommen und im Kernbankgeschäft so viel zu verdienen, dass sie frühzeitig die Zahlung an die Stadt bedienen, aber auch ihr eigenes Geschäft profitabel betreiben kann. Diese Analyse, Herr Quast, muss in einer Regierungsfraktion möglich sein und hat nichts damit zu tun, Unruhe um die Bank zu machen. Dies fehlt mir bei Ihnen und beim Senat.

(Beifall bei der CDU)

Wir glauben, dass dringend neu nachgedacht werden muss. Die jetzige Situation mit einem erneuten Beihilfeverfahren ist eine deutlich andere als Ende 2011, als der Bürgermeister schon die Rettung verkündete. Und sie ist auch eine andere, Herr Kluth, als bei der WestLB oder anderen Landesbanken, weil die HSH Nordbank eine der wenigen Banken im staatlichen Besitz ist, die eine klare Expertise und ein klares Aufgabenfeld hat. Ich glaube aber, wir hätten gute Chancen, das Geschäftsmodell in Brüssel noch einmal nachzujustieren, wenn wir mit der Beihilfe sowieso dorthin müssen.

Vieles andere spricht ebenfalls dafür. Im Moment positioniert sich die HSH Nordbank als Unternehmerbank, und an diesem Standort ist sie damit nicht allein. Sie beschäftigt sich mit inländischen Immobilien – man wird nach einem Clusterrisiko schauen müssen –, und sie beschäftigt sich mit strukturierten Finanzierungen und Absicherungen. Das hört sich auch nicht nach einem aktiven Geschäft für den Standort an, sondern nach einem Risikogeschäft. Die Bank wird sich, solange sie das Geschäftsmodell so behält wie es jetzt ist, hüten, in ihrer eigentlichen maritimen Kernkompetenz ein Neugeschäft zu generieren, denn das wird zu Problemen führen, was die Bilanzsumme betrifft. Auch sie beschränkt sich aufs Reagieren und die Ausweitung von Tätigkeiten in Geschäftsfeldern, wofür sie eigentlich noch das Personal braucht. Herr Tschentscher und Herr Quast, es kann nicht sein, dass wir als Parlament und die Stadt als Großeigentümerin der Bank helfen, Spielregeln zu finden, mit denen sie gut agieren kann. Das ist meines Erachtens der aktuelle Webfehler bei dem Konstrukt HSH Nordbank.

(Beifall bei der CDU)

Der Senat muss Impulse geben. Die CDU hat heute einen Antrag vorgelegt, in dem sie genau dieses fordert, nämlich dass wir über das Geschäftsmodell sprechen sollten, wenn wir sowieso zum Beihilfeverfahren nach Brüssel müssen. Die CDU steht diesem offen gegenüber, aber nur dann, wenn wir auch über die erfolgskritischen Faktoren sprechen und nicht nur über die Aufstockung auf 10 Milliarden Euro. Für uns sind die erfolgskritischen Faktoren das Schifffahrtsgeschäft und die Schifffahrtsfinanzierung. Hier könnte die HSH Nordbank eine sinnvolle Rolle am Standort spielen, nämlich für die notwendige Liquidität aller maritimen Akteure zu sorgen. Das könnte sie mit ihrer Standortexpertise und mit den Experten und Vorständen vor Ort sowie mit einer hohen Akzeptanz am Standort Hamburg tun. Aber dazu hört man nichts aus dem Senat, obwohl das das Einfachste und Naheliegendste zu diesem Thema wäre. Herr Dr. Tschentscher, machen Sie Ihren Job an dieser Stelle besser.

(Beifall bei der CDU)

(Jan Quast)

Nichtstun kann teuer werden. 1,3 Milliarden Euro Ländergarantie stehen in Rede. Die ersten Experten wie Professor Dieckmann von der European Business School haben dieser Tage erklärt, dass es sinnvoll wäre, über das Geschäftsmodell zu sprechen. Wir haben den dafür nötigen Antrag vorgelegt. Ich kann die SPD nur auffordern, mit uns zusammen Impulse zu geben und nachher diesen Antrag zu beschließen. Dann werden wir ohne Aufregung unserer Rolle gerecht. Handeln Sie mit uns für den maritimen Standort.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Thema Garantieerhöhung ist nach der Beschlusslage des Aufsichtsrats der HSH Nordbank noch einmal auf die Tagesordnung gerückt. Wir sind dabei in eine äußerst schwierige Lage geraten. Die Garantieerhöhung erscheint zwingend notwendig, da die Situation der Bank schwach ist. Gleichzeitig ist mit solch einer Garantieerhöhung wohl eine erneute Überprüfung durch die EU mit völlig ungewissem Ausgang für die Bank verbunden; das hat Herr Kluth zu Recht dargelegt.

Man muss sich in Erinnerung rufen, warum wir in diese verzwickte Lage geraten sind. Das hat auch damit zu tun, wie die Bank in den letzten Jahren agiert hat und was wir getan haben. Wir sind in diese schwierige Lage geraten, weil wir im Jahr 2011 im März, Juni und September ein so hohes Tempo bei der Garantierückführung eingeschlagen haben. Das sage ich ein bisschen in Richtung der SPD-Fraktion: Die HSH Nordbank ist nicht nur ein geerbtes Problem, die Frage der Garantieerhöhung hat auch mit der viel zu schnellen Garantierückführung im Verlauf des Jahres 2011 zu tun.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Andreas Dressel SPD: Die war aber leider rechtlich nicht zu ändern!)

Das war kein Automatismus, sondern man hätte im Aufsichtsrat der Bank anders Einfluss nehmen müssen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Doch, gucken Sie doch die Verträge an, die sind so!)

Ich sage das ohne Schaum vor dem Mund: Ich wünsche mir demnächst klügere Aufsichtsratsentscheidungen auch unter der SPD-Regierung bei der HSH Nordbank.

(Beifall bei den GRÜNEN – Jan Quast SPD: Na, Frau Heinold wird das jetzt richten!)

Ein anderer Punkt ist, dass wir die Garantieerhöhung im Lichte der Bekanntgabe der Bank entscheiden sollen, dass diese Garantie in einigen

Jahren gezogen wird. Diese Situation setzt uns als Parlament gegenüber der Öffentlichkeit in die Pflicht, deutlich zu machen, dass, wenn wir eine Garantie erhöhen, die in jedem Fall zu einem bestimmten Teil gezogen werden wird, wir sehr gute Argumente haben müssen, dass diese erneute Garantieerhöhung besser ist als andere Alternativen. Es ist natürlich eine schwierige Diskussion, von geordneter Abwicklung zu sprechen, aber ich bin davon überzeugt, dass es gegenüber der Hamburger Öffentlichkeit wichtig ist zu zeigen, dass die Garantieerhöhung besser als eine geordnete Abwicklung der Bank ist. Diese Information muss Finanzsenator Tschentscher uns liefern. Wir alle, egal ob in Regierungs- oder Oppositionsverantwortung, müssen das wissen, denn nur so kann man den Menschen in der Stadt erklären, wie man am Ende entscheidet, und für uns ist diese Entscheidung auch noch offen.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Heintze, mir fehlt ein bisschen Optimismus beim Blick auf das Geschäftsmodell. Statt von einer eventuellen Vergrößerung des Geschäftsvolumens zu sprechen, sollten wir uns eher auf Restrukturierung und Verkleinerung konzentrieren. Dem Geschäftsmodell der HSH Nordbank in der Perspektive, dass es wieder größer werden soll, stehen wir GRÜNEN ausgesprochen kritisch gegenüber. Wir sehen die Schwerpunktsetzung durch den Senat genau in die andere Richtung als angezeigt.